Schattenblick →INFOPOOL →KUNST → FAKTEN

GESCHICHTE/028: Identität der Mona Lisa geklärt (UniSpiegel - Uni Heidelberg)


UniSpiegel Universität Heidelberg - 1/2008, Februar-März 2008

Identität der Mona Lisa geklärt

Fund in der Universitätsbibliothek Heidelberg:
Leonardo porträtierte die Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo


Mona Lisa, Leonardo da Vincis Porträt einer jungen Frau, gilt als das berühmteste Gemälde der Welt. Dessen Datierung sowie die Identifizierung der Dargestellten mit Lisa del Giocondo, der Frau des Florentiner Kaufmanns Francesco del Giocondo, konnte nun durch den Fund einer handschriftlichen Eintragung in einem Frühdruck der Universitätsbibliothek Heidelberg bestätigt werden.


Eine entprechende Verbindung wurde bereits im 16. Jahrhundert gezogen. Dass dieses Porträt Lisa del Giocondo darstellen könnte, stützt sich von alters her auf die Angaben von Giorgio Vasari (1511-74), der in seinen 1550 erstmals erschienenen Künstlerviten als bisher einzige Quelle dem Porträt einen Namen gibt und zugleich eine ungefähre Datierung zwischen 1503 und 1506 erlaubt. Doch bestanden bis heute Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Angaben, zumal Vasari für seinen Hang zum Anekdotischen bekannt ist. Zudem erfolgte dessen Gleichsetzung mit der Florentiner Kaufmannsgattin erst rund 50 Jahre nach Entstehen des Gemäldes.

Leonardo selbst wiederum erwähnt die Mona Lisa in seinen Zeichnungen und Notizbüchern mit keinem Wort. Spärliche Hinweise in anderen Quellen aus den Jahren 1517, 1525 und 1540 lassen außerdem große Interpretationsspielräume zu. So wurden im Laufe der Zeit verschiedene Alternativen der Identifikation angeboten: Isabella d'Este, Markgräfin von Mantua, Costanza d'Avalos, eine neapolitanische Adelige, Isabella Gualanda und schließlich Pacifica Brandano. Eine ebenfalls diskutierte Variante ist die Darstellung eines fiktiven Frauenbildnisses, ein ins Bild gesetztes Frauenideal - oder gar ein verschlüsseltes Selbstportrait Leonardos.

Die von Dr. Armin Schlechter bei der Katalogisierung eines Heidelberger Frühdrucks (Signatur D 7620 qt. INC) entdeckte Quelle beseitigt, so die Universitätsbibliothek Heidelberg, alle Zweifel an der Identität der Mona Lisa. Publiziert und mit einem Kurzkommentar versehen wurde diese Quelle bereits im Mai 2005 im Katalog zur Inkunabelausstellung der Universitätsbibliothek. Der entscheidende Hinweis wird dort in Form einer handschriftlichen Randbemerkung gegeben: In einer 1477 gedruckten Cicero-Ausgabe nämlich findet sich ein Vermerk des florentinischen Kanzleibeamten Agostino Vespucci, der Leonardo mit Apelles, dem größten antiken Maler, vergleicht und festhält, dass jener gerade an einem Porträt der Lisa del Giocondo arbeite. Vespuccis Marginalie vom Oktober 1503 ermöglicht eine genaue Datierung des Gemäldes und bestätigt damit Vasaris Angabe von 1550, dass es sich bei der Dargestellten um Lisa del Giocondo handelt.

Darüber hinaus ist der Heidelberger Fund für die Entwicklungsgeschichte von zwei weiteren Gemälden Leonardos von Bedeutung. So erwähnt Vespucci in seiner Notiz auch das Bild der Anna Selbdritt, das in mehreren Entwurfstadien und in einem Gemälde des Louvre überliefert ist, sowie den Auftrag zum Wandgemälde der Anghiarischlacht im Ratssaal des Palazzo Vecchio in Florenz.


Eine erstmalige detaillierte Analyse der Quelle und ihre Einordnung in die historische und kunsthistorische Forschung unternimmt Dr. Veit Probst in seinem soeben publizierten Aufsatz: Zur Entstehungsgeschichte der Mona Lisa: Leonardo da Vinci trifft Niccolò Machiavelli und Agostino Vespucci
(http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2008/410/).


*


Quelle:
UniSpiegel - Universität Heidelberg 1/2008
40. Jahrgang, Februar-März 2008, S. 1
Herausgeber:
Der Rektor der Ruprecht-Karls-Universität
Redaktion: Pressestelle
Grabengasse 1, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/54 23-10, -11; Fax: 06221/54 23-17
E-Mail: unispiegel.urz.uni-heidelberg.de
Internet: www.uni-heidelberg.de/presse/unispiegel


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2008