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AUFBAU/226: Die atomare Abrüstung heizt das Wettrüsten an


aufbau Nr. 58, September/Oktober 2009
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Die atomare Abrüstung heizt das Wettrüsten an

AUFRÜSTUNG - Die Krise und der Klimawandel beschleunigen das Wettrüsten. Neuer Rekord der Rüstungsausgaben im Jahre 2008. Die geplante atomare Abrüstung steigert die Kriegsgefahr.


(rabs) Die Krise des kapitalistischen Systems bringt eine weitere Verschärfung der Konkurrenz zwischen den imperialistischen Mächten mit sich. Trotzt allen schönen Verlautbarungen der verschiedenen Gipfeltreffen der Mächtigen blüht der Protektionismus, unverhohlen wird von höchster Stelle der Handel mit landeseigenen Produkten propagiert. Der weitere Ausbau der militärischen Schlagkraft zur Durchsetzung dieser Interessen liegt auf der Hand.

Die Rüstungsausgaben haben gemäss einer Studie des Stockholmer Forschungsinstitutes "Internationaler Friede" im Jahre 2008 einen neuen Rekord erreicht. Federführend sind die USA, wo jede Reform des Gesundheitswesens an "Geldmangel" scheitert, für die Rüstung aber 607 Milliarden Dollar ausgegeben werden. Weit abgeschlagen folgen China (85 Mia), Frankreich (66 Mia), Grossbritannien (65 Mia), Russland (59 Mia) Deutschland (47 Mia), Japan (46 Mia) und Italien mit 41 Milliarden Dollar.


Privatisierte Kriege

Die militärische Aufrüstung lässt sich längst nicht mehr nur an den staatlichen Rüstungsbudgets messen. Auch der Krieg ist auf allen Ebenen privatisiert worden. Von der militärischen Infrastruktur, beispielsweise die Essensversorgung der Truppen, bis hin zu den Kampftruppen. Im Irakkrieg hat dieser Wirtschaftssektor einen gewaltigen Boom erlebt. Entgegen der offiziellen Darstellung wird das durch den Teilabzug entstandene Vakuum keineswegs einfach mit irakischen Truppen gefüllt, sondern zu einem guten Teil auch mit frisch eingeflogenen Söldnern der zahllosen Sicherheitsfirmen.

Wie jüngst bekannt wurde, beteiligt sich die berüchtigste dieser Söldnertruppen, die US-Firma Blackwater, auch an den zahllosen US-Drohnen-Angriffen auf das pakistanische Grenzgebiet. Die Arbeitsteilung ist perfekt: die Söldner installieren die Raketen auf die Drohnen vor Ort und die CIA-Leute steuern in der US-Zentrale das Ziel an und lösen den Angriff mit dem Joystick aus. Auch im Irak hat US-Präsident Obama den Vertrag mit dieser Mördertruppe, die bei jeder Gelegenheit wild um sich schiesst, um zwei Jahre verlängert.


Die Farce der atomaren Abrüstung

Im Frühjahr sprach der frischgebackene US-Präsident Barack Obama anlässlich einer Rede in Prag von der "moralischen Verpflichtung der USA" auf eine Welt ohne Atomwaffen hinzuarbeiten. Im Juli trifft sich dann Obama mit dem russischen Präsidenten Medwedjew in Moskau und beide unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung für die Verlängerung des Ende dieses Jahres auslaufenden Start-1-Vertrages zur Beschränkung der Atomsprengköpfe. Die von Obama anlässlich dieses Treffens vorgeschlagene weitere Reduktion auf 1000 Kernsprengköpfe hat allerdings wenig mit seinem "Friedenswillen" zu tun. Tatsache ist, dass Russland den USA hinsichtlich der konventionellen Kriegsführung unterlegen ist und daher eine Reduktion der atomaren Schlagkraft die militärische Dominanz der USA noch weitere ausbauen würde. Der Wille zum Frieden entpuppt sich damit als geschickter Schachzug, um militärische Schlagkraft zu erhöhen.

Just im gleichen Monat präsentiert Indien der Weltöffentlichkeit ein atomar getriebenes U-Boot, eine Kriegswaffe, über die bis anhin nur die USA, Frankreich, Grossbritannien und China verfügten. Der Name des Kriegschiffes "INS Arihant" bedeutet sinnigerweise "Zerstörer des Feindes". Dem angesprochenen Feind, Pakistan, fehlen zwar derzeit die finanziellen Mittel für den Kauf und Unterhalt eines atomaren U-Bootes. So bleibt nichts anderes übrig, als auf konventioneller Ebene kräftig aufzurüsten und, was wiederum den USA kaum Freude bereiten wird, die militärische Zusammenarbeit mit China zu verstärken. Laut Spiegel-Online laufen derzeit Verhandlungen über die Stationierung von chinesischen Militärischiffen im pakistanischen Hafen Gwadar [1].


Konflikt "Klimawandel"

Auch das plötzliche Interesse der USA am Klimawandel ist weniger dem unbestrittenermassen intelligenteren und aufgeschlosseneren Bush-Nachfolger geschuldet. Auch hier stehen in verschiedenster Hinsicht handfeste strategische Interessen auf dem Spiel. Der Klimawandel ist längst zum Sicherheitsproblem geworden. Die EU publizierte am 14. März 2008 den Bericht "Klimawandel und internationale Sicherheit" und schlägt Alarm [2]. Befürchtet wird die Verschärfung sozialer Konflikte, da der Klimawandel den Widerspruch zwischen den Metropolenländern und dem Trikont im wahrsten Sinne anheizt. Ein guter Kapitalist verkauft aber bekanntlich auch den Strick, mit dem er anschliessend erhängt wird. So sieht die EU durchaus auch positive Aspekte im Klimawandel: Das Nordpoleis schmilzt und die darunter liegenden Erdöl- und Erdgasreserven, aber auch Zinn, Mangan, Gold, Nickel, Blei, Platin und Rohdiamanten, können endlich ausgebeutet werden. Kein Wunder also, stellt die EU-Kommission fest: "Der Klimawandel kann auch Streitigkeiten über Handelsrouten, Meeresgebiete und vormals unerreichbare Ressource auslösen". Die Grossmächte sind längst in Stellung gegangen und rüsten am Nordpol massiv militärisch auf. Sowohl Russland als auch die USA machen Ihre Ansprüche für den angrenzenden Nordpol geltend.

Insgesamt also ein sehr bedrohliches Szenario. Nicht nur wegen der bereits laufenden Kriege wie im Irak und Afghanistan, um nur die blutigsten und wichtigsten zu nennen. Die imperialistischen Mächte zündeln derzeit ungehemmt an weiteren Kriegesherden. Leider ist der Widerstand gegen den imperialistischen Krieg in den letzten Jahren aus der Mode gekommen. Dabei geht es keineswegs nur um die durchaus angebrachte Solidarität mit den von der imperialistischen Kriegsmaschine drangsalierten Völkern. Die Kriegspolitik bringt auch eine massive Verschärfung der Repression gegen Innen mit sich, ganz zu Schweigen vom Risiko, dass die imperialistischen Mächte sich auf die Dauer nicht nur auf Stellvertreterkriege beschränken werden.


Anmerkungen

[1] Spiegel Online von 16.08.09, "Asiens Atommächte rüsten um die Wette"

[2] www.imi.online, Die Versicherheitlichung des Klimawandels


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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Kulturredaktion (kur)


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Quelle:
aufbau Nr. 58, September/Oktober 2009, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2009