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AUFBAU/247: Klimawandel - Nichts Neues unter der Dunstglocke


aufbau Nr. 60, März/April 2010
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Nichts Neues unter der Dunstglocke


KLIMAWANDEL - Das Scheitern der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im letzten Dezember macht einmal mehr deutlich, dass es innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise keine globale, nachhaltige Umweltpolitik gibt.


(raw) Die 15. UN-Klimakonferenz (COP15), die vom 7-18. Dezember 2009 in Kopenhagen stattfand, war viel Lärm um nichts. Das eigentliche Ziel, eine verbindliche Nachfolgeregelung für das 1997 verabschiedete und 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll auszuhandeln, wurde bei weitem nicht erreicht. Im Gegenteil, der Graben zwischen den Industrie- und den Schwellenländern vertieft sich auch bei diesem Thema laufend. Deutlich wurde, dass die Staats- und Regierungschefs den Interessen ihrer eigenen Kapitalfraktionen nicht entgegen treten wollen und können. Würden Klimaschutzmassnahmen nur in gewissen ökonomischen Regionen und nicht global verordnet werden, müssten die betroffenen Regionen Standortvorteile aufgeben, was den dort ansässigen KapitalistInnen grosse Produktionsnachteile bringen würde. Kein bürgerlicher Staatschef kann dies riskieren. Letztlich würde an der Konferenz lediglich ein rechtlich nicht verbindlicher "Copenhagen Accord" von den Teilnehmerstaaten zur Kenntnis genommen, in dem als Ziel angetönt ist, die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad zu beschränken. Etwas anderes war auch gar nicht zu erwarten gewesen. Zu viel wirtschaftliche Stärke steht für die Kapitalfraktionen auf dem Spiel. Denn wenn das oft erwähnte Ziel erreicht werden soll, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad Celius über dem entsprechenden vorindustriellen Niveau zu beschränken, müssten die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um mindestens 80-95% im Verhältnis zu 1990 verringert werden.


Profit geht vor

Dass also die ersten verbindlichen Emissionssenkungen, die im Kyoto-Protokoll vereinbart wurden (durchschnittlich rund 5%) nicht eingehalten, bzw. ins Gegenteil verkehrt wurden - die Emissionen der zehn grössten westlichen Industrieländern nahmen von 1990 bis 2007 um rund 10% zu - erstaunt also nicht. Zumal einige wenige Staaten, unter ihnen der Grossverschmutzer USA, das Kyoto-Protokoll ohnehin nie anerkannt haben.

Diese Unverbindlichkeiten und die Weigerung, für den Klimaschutz zu handeln, verwundern deshalb kaum: Natürlich haben die Kapitalisten und die bürgerlichen Staaten kein Interesse daran, auf ihre Gewinne, die aus dem Abbau der Rohstoffe und der Verbrennung fossiler Energieträger sprudeln, zu verzichten. Kein Wunder also, dass immer versucht wird, die Schuld für oder die Konsequenzen aus der Zerstörung der Umwelt an andere Länder weiterzugeben - zuletzt in Kopenhagen an die Schwellen- und Entwicklungsländer. Dabei wurde bewusst die wichtige Frage nach den Pro-Kopf-Emissionen von den Industrieländern unter den Tisch gewischt.

Dafür offenbart sich mit dem Handel von CO²-Zertifikaten das wahre Gesicht von kapitalistischem Umweltschutz: Was noch nicht Kapital ist, wird zu Kapital gemacht.

Auch die selbsternannten staatlichen Klimaretter wie zum Beispiel Deutschland haben andere, handfestere Dinge im Kopf als den Klimaschutz, wenn sie dafür plädieren, vertraglich international den Einsatz von umweltfreundlicheren Technologien vorzuschreiben: Deutschland ist Weltmarktführer in deren Produktion.


"Wäre das Klima eine Bank..."

Innerhalb der kapitalistischen Konkurrenz verpufft also jeder Aufruf, die Welt vor dem Klima-Kollaps zu bewahren, im Profitdenken. Das Klima-Problem ist nur eines von vielen, welche diese Produktionsweise schafft und das im Kapitalismus nicht gelöst werden kann. Die Notwendigkeit einer anderen Produktions- und Gesellschaftsform proklamierten am Klimagipfel aber nur die ALBA-Staaten (Handelsbündnis bolivarianischen Alternative). Der bolivianische Präsident Evo Morales verurteilte, dass die Kapitalisten den Klimawandel mit Karbonmärkten bekämpfen wollen: "Wir prangern diese Märkte und die Länder, welche diese fördern, an. Es ist an der Zeit aufzuhören, Geld mit der Schande zu verdienen, die sie selbst angerichtet haben." Und Hugo Chàvez doppelte sarkastisch nach: "Wäre das Klima eine Bank, wäre es längst gerettet worden."

Dem Unwillen der Industriestaaten, etwas gegen den Klimawandel in Angriff zu nehmen, steht das sozialistische Kuba gegenüber, das bezüglich Klimaschutz aus der Not eine Tugend gemacht hat. Nach dem Zerfall der Sowjetunion sah sich Kuba mit dem Problem einer Energiekrise konfrontiert, da der Import von Öl und Gas aufgrund des US-Embargos zusammenbrach. Schon 1993 startete Kuba daher ein Projekt, das nachhaltige und erneuerbare Energien bevorzugt. So förderte der kubanische Staat die Entwicklung eigener Biogas- und Solaranlagen sowie den Bau neuer Wind- und Wasserkraftwerke. Gleichzeitig wurde der Bevölkerung das Wissen vermittelt, wie Energie eingespart werden kann und dafür die Mittel, wie z.B. Leuchtröhren, als Ersatz für die konventionellen Glühbirnen, verteilt. Priorität in der Energieversorgung - z.B. mittels der Installation von Solarzellen - haben Schulen, Krankenhäuser und soziale Zentren. Innerhalb von nur zwei Jahren senkte Kuba seinen Verbrauch von Flüssiggas um 37% und den Benzin-Verbrauch sogar um 80%. Gleichzeitig wurde ein exponentieller Stromtarif eingeführt.

In der gleichen Zeit startete Kuba eine Offensive zur Förderung der bio- und ökologischen Landwirtschaft. Zudem wurde 1999 ein landesweites Netz von Naturschutzgebieten eingerichtet. Aus einer Energiekrise konnte also letztlich eine vorbildliche Energiewirtschaft und ein effektiver Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz entwickelt werden - und das in einem Land, das seit 50 Jahren unter einem US-Handelsembargo leidet.


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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Kulturredaktion (kur)


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Quelle:
aufbau Nr. 60, März/April 2010, S. 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2010