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GEFANGENEN INFO/082: Ausgabe 345, Februar/März 2009


Gefangenen Info

Hervorgegangen aus dem Angehörigen Info. Das Angehörigen Info entstand im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989.

Nr. 345, Februar/März 2009


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Schwerpunkt: 18. März - Tag der politischen Gefangenen

Unterdrückung durch Ausbeutung
Ein Beitrag zum 18. März
Mosaiken von Paolo Neri
Termine zum 18. März

Inland

Das Jahr 1977 - Die Schleyer-Entführung
Aktuelles zum Stammheimer Paragraph 129b-Prozess
DHKP-C Verfahren in Düsseldorf
Isolationshaft gegen Nurhan, Cengiz und Ahmet
Zur Lage des Antifaschisten Christian / Brief von Mustafa Atalay
Gegen das neue Versammlungsgesetz in Baden-Württemberg
Freiheit für Samieh Jabbarrin!
PM des RA Hoffmann zum mg-Verfahren

International

Willkür, Folter und Erniedrigung - Der Alltag der palästinensischen Gefangenen
Cuban Five verurteilen die israelische Aggression in Gaza
Repressionsschläge in der Schweiz
Bericht zum 7. Internationalen Symposium gegen Isolation
Nachruf - H. H. Thompson
Folterprozess in Istanbul
Strafanträge im PC p-m Prozess
Solidarität mit den revolutionären Gefangenen in Frankreich

Feuilleton

- Neuerscheinungen / Zeichnungen aus den Knästen


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Liebe Leserinnen und Leser,

ihr haltet mittlerweile die 345. Ausgabe des Gefangenen Infos in euren Händen. Da wir mit der Neustrukturierung des Gefangenen Infos, sowohl was den Inhalt aber vor allem was die organisatorischen Aspekte wie Vertrieb und Finanzierung angeht, eine Menge Arbeit zu erledigen und wir mit finanziellen Problemen zu kämpfen hatten (und haben), konnte die Februar-Ausgabe des Gefangenen Infos leider nicht erscheinen und wurde deswegen mit der März-Ausgabe zusammengelegt. Trotz aller Probleme werden wir weiterhin mit viel Energie und Motivation an das Projekt herangehen und uns um das monatliche Erscheinen des Gefangenen Infos bemühen. Denn gerade in Zeiten von zunehmender Repression gegen die revolutionäre Linke nimmt die Bedeutung einer Zeitung, die versucht den Kampf innerhalb und außerhalb der Knastmauern zu verbinden, immer weiter zu. Die Solidaritätsarbeit mit unseren Gefangenen betrachten wir als festen Bestandteil unserer politischen Aktivitäten. Und das Gefangenen Info stellte und stellt - mit seinen formulierten Ansprüchen und seiner Praxis - weiterhin einen integralen Faktor innerhalb der Antirepressions- und Solidaritätsarbeit dar. Wir versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Die Reaktionen, die wir bezüglich der neuen Konzeption des Gefangenen Infos erhalten haben, sind durchweg positiv ausgefallen und haben uns weiteren Auftrieb gegeben. Devrim Güler, einer der fünf Gefangenen aus dem Paragraph 129b Prozess in Stuttgart-Stammheim (ihr findet weiter unten einen aktuellen Bericht zu dem Prozess) schrieb zum Beispiel: "Das neue Gefangenen Info hat mich regelrecht vom Stuhl gehauen. Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob es in seiner bisherigen Form herausgebracht werden könnte. Wenn man dann so ein Exemplar erhält, welches vor mir liegt, wird einem bewusst, dass die Möglichkeiten der GenossInnen draußen gar nicht so begrenzt sind, wie man manchmal annimmt". Günther Finneisen, der seit mittlerweile 14 Jahren in Isolationshaft sitzt und dessen Zeichnung unseren Feuilletonteil auf Seite 19 schmückt, war "im ersten Moment richtig geblendet, plötzlich alles so schön bunt hier. Doch der Eindruck bleibt ja noch länger, und das nicht nur wegen der Farben. Also das ist schon wie eine andere Hausnummer!" Nichtsdestotrotz gab es auch Kritikpunkte, die wir gerne aufnehmen und versuchen zu verbessern. Wir freuen uns natürlich auch weiterhin über eure Anmerkungen, Kritik und vielleicht auch Wünsche dahingehend, was ins Gefangenen Info rein soll - also schreibt uns.

Die aktuelle Ausgabe hat aus gegebenem Anlass den 18. März - den Tag der politischen Gefangenen - zum Schwerpunkt. Mit unserem Text "Unterdrückung durch Ausbeutung" wollen wir einen Impuls bezüglich der notwendigen Auseinandersetzung mit Antirepressionsarbeit, den Umgang mit unseren Gefangenen und dem 18. März leisten. Wie bereits erwähnt, freuen wir uns über eure Meinung und Beiträgen zum Thema.

Darüber hinaus freuen wir uns, dass die Antifaschistin Andrea wieder frei ist. Nach einer 14-monatigen Haftstrafe, die sie in der JVA Pankow ableisten musste, wurde sie am 30. Januar 2009 entlassen. An dieser Stelle unsere herzlichsten und solidarischen Grüße.

Und ganz im Sinne unseres aktuellen Beitrags zum Tag der politischen Gefangenen verbleiben wir mit;

Gemeinsam gegen Ausbeutung und Unterdrückung
Knastkampf ist Klassenkampf

Die Redaktion


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Schwerpunkt

Unterdrückung durch Ausbeutung
Ein Beitrag zum 18. März - Tag der politischen Gefangenen

In Anbetracht der Tatsache, dass Solidarität weder im Falle von Polizeibrutalität, bei Repressionsschlägen oder Verhaftungen zu beginnen hat, noch nach Antirepressionskampagnen enden darf, möchten wir mit diesem Text einen Beitrag zum anstehenden 18. März - dem Tag der politischen Gefangenen - leisten und darauf hindeuten, dass der Kampf für die Befreiung der politischen und sozialen Gefangenen unweigerlich und unmittelbar mit dem Klassenkampf und der damit verbundenen Überwindung der bestehenden Verhältnisse zusammenhängt.


Aus welchen Verhältnissen resultieren Repression und politische Gefangenschaft?

Das kapitalistische System konfrontiert uns alle - sei es im Trikont oder in den imperialistischen Zentren - mit seinen Maßnahmen zur Herrschaftssicherung tagtäglich mit Repression. Weltweit führt die neokoloniale Ausbeutungspolitik, die im Trikont an den wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen besonders deutlich wird und Armut und Elend für den Großteil der Bevölkerung bedeutet, zu Unterdrückung, welche sich wiederum am deutlichsten an den Militärinterventionen, Ausnahmezuständen und - wenn die imperialistischen Interessen durch die neokolonialen Regime nicht mehr gewahrt werden können - imperialistischen Angriffskriegen festmachen lässt. Die Niederschlagung antiimperialistischer und revolutionärer Befreiungskämpfe im Trikont ist somit nicht nur Anliegen und Sache der neokolonialen Regime, sondern ebenso der imperialistischen Staaten, welche dort ihre Interessen wahren möchten. Es ist nicht grundlos, dass sich die BRD an Kriegseinsätzen in Afghanistan, Libanon, Horn von Afrika sowie an der Kriminalitätsbekämpfung an der Küste Somalias beteiligt und in anderen Ländern aktiv ist. Dabei scheint der mediale Vorwand, den Terrorismus bekämpfen und die Demokratie verteidigen zu wollen, langsam ausgereizt zu sein. Zu offensichtlich sind die dahinter stehenden wirtschaftlichen Interessen.

Der 11. September 2001, der den geeigneten Anlass lieferte, Angriffskriege gegen den Irak und gegen Afghanistan zu rechtfertigen, stellte mit seinen Konsequenzen in Form von innerer Aufrüstung und Gesetzesverschärfungen auch einen massiven Angriff gegen die politische Opposition und gegen die Klassenkämpfe in den imperialistischen Zentren dar. Beispiele für die Angriffe gegen soziale Kämpfe sind die soziale Kontrolle wie Überwachungskameras, neue Ordungs- und Überwachungsgesetze sowie die allgemeine Repression gegen Arbeitskämpfe. Aufzuführen wären dazu das Anti-Streik-Gesetz, das in Italien zur Kriminalisierung führt, mehrere Streiks, wie z.B. die der EisenbahnerInnen und MatrosInnen, die in Frankreich als illegal deklassiert wurden, Verfolgung von Streikposten in Belgien sowie neue restriktive Gesetze bezüglich Streiks in der BRD.

Bezeichnend - aber nicht verwunderlich - ist, dass Maßnahmen hinsichtlich innerer Aufrüstung und "Terrorismusbekämpfung" bereits vor den Angriffen auf das WTC und das Pentagon in Planung waren. Es erklärt schließlich, dass sich die herrschende Klasse über die allgemeine Krise ihres Systems im Klaren ist und weitergehende Maßnahmen zur Sicherung ihrer Herrschaft als notwendig erachtet. Aber es ist nicht nur der repressive Präventivcharakter der Maßnahmen; auch eine qualitative Intensivierung der Repression ist sichtbar. Die angebliche "Bedrohung durch den internationalen Terrorismus" sorgte u.a. für einen Rahmenentscheid auf EU-Ebene, welche neben einer weiter gefassten Definition des Begriffs "Terrorismus" auch einen Rahmen zur Angleichung von europäischen "Anti-Terror-Gesetzen" und eines "europäischen Haftbefehls" schuf. Des weiteren schufen sich die USA und die EU neben einer engeren Zusammenarbeit so genannte "Schwarze Listen", auf denen vordergründig islamistische Personen und Organisationen aufgeführt sind, allerdings gleichermaßen eine ganze Reihe nationaler und sozialer Befreiungsbewegungen enthalten wie z.B. die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) oder die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Als ein Beispiel für die Folgen dieser Entwicklung möchten wir den 2002 in der BRD verabschiedeten Gesetzesparagraphen 129b nennen (der allerdings ebenfalls lange vor dem 11.9. als Gesetzesentwurf vorlag). Dieser ergänzte die Paragraphen 129 und 129a dahingehend, dass nun auch Personen und Organisationen des "Terrorismus" bezichtigt und verurteilt werden können, auch wenn sie in der BRD keine "strafbaren Handlungen" durchgeführt haben sollten. Faktisch exekutiert die BRD mit dem Paragraphen 129b die Verfolgung politischer Oppositioneller und Revolutionäre stellvertretend für Folterstaaten wie z.B. der Türkei und beweist damit, dass die Herrschaftssicherung reaktionärer Regime des Trikonts gleichbedeutend ist mit der Sicherung der Interessen imperialistischer Monopole und das Gerede von Demokratie und Menschenrechten nichts anderes ist als eine Farce.


Der Kampf der politischen Gefangenen ist kein Kampf, der zwischen vier Wänden stattfindet.

Der Widerstand gegen die Folgen der Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse und der Kampf für die Überwindung derer fordert in seiner Konsequenz große Opfer. Die Gefangenschaft ist allerdings neben der Ermordung und des Exils wohl mitunter das Schwerwiegendste.

Hinsichtlich der Frage der Definition von "politischen Gefangenen" möchten wir auf die "Kommission für die Rote Hilfe International" (RHI) verweisen. In ihrem Programm definiert sie politische Gefangene als "alle RevolutionärInnen, die wegen ihren politischen und politisch-militärischen Aktivitäten gefangen sind, ebenso alle ArbeiterInnen, BäuerInnen, Arbeitslose, StudentInnen, Jugendliche und Frauen aus den Volksmassen und andere, die verfolgt und eingeknastet wurden im Rahmen des antikapitalistischen und antiimperialistischen Kampfes."

Bei der Berücksichtigung des internationalen Rahmens der Thematik sticht ins Auge, dass es unterschiedliche Kämpfe und Widerstände sind, aus deren Folge politische Gefangenschaft hervorgeht.

Politische Gefangene in den imperialistischen Zentren stammen mehrheitlich aus nationalen Befreiungsbewegungen und aus sozialrevolutionären Kämpfen. Jedoch ist das Spektrum an Kämpfen, aus denen die politischen Gefangenen stammen, breiter, da hierbei auch die Gefangenen aus den antifaschistischen und antirassistischen Bewegungen zu berücksichtigen sind. Letztere erhält wegen der sozialen und politischen Migration, die durch die Ausbeutung des Trikonts entsteht, eine bisher nicht ausreichend thematisierte Bedeutung. Nicht zuletzt deshalb, weil die EU-Staaten auch in diesem Bereich eine Angleichung sogenannter "Ausländergesetze" umsetzen und die Frage aufwerfen lässt, ob die rassistische Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung nicht bereits als Apartheidpolitik gedeutet werden kann.

Im Gegensatz dazu fordert der organisierte Widerstand im neokolonialen Trikont weitaus mehr politische Gefangene, die sich aus weitaus breiter geschichteten Kämpfen und Widerständen zusammensetzen. Während der Großteil der politischen Gefangenen einen Hintergrund im antiimperialistischen und antikolonialen Widerstand aufweist, befi nden sich unzählige Gefangene aus Arbeits-, Studenten- und Bauern- bzw. Landlosenkämpfen in den Knästen.

