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ARBEITERSTIMME/192: Streiks bringen Anlagen-Bau in Großbritannien zum Stillstand


Arbeiterstimme Nr. 163 - Frühjahr 2009
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

Streiks bringen Anlagen-Bau in Großbritannien zum Stillstand


Am 28. Januar traten 400 Montage-Arbeiter in der Total-Ölraffinerie bei Lindsey, in der Nähe von Immingham an der Ostküste, in einen wilden Streik gegen die italienische Firma IREM. IREM brachte italienische und portugiesische Arbeiter zum Bau eines neuen Teils der Raffinerie mit und lehnte es ab, lokale Arbeitskräfte zu beschäftigen.

Die Streikenden monierten, dass die ausländischen Arbeiter, die auf einem Schiff im Hafen leben, unter dem britischen Lohnniveau bezahlt werden. Die Firma stritt dies ab, aber ein Fernsehteam interviewte in Lissabon portugiesische Arbeiter, die von der Lindsey Raffinerie zurückkamen, und diese sagten, dass sie ca. 1000 Euro pro Monat weniger erhielten als britische Arbeiter.

Innerhalb kurzer Zeit breiteten sich die Streiks aus und erfassten Montage-Arbeiter in Ölraffinerien, Kraftwerken, Chemiefabriken und anderen Projekten in England, Schottland, Wales, Nordirland und Irland. Bei kaltem Wetter, Eis und Schnee legten die Streikenden begleitet von Unterstützungsdemonstrationen die Arbeit nieder.

Einige Labour-Abgeordnete, sogar einige Minister brachten Sympathie für die Streikenden zum Ausdruck. Dann aber äusserte sich Lord Mandelson (Blairs "Spindoktor", der zweimal aus der Blair-Regierung wegen finanzieller Skandale zurückgetreten war, den Blair als Kommissar der Europäischen Union nach Brüssel schickte, der von Brown zurückgeholt wurde, um die "blairistische" Revolte in seiner Regierung zu beenden, der zum Lord gemacht wurde und der wieder in die Regierung aufgenommen wurde). Mandelson verurteilte ebenso wie Brown selbst die Streikenden. Der Streik sei illegal gemäß britischen Recht und die italienische Firma würde im Rahmen der EU-Gesetze handeln, wenn sie ihre eigenen Beschäftigten mitbringt und ihnen geringere Löhne bezahlt.

Entsprechend der EU Richtlinie für "Arbeiterentsendung" dürfen Arbeiter aus einem Land, die in einem anderen beschäftigt werden, mit den geringeren Löhnen ihres Herkunftlandes bezahlt werden. Europäischer Gewerkschaften haben mehrere solcher Fälle, wie etwa der finnische Fährgesellschaft, die estnische Seeleute zu estnischen Tarifen bezahlte, vor den Europäischen Gerichtshof gebracht. Aber sie haben alle diese Fälle verloren. Die Richter urteilten zu Gunsten der Firmen und ihrem Recht über Europa hinweg Lohnniveaus zu unterschreiten.

Viele der Streikenden trugen Plakate mit dem Slogan "britische Jobs für britische Arbeiter" (Brown gebrauchte diesen Slogan 2007 auf dem Gewerkschaftskongress und dem Labour Parteitag als eine populistische Geste, die schon damals Beobachter irritierte und von Sozialisten als gefährlich angesehen wurde. Es war klar, dass diese Parole ihm später selbst Probleme machen würde). Die rechten Boulvardzeitungen, die gegen Asyl- und Arbeitsimmigration eingestellt sind, ebenso wie die rechts-aussen Partei SNP (einmal eine Neonazi- in neuerer Zeit eine mehr konventionelle rassistische Partei), übernahmen die Losung "britische Jobs für britische Arbeiter". Die SNP besuchte auch die Streikposten, wurde aber von den Streikführern aufgefordert zu verschwinden.

Da die Streiks nicht legal waren, konnten sich die Gewerkschaften nicht beteiligen. Die Aktion wurde von den gewählten gewerkschaftlichen Vertrauensleuten, den Shop Stewards, angeführt. Offensichtlich waren alle Shop Stewards über Handys und SMS untereinander in Verbindung.

Am 4. Februar wurde der Streik an der Lindsey Ölraffinerie beendet, nachdem die Streikenden ein Angebot akzeptiert hatten nach dem 50 Prozent der in den neuen Arbeitsplätzen Beschäftigten Einheimische sein sollten. Am gleichen Tag hatten sie zuvor noch ein Angebot von nur 60 Jobs abgelehnt.

Das Thema ist noch nicht erledigt. Die Richtlinie für "Arbeiterentsendung" muss geändert werden damit die Arbeiter und nicht der Arbeitgeber profitieren. Für die wenigen Tage des Streiks fürchteten die Regierung und die herrschende Klasse, dass die alten Tage mit inoffiziellen Streiks zurückgekehrt sind. Streiks die von Massenversammlungen und nicht von verantwortlichen Gewerkschaftsfunktionären durchgeführt werden.

20.02.2009


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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 163, Frühjahr 2009, Seite 23
Verleger: Thomas Gradl, Postfach 910307, 90261 Nürnberg
E-Mail: redaktion@arbeiterstimme.org
Internet: www.arbeiterstimme.org

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009