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CORREOS/048: El Salvador - Die Unbelehrbaren


Correos des las Américas - Nr. 155, 18. November 2008

EL SALVADOR
Die Unbelehrbaren

Der Kampf der Organisation Pro Búsqueda für das Auffinden der während des Krieges "verschwundenen Kindern" bringt die uniformierten Massenmörder a.D. in Bedrängnis. Diese revanchieren sich mit einer Grossdemo gegen Gottlosigkleit und einen möglichen Wahlsieg des FMLN.

Von Eduard Fritsch


(San Salvador, Ende Oktober 08) An einem sonnigen Tag Ende Juni erschien kurz vor dem Mittagessen Herr Rafael Flores Lima vor der Generalstaatsanwaltschaft in Chalatenango, flankiert von zwei Anwälten, während sein Fahrer zwei Straßen weiter den Wagen mit laufendem Motor bereit hielt. Also kein gewöhnlicher Verdächtiger.

Der Herr wurde als General begrüßt, wie das hier auch bei Offizieren im Ruhestand üblich ist. Es handelte sich um jenen General i.R., der von Januar 1981 bis Dezember 1982 Generalstabschef der salvadorianischen Streitkräfte und vom Januar 1983 bis zum Januar 1988 Vize-Verteidigungsminister war, und seine Begleiter im Generalstab bzw. in der Militärabteilung N° 1 in Chalatenango tätige Rechtsanwälte. Auch wenn in den vier Stunden, die Flores Lima hinter verschlossenen Türen verbrachte, nicht viel passierte, war dieser Tag für "Pro Búsqueda", die Vereinigung für die Suche nach verschwundenen Kinder, historisch.


Ein Schritt vorwärts im Kampf gegen die Straflosigkeit

Zum ersten Mal seit Ende des Krieges musste ein für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Kriegsjahre von 1980 bis 1992 verantwortlicher ehemaliger hochrangiger Militär vor einer Instanz des salvadorianischen Rechtssystems erscheinen. "Der ehemalige Generalstabschef erschien am 25. Juni 2008 gegen 11.30 Uhr in der Staatsanwaltschaft von Chalatenango, begleitet von zwei Anwälten der Streitkräfte. Zuvor waren Zivilfahrzeuge der Streitkräfte in der Gegend um den Sitz der Staatsanwaltschaft herum gefahren. Nicht identifizierte Personen hatten Fotos von den Familienangehörigen verschwundener Kinder gemacht, die vor dem Gebäude Gerechtigkeit forderten. Ebenso hielt sich eine Gruppe von Personenschützern die ganze Zeit während der Verhandlung in der Nähe des Gebäudes auf. Das Erscheinen des Ex-Offiziers war auf 11.00 Uhr anberaumt, verzögerte sich aber um eine halbe Stunde, weil er sich der Begegnung mit den Opfern nicht stellen wollte. Die Verhandlungen dauerten über vier Stunden, weil Ex-General Flores Lima die Fragen der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwältin von Pro Búsqueda beantworten musste. Seine Antworten waren ausweichend und ablehnend, auch wenn er die Verantwortung der Kommandeure der Elitebataillone Atlacatl und Belloso, der Militärabteilung No. 1 und der 4. Infanteriebrigade für die "Operation Säuberung" und mithin für das Verschwindenlassen von Ernestina und Erlinda Serrano Cruz nicht leugnen konnte. Das Protokoll der staatsanwaltlichen Anhörung wird an die zuständige Richterin der Ersten Instanz in Chalatenango gehen, die den Inhalt prüfen und die Verantwortung des Ex-Generals analysieren muss." Soweit die Pressemitteilung von Pro Búsqueda vom selben Tag. Wer sind Ernestina und Erlinda Serrano Cruz? Wie geht die lange, lange Vorgeschichte dieses historischen Auftritts eines Unbelehrbaren?

