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AUFBAU/428: Feministisches PolitikWochenende 2015 im Moesli


aufbau Nr. 82, September/Oktober 2015
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Feministisches PolitikWochenende 2015 im Moesli

Das 4-tägige FrauenWochenende bei Stallikon/ZH war mit über 100 angemeldeten Teilnehmerinnen aus der Schweiz, Österreich und Deutschlad eine gemeinsame Zeit voller feministischer und antikapitalistischer Theorie und Praxis, mit kollektivem Austausch, Vernetzung und Debatten. Die Frauenstruktur des Revolutionären Aufbaus gestaltete zwei Workshops mit.



(fk) Die Spannbreite und Vielfältigkeit der Themen an diesem Wochenende können als momentaner Ausdruck der Bewegungen begriffen werden. Sichtbar ist zudem, dass vermehrt Frauenkämpfe stattfinden und sich Frauen gegen den Backlash, die Angriffe der AntifeministInnen und die reaktionären religiösen Kräfte bewegen. Im Mittelpunkt des Wochenendes standen antikapitalistische und feministische Eckpunkte mit möglichen Bezügen zur Praxis. Mit der Überprüfung von Inhalten in der Praxis und mit der Entwicklung von Widersprüchen können politisches und persönliches Handeln weiterentwickelt und somit linke feministische Frauenbewegungen gestärkt werden.


Zwischen Workshops ...

In den zwei 4-stündigen Workshops Rape Culture von Helga Pregesbauer aus Österreich und Wikipedia und Feminismus setzten sich die Teilnehmenden auf unterschiedlichen Ebenen mit männlicher Dominanz und Gewalt im Alltag auseinander. Viele Bereiche werden von uns als selbstverständlich hingenommen und unbewusst reproduziert. In diesem Rahmen und diesen Räumen sollten derartige Mechanismen sichtbar gemacht werden, um durch eigene Wissens- und Machtaneignungen gegen patriarchale Strukturen handeln zu können. Der Workshop Trans* und Feminismus zeigte zunächst die vielen Gesichter von Trans-Personen und wie diese von patriarchalen Strukturen ebenso betroffen sind wie Cis-Frauen(1). Dieser Workshop schloss mitunter an die Debatten im Zürcher FrauenBündnis an. Fragen rund um eine Beteiligung und Integration von Transidentitäten in feministischen Frauenräumen und politischen Strukturen, sollen mit dem Blick auf eine gegenseitige Stärkung im Kampf gegen Patriarchat und Kapital beantwortet werden.

Die feministische Organisierung war selbstverständlich ein grosses Thema an diesem Wochenende. Das FrauenLesbenKasama Zürich hat ein Spiel zur Organisierungsfrage veranstaltet. Der Workshop Autonomer Feminismus - Theorien und Praxen die uns geprägt haben, setzte sich ganz konkret damit auseinander, dass Theorie prozesshaft in Diskussionen und teilweise über lange Zeiträume und Wege entsteht und sich somit nicht an dogmatischen Ideologien orientiert.

In einem weiteren Workshop ging es um die Langzeitpflege als einen beispielhaften Bereich, bei dem durch die aktuelle Verschärfung und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen die Selbstbestimmung der PatientInnen sowie der Arbeitenden immer mehr eingeschränkt wird.

Wir, das Frauenkollektiv des Revolutionären Aufbaus, führten den Workshop Frauenkampf im Klassenkampf durch. Anhand eines Vortrags setzten wir uns mit den Privatisierungsprojekten TISA und TTIP auseinander, welches ein Thema unserer Praxis darstellt. Anschliessend legten wir unsere Vorstellungen zu unseren politischen und organisatorischen Kategorien eines revolutionären Aufbaus in unserer Situation dar sowie der Notwendigkeit einer spezifischen Frauenorganisierung innerhalb der proletarischen Klassenorganisation.

Die Veranstaltung Geschichte der kurdischen Frauenbewegung vom Kurdischen Frauenbüro für Frieden CENI e.V., zeigte die Filmdokumentation Hêvî - Hoffnung über vier Kämpferinnen der kurdischen Frauenbewegung, die in Rojava bewaffnet gegen die IS-Fundamentalisten aktiv sind. Im Workshop Sexarbeit, der von uns und zwei feministischen Aktivistinnen, einer Sexarbeiterin und über 30 Teilnehmenden durchgeführt wurde, konnte im kleinen Rahmen ein Austausch und eine Vernetzung zwischen Aktivistinnen, Wissenschaftlerinnen und Sexarbeiterinnen stattfinden. Anhand von Kleingruppen wurden vertieft die Aspekte der Stigmatisierung, der Arbeitsrechte und der möglichen Forderungen diskutiert. Im Abschlussplenum des Workshops wurden Eckpunkte der Positionen und Fragen aufgeworfen, um dann den Bogen hin zu konkreten Handlungs- und Solidarisierungsoptionen zu schaffen. Diese sollen nun weiterentwickelt werden. Ein mögliches Praxisfeld ist der 8. März.

Nach einem dichten Samstagsprogramm konnten wir am Abend noch die Historikerin Tove Soiland mit ihrer Veranstaltung Queer und subversiv? begrüssen, was anschliessend zu einer heissen und kontroversen Diskussion um die Frage des politischen Subjekts Frau (proletarische Frau) und einer queerfeministischen Kritik daran führte. Für einige Anwesende stellt der QueerFeminismus nicht eine Radikalisierung der feministischen Praxis dar, sondern eher eine Gefahr für eine feministische linke Bewegung, da das kämpfende Subjekt verwässert, bzw. abgeschafft wird und somit Handlungsfähigkeiten behindert werden. Für die Anderen stellt er ganz klar eine Bereicherung und dringende Notwendigkeit in der Auseinandersetzung rund um Doing Gender(2) dar, um gegen den normativen binären Geschlechterdiskurs anzugehen.


... und Wald-Pool

Neben Vorträgen und Diskussionen gab es Kurse zu Wen-Do., Transpi-Hängtechnik, Tontechnik, eine Holzwerkstatt, Open Air Kino und ein Konzert. Zwischen den vielseitigen Stunden tagsüber lag ein kurzer kollektiver Sprung in den Wald-Pool drin, um mit abgekühltem Kopf die Frage weiterzuverfolgen: Wo stehen wir jetzt und welche Erfahrungen können wir aus all den Diskussionen diesbezüglich mitnehmen? Denn eins ist klar: es gibt noch viel zu erkämpfen und es gilt unsere Handlungsfähigkeit immer wieder herzustellen um (uns) weiter zu bewegen. Das Wochenende zeigt mit den über hundert anwesenden Frauen die Notwendigkeit von Frauenräumen und antikapitalistischen, feministischen Debatten. Dies sehen wir als eine Praxis, die weiterentwickelt werden will.

www.femwo.ch; Kontakt & Anfragen: femwo2015@gmail.com

(1) Cisgender ist das Gegenteil von Transgender und bezeichnet Menschen, deren Geschlechtsidentität (Lu. Gesellschaft: Frau/Mann) mit dem körperlichen Geschlecht identisch ist.

(2) Geschlecht wird produziert und reproduziert im täglichen Tun. Doing Gender betont insbesondere den eigenen Anteil an der Herstellung von Geschlecht.

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 82, September/Oktober 2015, Seite 4
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
Redaktion und Vertrieb Schweiz
aufbau, Postfach 8663, 8036 Zürich
E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org
 
Der aufbau erscheint dreimonatlich.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
aufbau-Jahresabo: 30 Franken, Förderabo ab 50 Franken


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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