Was die politischen Gefangenen weltweit gemeinsam haben, sind ihre progressiv motivierten politischen Handlungen, wegen denen sie eingesperrt wurden. Der Umstand, von der "Bildfläche verschwunden" zu sein, bedeutet allerdings nicht, dass sie aufhören, politische Subjekte zu sein. Im Gegenteil; die gefangenen AktivistInnen bewahren auch hinter den Mauern ihre politische Identität und befinden sich darüber hinaus tagtäglich in direkter Konfrontation mit dem Knastregime, was ebenfalls als ein Terrain des Klassenkampfes begriffen werden muss. Die politischen Gefangenen, die sich zwangsläufig auf diese Konfrontation einstellen müssen, setzen ihren Kampf im Rahmen ihrer Interventionsmöglichkeiten fort. So organisieren sie mit ihren Kollektiven Gefängniswiderstände wie z.B. Hungerstreiks, die sich aufgrund der unterdrückerischen Knastregime zumeist gegen schlechte Haftbedingungen und Folter (blutiger und weißer [Isolationshaft] Folter) richten. Auch in der BRD hat es in der Vergangenheit große Widerstände in den Knästen gegeben; u.a. die 10 kollektiven Hungerstreiks der Gefangenen aus der RAF (Rote Armee Fraktion) und aus dem antiimperialistischen Widerstand, welche auch immer von sozialen Gefangenen unterstützt und mit eigenen Forderungen geführt wurden.

Was die direkte Konfrontation mit der Repressionsmaschinerie bedeutet, wurde dabei mehr als deutlich: Hungerstreiks kosteten 1974 Holger Meins (RAF) und 1981 Sigurd Debus das Leben. Dass die Konfrontationsebene je nach Stabilität bzw. Labilität der bestehenden Ordnung variieren kann, zeigen Gefängniswiderstände in anderen Ländern auf, wo Gefängnismassaker und kollektive Hungerstreikwiderstände hunderten, ja sogar tausenden politischen Gefangenen das Leben kosten. Allein die Hungerstreik- bzw. Todesfastenwiderstände revolutionärer Gefangener in der Türkei forderten seit dem Militärputsch 1980 über 140 Menschenleben.

Für das Funktionieren der Solidaritätsbewegungen außerhalb der Knäste ist dabei notwendig, die Gefangenen als das zu begreifen, was sie sind; kämpfende, politische AktivistInnen in den Händen des Repressionsapparates. Aus diesem Grund wäre es auch verantwortungslos, sie aus dem Kampf auszublenden. Genauso wie die Thematisierung der politischen Gefangenen zur Arbeit der Solidaritätsbewegungen gehört, so ist die Einbeziehung dieser Gefangenen und ihrer Aktionen in den tagespolitischen Kampf, der draußen stattfindet, unverzichtbar und notwendig. Dass der Kampf mit der Gefangenschaft nicht beendet ist, sondern an der Gefängnisfront weitergeht, zeigen uns neben den bereits erwähnten Beispielen der Gefängniswiderstände auch die Interventionen politischer Gefangener in tagespolitische Ereignisse. So beteiligen sich politische Gefangenenkollektive mit unterschiedlichen Widerstandsformen an den Kämpfen draußen und beziehen nicht selten soziale Gefangene in diese mit ein.


Der 18. März - Klassenkampf und politische Gefangene

Da hinter der Parole "Freiheit für alle politischen Gefangenen" weitaus mehr steckt und über eine pragmatisch klingende Formulierung hinausgeht, als auf den ersten Blick erkennbar ist, möchten wir dieses etwas vertiefen. Denn unter Berücksichtigung des Faktes, dass "Rechte nicht erbettelt, sondern erkämpft" werden, erschließt sich, dass das herrschende System die politischen Gefangenen nicht freiwillig freilassen wird. So unlogisch das wäre, so ernüchternd ist die Realität; nur eine starke Bewegung außerhalb der Knäste wird in der Lage sein können, die Freiheit der politischen Gefangenen zu erwirken. Allein aus diesem Grund muss der Kampf um die Befreiung der politischen Gefangenen ein integraler Bestandteil des Klassenkampfes sein. Bereits die Initiative Libertad! bemerkte in ihrem Aufruf 1992, dass "eine internationale Kampagne für die Freiheit der politischen Gefangenen nur greifen" könne, "wenn sie auch das Ziel hat, das Unterdrückungs- und Knastregime insgesamt zu brechen". Auch wenn diese konkrete Initiative die Überwindung der nationalen Grenzen - zumal Bewegungen in anderen Ländern andere Tage, wie z.B. 19.6. (1986; Jahrestag des Gefängnismassakers in Peru, bei dem 300 Gefangene ermordet wurden) oder 19.-22.12. (2000; Jahrestag des Gefängnismassakers in der Türkei, bei dem 28 Gefangene ermordet wurden), als Kampftag für die politischen Gefangenen vorsehen - nicht verankern konnte, so schaffte sie es, den 18. März auf bundesweiter Ebene als "Tag der politischen Gefangenen" zu etablieren, was unter den gegebenen Verhältnissen nicht geringgeschätzt werden darf.

Hinsichtlich seiner Bedeutung wollen wir zunächst kurz auf den historischen Kontext des 18. März eingehen, einen Bezug zum Tag der Commune herstellen und somit auch den ersten Versuch der Umsetzung einer klassenlosen Gesellschaft benennen. Der 18. März hat seine historischen Wurzeln im Aufstand der Pariser Commune am 18. März 1871. Das vom kapitalistischen Ausbeutungssystem unterjochte französische Proletariat erhob sich gegen die unterdrückerische Staatsmacht, die Marx in den Schriften seines Werkes "Bürgerkrieg in Frankreich" als "öffentliche Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, eine Maschine der Klassenherrschaft" bezeichnete. Damit wurde erstmals in der Geschichte in Paris das vorherrschende parlamentarische System durch eine in allen gesellschaftlichen Bereichen geltende Rätedemokratie ersetzt: so waren von da an alle Richter, Beamte, Polizisten wähl- und abwählbar, Politiker im herkömmlichen Sinne existierten nicht mehr, stattdessen wurden die VertreterInnen aus den Reihen der ArbeiterInnen und Soldaten direkt gewählt. Die politische Vertretung, welche die Commune bildete, war jederzeit neu bestimmbar und - wie alle arbeitenden Schichten - erhielten sie den durchschnittlichen Arbeiterlohn. Die Pariser Commune, die 71 Tage lang die Stadt kontrollierte, wurde durch die Armee der Versailler Regierung und unter Billigung aller europäischen Regierungen blutig niedergeschlagen. Die Bilanz der Brutalität belief sich auf rund 30.000 Tote und 38.000 Gefangene.

Der 18. März als Tag der Commune, der einen konkreten Klassenkampf zum Anlass hatte, wurde im Januar 1923 vom Zentralkomitee der historischen IRH (Internationale Rote Hilfe) zum "Internationalen Kampftag für alle revolutionären politischen Gefangenen und Verfolgten" erklärt. Das Entstehen der IRH 1922 war eng mit den von den ausgebeuteten Klassen geführten Befreiungskämpfen gegen die kapitalistische Herrschaft verbunden und sah die "Unterstützung der Opfer des Klassenkampfes und der internationalen Befreiungsbewegungen der Werktätigen in allen kapitalistischen, kolonialen und halbkolonialen Ländern, unabhängig ihrer Partei- und Organisationszugehörigkeit" (Paragraph 2 des Status der IRH 1928) vor. Die IRH begriff sich als strömungsübergreifende aber klar klassenbewusste Organisation, welche sich darüber hinaus als das "beste Mittel zur Verwirklichung der proletarischen Einheitsfront" verstand. Ihre Arbeit umfasste politische, juristische, finanzielle und moralische Unterstützung der revolutionären Gefangenen und deren Angehörigen. Sie setzte sich für die internationale Vernetzung und Koordinierung der Solidarität mit den Gefangenen ein und agierte nicht defensiv, sondern organisierte neben der materiellen und moralischen Unterstützung der Gefangenen auch offensive Kämpfe gegen Faschismus, weißen Terror in Russland und für politisches Asyl. Dementsprechend hielt sie im 3. Plenum des EK der IRH fest, dass die IRH nicht eine philanthrophische (menschenliebende) Hilfsorganisation sei, welche nur nach der Schlacht eingreife, sondern aktiven Anteil an den Kämpfen der Arbeiterklasse und der unterdrückten Nationen nehme, wie auch im Kampfe gegen die Kriegsvorbereitungen. Die IRH stellte 1943 ihre Arbeit ein.

Anfang des neuen Jahrtausends griffen Teile der revolutionären Linken die Idee einer Internationalisierung der revolutionären Antirepressionsarbeit auf. Der Formierungsprozess in Form des Aufbaus der "Roten Hilfe International" (RHI), begann im November 2000. Diese Initiative orientiert sich an der historischen IRH und stellt zum Anderen einen Neuanfang einer koordinierten, internationalen Gefangenensolidarität dar, die sich weiterhin im Aufbau befindet. Die vielen seit 2000 entfalteten Kampagnen und Aktivitäten begleiten den internationalen Diskussionsprozess der RHI, so dass eine vielversprechende Wechselwirkung zwischen Theorie und Praxis entsteht.


Internationale Klassensolidarität aufbauen und verteidigen!

Da sich der Widerstand gegen Repression auch bereits in der Vergangenheit als geeignetes Feld für strömungsübergreifende Frontbildungen bewährt hat, sollte diese heute ebenfalls mehr als berücksichtigt werden. Obwohl die objektiven sowie subjektiven Gegebenheiten andere waren, als sie es heute sind, gibt es doch auch heute die Notwendigkeit, sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene die Koordinierung und Vernetzung voranzutreiben und dies nicht zuletzt deshalb, weil auch das kapitalistische System in ihrer gegenseitigen Kooperation in Bezug auf Repression insbesondere auf EU-Ebene und darüber hinaus längst die Grenzen eingerissen hat und gemeinsam gegen den Widerstand von unten nicht nur reagiert, sondern im präventiven Sinne agiert. Dabei sind alle Maßnahmen explizit dahingehend ausgerichtet, den Profit und die Herrschaftsverhältnisse zu sichern und auszubauen. Knast im Besonderen sowie Justiz im Allgemeinen haben im Kapitalismus eine klare Funktion. So dienen die repressiven Mittel dazu, zu verhindern, dass sich die Massen die vom System erzeugten Bedürfnisse eigenständig aneignen und nehmen, was sie zum Leben benötigen. In diesem Sinne stellt die Justiz im Kapitalismus ein unverzichtbares Instrument zur Herrschaftssicherung - also Klassenjustiz - dar. Die Knäste dienen allein diesem Zweck. Das kapitalistische System benutzt das Inhaftierungsmodell hauptsächlich dazu, zum einen die politischen Gefangenen zu neutralisieren, sie einzuschüchtern und zu brechen und zum anderen die sozialen Gefangenen unter dem Vorwand der "Resozialisierung" zu bestrafen und in die Produktions- und Ertragskette wieder einzugliedern. Dabei ist die Ausbeutung der Arbeitskraft hier in der BRD seit langem ein Zwang für jeden Strafgefangenen. Die allmähliche Umsetzung von Knastmodellen, in denen die Gefangenen direkt und unter Zwang in diese Kette eingebunden werden, zeigen sich uns bereits seit vielen Jahren in den USA, wo ein Großteil der Knäste Privatunternehmen unterstehen und die Gefangenen als Zwangsarbeiter eingesetzt werden.

All diese Entwicklungen sowie die perspektivischen Möglichkeiten von Zusammenarbeit und Vernetzung müssen von uns als revolutionärer und radikaler Linken berücksichtigt werden. Der Knastkampf ist ein Klassenkampf und sollte somit fester Bestandteil unserer Theorie und Praxis sein. So sollte die Solidarität mit den politischen Gefangenen als Teil der internationalen Klassensolidarität verstanden werden, der sich die Überwindung der Verhältnisse als perspektivisches Ziel setzt, die revolutionären Gefangenen als Teil der Bewegung draußen versteht, sie in die eigenen Kämpfe integriert und die politischen und sozialen Gefangenen in ihren Kämpfen unterstützt!

FREIHEIT FÜR ALLE SOZIALEN UND POLITISCHEN GEFANGENEN!

HOCH DIE INTERNATIONALE KLASSENSOLIDARITÄT!

Redaktion


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Mosaiken von Paolo Neri

Anlässlich der Austellung der Mosaiken von Paolo Neri, die im Rahmen des 18. März in Stuttgart, Hamburg und Bremen stattfindet, möchten wir im Folgenden den Künstler selbst zu Wort kommen lassen.

"Ich bin im Norden der Toscana an der Grenze zu Ligurien geboren. Als Jugendlicher besuchte ich das Kunstgymnasium in Carrara, das ich wegen meiner Verhaftung nicht beendet habe. Danach wurde ich zu zwei Jahren und einem Monat Haft verurteilt wegen Mitführens und Besitz von Sprengstoff, das war im Jahr 1976. Damals war die außerparlamentarische Linke am brodeln, und nicht nur sie. "Illegale Praktiken" waren weit verbreitet und ein Teil dieser Linken traf die Entscheidung, sich zu bewaffnen. Während meiner Haft wurde ich beschuldigt, Mitglied der Brigade Dante Di Nanni zu sein. Dante Di Nanni war eine legendäre Persönlichkeit der italienischen Resistenza, ein junger Arbeiter und Stadtguerillero der GAP [Gruppo d'azione partigiana - Partisanenaktionsgruppe, die kommunistischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg]. Der Prozess endete mit dem Freispruch aller Angeklagten außer Umberto Catabiani, der am 24. Mai 1982 in einem zweiten Feuergefecht mit der Polizei getötet wurde, während er sich beim ersten Feuergefecht noch hatte aus der Affäre ziehen können.