Ernestina und Erlinda Serrano Cruz waren sieben bzw. drei Jahre alt, als sie am 2. Juni 1982 verschwanden. Laut Augenzeugenberichten wurden die beiden Schwestern von der salvadorianischen Armee in der Stadt Chalatenango gefangen genommen - im Rahmen der "Operation Säuberung". Es war die Zeit der großen "Säuberungs"-Operationen der salvadorianischen Streitkräfte, die mit dem klaren Ziel, der Guerilla das Wasser abzugraben, in den Konfliktzonen, den Gebieten, in denen diese eine klare Massenbasis hatte, durchgezogen wurden. Entsprechend dieser Ausrichtung ging es nicht nur um militärische Ziele, sondern vor allem auch um die Vernichtung dieser zivilen Basis, um Massaker. Und dazu gehörten nicht nur Massenmord an Frauen, Kindern und Männern, sondern auch die Verschleppung von Kindern - um die "Subversivenbrut" umzuerziehen und gegebenenfalls nebenbei Geld zu verdienen, in dem die entführten und damit verschwundenen Kinder in die Kanäle des Adoptionshandels geschleust wurden. Während der "Guinda de Mayo", des unter diesem Namen bekannt gewordenen Massakers, bei dem die Schwestern Serrano Cruz verschwanden, fielen im Mai/Juni 1982 an die 14.000 Elitesoldaten aus El Salvador, Honduras und Guatemala, Polizisten und Paramilitärs in den Nordosten des Departements Chalatenango ein, brachten über 250 Menschen um und entführten mindestens 46 Kinder, von denen die meisten bis heute verschwunden sind. In den 15 Jahren seit 1993, in denen Pro Búsqueda nach verschwundenen Kindern sucht - und inzwischen auch über 300 in El Salvador und im Ausland lokalisiert hat - ist ein bestimmtes Muster von Kindsraub und Verschwindenlassen im Rahmen der Massaker an der Zivilbevölkerung deutlich geworden: die Soldaten entrissen den Frauen die Kinder, griffen sie auf, wenn sie die Mütter zuvor ermordet hatten, holten sie aus den Trümmern der zerschossenen und abgebrannten Hütten und Häusern, warfen sie in die bereitstehenden Hubschrauber und transportierten sie ab. Einige landeten anschließend in Kasernen und wuchsen dort auf, andere in Familien von Angehörigen der Streitkräfte, wieder andere in Waisenhäusern und etliche eben über den Adoptionshandel im Ausland. Die meisten Kinder, die Pro Búsqueda sucht, sind in den ersten Kriegsjahren, 1980-83, verschwunden. In den 10 Jahren bis zur Unterzeichnung der Friedensverträge sind sie wo auch immer aufgewachsen, ohne dass überlebende Familienangehörige hätten nach ihnen suchen können. Aber unmittelbar nach Kriegsende fingen ein paar beherzte Frauen mit der systematischen Suche ihrer Kinder an, von Anfang an unterstützt von Jon Cortina, dem Jesuitenpriester, der harte Kriegsjahre mit der Zivilbevölkerung in den Konfliktgebieten geteilt hatte, und anderen HelferInnen. So ist Pro Búsqueda entstanden.


Ausdauer, Mut und Beharrlichkeit

Auch wenn die Suche nach den Schwestern Serrano Cruz bisher erfolglos geblieben ist, macht der politisch-juristische Kampf um Ernestina und Erlinda einerseits das Ausmaß der Straflosigkeit in El Salvador und andererseits die Bedeutung deutlich, die es hat, wenn staatsterroristische Ex-Offiziere 16 Jahre nach Ende des Krieges vor einer Instanz der salvadorianischen Justiz erscheinen müssen. Genauer gesagt: Eben wegen der herrschenden Straflosigkeit müssen sie nicht wirklich erscheinen, fühlen sich eher bemüßigt zu erscheinen, sei es, weil sie spüren, dass die Zeit ihres ungestraften Schaltens und Waltens zu Ende geht, sei es, um einmal mehr ihre Arroganz der Macht zu zelebrieren.

