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BERICHT/006: Gefesselte Kunst - Künstlerischer Aufbruch in Südafrika und Palästina (SB)


Workshop zu sozialer Transformation in Verhältnissen der Unterdrückung


Den Menschen mittels künstlerischer Betätigung dazu anzuregen, aus seiner erlebten Ohnmacht auszubrechen, sich mit anderen zusammenzuschließen und gemeinsam zu einer Veränderung der bedrückenden sozialen Verhältnisse beizutragen, war ein Leitmotiv der Konferenz "radius of art" in der Heinrich Böll Stiftung. Die Hoffnung wenn nicht gar sichere Überzeugung, daß Kunst und Kultur dies zu leisten imstande seien, durchzog die Vorträge und Diskussionen wie ein roter Faden. Immer wieder fiel in diesem Zusammenhang der Begriff "Empowerment", der sich so vielversprechend und aufbruchsverheißend anhört wie er sich bei näherer Überprüfung als außerordentlich beliebig und inhaltsleer erweist. Wenngleich seine Wurzeln im Bereich der Sozialarbeit und Bürgerrechtsbewegung zu finden sind, ist das Konzept einer jedermann zugänglichen Energie anschlußfähig für die gegensätzlichsten politischen Intentionen. Als unspezifisches Motivationsprogramm zur Überwindung lähmender Ohnmachtsgefühle ist es offen für eine Okkupation durch gouvernementale Einbindung und betriebliches Management zur Steigerung der Produktivität. Das innewohnende Versprechen auf Wiedergewinnung verlorener Macht entufert in seiner Entkoppelung vom Antagonismus von Mächtigen und Ohnmächtigen zu einem synergetischen Entwurf, der Ausgleich verheißt.

Durch die Brille des Empowerment betrachtet, muß man sich das Unglück zwar nicht zurechnen, ist aber seines Glückes Schmied, wodurch die gesellschaftliche Schuldzuweisung durch die Hintertür wieder Einzug hält. Wenngleich nichts dagegen einzuwenden ist, der Unwissenheit, Entfremdung und Resignation mit der Befähigung zu begegnen, eigene Interessen zu artikulieren und ihnen nach besten Kräften zur Durchsetzung zu verhelfen, ist dieses Aufbegehren doch untrennbar mit der Positionierung im Angesicht übermächtiger Herrschaftsverhältnisse verknüpft. Von Beginn an scheidet sich das Streben, sich im Rahmen bestehender Bedingungen erfolgreicher zu behaupten, von der Aufrechterhaltung der unanfechtbaren Nichtakzeptanz von Not, Unterdrückung und Ausbeutung jedweder Couleur und Spielart. Es gilt daher Fragestellungen zu formulieren und weiterzuentwickeln, die sich von schnellen Antworten und kurzschlüssigen Erfolgsversprechen nicht aus dem Feld schlagen lassen.

Unter dem thematischen Schwerpunkt "Art for social transformation", der sich als einer von vier übergeordneten inhaltlichen Strängen durch die gesamte Konferenz zog, war der Workshop "Culture, awareness, individual and politics - Change through creative means, self-expression, participation, and cooperation" angesiedelt. Kunst wertzuschätzen und für soziale, wirtschaftliche und politische Ziele einzusetzen, ist ein international etabliertes Konzept. An ihrer spezifischen Qualität als eine komplexe und vielschichtige Kommunikationsform dürfte kein Zweifel bestehen. Vertiefend zu erörtern und zu präzisieren sind indessen die vielfach bestätigten Wirkungen von Kunst und Kultur vor allem dann, wenn auf diesem Wege soziale Entwicklungen angestoßen werden. In diesem Zusammenhang gilt es zu erforschen, unter welchen Bedingungen ein Transfer von der individuellen Verstärkung auf soziale Zusammenhänge erfolgt und wie künstlerische Projekte hinsichtlich ihrer Themen, Methoden, Teilnehmer, Trainer und Formen der Kunst beschaffen sind, die mehr als andere in die Gesellschaft als Ganzes wirken.