Anfang der achtziger Jahre wurde ich durch Verrat wieder verhaftet (die Saison der Verräter hatte gerade begonnen) und angeklagt, Mitglied der toskanischen Kolonne der Roten Brigaden (PCC - Kämpfende Kommunistische Partei) zu sein. Nach ca. einem Jahr Untersuchungshaft wurde ich freigelassen, weil die Fristen der Untersuchungshaft abgelaufen waren. Beim Prozess vor dem Schwurgericht in Florenz wurde ich zu fünf Jahren Haft verurteilt, doch bevor das Urteil rechtskräftig wurde, floh ich nach Frankreich. Ich versteckte mich in Paris, wo ich kurze Zeit später das Pech hatte, in eine Razzia im Umfeld der italienischen Exilanten zu geraten. Die französische Polizei hielt mich 4 Tage gefangen, dann steckten sie mich in ein Flugzeug und übergaben mich am Flughafen von Turin ihren italienischen Kollegen. Diese versuchten zunächst mich zum Singen zu bringen und brachten mich dann ins Gefängnis. (Damals war Luigi Scalfaro Innenminister, der heute ein Verteidiger der aus den Werten der "Resistenza" entstandenen Verfassung ist). Nach Verbüßung der Strafe ging ich nach Hause zurück, arbeitete in den verschiedensten Berufen vom Maurer bis zum LKW-Fahrer, ich war Anstreicher, Maler, Fliesenleger, Mosaikkünstler, und wer weiß, was ich noch alles machen muss. Doch meine Leidenschaft für das Zeichnen, die Malerei, also Kunst im allgemeinen Sinne (die wahre Kunst, nicht die angediente) hat mich nie losgelassen, auch nicht in den Isolationszellen, sie hat mich vielmehr aufrecht erhalten und ich muss ihr danken, wenn ich durchgehalten habe und weiterhin durchhalte."


Termine zum 18. März:

PAOLO NERI AUSSTELLUNGEN:

Stuttgart: 11.3. - 13.3.2009
Waldheim Gaisburg
Obere Neue Halde 1

Hamburg: 15.3. - 18.3.2009
Centro Sociale
Sternstraße 2

Bremen: 19.3. - 22.3.2009
Galerie Cornelius Hertz
Richard Wagner Str. 22

DEMONSTRATIONEN:

Hamburg, Fr. 20.3. 17 Uhr
Neue Große Bergstraße

Berlin, Sa. 21.3. 13 Uhr
S+U Bahn Schönhauser Allee

INT. KONGRESS IN BERLIN:

Sa. 21.3. 15 Uhr
Haus der Demokratie
Greifswalder Str. 4
Infos: www.political-prisoners.net

VERANSTALTUNG IN HAMBURG:

Fr. 27.3. 19.30 Uhr
Centro Sociale
Sternstr. 2
Thema: Neues Versammlungsgesetz

Weitere Termine:
www.political-prisoners.net
www.18maerz.de


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Inland

Das Jahr 1977 - Die Schleyer-Entführung

Anlässlich der Freilassung von Christian Klar veröffentlichen wir einen Artikel über die Zeit, in der Christian als Illegaler in der RAF aktiv war. Der Text wird in zwei Teilen erscheinen. Der zweite Teil, in dem die 26 Jahre geschildert werden, die er im Knast weggesperrt war, wird in der nächsten Ausgabe abgedruckt.



Einige Richtigstellungen zu Christian Klar

Nach 26 Jahren und 1 Monat ist Christian endlich seit Freitag, den 19. Dezember 2008 wieder auf freien Fuß. Auch an dieser Stelle wünschen wir ihm alles Gute.

In diesem Beitrag wird speziell auf die Zeit eingegangen, als Christian als Illegaler in der RAF aktiv war - gerade weil diese Zeit durch den herrschenden Diskurs weiterhin diffamiert wird. Darüber hinaus geht der Text genauer auf seine Knastzeit, mit den an ihm angewendeten Sonderhaftbedingungen ein. Diese werden von den Verantwortlichen bis heute geleugnet bzw. verschwiegen.


Das Jahr 1977

Christian hatte sich 1976 der RAF angeschlossen. Warum er zur RAF ging erklärte er am 4. Dezember 1984 während des Prozesses in Stuttgart-Stammheim:

"Nach den Verhaftungen 1972 und nach der Aktion in Stockholm (Botschaftsbesetzung 1975 durch das Kommando Holger Meins der RAF, mit dem Ziel, 26 Gefangene zu befreien) hatte der sozialdemokratische Staat jedesmal noch seine Bewältigungsversuche auf die Hoffnung ausgerichtet, diese vollständige Negation des Kapitalsystems durch die Guerilla und den Bruch, den sie aufriss, wieder zuzuschmieren. Es sollte eine Episode bleiben, die an ein paar Typen hängt, historisch gebunden an die Aktualität des Vietnam-Kriegs (...) damit die Möglichkeit zu revolutionärem Kampf hier keine Orientierung wird. Wir sind 76 an dem Ziel zusammengekommen, das Guerilla-Projekt zu vertiefen und dem politisch bestimmten Bruch in der Metropole durch die Fortsetzung des Kampfes Kontinuität zu geben; diesen Bruch unumkehrbar zu machen, weil er die Bedingung dafür ist, den revolutionären Prozess in Gang zu setzen. Dieses Ziel der Neuformierung der Guerilla 77 haben wir mit dem Kampf um die Gefangenen verbunden (...)"

Bis zum Jahr 1977 hatten vier Gefangene aus der RAF die Haft nicht überlebt: Am 9. November 1974 starb Holger Meins an den Folgen systematischer Unterernährung während eines Hungerstreiks gegen die Vernichtungshaft. Ein knappes halbes Jahr später, am 4. Mai 1975, starb Siegfried Hausner bei dem Transport von Stockholm nach Stuttgart-Stammheim. Er sollte trotz schwerer Brandverletzung, die er sich bei der Botschaftsbesetzung in Stockholm zuzog und trotz attestierter Transportunfähigkeit nach Stammheim geflogen werden. Im gleichen Jahr starb Katharina Hammerschmidt an einem Krebsgeschwulst, das der Knastarzt "übersehen" hatte. Am 8. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle in Stuttgart-Stammheim aufgefunden. Offiziell und medienwirksam wurde Ulrikes Tod als "Selbstmord" dargestellt.

Im März 1977 begannen die politischen Gefangenen den vierten Hungerstreik, dem sich im Laufe der Zeit bis zu 100 Gefangene anschlossen. Sie forderten u.a. die Abschaffung der Isolation, der entsprechenden Trakte und die Zusammenlegung von mindestens 15 GenossInnen. Während in den Knästen der Kampf an Stärke gewann, wurde auch "draußen" weiterhin offensiv vorgegangen: Am 7. April wurde der Generalbundesanwalt Buback von dem "RAF-Kommando Ulrike Meinhof" erschossen. Buback war als oberster Ankläger der Republik direkt verantwortlich für die Haftbedingungen, somit auch für die verstorbenen Gefangenen. Weiterhin wollte die RAF mit der Aktion verhindern, dass weitere Gefangene dem Knast zum Opfer fallen.

Am 28. April 1977 wurden Andreas, Gudrun und Jan-Carl nach dem 2 Jahre andauernden Prozess in Stuttgart-Stammheim zu einer lebenslänglichen Freiheitstrafe verurteilt. Nachdem die Justiz ein Einlenken bei der Zusammenlegungsforderung signalisierte, wurde der Hungerstreik zwei Tage später am 30. April beendet.


Die Schleyer-Entführung

Die Entführung von Jürgen Ponto, dem Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank und Berater des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, scheiterte und Ponto wurde dabei erschossen. Als Reaktion auf diese Aktion wurden die Haftbedingungen der Gefangenen wieder verschärft. Die Gefangenen wehrten sich mit einem erneuten Hungerstreik, den sie nach 26 Tagen ohne Erfolg abbrachen.

Am 5. September 1977 entführte das "Kommando Siegfried Hausner" der RAF den höchsten Kapitalistenmultifunktionär Hanns-Martin Schleyer. Das Kommando forderte die Freilassung von 11 Gefangenen aus der RAF. Schleyer sollte freigelassen werden, wenn die Gefangenen in ein Land ihrer Wahl ausgeflogen werden würden.

Schleyer war zu diesem Zeitpunkt Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) und des Bundesverbandes der Arbeitgeberverbände (BDA). Des weiteren Vorstandsmitglied von Daimler-Benz. Er war somit einer der mächtigsten Persönlichkeiten in der BRD ("Boss der Bosse"), mit einer allerdings von den Medien oft verschwiegenen bzw. verharmlosten Nazikarriere. Mit 16 Jahren war er bereits der nationalsozialistischen Bewegung beigetreten. Als Leiter des NS-Studentenwerks war er an der Gleichschaltung der Universitäten und der Entfernung der jüdischen und antifaschistischen StudentInnen beteiligt. Später wurde er Leiter des Präsidialbüros im Zentralverband der Industrie für Böhmen und Mähren und war dort für die wirtschaftliche Eingliederung des tschechoslowakischen Industriepotentials in die deutsche Kriegswirtschaft zuständig.

Trotz Schleyers Führungsposition war die Bundesregierung bzw. die von ihr eingerichteten Krisenstäbe zu keiner Zeit bereit, auf den vorgeschlagenen Austausch einzugehen. Schleyer sollte gefunden und befreit werden. Es wurde nach außen hin eine totale Nachrichtensperre verhängt. Außerdem wurde die Kontaktsperre für die zirka 100 politischen Gefangenen eingeführt: Jeglicher Kontakt, auch zu den AnwältInnen wurde untersagt, Radios und Zeitungen wurden entzogen. Die Gefangenen waren damit gänzlich dem Staat ausgeliefert, der sogar in Erwägung zog, Gefangene zu erschießen. Das forderten nicht nur Reaktionäre wie der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauss, Bubacks Nachfolger Rebmann, sondern auch sein sozialdemokratischer Kollege Heinz Kühn. Auch der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt forderte indirekt die Erschießung von Gefangenen mit Aussagen wie "der Staat muss daraufhin mit aller notwendigen Härte antworten" oder " ich bitte die Herren, doch jetzt auch einmal exotische Gedanken auszusprechen, was wir machen sollen".

Gleichzeitig wurde die totale Fahndung eingeleitet. So wurden an wichtigen Verkehrsknotenpunkten Datenfunkstationen aufgestellt, über die alle vorbeifahrenden KraftfahrerInnen im Alter zwischen 20 - 35 Jahren über Interpol abgefragt wurden. Das BKA verlangte Vertragsdurchschläge von allen in der BRD gekauften PKWs und in Köln wurden alle Stromabnehmer auf ihre polizeiliche Meldung hin überprüft.

Da die Bundesregierung auf Zeit spielte, wurde von einem palästinensischen Kommando am 13. Oktober die Lufthansamaschine "Landshut" mit 86 Passagieren während eines Fluges von Mallorca nach Frankfurt entführt. Es wurde die Freilassung der 11 Gefangenen der RAF gefordert und die Freilassung von zwei Gefangenen der "Popular Front for the Liberation of Palestine" (PFLP) aus türkischen Gefängnissen, sowie ein Lösegeld von 15 Millionen US-Dollar, welches an die Freigelassenen gezahlt werden sollte.

Die Regierung lehnte die Freilassung kategorisch ab. In der Nacht zum 18. Oktober wurde die "Landshut" in Somalia auf dem Flughafen von Mogadischu durch einen Angriff der GSG9, einer Bundesgrenzschutzeinheit, gestürmt. Die 4 Mitglieder des Kommandos wurden, bis auf eine schwer Verletzte, getötet.

Die Flugzeugentführung wurde 1982 von der RAF selbst kritisiert:

"(...) Es war das erste mal, das ein Kommando einer Befreiungsbewegung direkt in die Auseinandersetzung hier eingegriffen hat, den Kampf in der Metropole zu seiner Sache gemacht hat. Über die taktisch und strategisch falschen Bestimmungen dieser Aktion, die der BRD erst die Chance gegeben haben, selbst in die Gegenoffensive zu gehen, ist viel geredet worden. Die Verantwortung dafür liegt ganz bei uns.

Es war unser Fehler, die Entscheidung, die aus dem Kräfteverhältnis nur hier fallen kann, weil es um die Gefangenen geht, die für den Kampf hier stehen, und weil es darum ging, die BRD zu isolieren, nicht in der Metropole selbst zu suchen, sondern die Zuspitzung in einen der jungen Nationalstaaten zu verlagern. Im Zusammenhang mit einer Aktion aus der Metropole, mit dem Ziel der Polarisierung in der Metropole, den Bruch zwischen Volk und Staat, musste das Mittel - Flugzeugentführung - gegen den ganzen Angriff kippen, weil es die, die in dem Flugzeug saßen, zwangsläufig in die gleiche Objektsituation gedrückt hat, wie es der imperialistische Staat sowieso und immer mit den Menschen macht - worin aber das Ziel einer revolutionären Aktion gebrochen ist(...)"

Das soll nur kurz erwähnt werden, da ein ehemaliger Gefangener aus der RAF, Karl-Heinz Dellwo, in der Zeitschrift Konkret vom Januar 2009 immer noch so tut, als sei er einer der wenigen aus der ehemaligen RAF, der die Flugzeugentführung aus dem Jahre 1977 kritisierte.