Die beharrlichen juristischen Bemühungen von 1993 bis heute im Fall Serrano Cruz schildert Amnesty International in der Hintergrundinformation zur ihrer letzten Aktion in dieser Sache (24. Juli 2008) so: "Im Jahre 1993, kurz nachdem der Konflikt beendet war, reichte die Mutter der Mädchen, Maria Victoria Cruz Franco, Klage beim erstinstanzlichen Gericht in Chalatenango wegen des Verschwindens ihrer Kinder ein. Allerdings machten die gerichtlichen Verfahren keinerlei Fortschritte. Der Fall wurde zweimal zu den Akten gelegt, im September 1993 und März 1998, und wurde im Jahr 1999 wieder eröffnet. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichtes und mehr als 15 Jahre nach der ursprünglichen Anzeige befindet sich der Fall immer noch im Stadium von Voruntersuchungen. Im Februar 2003 veröffentlichte die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IACHR, span. CIDH) Empfehlungen an den salvadorianischen Staat und forderte ihn auf eine gründliche, unparteiische und wirksame Untersuchung zur Ermittlung der Aufenthaltsorte von Ernestina und Erlinda Serrano Cruz durchzuführen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Aber der Staat folgte keiner dieser Empfehlungen und im Juni 2003 verwies die IACHR den Fall an den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. Am 1. März 2005 forderte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte den Staat El Salvador auf das Verschwinden der Schwestern zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Darüber hinaus forderte er die salvadorianischen Behörden auf eine nationale Kommission zur Suche nach den verschwundenen Kindern und eine DNA-Datenbank zu ihrer Identifizierung einzurichten. Eine Such-Kommission wurde gegründet, aber sie erfüllt nicht die Anforderungen des Gerichtsurteils, und es wurden keine erkennbaren Schritte unternommen, die DNA-Datenbank einzurichten. Trotz der fehlenden Fortschritte gibt es noch Hoffnung. Am 25. Juni 2008, wurde der ehemalige General Rafael Flores Lima zu einer Zeugenaussage über ihr Verschwinden vorgeladen, was ein Durchbruch im Fall Serrano Cruz sein könnte. Es war das erste Mal, dass ein ehemaliger oder aktiver hochrangiger Offizier aufgefordert wurde, Informationen über Menschenrechtsverletzungen während des inneren bewaffneten Konflikts herauszugeben. Am 5. Oktober 2008 endet das Mandat der bestehenden interinstitutionellen Kommission zur Suche verschwundener Kinder (Comisión Interinstitucional de Búsqueda de Niños y Niñas Desaparecidos) und der Staatspräsident hat eine entscheidende Gelegenheit zur Reform der Kommission, um sie in Übereinstimmung mit den Standards zu bringen, die im Urteil des interamerikanischen Gerichts festgelegt wurden. "

Weshalb Flores Lima schließlich vor der Generalstaatsanwaltschaft in Chalatenango erschien, hat er den vor der Tür anklagenden Familienangehörigen, der Anwältin von Pro Búsqueda und dem zuständigen Staatsanwalt, der das im Übrigen wohl auch gar nicht wissen wollte, nicht verraten. Die Vermutungen gehen dahin, dass er vorsichtshalber kam. Kurz zuvor hatte ein Parlamentsausschuss in einer anderen Sache gedroht, den Generalstaatsanwalt von der Polizei vorführen zu lassen, weil er sich beharrlich weigerte zu erscheinen. Dasselbe hätte Flores Lima blühen können, wäre er zwei Aufforderungen der Staatsanwaltschaft nicht nachgekommen - noch nicht sehr wahrscheinlich, denn zur Kultur der Straflosigkeit gehören eben auch konformistische StaatsanwältInnen und RichterInnen.