June Josephs-Langa, Marion Haak - Foto: © 2012 by Schattenblick

June Josephs-Langa, Marion Haak
Foto: © 2012 by Schattenblick

Die Aufgabe, den Sack Flöhe dieser vielfältigen Aspekte zu hüten und in der vom Takt des Programmablaufs vorgegebenen Kürze der Zeit eine fruchtbare Diskussion zu fördern, fiel der Moderatorin Marion Haak zu. Sie hat in Berlin Musikpädagogik mit dem Schwerpunkt Chorleitung studiert und war von 2006 bis 2009 als Chorleiterin für die Barenboim-Said-Stiftung in Ramallah und dem Westjordanland tätig. Seit 2010 arbeitet sie an ihrer Dissertation über internationale Musikprojekte mit übergreifenden Zielsetzungen. Ebenfalls seit 2010 ist sie in das "Cape Festival" in Südafrika involviert, wo sie Chöre und junge Berufsmusiker insbesondere aus benachteiligten Verhältnissen in ihrer künstlerischen Entwicklung unterstützt.

Marion Haak stellte die vier am Workshop teilnehmenden Experten vor und richtete an sie die Fragen, welche Rolle das Individuum im Prozeß der Transformation spiele, welche Transfereffekte erwünscht seien und welche Art von Transformation man anstrebe. In einem einleitenden Filmclip waren Szenen des Kampfes gegen das Apartheidregime in Südafrika zu sehen, in denen Menschen eindrucksvoll singend und tanzend zum Widerstand aufriefen. Anhand dieses Beispiels wurde unmittelbar deutlich, welch bedeutende Rolle Gesänge und andere körperliche Ausdrucksformen in einer solchen Bewegung haben können.

Alia Rayyan - Foto: © 2012 by Schattenblick

Alia Rayyan
Foto: © 2012 by Schattenblick
Als erste Sprecherin nahm Alia Rayyan dazu Stellung, die internationale Politik mit Schwerpunkt Nahost studiert hat. Sie arbeitete in Berlin, Beirut, Dubai, Amman und Ramallah. Seit 2006 lebt und arbeitet sie in Palästina, wo sie verschiedene Projekte für internationale Institute und Stiftungen wie die Heinrich Böll Stiftung, UNESCO und GIZ, aber auch lokale Partner wie die Stadt Ramallah, das Khalil Sakakini Culture Center oder die International Academy of Art durchgeführt hat. Mit ihrer Expertise für kollektive Erinnerung unterstützte sie 2011 das "Palestinian Memory Documentation Project - Talbyeh" in Jordanien als Beraterin und Filmemacherin.

Alia Rayyan hob die Bedeutung von Medien wie Musik für die Übermittlung einer Botschaft hervor. Wichtig sei jedoch, daß dieses Medium nicht von außen herangetragen werde, sondern von innen komme und Zeit zum Wachsen habe, wenn man Nachhaltigkeit erzielen wolle. Diese Gesichtspunkte hätten auch für ihr eigenes aktuelles Filmprojekt im Talbyeh-Flüchtlingslager Gültigkeit. Dessen Bewohner wollten ihre eigene Geschichte erzählen, die niemand wahrnehme. Sie hätten großen Wert darauf gelegt, weil sie es müde seien, immer nur zu hören, was andere über sie sagen. Das gebe ihnen das Gefühl, nicht zu existieren. Verstehen vollziehe sich indessen nicht nur im Denken, sondern durch das Herz, denn man könne nur verstehen, wenn man auch mit dem anderen fühle. Dies könnten politische Analysen und Reden für sich genommen nicht leisten, es müsse durch die Kunst bewerkstelligt werden.

Der palästinensischen Gesellschaft sei es bislang verwehrt gewesen, die eigene Erinnerung zu pflegen, da man sich im Prozeß der politischen Befreiung befinde. Man müsse daher zunächst zum Individuum zurückkehren, bevor man wieder größere Zusammenhänge erschließen und weiter voranschreiten könne. Da die existierenden sozialen Bewegungen kraftlos geworden seien, habe man im Flüchtlingslager auf sehr niedrigem Level begonnen, mit einzelnen Menschen zu sprechen, und Wert darauf gelegt, daß ältere Palästinenser in einen Dialog mit jüngeren treten. Diese Erfahrung lehrte die Trainer, daß sie in ihren eigenen Stereotypen gefangen sind, die es zu durchbrechen gilt. Alia Rayyan bezeichnete es im Kontext ihres Projekts als Traum, daß die derzeit produzierten Filme nach ihrer Fertigstellung auf Festivals gezeigt werden. Angesichts ihrer hohen Qualität seien sie durchaus für ein größeres Publikum gedacht und geeignet.