Am Morgen des 18. Oktober wurden Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwerverletzt in ihren Zellen aufgefunden. Jan starb wenige Stunden später. Sofort wurde die offizielle Version des Selbstmordes verbreitet, obwohl erhebliche Unstimmigkeiten in den dann folgenden Untersuchungen aufgedeckt werden konnten. Andreas soll die Pistole angeblich selbst festgehalten haben, obwohl ein Gutachten aussagt, dass der Schuss aus einem Abstand von 30-40 cm abgefeuert worden ist und die Pistole immerhin 17 cm maß. Gudruns Leichnam zeigte zahlreiche leichte Verletzungen und Blutergüsse. Zum Teil werden diese "Quetschungen" damit erklärt, dass der Körper nach der angeblichen Selbsterhängung infolge von Todeskrämpfen heftig gegen harte Gegenstände gestoßen sei. Dies war allerdings nicht mehr zu rekonstruieren, da die Beamten die Tote sofort abgebunden hatten. Ebenso wie bei Ulrike Meinhof wurde auch hier ein Histamintest, der darüber Auskunft gibt, ob ein lebender oder bereits toter Mensch aufgehängt wurde, unterlassen.

Irmgard sagte als einzige Überlebende: "Für uns war klar, Selbstmord ist nicht Sache. Wir sind entschlossen zu kämpfen. Ich habe mir die Verletzungen nicht selbst beigebracht." Irmgard hatte geschlafen und war erst auf dem Transport ins Krankenhaus aus ihrer Bewußtlosigkeit aufgewacht.

Nach 21 Jahren Knast kam Irmgard im Herbst 1993 endlich frei.

Am 19. Oktober 1977 ging bei der Redaktion einer französischen Zeitung ein Schreiben der RAF ein, in dem mitgeteilt wurde, wo sich der tote Schleyer befindet.

Am Ende überlebten 4 von den 11 Gefangenen, die befreit werden sollten, die Haft nicht. Am 12. November 1977 wurde Ingrid Schubert im Gefängnis München-Stadelheim tot aufgefunden. Für den Staat war es natürlich auch "Selbstmord". Alle Menschen und Initiativen, die diesen und die anderen "Selbstmorde" öffentlich in Frage stellten, wurden kriminalisiert. So wurde die staatlich verordnete "Wahrheit", die bis heute nie objektiv bewiesen werden konnte, zur gesellschaftlichen Wahrheit, die sich über die bürgerlichen Medien in die Köpfe der Menschen fraß.

Die Repressionswelle weitete sich auch auf die Solidaritätsbewegung aus und so wurden nach dem 18. Oktober 1977 ca. 40 Menschen verhaftet. Es handelte sich dabei um Rechtsanwälte, Menschen, die Gefangene besucht hatten, DruckerInnen und Aktive aus Solidaritätsgruppen. Die radikale Linke, ob nun bewaffnet oder unbewaffnet, kam trotz der harten Repressionschläge und der Medienhetze aus der Talsohle heraus und wurde bis Ende der achtziger Jahre ein starker Faktor im Bereich des antimilitaristischen Kampfes, von Hausbesetzungen, autonomen Frauenkämpfen und der Anti-AKW- sowie der Gefangenenbewegung.

Die RAF verfasste 1982 unter dem Titel "Guerilla. Widerstand und antiimperialistische Front" ein Strategiepapier. Unter dem Einfluss des "Frontpapiers" gab es viele politisch-militärische Initiativen, sowohl mit einheimischen Militanten und Stadtguerillagruppen, als auch mit der französischen Action Directe und den italienischen Roten Brigaden.

Der zweite Teil des Textes folgt in der nächsten Ausgabe.

Redaktion


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Inland

Aktuelles zu den DHKP-C Prozessen in der BRD

Aktuelles zum Stammheimer Paragraph 129b-Prozess

Der Prozess läuft nun schon seit dem 17. März 2008. Die Verhandlungstage laufen sehr schleppend. Wir versuchen hier in aller Kürze den aktuellen Stand des Verfahrens zusammenzufassen und die aktuellen Informationen wiederzugeben.

Im Stammheim-Prozess läuft zurzeit immer noch die Beweisaufnahme. Der Hauptbelastungszeuge Hüseyin Hiram wird weiter vernommen, ebenso seine Ehefrau, sein Schwager und dessen Lebenspartnerin. Hiram selbst wird noch mehrere Male als Zeuge auftreten, denn aus seinen Aussagen sind zu wenige Informationen herauszuholen. Er hatte bei den letzten Verhandlungsterminen wieder Ausbrüche, bei denen er die Gefangenen beschimpfte und auch handgreiflich werden wollte. Dies wurde von JVA-Beamten verhindert.

Das psychologische Gutachten, welches Dr. Seiffert von ihm anfertigen sollte, ist noch immer nicht fertiggestellt. Dieses Gutachten ist deshalb so relevant, weil es viele Ungereimtheiten in den Aussagen von Hiram bezüglich seiner Geheimdiensttätigkeiten und seines Erinnerungsvermögens gibt. Wenn das Gutachten erstellt ist, kann endlich geklärt werden, ob Hiram sich nicht erinnern kann oder nicht erinnern will. Es ist sehr verwunderlich, dass er bei dem Thema Geheimdienste immer ausweicht oder behauptet, dass er sich an nichts erinnern kann. An kleine Details kann er sich aber erinnern, wenn sie nichts mit diesem Thema zu tun haben, so kann er sich beispielsweise an die Farbe eines PKW genau erinnern. Die meisten Aussagen, die er bis jetzt gemacht hat, sind widersprüchlich, doch die BAW und der Strafsenat sind immer noch bemüht, Hiram als glaubwürdigen Zeugen darzustellen.

Der Strafsenat hat jetzt drei Verhandlungstage pro Woche angeordnet, Montag, Dienstag und Freitag. Dies wurde auf Druck der Verteidigung so eingerichtet.

Die fünf Gefangenen sitzen jetzt seit mehr als 27 Monaten in Untersuchungshaft. Die Situation von Mustafa Atalay verschlechtert sich zusehends. Es gab auch keine Hafterleichterung, obwohl sie jetzt schon mehr als zwei Jahre festgehalten werden. In den Briefen, die Mustafa schreibt, erwähnt er immer, dass er sich kontinuierlich schlechter fühlt, dass ihm die Kälte in der Zelle zu schaffen macht und das er immer stärkere Schmerzen hat.

Für alle fünf Gefangenen gelten Sonderhaftbedingungen innerhalb der Untersuchungshaftregelung, die sie psychisch und physisch belasten. Dazu kommt noch der Druck an den mittlerweile drei Verhandlungstagen in der Woche. Mustafa hatte vor Gericht seinen Lebenslauf geschildert um klar zu stellen, dass Folter in der Türkei gängige Praxis ist und hat seine eigenen Erfahrungen vor Gericht geschildert. Er wollte auch nochmals herausstellen, dass er schwer krank ist und dringend eine angemessene ärztliche Behandlung braucht; sonst wird er in Gefangenschaft sterben.

Ein Rechtshilfe-Ersuchen, das die Gefangenen gestellt hatten, wurde noch am gleichen Verhandlungstag zurückgewiesen. Die Angeklagten hatten auf diesem Weg versucht, einen Anwalt aus der Türkei nach Deutschland zu holen, damit die Rechtslage dort besser beleuchtet werden kann. Die Rechtssituation in der Türkei spielt eine maßgebliche Rolle in dem Prozess, da Geständnisse aus der Türkei in dem Verfahren verwendet werden sollen. Allerdings muss man erwähnen, dass der Strafsenat die Folter in der Türkei, die es faktisch gibt, nicht anerkennt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieser Antrag abgelehnt wurde.

Allgemein wurden von Anfang an alle Anträge der Verteidigung - Verteidigungsanträge inbegriffen - abgelehnt, vor allem wenn es um BKA-Beamte ging. Einige von diesen Beamten haben sich in ihren Aussagen widersprochen oder sie wollten zu bestimmten Sachverhalten keine Angaben machen. Dies hatten sie meist mit ihrer Aussagegenehmigung begründet.

Momentan werden BKA Beamte vernommen, die bei der Verhaftung der Angeklagten beteiligt waren. Sie werden zu den Umständen der Verhaftungen, der technischen Überwachung und den anderen Ermittlungsergebnissen befragt. Ebenso wird die Rolle der "Geheimdienste" auseinandergenommen. Dabei ist die Zusammenarbeit Hirams mit dem deutschen Verfassungsschutz, sowie dem türkischen Geheimdienst ein wichtiger Punkt, aber auch welche Rolle andere Behörden spielen, wie zum Beispiel INTERPOL. Auch Zeugen aus der Türkei sollen nun vernommen werden, allerdings ist bis jetzt keiner von ihnen vor Gericht erschienen, da ihre Ladungen vermutlich nicht angekommen sind. Das zögert den Fortgang der Verhandlung hinaus, denn der Senat besteht auf die Vernehmung dieser Zeugen. Die meisten hatten in der Türkei belastende Aussagen gemacht und diese brauchen der Senat und die BAW dringend. Die Prozesstermine sind bis Mitte Mai 2009 angesetzt und veröffentlicht. Die Anwälte gehen aber davon aus, dass sich der Prozess bis zum Ende des Jahres hinziehen wird. In den kommenden Prozesstagen wird Hüseiyn Hiram nochmals als Zeuge vorgeladen und weitere BKA-Beamte vernommen werden. Demnächst soll dann auch das psychologische Gutachten über Hiram als Beweismittel eingebracht werden.

Alle Informationen zum Stammheim-Verfahren und anderen anstehenden Prozessen
unter: www.no129.info

Prozessbeobachtung des Komitee gegen die Paragraphen 129


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DHKP-C Verfahren in Düsseldorf - Faruk Ereren angeklagt nach Paragraph 129b

Am 15. Januar 2009 begann vor dem für Staatsschutzprozesse errichteten Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichts Düsseldorf - neben dem in Stuttgart-Stammheim laufenden Paragraph 129b-Verfahren - ein weiteres Paragraph 129b Verfahren gegen die DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front). Dem 54-jährigen Angeklagten Faruk Ereren wird u.a. vorgeworfen, im Zentralkomitee der Organisation tätig gewesen zu sein und wird "für zahlreiche Tötungsdelikte, Brand- und Sprengstoffanschläge in der Türkei verantwortlich" gemacht. Der Prozess wurde vorerst auf 52 Verhandlungstage terminiert.

Die Staatsanwaltschaft verlas am ersten Prozesstag im Einzelnen die Anschläge in der Türkei, zu denen sich die DHKP-C bisher bekannt hatte. Dabei stellen die Anklagepunkte, die sich auf Aktionen in der Türkei beziehen, die Grundlage für die Anklage nach dem 2002 erlassenen Paragraph 129b dar, welche - im Gegensatz zum Paragraph 129a - die Betätigung für eine "terroristische Vereinigung im Ausland" unter Strafe stellt.

Faruk Ereren, der bereits am 8. April 2007 in Hagen festgenommen wurde und sich bis zum Prozessauftakt ca. 20 Monate unter strengen Isolationsmaßnahmen in Untersuchungshaft befand, erklärte bereits in den ersten Tagen während seiner 9-teiligen Verteidigungsrede, dass die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft fern von jeder Seriosität sei. Dazu erklärte Ereren, dass die Anklage, die vom Staatsapparat der Türkei vorbereitet wurde, ohne jegliche Hinterfragung bezüglich Sachlichkeit und Logik übernommen worden sei. Anschließend unterstrich er, dass die BRD den undemokratischen, faschistischen Staatsapparat der Türkei unterstütze. Er führte einige Beispiele für undemokratische Praktiken und Massaker auf. Ereren deutete auf den Widerspruch zwischen dem Imperialismus und den Völkern der Erde hin und erklärte, dass die Völker schließlich siegen würden und deswegen der antifaschistische Kampf legitim und notwendig sei.

Ereren erklärte außerdem: "Das Urteil, dass bei diesem Prozess gesprochen werden wird, verfügt eigentlich über keine Bedeutung. Entscheidend ist das Urteil, das die Geschichte fällen wird. In verschiedenen historischen Etappen wurden Tribunale gegründet, welche über Volksführer urteilten, die für den Fortschritt der Menschheit kämpften. Auch für sie wurden Sondergesetze eingeführt und Strafen verhängt. Die Geschichte hat sie freigesprochen und jene, die über sie urteilen wollten, verurteilt. Das Gesetz der Geschichte wird sich auf diese Weise fortsetzen."

Der Prozess ist vorerst bis zum 26. Juni 2009 angesetzt und findet jeweils mittwochs, donnerstags und freitags ab 9.15 Uhr im Prozessgebäude des Oberlandesgerichts, Kapellweg 36, 40221 Düsseldorf statt.