Helfer, Verwirrung stiftende Verbündete und Gegner

Das Urteil des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofes im Fall der Schwestern Serrano Cruz war einerseits möglich, weil die Familie Serrano Cruz, vertreten durch Pro Búsqueda, bündig nachweisen konnte, dass sie alle Möglichkeiten der internen Justiz ausgeschöpft hatte. Andererseits eröffnete das Urteil die Möglichkeit, es erneut mit den hartleibigen Instanzen des salvadorianischen Rechtssystems zu versuchen. Darüber hinaus ist das "Guinda de Mayo"-Massaker paradigmatisch für die Einbeziehung aller Truppenteile in die Barbarei der "verbrannten Erde". Und das wiederum bedeutet, dass eine Vielzahl von frei herumlaufenden Menschenrechtsverbrechern involviert ist. Gleichwohl passierte unmittelbar nach dem Auftritt von Flores Lima nichts. In den Monaten August und September brachte Pro Búsqueda einen weiteren Fall, den der Kinder Manuel Bonilla Osorio und Ricardo Ayala Abarca, die im Zusammenhang mit dem Massaker von "El Calabozo" im August 1982 verschleppt wurden und seither verschwunden sind, vor die CIDH und einen neuen Entwurf für ein "Gesetz zur Suche von während des internen bewaffneten Konfliktes verschwundenen Kindern" in das Parlament ein. Dieser Entwurf zieht die Lehren aus den Machenschaften der Regierung und ihrer Interinstitutionellen Kommission und geht in Vorlage für die inzwischen angebrochene Zeit nach dem Auslaufen dieser Kommission.

Für den 2. Oktober waren dann der ehemalige Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Ex-General Juan Rafael Bustillo und der ehemalige Kommandant der 4. Infanteriebrigade, Ex-Oberst Mario Adalberto Reyes Mena zur Generalstaatsanwaltschaft in Chalatenango vorgeladen. Familienangehörige und MitarbeiterInnen des Pro Búsqueda-Stabes fanden sich wieder rechtzeitig ein, um die beiden Ex-Militärs gebührend zu begrüßen, aber die tauchten nicht auf. Von Reyes Mena hieß es, er sei zur Zeit im Ausland, Bustillo hielt es nicht für nötig, sein Nichterscheinen zu begründen. Erst am 7. Oktober wurde sein Manöver klar: An diesem Tag wurde Pro Búsqueda mitgeteilt, dass der zweite Termin für die Anhörung von Bustillo auf den nächsten Tag anberaumt war - nicht in Chalatenango, sondern am Hauptsitz der Generalstaatsanwaltschaft in Santa Tecla (Area Metropolitana). Mit der Begründung, er wolle nicht Spießruten laufen in Chalatenango, hatte der Herr Ex-General erfolgreich beantragt, ihn nach Santa Tecla zu laden - einmal mehr eine klare Demonstration der fast noch ungebrochenen Allmacht der Straflosigkeit und der Komplizenschaft der Staatsanwaltschaft, wenn es darum geht, Opfer- und Menschenrechtsorganisationen abzublocken.

Nicht besonders förderlich für den Kampf um Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung, waren die Äußerungen des FMLN-Präsidentschaftskandidaten Mauricio Funes zum Amnestiegesetz von 1993 von Ende August/Anfang September. Zunächst ohne Not teilte er einem großen TV-Publikum mit, dass er, falls er die Wahlen im kommenden März gewinnt, nicht gedenke, gegen die Generalamnestie von 1993 initiativ zu werden. Weil das wunderbar in die Wahlkampftaktik der rechtsextremen ARENA-Regierungspartei passte, wurde er mit diesem Thema gleich nochmals in einer großen Talk-Schau vorgeführt. Die Aufhebung der Amnestie von 1983 ist zwar eine Angelegenheit des Parlaments, aber in der Präsidialdemokratie El Salvadors, kann der Präsident per Initiative oder per Veto gehörig in den Gesetzgebungsprozess eingreifen. Auch wenn den meisten Opfern, Angehörigen von Opfern und Menschenrechts-AktivistInnen klar sein dürfte, dass die Aufhebung der Amnestie von 1993 keine Wunderwaffe ist, verspricht sich gerade Pro Búsqueda viel davon, nämlich entscheidende Informationen, um die ca. 400 als Kinder Verschwundenen, nach denen die Organisation auch nach 15 Jahren immer noch sucht, zu finden.