June Josephs-Langa - Foto: © 2012 by Schattenblick

June Josephs-Langa
Foto: © 2012 by Schattenblick
Nach ihr ergriff June Josephs-Langa aus Südafrika das Wort, die dort den Vorsitz des Department of Environment Affairs, Indalo Yethu, führt. Sie hat einen Abschluß in Außenpolitik und Diplomatie an der University of Westminster und kann auf eine 16jährige Erfahrung als Expertin im öffentlichen und privaten Sektor zurückblicken, davon neun Jahre in Führungspositionen. Zu ihren bekanntesten Projekten gehört der "Klimazug", der zahlreiche Orte im Land besuchte, um den Ruf nach einer umfassenden Partizipation der Zivilgesellschaft zu verstärken.

June Josephs-Langa wies darauf hin, daß der Filmausschnitt ausgebildete Guerillakämpfer zur Zeit des Kampfes gegen die Apartheid zeige, die realisierten, daß man das Regime nicht allein mit Waffen besiegen könne. Die Macht der damaligen Regierung Südafrikas war zu groß, da sie über die Industrie des Landes und sogar über Chemiewaffen verfügte, was sie in die Lage versetzte, etwa das Wasser in den Townships der Schwarzen zu vergiften. Damals sei kontrovers diskutiert worden, ob man Kunst als Waffe bezeichnen und verwenden könne, da sie doch ein Werkzeug des Friedens sein sollte. Der kurze Redebeitrag im Clip, laut dem man lange Reden halten könne, ohne die Zuhörer zu erreichen, während geeignete Musik die Botschaft unmittelbar verständlich mache, entspreche ihrer eigenen Erfahrung. Theater, Musik und Tanz ermöglichten in sehr kurzer Zeit einen Übertrag.

Auch ihre Umweltschutzorganisation verwende solche Medien, um den Kampf für Umweltgerechtigkeit zu führen. Der Klimawandel und seine Folgen würden in akademischen Kreisen Südafrikas intensiv diskutiert, während sich Politiker schon zurückhaltender damit beschäftigten und die breite Mehrheit der Bevölkerung bislang kaum Notiz davon nehme. Historische Ungleichheit und Bildungsdefizite seien auch in dieser Hinsicht deutlich spürbar. In ihrer Arbeit setze sie Kunst ein, um das Gespräch über den Klimawandel zu führen und nicht nur zu informieren, sondern ein Bewußtsein der Problemlage zu schaffen. Die Fakten zu verstehen, reiche nicht aus, da man die Menschen dazu ermutigen wolle, aktiv zu werden. Und dafür biete sich Kunst an, die tiefer greife als bloße Aufklärung.

Klimawandel und Umweltzerstörung erforderten dasselbe Ausmaß an Kampfbereitschaft, Partizipation und Mobilisierung wie der Kampf gegen das Apartheidsystem. Dieser Kampf erfordere die Einbeziehung der sozialen Dimension, da die Folgen der ökologischen Veränderungen die durch den Sturz des Apartheidsystems erzielten Verbesserungen zunichte zu machen drohten. Allerdings sei der Gegner nun weniger greifbar als im Kampf gegen das alte Regime, da die beteiligten ökonomischen Prozesse und Konzerninteressen breiter und diffuser angelegt seien. Wenngleich die Auswirkungen der ökologischen Ungleichheit spürbar seien, würden sie nicht zwangsläufig als solche wahrgenommen.