Neue Adresse:

Faruk Ereren
JVA Düsseldorf
Ulmenstr. 95
40476 Düsseldorf


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Isolationshaft gegen Nurhan, Cengiz und Ahmet

Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu wurden am 5. November 2008 im Zuge einer landesweiten Repressionswelle in Nordrhein-Westfalen verhaftet und sind seitdem inhaftiert. Sie sind nach Paragraph 129b wegen "Mitgliedschaft in der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C)" angeklagt und ihnen wird u.a. vorgeworfen, als Gebietsverantwortliche für die Organisation tätig gewesen zu sein und Spendengelder gesammelt zu haben. Alle drei Gefangenen befinden sich derzeit in Isolationshaft. Um die Haftbedingungen zu schildern, zitieren wir aus einem Brief von Nurhan Erdem: "(...) Es gibt immer noch Briefe, die ich nicht erhalten habe: Von meinem Ehemann und meiner Schwester. (...) Ich bin in Einzelhaft. Ich darf mit keiner Gefangenen Kontakt haben. Bis Freitag wurde meine Tür durch zwei Beamte geöffnet. Am Freitag, den 16.1., kam ein Gerichtsbeschluss, dass das Öffnen durch zwei Beamte aufgehoben worden ist. Bis Freitag war das so, egal wo ich hingehe, mussten zwei Beamte dabei sein. Zur Psychologin konnte ich zum Beispiel nicht. Oder zum Sport. Ich habe nur eine Freistunde, den Rest der 23 Stunden bin ich in meiner Zelle. (...) Allein sein ist das Schlimmste. An sowas kann man sich nicht gewöhnen. Es ist sehr hart, ohne Menschen zu sein. Es sind jetzt bei mir über 9 Wochen und sogar für mich ist es sehr hart. (...)"

Cengiz Oban schrieb in einem seiner Briefe: "(...) Ich sitze hier in Isolationshaft. Sitze 23 Stunden in der Zelle und habe Kontaktsperre zu anderen Gefangenen. Die Zelle ist ungefähr 7 Quadratmeter groß. Ich hatte fast zwei Monate in einem Käfig von zirka 30 Quadratmeter Einzelhofgang. Es gab einige Schikanen von Seiten der Wärter. Nachdem meine Zeitungen von Vortagen weggenommen wurden, meine Zelle während meines Hofgangs verwüstet wurde und meine Sachen beschädigt wurden, habe ich mit einem Hungerstreik darauf geantwortet. Nach neun Tagen hatten wir ein Gespräch und es hat sich alles normalisiert. Die Wärter sind jetzt ziemlich "nett" und "freundlich". Seit dem 16. Januar darf ich auch auf einem Sportplatz meine Freistunde verbringen, wo ich auch Sport betreibe. Soweit geht es mir ganz gut. Ein Fernseher und Bücher, die vor mehr als 3 Wochen in der JVA ankamen und einfach nur in der Kammer warteten, wurden mir auch am zweiten Tag meines Hungerstreiks ausgehändigt. (...)"

Mit der Forderung nach "Freiheit für Nurhan, Cengiz und Ahmet" hat das Freiheitskomitee eine vielseitige Kampagne begonnen, bei der die Infostände, die jeden Samstag vor dem Kölner Dom aufgestellt werden, vorerst die zentrale Aktivität darstellen. Neben verschiedenen Protestaktionen, die in verschiedenen Ländern angelaufen sind, hat das Komitee eine Postkartenkampagne gestartet und ruft die fortschrittliche Öffentlichkeit zur Unterstützung auf. In ihrer ersten Erklärung schrieben das Komitee über die Gefangenen: "Sie versuchten mittels Informationsveranstaltungen, Demonstrationen und Presseerklärungen die Menschen aus der Türkei über die Hartz IV- und Ausländer II-Gesetze zu informieren und sensibilisieren. Zu ihren Vergehen gehörte auch, dass sie gegen Nazis protestierten. (...) Die deutsche Staatsanwaltschaft fordert mit diesem "Terrorismusvorwurf" jahrzehntelange Gefängnisstrafen, indem sie sich auf den Paragraph 129b bezieht, weil sich die Angeklagten gegen den faschistischen Terror in der Türkei stellen und auf Paragraph 129a, weil sie gegen den Nazi-Terror in der BRD protestieren, sich gegen antidemokratische Gesetze, wie das Hartz IV und das Ausländer II-Gesetz stellen und für demokratische Rechte und Freiheiten kämpfen. Dieser Prozess, der unter den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft eröffnet wurde, ist kein Anti-Terrorprozess, sondern ein politischer Prozess. (...) Doch es gibt eine universelle Realität und diese müsste auch die Rechtsgrundlage sein: Faschismus und Tyrannei sind Verbrechen an der Menschheit; und das Recht auf Widerstand gegen Menschheitsverbrechen ist nicht nur legitim sondern eine Pflicht. (...)"

Kontakt zum Freiheitskomitee:
freiheitskomitee@gmail.com


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Inland

Zur Lage des inhaftierten Antifaschisten Christian

Christian S. ist weggesperrt, weil er sich gegen 2 Nazi-Demos gewehrt hat.

Er wurde kürzlich in den offenen Vollzug der JVA Plötzensee verlegt. Für die Bereichsleitung der Haftanstalt in der Lehrter Straße war dies die geeignetste Möglichkeit, ihn als unbequemen Gefangenen loszuwerden.

Trotzdem stellt diese Verlegung keine wirkliche Hafterleichterung dar, denn:

1.) Christian hätte schon im August 2008 nach Verbüßung von 2/3 der Haftzeit freigelassen werden müssen

2.) Christian muss außerhalb der Anstalt arbeiten, um die Chance zu wahren, demnächst auf Bewährung vorzeitig entlassen zu werden. Wenn er nicht arbeitet, muß er alles absitzen und danach tritt Führungsaufsicht ein. Mit strengen Regeln der Führungsaufsicht sollen ehemalige Gefangene diszipliniert werden, die nicht auf Bewährung entlassen wurden. Der Verstoß gegen die Führungsaufsicht ist eine Straftat und wird selbst mit bis zu einem Jahr Haft bestraft. Z.B. ist es möglich in den Knast zu kommen, weil man umzieht oder die Arbeit hinschmeißt oder Kontakte zu Personen hat, die einem untersagt worden sind. Und das alles, obwohl die eigentliche Strafe komplett verbüßt wurde.

Jedenfalls arbeitet Christian nunmehr für 80-120 Euro im Monat jeden Tag 8 Stunden. Er muss sich von den 120 Euro monatlich selbt ernähren, sein BVG Ticket kaufen und alle anderen Ausgaben tragen. Offener Vollzug bedeutet keine "kleine Freiheit", sondern die Gefangenen mit Zwang einer totalen kapitalistischen Verwertungslogik auszuliefern. Wer das nicht erträgt, kann flüchten oder in den geschlossenen Vollzug zurück verlegt werden; kommt aber der Freiheit dadurch auch nicht näher.

Falls sich nicht noch mehr Druck für Christian entwickelt, wird er erst "regulär" am 13. November 2009 entlassen.


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Brief von Mustafa Atalay zu seiner Situation

Die türkischen Briefe von Mustafa benötigen meist länger, bis sie ankommen. Mustafa schreibt auch Briefe auf deutsch und englisch, wobei er sich erst im Knast die deutsche Sprache angeeignet hat:

"Lieber... Ich bekam deinen Brief vom 30.1. am 10.2. Danke. Ich erwarte den Besuch von Peter O. Chotjewiz am 4.3. Die letzten zwei Tage war das Wetter ziemlich kalt. Das tat meinem Herzen nicht gut und verursachte mehr Schmerzen. Ich konnte deshalb nicht am Hofgang teilnehmen.

Der Prozess geht nach 2 Wochen Gerichtsferien am 2. März weiter. Ich wünsche dir alles Gute.
Tschüs Mustafa"


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Gegen das neue Versammlungsgesetz in Baden-Württemberg!

Seit einigen Monaten dauern die Auseinandersetzungen um die geplante Verschärfung des baden-württembergischen Versammlungsgesetzes an. Der von Innenminister Rech (CDU) eingebrachte Gesetzestextentwurf soll zukünftig die gesetzliche Grundlage für Überwachungsmaßnahmen, repressive Auflagen und Verbote darstellen. Durch die Föderalismusreform können Bundesländer seit 2006 eigene Versammlungsgesetzgebungen verabschieden. Bayern nahm hierbei eine Vorreiterrolle ein und verabschiedete 2008 als erstes Bundesland ein eigenes Versammlungsgesetz. Baden-Württemberg zieht nun nach und andere Bundesländer u.a. Niedersachsen arbeiten an eigenen Entwürfen. Die Tendenz ist in allen Fällen klar erkennbar: Mit massiven Einschnitten soll das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgehöhlt werden.

Nach den Plänen der Landesregierung in Baden-Württemberg sollen VersammlungsleiterInnen als verlängerter Arm der Polizei fungieren. Außerdem sollen OrdnerInnen im Vorhinein registriert und überprüft werden. Darüber hinaus können OrdnerInnen von der Polizei als "ungeeignet" abgelehnt werden. Was dabei die Kriterien sind, als "ungeeignet" eingestuft zu werden, ist unklar und liegt in der Hand der Polizei. Durch die Verschärfung sollen zahlreiche Überwachungsmaßnahmen eingeführt oder rechtlich legitimiert werden, die letztlich die Durchführung von Demonstrationen, Kundgebungen, Veranstaltungen oder ähnlichem deutlich erschweren.

Die massivsten Einschnitte bringt das Gesetz für Versammlungen im geschlossenen Saal mit sich. Auch hier soll zukünftig das Versammlungsgesetz in vollem Umfang zum Einsatz kommen. Die Polizei kann zukünftig auch hier auf die Benennung von VersammlungsleiterInnen und OrdnerInnen bestehen und diese dann als ungeeignet ablehnen. So macht der Versammlungsleiter sich beispielsweise strafbar, wenn er "Gewaltbereitschaft" nicht rechtzeitig erkennt und nicht "geeignet" darauf reagiert. Wie umfassend das neue Versammlungsgesetz zukünftig auch in Versammlungen in geschlossenen Räumen eingreift, zeigt allein die Tatsache, dass zukünftig der Polizei "ausreichend" Platz bei Veranstaltungen eingeräumt werden muss.

Über 100 Gruppen und Organisationen haben das Gesetz als völlig inakzeptabel abgelehnt und die Proteste gegen die Verschärfung unterstützt. Mehr als 10 000 Menschen waren u.a. im Mannheim, Stuttgart, Freiburg und Tübingen gegen die Verschärfungen auf der Straße. Auch im bürgerlichen Spektrum regt sich Widerstand. Selbst die (regierende) FDP hat den Gesetzestext als nicht tragbar zurückgewiesen.

Innenminister Rech begegnete dem aufkommenden Widerstand mit Integrationsversuchen und kündigte an, leichte Änderungen an dem Gesetzestext vorzunehmen. In einem Blockadeaufruf heißt es dazu: "Mit oder ohne Schönheitskorrekturen, wir lehnen dieses Gesetz als Mittel zur gewalttätigen Unterdrückung gesellschaftlicher Auseinandersetzung von vorne bis hinten ab!"

Zwar hat Ende Februar das Bundesverfassungsgericht das bayrische Versammlungsgesetz in großen Teilen als verfassungswidrig erklärt, was sich auch auf das geplante baden-württembergische Gesetz auswirken wird, dennoch ist weiterhin zu erwarten, dass die Gesetze in (verbal) abgeschwächter Version verabschiedet werden. Auch eine abgeschwächte Version wird ein elementarer Einschnitt in die Demonstrationsfreiheit bedeuten, gegen die es vorzugehen gilt.

Weitere Informationen unter:
www.versammlungsrecht2009.tk
www.blockieren.tk


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Freiheit für Samieh Jabbarrin!

Am 10. Februar 2009, dem Tag der Knesset Wahl in Israel, wurden in der zweitgrößten arabischen Stadt in Israel mehrere hundert Menschen, darunter auch Samieh Jabbarin und Ibrahim Mahajneh, verhaftet. Bei gewalttätigen Übergriffen der Polizei, des Militärs und sogenannter "mass oppression units" wurde unser Freund und Genosse Samieh verhaftet, der mehrere Jahre in Deutschland lebte. Er war mit uns gemeinsam innerhalb der linken Bewegung aktiv und ist für uns alle ein wichtiger und geliebter Genosse!

Als er wieder nach Palästina ging, hat er dort eine bedeutende Rolle bei der Organisierung der ärmeren Bevölkerungsschicht gegen die Enteignung und Vertreibung aus ihren Häusern durch israelische Baufirmengespielt. Er war auch an der Organisation der Konferenz in Haifa beteiligt, in der es um das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und um die Gründung eines säkularen und demokratischen palästinensischen Staates ging.

Nachdem er verhaftet wurde, steht er nun unter Hausarrest und muss elektronische Fußfesseln tragen.

Auch wenn wir hier in Deutschland leben, so ist es notwendig sich mit dem Kampf der palästinensischen Bevölkerung zu solidarisieren und alles zu tun, um die fortschrittlichen Kräfte dort zu unterstützen.

Wir fordern seine Freiheit und die Freiheit für alle politischen Gefangenen und Freiheitskämpfer, die sich gegen Besatzung und Krieg für eine befreite solidarische Gesellschaft einsetzen!

Einige von Samiehs GenossInnen


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Pressemitteilung zum Berliner Paragraph 129-Prozess

Befragung des Vizepräsidenten des BfV im "mg"-Verfahren für die Anklage ergebnislos - Aussage eines angeblichen V-Mannes nicht überprüfbar

Am 26. Verhandlungstag des zur Zeit beim Staatsschutzsenat des Berliner Kammergerichts geführten Prozesses wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung "militante gruppe", wurde heute am 25. Februar 2009 der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans Elmar Remberg als Zeuge gehört.