Beängstigender aber als das Gedankengut von Mauricio Funes in Sachen Aufarbeitung der staatsterroristischen Vergangenheit, war das ungefähr zeitgleiche massive Auftreten von ca. 12.000 Ex-Militärs, die sich seit 2003 in ASVEM, dem Verband der Veteranen der salvadorianischen Streitkräfte organisiert haben. Ob die Massenversammlung der Ex-Militärs am 7. September ein seit langem als früher Höhepunkt der ARENA-Wahlkampagne - deren Kandidat Rodrigo Ávila hielt denn auch eine der Hauptreden - geplant war oder zufällig in die Tage der Auseinandersetzungen um das Amnestiegesetz fiel, ist nicht bekannt, sie passte aber wie die Faust auf das seit Jahrzehnten blaue Auge der Opfer. Ex-General Francisco Helena Fuentes, der ebenso wie der Hauptredner, Ex-General Emilio Ponce, unter dem "Friedenspräsidenten" Alfredo Cristiani diente, der nach salvadorianischem Recht seit 1989 Oberbefehlshaber der Streitkräfte war (nach allen Regeln der salvadorianischen Verfassung und der internationalen Menschenrechtsgesetzgebung sind die beiden unter vielem anderen hauptverantwortlich für das Massaker an der Jesuitenuniversität UCA am 16. November 1989), holte bei dieser Gelegenheit seinerseits ein paar alte Floskeln aus der Mottenkiste: "Wenn davon die Rede ist, die Amnestiegesetze abzuschaffen, geht es darum, alte Wunden aufzureißen, eine Hexenjagd zu veranstalten und Gott und die Welt zu verfolgen, das werden die da machen" - wenn "die da", der FMLN, die Wahlen gewinnen.


Die Hartleibigkeit der Unbelehrbaren

Im Zusammenhang von Straflosigkeit und aktuellem Wahlkampf wurde dergestalt bereits in der angelaufenen heißen Phase des Wahlkampfes deutlich, dass in Zeiten akuter Auseinandersetzungen um die Vergangenheit von der Rechten ein unappetitlicher Cocktail serviert wird: Beharren auf dem Amnestiegesetz von 1993, ständige Verletzungen der Verfassungsnormen in der Rechtssprechung, das Wiederkäuen der immer gleichen Argumente gegen Wahrheit und Gerechtigkeit, und die Helden-Verehrung von namhaften Verbrechern wie dem Partei-Gründer Roberto D'Aubuisson, und dem Kriegsverbrecher Domingo Monterrosa.

Im Oktober, kurz nach dem Auftritt von Bustillo, stellte die unbelehrbare Rechte ihr Geschichtsbewusstsein einmal mehr unter Beweis. Am 15. Oktober jährte sich der Tag im Jahre 1981, an dem die FMLN im Rahmen ihrer Sabotage-Taktik die zweit wichtigste Brücke des Landes, die Puente de Oro, vital für die Verbindung zwischen dem Westen und dem Osten des Landes über den Rio Lempa, in die Luft sprengte. Eine wunderbare Gelegenheit für das Obersprachrohr der Ultras, die Tageszeitung "El Diario de Hoy", für eine Retourkutsche. In einem redaktionellen Betrag, der nicht namentlich gezeichnet ist, so dass es schwierig wird, juristisch dagegen vorzugehen, wurde der prominenteste Mitbegründer von Pro Búsqueda, der Padre Jon Cortina, der auch Zivilingenieur war, denunziert, als ein "Pfarrer spanischer Herkunft", ein ausländischer Agitator also, der die technischen Studien für die Sprengung der Puente de Oro und der Puente Cuscatlán, über die die Panamericana den Rio Lempa überquert, lieferte.

So betrachtet sind Wahlkampf-Zeiten eine besondere Herausforderung für die Opfer- und Menschenrechtsorganisationen. Einerseits müssen sie Beschimpfungen und Einschüchterung der Unbelehrbaren ertragen und Widersprüchlichkeiten von Verbündeten verdauen. Andererseits gibt es Gelegenheit, die Engführung der Arbeit auf eine außer-salvadorianische Instanz, nämlich das Interamerikanische Menschenrechts-Systems, zu verlassen, sich ins Wahlkampfgetümmel zu begeben und sich auf einen Regierungswechsel vorzubereiten.


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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 155, 18. November 2008, S. 15-17
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2009