In Südafrika herrsche nach wie vor eine große soziale Ungleichheit. während der Staat von Leuten repräsentiert werde, die einst Teil der Widerstandsbewegung waren. Im Kampf könne man sich auf übergreifende Prinzipien und Ziele einigen, doch sobald man die Macht übernommen habe, brächen die Widersprüche auf. Prinzipien würden preisgegeben, Korruption greife um sich, Macht verführe dazu, sich an ihr festzuklammern. Sie berichtete davon, daß bei der Ankunft des "Klimazugs" in einem Ort sämtliche Bewohner eingeladen werden. Kinder und Jugendliche nähmen sofort an den verschieden Aktivitäten teil, doch die Politiker einzubeziehen sei sehr mühsam. Wie sich häufig zeige, könnten junge Leute mit künstlerischen Mitteln inspirierende Ideen ausdrücken und damit das Machtgefüge gewissermaßen auf den Kopf stellen. Sie lernten mitunter ungeheuer schnell und brächten bemerkenswerte künstlerische Leistungen hervor.

Moheeb Shaath - Foto: © 2012 by Schattenblick

Moheeb Shaath
Foto: © 2012 by Schattenblick
Moheeb Shaath wurde in Al Kuwait geboren und hat sein Studium in civil engineering in Gaza abgeschlossen. Seit 2004 gehört er dem Sharek Youth Forum (SYF) an, bei dem er die Supervision zahlreicher Projekte im Gazastreifen geleitet hat. 2005 wurde er Direktor des SYF, das dort fünf Jugendzentren betreibt und zahlreiche Förderprojekte für Kinder und Jugendliche durchführt.

Moheeb Shaath erkannte in den Erfahrungen der südafrikanischen Befreiungsbewegung starke Übereinstimmungen mit jenen der Palästinenser. Auch bei der Arbeit in Palästina verwende man Kunst als Medium. Man könne den Kampf um Rechte und Partizipation auch auf künstlerischem Weg ausdrücken, zumal dieser weniger konfrontativ sei. Man könne ein Bild malen oder eine Karikatur zeichnen, ein Lied singen, einen Rap vortragen oder eine Performance geben und damit eine Alternative zu traditionellen politischen Mobilisierungen wie einer Demonstration vor dem Parlament bereitstellen. Die Wirkung künstlerischer Aktionsformen könne dauerhafter sein. Die Jugendbewegung und ihr Erleben von Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Gewalt erfordere einen spezifischen Umgang. Heute böten soziale Medien die Möglichkeit, Menschen vom Südpol bis zum Nordpol binnen kürzester Frist zu erreichen. Das schaffe eine Situation, wie sie vor zehn Jahren noch nicht existiert habe. In diversen Projekten strebe man eine Stärkung der Partizipation junger Menschen an gesellschaftlichen Prozessen und ihres Bewußtseins gemeinsamer Interessen an. Künstlerische Ausdrucksformen förderten die Talente und sendeten zugleich Botschaften.

Die alte Führerschaft in Palästina weise geradezu hysterische Züge auf und werde nun mit den Interessen der Jugend konfrontiert. Junge Menschen bis 25 Jahre machten 65 Prozent der Bevölkerung aus, was die Bedeutung dieser Gruppe unterstreiche, unter anderem in Hinsicht auf die Planung ihrer beruflichen Laufbahn. Die Sommercamps böten Gelegenheit, miteinander zu sprechen, sich auszudrücken, Talente auf vielfältige Weise zu entwickeln. Die Resultate dieser künstlerischen Arbeit würden ausgestellt, als nachhaltige Produkte bewahrt und insbesondere mit den Erfahrungen anderer Projekte oder Institutionen verknüpft. Auf diese Weise fördere man nicht nur individuelle Karrieren, sondern erziele auch einen sozialen Übertrag. Teilnehmer an Sommercamps würden in ihrer sozialen Umgebung aktiv und engagierten sich in den dort anstehende Problemlagen.

Als vierte Expertin der Runde äußerte sich die Südafrikanerin Gabi Ngcobo, die in Johannesburg als unabhängige Kuratorin tätig ist und der Fakultät der Wits School of Arts, University of Witswatersrand, angehört. Sie hat einen Abschluß am Center for Curatorial Studies, Bard College, New York, und war stellvertretende Kuratorin der South African National Gallery. 2010 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des unabhängigen "Center for Historical Reenactments" (CHR) in Johannesburg. 2011 war sie in Durban Kuratorin der Ausstellung "DON'T PANIC" zum Klimawandel.