In dem langwierigen Verfahren hat der Senat mittlerweile einen Großteil der Beweisaufnahme zu der angeklagten versuchten Brandstiftung abgeschlossen und wollte nun mit dem hochrangigen Zeugen zum Hauptkomplex der Mitgliedschaft übergehen. Bis zum heutigen Tage ist völlig unklar, ob tatsächlich eine einheitliche, organisatorisch verbundene Gruppierung "militante gruppe" besteht, oder ob verschiedene Gruppierungen unter diesem Namen aufgetreten sind, noch ist nicht klar, ob die in diesem Prozess Angeklagten Mitglieder einer solchen Gruppe waren.

Der Zeuge Remberg sollte zu drei von ihm bzw. dem Präsidenten des Bundesamtes Fromm ausgestellten sogenannten "Behördenzeugnissen" befragt werden. Besonders brisant war ein solches "Zeugnis" in dem angegeben wurde, nach einer dem BfV vorliegenden, vertraulichen und unbestätigten Information sollten die Angeklagten der "militanten gruppe" angehören. Über diesen Personenkreis hinaus solle es noch weitere Mitglieder der "militanten gruppe" geben.

Der Informationsgeber würde seitens des BfV als im Allgemeinen zuverlässig berichtend und nachrichtenehrlich eingestuft.

Der Vizepräsident des BfV gab an, die Bewertung der Informationen eines V-Mannes würde anhand des persönlichen Eindrucks, der Qualität und Validität der von diesem bis dahin erhaltenen Informationen und aufgrund dessen Motivation für die Zusammenarbeit vorgenommen. Zu all diesen Umständen wolle und dürfe er allerdings aufgrund seiner beschränkten Aussagegenehmigung keinerlei Angaben machen. Er selbst habe diese Überprüfung des V-Mannes nicht vorgenommen und dürfe auch nicht sagen, welche Mitarbeiter insoweit tätig geworden seien. Die Bewertung der Angaben des V-Mannes sei daher für das Gericht nicht überprüfbar.

Aus Sicht der Verteidigung ist hiermit offensichtlich, dass der Beweiswert des Behördenzeugnisses bzgl. dieses V-Mannes gleich Null ist.

Fragen zu den beiden weiteren, von dem Zeugen selbst ausgestellten "Behördenzeugnissen", die die Mitgliedschaft der Angeklagten in zwei politischen Gruppen betrafen, konnte der offensichtlich schlecht vorbereitete Zeuge größtenteils nicht beantworten. Im wesentlichen berief er sich darauf, dass er sich gegebenenfalls erst umfangreich in die Aktenlage einarbeiten müsse.

Die Verteidigung hat bereits mehrfach kritisiert, dass in dem gesamten Verfahren immer wieder belastende Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz an das BKA bzw. die Bundesanwaltschaft gegeben wurden, die ungeprüft übernommen wurden. Diese Vorwürfe haben sich mit der heutigen Zeugenbefragung bestätigt.

Es konnte am heutigen Tage nicht herausgefunden werden, ob die mit der Anklage präsentierte Aussage des V-Mannes mehr ist als das Ergebnis eines belanglosen Kneipengesprächs oder wilde Vermutungen.

Berlin 25. Februar 2009
Rechtsanwalt Alexander Hoffmann


SOLIDARITÄT MIT AXEL, OLIVER UND FLORIAN!

SPENDEN:
Die Soliarbeit für die von den Paragraph 129-Verfahren Betroffenen kostet viel Geld. Deshalb sind wir auf Spenden angewiesen. Bitte spendet reichlich. Auch kleine und/oder regelmäßige Beträge sind gern gesehen.

Rote Hilfe e.V.
Bank: Berliner Bank
Konto-Nr.: 718 9590 600
BLZ: 100 200 00
Verwendungszweck: Repression
31.7.2007
IBAN: DE78 1002 0000 7189 5906 00
BIC: BEBEDEBB


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Kurzmeldungen:

Stuttgart: Am Donnerstag, den 19.02.2009 ging in Stuttgart-Stammheim der Prozess gegen Thomas K. zu Ende. Ihm wurde ursprünglich die Mitgliedschaft und die Rädelsführerschaft in den RZ (Revolutionäre Zellen) vorgeworfen. Nach einer Einlassung wurde der Prozess auf nur wenige Tage beschränkt und der Vorwurf auf Rädelsführerschaft fallengelassen. Thomas K. wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Prozessberichte, sowie einige Presseberichte sind zu finden auf:
www.freilassung.de/prozess/thomas.html


Berlin: Kurdische MigrantInnen protestieren mit einem Hungerstreik gegen das syrisch-deutsche Rückabnahmeabkommen abgelehnter AsylbewerberInnen täglich vor dem Innenministerium in Alt-Moabit. Das Abkommen ist seit Januar 2009 in Kraft und syrische MigrantInnen (etwa 7000) erhalten Aufforderungen durch die Ausländerbehörde, die sie zur Ausreise auffordert. Unterstützt werden sie bis jetzt vom Flüchtlingsrat Berlin und von der Linkspartei.

Remscheid: Der offene Brief der 53 Flüchtlinge aus Remscheid mit der Forderung, die Anwesenheitskontrollen einzustellen und die Überwachungskameras abzuschaffen, führte nach dem zweiten Gespräch mit dem Stadtdirektor zu einigen Lockerungen wie z.B. die Auszahlung der Leistungen in bar, statt in Gutscheinen oder die vierteljährliche Aushändigung der Krankenscheine. Auch wird Flüchtlingen, die keine Arbeitserlaubnis haben, gemeinnützige Arbeit organisiert werden.

Stuttgart: Das Stuttgarter Amtsgericht hat zwei AktivistInnen aufgrund der Demonstration am 05.07.2008 in Stuttgart verurteilt. Einem Aktivisten wurde "gefährliche Körperverletzung an einem Polizeibeamten" und einer Aktivistin "Beleidigung" vorgeworfen. Obwohl der aussagende Polizist zugab, mit seinem Schlagstock direkt auf die Hände und den Kopf des Aktivisten gezielt zu haben, wurde dieser zu 5 Monaten auf zwei Jahre Bewährung, sowie 60 Stunden Arbeitsstunden verurteilt. Die Aktivistin, die bei der Demo verletzt ins Krankenhaus musste, wurde zu 15 Arbeitsstunden verurteilt.


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International

Willkür, Folter und Erniedrigung - Der Alltag der Palästinensischen Gefangenen

Ein Beitrag von Anderslautern

"Es wäre besser diese Gefangenen im Toten Meer zu ersäufen - wenn das möglich wäre, weil das der tiefste Punkt der Welt ist." - Avigdor Lieberman (rechtsradikaler Präsidentschaftskandidat und wahrscheinliches Mitglied der nächsten israelischen Regierung)

Außerhalb der ständigen militärischen Auseinandersetzung zwischen der hochgerüsteten israelischen Armee und den Palästinensern, die sich mit relativ primitiver Bewaffnung den ständigen Attacken Israels erwehren, ist die Situation der palästinensischen Gefangenen der stärkste Indikator für die Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten. Kein Thema illustriert Israels Verweigerung der Freiheitsrechte für die palästinensische Bevölkerung eindringlicher als die Situation der Gefangenen dort.

Die PalästinenserInnen haben die höchste Rate an Gefangenen in der Welt. Etwa 20% der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten wurde bereits einmal im Leben verhaftet. Zur Zeit wird die Zahl der palästinensischen Gefangenen auf ca. 11.000 geschätzt. Ausgangspunkt sind die Angaben einer israelischen Menschenrechtsorganisation aus dem Herbst 2007. Israel hält allein über 1000 Gefangene in Administrativhaft. Das heißt, dass diese Gefangenen ohne konkreten Tatvorwurf, Anklage und Prozess inhaftiert wurden. Diese Art der Haft kann bis zu 6 Monaten dauern. In dieser Zeit haben sie kaum Chancen auf eine rechtstaatlich vorgesehene Verteidigung und Berufungsmöglichkeiten.

Die Behauptung Israels, dass die Gefangenen zum Schutz der Sicherheit ihrer Bevölkerung inhaftiert werden, ist mit nichts zu belegen. Im Gegenteil: Der größte Teil der Gefangenen hat sich keiner direkten Straftat schuldig gemacht. Sie werden aufgrund von Meinungsdelikten, friedlichen Widerstandshandlungen, oder einfach wegen der Tatsache, dass sie PalästinenserInnen sind, inhaftiert. Das israelische Zentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten B'Tselem bemerkte dazu: "Sicherheit wird ausserordentlich weit definiert, so dass gewaltfreie Rede und politische Aktivität als gefährlich erachtet werden(...). Dies steht in krassem Widerspruch zum Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit, das nach internationalem Recht garantiert garantiert wird. Würden dieselben Standards innerhalb Israels angewandt, wäre die Hälfte der Likud-Partei in administrativen Arrest."

Viele der PalästinenserInnen werden laut Amnesty International in Anhaltezentren (Lagern) und Gefängnissen gehalten, die nicht einmal humanitären Mindeststandards entsprechen. Es wird ihnen routinemäßig das Besuchsrecht verweigert. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen beschuldigten Israel regelmäßig der Folter durch schwere körperliche Gewalt, Schlafentzug, Schein-Ersticken, Erniedrigungen und die Verweigerung von Nahrung, Wasser, und Zugang zu sanitären Anlagen. Alle Formen von Folter verstoßen gegen internationales Recht. In Israel ist die Folter (von Palästinensern) aber immer noch gesetzlich erlaubt, auch wenn das Oberste Gericht 1999 einige Foltermethoden verbot.

Menschenrechtsorganisationen erhoben auch nach dem israelischen Einmarsch in den Gazastreifen schwere Vorwürfe gegen die Militärführung wegen ihres Umgangs mit den, während der Militäroffensive gefangenen PalästinenserInnen. Nach Aussagen israelischer Anwälte wurden Gefangene viele Stunden, manchmal sogar Tage in Erdlöchern eingesperrt, wo sie gefesselt und mit verbundenen Augen festgehalten wurden. Auch Minderjährige seien solchen Bedingungen ausgesetzt worden. Im Widerspruch zu international geltenden Regeln wurden viele Gefangene in direkter Nähe zu Panzern und Kampfzonen festgehalten. Es habe Fälle von extremer Gewalt und Erniedrigung durch israelische Soldaten gegeben, zu denen die Menschenrechtsorganisationen weitere Berichte ankündigten. Das Schreiben der insgesamt 7 Organisationen, unter ihnen B'Tselem, der israelische Zweig der "Ärzte für Menschenrechte", sowie die Gruppen Yesh Din und Adalah, stützt sich vor allem auf gesammelte Zeugenaussagen. Es richtete sich an den Militärrichter General Avichai und Generalstaatsanwalt Meni Mazus.

Zu Beginn des Einmarsches in Gaza fragte die Menschenrechtsorganisation 'HaMoked', ob Israel Gefangene aus Gaza im geheimen Gefängnis 'Anlage 1391' festhalte.

Die Existenz der 'Anlage 1391' wurde in November 2003 bekannt. Normalerweise wurde das Gefängnis zur Unterbringung von nicht-palästinensischen arabischen Gefangenen benutzt. Angesichts der steigenden Anzahl der Gefangenen während der zweiten Intifada wurden auch Palästinenser dort inhaftiert. Als HaMoked damals nach dem Aufenthaltsort von "vermissten" palästinensischen Gefangenen suchte, mussten die israelischen Behörden zugeben, dass sie an diesem geheimen Ort festgehalten werden. Wegen der Zustände, die dort herrschten, bezeichneten israelische Zeitungen die 'Anlage 1391' als Israels Guantanamo Bay.

Einer der bekanntesten palästinensischen Gefangenen, der Generalsekretär der PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas) Ahmad Saadat, wurde wie schon in der letzten Ausgabe des Gefangenen-Infos erwähnt, am 25. Dezember letzten Jahres zu 30 Jahren Haft verurteilt. Entgegen den Begründungen für seine Festnahme, war die ihm vorgeworfene Tatbeteiligung an der Tötung des rechtsradikalen Ex-Tourismusministers Zeevi nicht Bestandteil des Urteils gegen ihn. Seine Position innerhalb des palästinensischen Widerstands gegen die Besatzung musste, ohne das ihm konkrete Taten nachgewiesen wurden, als Begründung für die lange Haftstrafe herhalten. Saadat selbst erkannte weder das Urteil noch das israelische Militärgericht, dass ihn verurteilte, an.

"Das ist euer Gericht und ihr habt die Macht, den Prozess zu zelebrieren und mich zu verurteilen auf der Basis eurer Listen (der offiziellen und der inoffiziellen) von Anklagepunkten, ihr könnt ein Urteil diktieren, das vom politischen und von Sicherheitsapparaten, die hinter dem Prozess stehen, vorbereitet wurde. Aber auch ich besitze einen Willen, der von der Rechtmäßigkeit unserer Sache und den Absichten unseres Volkes gespeist wird, jegliche Entscheidung dieses Scheingerichts zurückzuweisen." (Ahmad Saadat vor Gericht)


Englischsprachige Kampagnenseite für die Freilassung Ahmad Saadats:
http://www.freeahmadsaadat.org/

Quellen: Neues Deutschland, 2.02.09, GÖAB (Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen, www.saar.at), www.antiimperialista.org, ISM-Germany (www.ism-germany.net)


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Cuban Five verurteilen die israelische Aggression in Gaza

Solidaritätsbotschaft an die palästinensische Bevölkerung

Wir empfinden tiefen Schmerz und unendliche Empörung über das kriminelle Massaker an der palästinensischen Bevölkerung. Uns fehlen die Worte diesen Holocaust zu beschreiben. Der Tod unschuldiger Kinder, Frauen und Männer sowie die Zerstörung ihrer geliebten Heimat sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit und erzeugen eine tiefe Schuld, für die jemand bezahlen muss - die Regierung Israels, die Regierung der Vereinigten Staaten, welche die erstere unterstützen, und der weltweite Imperialismus.

Aus fünf Gefängnissen aus dem Inneren der Vereinigten Staaten verurteilen wir dieses Verbrechen mit unserer ganzen Kraft. Wir fordern, dass diese Barbarei sofort beendet wird und senden unsere ganze Liebe und Unterstützung an die geliebten palästinensischen Menschen. Wir sind mit euch - heute und immer. Eine Sache, die uns zutiefst über unsere Gefangenschaft schmerzt ist die, dass wir nicht viel für euch tun können, für eure Sache, für euer Volk. Aber wir hoffen, dass wir bald physisch bei euch sein können. Die Welt muss sich vereinen und die israelische Regierung, die Regierung der Vereinigten Staaten und die imperialistischen Regierungen - die Verursacher des Holocausts - verurteilen.

Stoppt den Krieg und die Massaker!
Lang lebe das palästinensische Volk!
Venceremos!

The Cuban Five (Antonio Guerrero, Rene Gonzales, Fernando Gonzales, Ramon Labanino, Gerardo Hernandez)


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Repressionsschläge in der Schweiz

Kurzer Überblick über die derzeitige Entwicklung

Im Rahmen der Proteste gegen das Weltwirtschaftsforum (WEF) gab es am 17.01.09 in Zürich einen Farbanschlag gegen die Investmentbank UBS. Während der anschließenden Großkontrolle nahm die Polizei zwei Jugendliche fest. Die beiden Jugendlichen verweigerten konsequent die Aussage und wurden, um Aussagen zu erpressen, in Beugehaft genommen. Nach fast 2-wöchiger willkürlicher und schikanöser Haft wurden die beiden am 30.01.09 entlassen und von zahlreichen FreundInnen, GenossInnen und Angehörigen lautstark begrüßt.

Im gleichen Zeitraum führte die Bundeskriminalpolizei mit einem Großaufgebot am 20.01.09 bei Martin, einem Genossen des Revolutionären Aufbaus, eine Hausdurchsuchung durch. In der Folge wurde Martin festgenommen, weil angeblich im Mietshaus, in dem er wohnt, irgendwo "ein Rucksack mit Brandsätzen" gefunden wurde. Ohne die Möglichkeit, seinen Anwalt zu informieren und der Anhörung vor dem Haftrichter, wurde Martin in Untersuchungshaft genommen. Weiter verweigerten die Untersuchungsbehörden dem Anwalt die Akteneinsicht und machten so jegliche Verteidigung unmöglich! Martins Anwalt reichte Klage beim Bundesgericht ein, das zu seinem Gunsten entschied und die Verweigerung der Akteneinsicht und der Anhörung rügte. Martin musste erneut einem Haftrichter vorgeführt werden und wurde am 26.02.09 nach über 1 Monat Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gesetzt. Mit dem angeblich gefundenen Inhalt des Rucksacks wurde Martin niemals konfrontiert. Bereits am 06.05.2008 führte die Bundeskrimimalpolizei zwei massive Hausdurchsuchungen gegen Mitglieder des Revolutionären Aufbaus durch. Auch damals dienten angebliche Sprengstoffdelikte als Vorwand, welche im Nachhinein nie konkretisiert worden sind.

Derzeitig zeichnet sich ein erneuter Versuch der Bundesanwaltschaft ab, Mitglieder des Revolutionären Aufbaus zu kriminalisieren. In einer Pressemitteilung teilte der leitende Ermittlungsrichter Zingle mit, die Bundesanwaltschaft habe nach Abschluss eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens nun bei ihm die Eröffnung einer Voruntersuchung gegen "Exponenten des so genannten Revolutionären Aufbaus" beantragt. Auch in diesem Verfahren verweigern die Behörden jegliche Akteneinsicht.

Mehr zum Fall von Martin, seiner Haft sowie der Solidarität von drinnen und draußen
unter www.aufbau.org

Näheres zur schikanösen Beugehaft der beiden Jugendlichen unter
www.rjz.ch


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Kurzmeldungen:

Chile: Die Mapuche-Gefangene Patricia Troncoso hat Anfang Februar ihren Hungerstreik nach 112 Tagen beendet, nachdem die Regierung ein Dokument unterzeichnete, das die Verbüßung der restlichen Haftzeit im offenen Vollzug vorsieht. Troncoso, eine von ca. 40 Mapuche-Gefangenen, war noch nach dem aus der Pinochet-Zeit stammenden Anti-Terror-Gesetz zu 10 Jahren Haft verurteilt worden. Sie soll auf indigenem Land Feuer gelegt haben, auf dem sich Holz- und Papierfirmen befanden.

Ägypten: Am 06.02.09 wurde der 26-jährige politische Aktivist Philip Rizk von dem ägyptischen Sicherheitsdienst entführt. Zusammen mit 14 anderen hatte er an diesem Tag an einer Mahnwache aus Solidarität mit Gaza teilgenommen. Nach seiner Vernehmung wurde er in einen Kleinbus gezwungen und an einen unbekannten Ort in Cairo gebracht. Inzwischen wurde das Haus seiner Familie durchsucht und persönliche Gegenstände beschlagnahmt. Über seinen Aufenthaltsort, seinen Gesundheitszustand oder über die Behandlung die er erfährt ist nichts bekannt.

Spanien: Nach 15 Jahren Haft und Folter wurde der Antifaschist Manuel Carmona Tejedor am 16.02.09 aus dem Topas-Gefängnis in Salamanca freigelassen. Er war ein politischer Gefangener aus der GRAPO (Antifaschistische Widerstandsgruppen des 1. Oktober) und war 1994 verhaftet worden. Während seiner Knastzeit schrieb er mehrere politische Artikel über Ökonomie und Antifaschismus. Er hätte bereits vor 1 Jahr freigelassen werden müssen, wurde allerdings widerrechtlich festgehalten.

Türkei: Der im F-Typ Gefängnis von Izmir Kiriklar inhaftierte revolutionäre Gefangene Süleyman Erol hat aufgrund der Isolationshaft am 23.02.09 einen Selbstmordversuch unternommen, indem er sich die Pulsadern aufschnitt. Die Gefangenenhilfsorganisation TAYAD protestierte gegen die Isolationshaft und rief das Justizministerium dazu auf, das im Januar 2007 zugestandene Recht auf 10-stündige Zusammenkunft in den F-Typen umzusetzen. Die Zusammenkunft von 10 Stunden wurde am 22.01.2007 nach 7 jährigen Todesfasten vom Justizministerium im Erlass 45/1 zugestanden, ohne dass der Erlass umgesetzt wird.


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International

www.ipai-isolation.info

Zweiter Teil des Berichts vom
7. Internationalen Symposium gegen Isolation
von der Roten Hilfe OG Magdeburg & dem Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

In der letzten Ausgabe des Gefangenen Infos haben wir den ersten Teil des Berichts über das Symposium gegen Isolation mit einem ausführlichen Hintergrundbericht über die Gefängnismassaker in der Türkei veröffentlicht. Das Symposium findet jedes Jahr im Zeitraum vom 19. bis 22. Dezember statt, da im Jahr 2000 in dieser Zeit in einem staatlichen Angriff 28 revolutionäre Gefangene ermordet, verbrannt und etliche schwer verletzt worden sind. Um dem Massaker zu gedenken, führen politische Gefangene aus verschiedenen Ländern jedes Jahr vom 19. bis 22. Dezember einen Hungerstreik durch. In diesem Jahr beteiligten sich José Fernandenz Delgado, Gabriel Silva da Pombo, Ilhan Yelkuvan, Ahmet Düzgün Yüksel, Devrim Güler und 11 soziale Gefangene (BRD), Avni Er (Italien), Marco Camenisch (Schweiz), Gefangene der PCE(r)/GRAPO (Spanien) und Gefangene der DHKP-C (Türkei) in mindestens 7 Gefängnissen. Aus verschiedensten Ländern kamen Grußbotschaften. Jedes Jahr kommen linke, demokratische und revolutionäre Gruppen und Personen zusammen, um sich über die Repressionsentwicklungen in den verschiedenen Ländern auszutauschen und über gemeinsame Perspektiven im Kampf gegen Repression und Imperialismus zu diskutieren. Im Folgenden dokumentieren wir, soweit es uns aus sprachlichen Gründen möglich war, zusammengefasst ihre Beiträge:

2. Tag / Samstag, 20. Dezember 2008

II. Wie können wir unsere Grundrechte und Freiheiten verteidigen?
Beiträge der Anwälte aus Österreich, Baskenland und der Türkei

Österreich: RA Dr. Lennart Binder

Der Anwalt Dr. Lennart Binder vertritt die Angeklagten des ersten "Terrorprozesses" in Österreich. Das Ehepaar ägyptischer Herkunft soll die Internetplattform "Globale Islamische Medienfront" (GIMT) mit Informationen zur Situation in Afghanistan und im Nahen Osten betrieben haben, die sich auf islamische Widerstandskämpfer bezieht. Basis der Anklage nach Paragraph 278b ("Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) bilden Übersetzungsarbeiten diverser Texte und die Nutzung der Internetplattform zu ihrer Verbreitung. Die 21-jährige Mona S. weigert sich ihren Gesichtsschleier abzunehmen und wurde deswegen aus ihrem eigenen Prozess ausgeschlossen. Sie soll diverse Texte übersetzt haben - u.a. Ansprachen von Bin Laden - und wurde zu 22 Monaten Haft verurteilt. Der 22-jährige Mohammed M. soll im Internet zu Anschlägen auf die Fussball-EM 2008 aufgerufen haben sowie bei "Drohvideos" mitgewirkt haben, die Österreich und Deutschland zum Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan zwingen sollten. Er wurde zu 4 Jahren Haft verurteilt. Laut Anklage soll GIMT den "propagandistischen Arm der Al-Qaida" darstellen. Eine Verbindung oder Zusammenarbeit wird nicht nachgewiesen; von der Anklage letztlich auch gar nicht behauptet. Die ideologische Nähe der Angeklagten, das Transportieren der sympathisierenden Inhalte sowie der "Drohungen" (ohne Nachweise konkreter Planungen) über das Internet reichten aus, um eine Mitgliedschaft zu konstruieren. Es gebe "überhaupt keinen Beweis, dass die Angeklagten den Terrorismus (tatsächlich) unterstützt haben könnten" kritisiert Rechtsanwalt Binder. Er kritisiert auch scharf die Einsetzung der Online-Fahndung, für die es in Österreich bisher keine rechtliche Grundlage gibt. Wegen formaler Mängel wurden die Urteile durch den Obersten Gerichtshof am 28.08.08 aufgehoben und am 12.11.08 neu aufgerollt.

(Die Neudurchführung des Prozesses endete mittlerweile am 12.02.09 mit der Bestätigung der Urteile vom ersten Prozess; sie stehen unter Berufung; Anmerkung der Redaktion)


Baskenland: RA Iratxe Urizar (Basque Observatory of Human Rights)

Die Rechtsanwältin Iratxe Urizar schildert die aktuelle Situation der baskischen Gefangenen in Spanien. Nach dem Tod von Franco herrscht in Spanien angeblich Demokratie, doch die Realität spricht eine andere Sprache. Bei Verhaftungen passiert es oft, dass keiner von dieser Verhaftung weiß, die Person tagelang verschwunden ist, bis irgendwann die Familien informiert werden können. Fast alle politischen Gefangenen erfahren systematische Folter in Form von Wassertauchen, Elektroschocks, Vergewaltigungen und psychische Folter. Es wird gezielt gegen baskische politische Gefangene vorgegangen, denn die baskische Bewegung kämpft für Unabhängigkeit und Sozialismus im Baskenland. Etwa 1% der baskischen Bevölkerung war in ihrem Leben schon einmal inhaftiert oder befindet sich in Haft. Derzeit gibt es 766 baskische politische Gefangene, welche durch die "Streuungspolitik" über das ganze Land verteilt und von ihren Familien und GenossInnen isoliert werden. Die Länge der Höchststrafe wurde vom spanischen Staat aktuell von 30 auf 40 Jahre erhöht. Bisher konnten lebenslänglich verurteilte Gefangene unter bestimmten Bedingungen nach 18 Jahren Haft entlassen werden. Jetzt gilt die Höchststrafe von 40 Jahren ohne die Möglichkeit der Herabsetzung. Davon betroffen sind vor allem ETA-Beschuldigte.

Zurzeit sind 190 baskische Gefangene von einer schweren Krankheit betroffen, das sind etwa 25% der baskischen Gefangenen. Sie müssen unbedingt raus aus dem Knast! Schwer erkrankte Gefangene müssen zwar nach spanischem Recht aus der Haft entlassen werden, aber in der Praxis sieht es meist so aus, dass sie erst 1 Monat bevor sie sterben ins Krankenhaus entlassen werden. Die Solidarität mit den politischen Gefangenen ist im Baskenland groß, es finden zahlreiche Demonstrationen für ihre Freiheit statt. In nahezu jedem Dorf gibt es Komitees, die sich um die Belange der politischen Gefangenen kümmern und Spenden sammeln. Im Juni 2009 wird es im Baskenland eine Konferenz zur Situation der politischen Gefangenen geben, zu der Rechtsanwältin Urizar herzlich einlädt.