Gabi Ngcobo - Foto: © 2012 by Schattenblick

Gabi Ngcobo
Foto: © 2012 by Schattenblick
Gabi Ngcobo bestätigte ihrerseits, daß in den 1980er Jahren in Südafrika die Frage aufgekommen sei, ob man Kunst und Kultur zu einer Waffe im Kampf gegen Apartheid machen könne. Ihre Praxis als Künstlerin und Kuratorin sei von täglich neuen Widersprüchen geprägt, wie sie auch dem Charakter Südafrikas entsprächen. Sie beziehe sich in ihrer Herangehensweise häufig auf eine Strömung in der Literatur ihres Landes, die dazu aufrief, das Gewöhnliche und Individuelle zu entdecken, sich mit den nach wie vor gegenwärtigen Unwägbaren alltäglicher Existenz zu befassen. Ein weiterer zugespitzter Augenblick sei die Stockholm-Konferenz 1989 gewesen, die von der Schlagzeile begleitet war, "wir bereiten uns auf die Freiheit vor". In dieser Situation hätten südafrikanische Künstler solidarische Kritik erfahren.

Male man ein Bild, auf dem eine Waffe zu sehen ist, so könne diese in alle möglichen Richtungen schießen, nicht nur in eine. Südafrika werde heute vielfach als ein zunehmend unregierbares Land bezeichnet, und diese Unregierbarkeit finde ihren Niederschlag auch in der Kunst. Man überlasse es nicht dem Markt zu diktieren, was dabei herauskommen soll oder wie die Geschichte zu rekonstruieren sei. Derartige Bilder seien sehr wichtig, könnten aber auch eine Bürde sein. Die Südafrikaner seien so verliebt in ihre eigene Geschichte und wollten sie immer wieder hören, so daß es schwer sei, diese Imagination von Apartheid zu verlassen.

Mit ihrer Frage, ob jeder ein Künstler werden könne, leitete Marion Haak die letzte Runde der Diskussion ein. Jeder sei ein Künstler, meinte Gabi Ngcobo, was in der Runde Gelächter auslöste. Wie sie fortfuhr, habe sie es als Schock empfunden, daß junge Menschen Angst hatten, das Wort Apartheid auch nur auszusprechen. Als Individuen seien sie so sehr auf sich zurückgeworfen, daß sie sich nicht als Teil eines Ganzen begreifen könnten. Dem schloß sich Alia Rayyan mit den Worten an, daß sich Workshops oftmals so sehr auf das Individuum konzentrierten, daß sie zu einer bloßen Unterhaltung verkümmerten. Das sei ebenso gefährlich wie Konzeptlosigkeit und fehlende Kontinuität.

Aus dem Kreis der Workshopteilnehmer wurde die Auffassung geäußert, daß vor allem die Frage der künstlerischen Qualität zu klären sei, da nicht jeder ein Künstler und nicht alles wunderbar sei, was man auf diese Weise auszudrücken versuche. Dem fügte Moheeb Shaath die grundsätzliche Frage hinzu, wer die Qualität von Kunst definiere. Qualität, so faßte Alia Rayyan zusammen, erwachse aus Vorbereitung, Zeit, Prozessen, Langfristigkeit und nicht zuletzt der Verantwortung, ein einmal begonnenes Projekt nicht zu verlassen. Das Schlußwort dieser in der Kürze der Zeit allenfalls angerissenen, aber nichtsdestoweniger fundamentalen Diskussion fiel June Josephs-Langa zu, die den Terminus Qualität politisch faßte. Kunst mit dem Ziel einer sozialen Transformation unterscheide sich wesentlich von Kunst zum Erwerb individueller Fertigkeiten. Ihre eigenen Projekte wiesen die Frage der künstlerischen Qualität keineswegs zurück, doch bleibe das Ziel die Transformation der Gesellschaft.

(wird fortgesetzt)

19. Februar 2012