Türkei: RA Selcuk Kozagacli (Vorsitzender des progressiven AnwältInnenverbandes)

Der Rechtsanwalt Selcuk Kozagacli berichtete über die repressive Situation in der Türkei. Folter ist in der Türkei zwar gesetzlich verboten, doch bleibt die angewandte Folter in der Türkei straffrei. Die Gerichte beziehen sich hierbei auf frühere Urteile, nach denen die Anwendung "angemessener" Gewalt in bestimmten Situationen legitim ist. Verwiesen sei hier auf die Anklagen gegen die 1615 Polizisten, die bei dem Gefängnismassaker im Jahr 2000 Waffen in die Gefängnisse geschmuggelt haben. Die Prozesse sind bis heute nicht eröffnet. Nach 10 Jahren - im Jahr 2010 - sind sie verjährt. Dies ist nur ein Beispiel von Hunderten. Die Aussicht auf Durchsetzung der elementarsten Menschenrechte auf juristischer Ebene sieht sehr schlecht aus, Folter und Morde sind politisch gewollt. Gesetze, die vor Folter schützen sollten, haben nur auf dem Papier Bestand. Wir müssen zurück zum Politischen kommen und gemeinsam auf internationaler Ebene gegen die kapitalistischen Verhältnisse kämpfen. Kein imperialistischer Staat, kein Gericht und kein Konzern hat ein Interesse daran, unsere Rechte durchzusetzen und zu schützen. Es sind gerade diejenigen, die unter dem Deckmantel humanistischer Interventionen Massenmorde betreiben, gegen die kurdischen Befreiungsbewegungen, im Irak oder in Afghanistan. Deshalb ist es absolut notwendig, durch politischen Kampf um Veränderungen und Gerechtigkeit zu kämpfen, seine Strukturen besser zu organisieren und die internationale Solidarität zu stärken.


III. Der Kampf und die Situation der politischen Gefangenen international

Gaza, Palästina: Vertreterin der "Developmental Women Studies Association"

Durch eine Videoschaltung konnten wir die Ablehnung des Visums durch die Besatzungsmacht Israel von Dr. Mariam Abu Daqa, der Vorsitzenden der "Developmental Women Studies Association", durchbrechen. Diese Organisation unterstützt aus der Haft entlassene Frauen, die häufig gesellschaftlich ausgegrenzt werden. Durch finanzielle Hilfe, Therapiemöglichkeiten und Unterricht unterstützen sie die Frauen. Sie machen Übergriffe in Gefängnissen öffentlich und versuchen durch Anwälte auf juristischer Ebene Rechte durchzusetzen.

In Gaza lebt die Bevölkerung in einer außerordentlichen Situation. Sie sind von See, der Luft und dem Land belagert - es gleicht einem riesigen Gefängnis. Es gibt momentan mehr als 11.000 politische Gefangene. Rechte, die den PalästinenserInnen auf internationaler Ebene zugesichert wurden, brechen nach und nach weg. Das passiert in der Stille der Welt. Die "offizielle Welt" unterstützt die israelische Apartheidpolitik und gibt ihnen Rückendeckung. "Was mit uns gemacht wird, kann sich wirklich niemand vorstellen". Es gibt insgesamt 70.000 Freigelassene, Dr. Daqa ist eine von ihnen. Sie kennt die Situation der Gefangenschaft in den israelischen Knästen und die Situation nach der Haft als Frau sehr gut. Kinder werden in den Gefängnissen geboren und von ihren Müttern getrennt. Frauen werden vergewaltigt, regelmäßig verprügelt und durch sexuelle Bedrohungen versucht zu erpressen. Verbote auf Toilette gehen zu können, Schlafentzug, Ausdrücken von Zigaretten auf ihren Körpern, Schläge, schlechte medizinische Versorgung gehören zum Alltag. Innerhalb der Gefängnisse gibt es keine Möglichkeiten für Ausbildung und Studium, aber dafür Zwangsarbeit. Wer diese verweigert, hat mit schlimmen Konsequenzen zu rechnen. Viele Frauen werden nach ihrer Entlassung von ihren Familien nicht mehr akzeptiert und ihre Ehemänner verlassen sie. Als Folge sind viele Frauen desillusioniert und haben starke psychische Probleme.

Um therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, fehlt ihnen das Geld. Die Autonomiebehörde kümmert sich nicht darum. Durch die fehlende Ausbildung und der psychischen Zermürbung können viele dieser Frauen nicht mehr arbeiten. Die ohnehin sehr hohe Arbeitslosigkeit ist unter den freigelassenen Gefangenen besonders gravierend. Diese Frauen, die im Knast so gelitten haben, wollen kämpfen, bis Palästina unabhängig ist. Sie wollen im Kampf gegen die Besatzung so einig sein, wie in den Gefängnissen und grüßen ihre Brüder und Schwestern im Irak, Afghanistan, Libanon und überall auf der Welt, die für Gerechtigkeit kämpfen.


3. Tag / Sonntag, 21. Dezember 2008

London, Großbritannien: Moazzam Begg, Ex-Gefangener aus Guantánamo

Moazzam Begg ist einer von neun britischen Muslimen, welche in außergerichtlicher Haft in Guantánamo festgehalten wurden. Er selbst war von Januar 2002 bis Januar 2005 Gefangener der amerikanischen Streitkräfte. Er wurde zum Symposium eingeladen, durfte jedoch Großbritannien nicht verlassen. Über eine Videoschaltung konnte er über die Hintergründe, die Umstände seiner Haft und der Folter während seiner Gefangenschaft in Bagram und Guantánamo berichten. Mitte 2001 zog Moazzam mit seiner Familie nach Kabul in Afghanistan, um sich seinen Traum vom Aufbau einer Schule zu erfüllen. Er unterrichtete Mädchen und Jungen im Grundschulunterricht. Als im Oktober 2001 der Krieg begann, floh er mit seiner Frau und seinen 3 Kindern zu Familienangehörigen nach Islamabad, Pakistan, um sich vor den Angriffen zu schützen. Dies ist auch der Ort, an welchem er im Januar 2002 vermutlich durch Mitarbeiter des pakistanischen Geheimdienstes ISI und der amerikanischen CIA verschleppt wurde. Sie zogen ihn mitten auf der Straße ins Auto, bedrohten ihn mit Waffen und fesselten ihn. Sie brachten ihn nach Kabul, in die US-Airbase Bagram, wo er ein Jahr lang festgehalten wurde. Dann verschleppten sie ihn weiter nach Guantánamo. In dieser ganzen Zeit erhielt er weder eine gerichtliche Verfügung, noch einen Prozess, eine Anklage oder Beweise. Bei der Stürmung eines mutmaßlichen Ausbildungscamps von Al-Qaida sollen Belege gefunden worden sein, die eine Kontobewegung zwischen London (Moazzam) und Pakistan beweisen würden, welche jedoch nie vorgelegt wurden. Jeder Gefangene in Guantánamo gilt als mutmaßliches Mitglied von Al-Qaida oder der Taliban und so war das auch bei ihm. Moazzam berichtete über die Folter, die er erlebt und gesehen hat. Die 500 Jahre alte Praxis des "Waterbording" wurde permanent angewandt, um Aussagen zu erpressen, die die Geheimdienste "hören wollten". Auch andere Methoden, wie stundenlanges Fesseln, stundenlang eine Haube über dem Kopf, Abrasieren der Haare und gezwungenes Nacktsein usw. gehörten zum Alltag. Er sah Mitgefangene durch Schläge sterben. Einmal haben sie ihm ein Bild von seiner Frau und seinen Kindern gezeigt, während im Nebenzimmer eine Frau vor Schmerzen schrie, welche durch Folter ausgelöst wurden. Sie meinten, dass es seine Frau sei.


Kuba: Vertreterin der kubanischen Botschaft über "The Cuban Five":

Die Befreiung der Cuban Five, die seit dem 12.09.98 in US-amerikanischen Gefängnissen gefangen gehalten werden, ist in Kuba ein wichtiges Thema. Die Cuban Five wurden lange und in massiver Isolationshaft gehalten; 2 von ihnen haben seit 10 Jahren ihre Familien nicht mehr sehen können. Ihre Gefangenschaft steht im Kontext mit den konterrevolutionären Bestrebungen der USA gegen Kuba. Seit der Revolution war Kuba Ziel von 713 Terrorakten der USA, bei denen 3478 Menschen starben und 2099 Menschen schwer verletzt wurden. Die bekannten Verbrecher, welche die Attentate und Terrorakte ausführten, laufen in den USA frei herum. Davon wird bis heute nicht geredet. In den 90er Jahren kam es zum Zusammenbruch des sozialistischen Systems. Da Kuba mit der Sowjetunion eine wichtige ökonomische Zusammenarbeit gepflegt hatte, mussten neue Wirtschaftsformen gefunden werden. Eine Form war die Entwicklung des Tourismus. Aufgrund von steigenden Einwanderungszahlen in Kuba und einer steigenden Anzahl von Touristen wurden diese Strukturen sabotiert und angegriffen. Es kam zu Attentaten auf Hotels, Restaurants, zu einem Bombenanschlag in Havanna und zum Mord an einem italienischen Touristen (Fabiott).

In diesem Zusammenhang war es für Kuba absolut notwendig, Maßnahmen gegen die Anschläge zu ergreifen. Die fünf Kubaner unterwanderten eine exilkubanische Gruppe in Südflorida, welche Terroraktionen gegen Kuba plante, um ihre Pläne aufzudecken. Die gesammelten Informationen wurden Präsident Clinton übergeben. Anstatt den Infos nachzugehen und die Verantwortlichen zu suchen, suchte das FBI nach der Quelle der Informationen. Es kam zu einem 6 monatigen Schauprozess in Florida gegen die fünf Kubaner. Während des Prozesses wurde ihnen der Vorschlag unterbreitet, dass sie eingestehen sollen, sie hätten Aktionen gegen die "Nationale Sicherheit der USA" geplant, was sie verweigerten. Sie wurden trotz fehlender Beweise und gegenteiliger Zeugenaussagen hoher Militärs in allen Punkten der Anklage für schuldig gesprochen. Im Dezember 2001 wurden sie zu bis zu zweimal lebenslänglichen Strafen verurteilt und auf 5 verschiedene, weit über die USA verstreute, Hochsicherheitsgefängnisse verteilt.

Es wurde aktuell eine weitere Überprüfung des Falles gefordert.


Irland: Josephine Hayden, Republican Sinn Fein

Josephine Hayden ist die Generalsekretärin der Republican Sinn Fein und Leiterin des Gefangenen-Referats der Partei. Sie selbst saß 5 Jahre als politische Gefangene in Limerick in Haft. Dort erlebte sie einen Herzinfarkt. Der Krankenwagen brauchte eine Stunde, um zum Knast zu kommen. Unter miserablen Bedingungen wurde sie behandelt. Aber sie lebt. Die Geschichte ihres Landes ist eine Geschichte konstanten Widerstands gegen die britische Besatzung, welcher bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Dies zeigt sich natürlich auch an den unzähligen politischen Gefangenen in der Geschichte Irlands - bis heute. Josephine berichtete über die Hungerstreiks - ein Kampfmittel der politischen Gefangenen mit weit reichender geschichtlicher Kontinuität. 1917 starb der erste Gefangene im Hungerstreik: Thomas Ashe. Seit dem Jahre 1917 starben in Irland 22 politische Gefangene im Hungerstreik für ihre Rechte. Die bekanntesten Hungerstreiks der irischen politischen Gefangenen sind jene, die ab 1980 in den H-Blocks geführt wurden. Sie wurden begleitet mit der Verweigerung, Gefängniskleidung zu tragen (Deckenstreik). Im Hungerstreik 1981 in den H-Blocks starben u.a. Bobby Sands und Michael Devine. Der Tod der GenossInnen im Hungerstreik war ein unglaublich hoher Preis, um den politischen Status zu erlangen. Nach 17 Jahren wurde dieser durch das allgemein bekannte Karfreitagsabkommen wieder aufgehoben - und dies trugen auch Leute, welche damals im Hungerstreik in den H-Blocks kämpften. Die Republican Sinn Féin unterstützt die Continuity-IRA-Gefangenen in Maghaberry und Portlaoise, sie teilen gemeinsam das Ziel und Ideal einer sozialistischen Republik aus allen 32 Counties.

Die republikanischen Gefangenen in Maghaberry erheben derzeit Forderungen nach Bewegungsfreiheit, dem Ende der ständigen Kontrollen bei Aufenthalten außerhalb der Zellen, dem Recht auf jederzeitige Weiterbildung, getrennte Besuchsmöglichkeiten und dem Recht auf die Organisierung eines eigenen Flügels.

Als zusätzliche Aktionen und Aktivitäten fanden am Sonntag noch ein internationales Konzert und am Montag eine Presseerklärung und eine Kundgebung statt.


Rote Hilfe Ortsgruppe Magdeburg & Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen


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Nachruf

Am 10. November 2008 ist Harold H. Thompson im 66. Lebensjahr für immer gegangen. Ein kurzes Lebewohl, dear Harold, von einem "anarchist comrade", der sich Dir solidarisch gefühlt hat und Dich nicht grußlos ziehen lassen mag.

Von Harold, der seit 1978 in den USA gefangen war, weiß ich durch einen Briefwechsel, der vor etwas mehr als 5 Jahren begann, wie auch durch ein Booklet, das Harolds Lebenslauf sowie etliche seiner Texte und Gedichte enthält. Jenes Booklet haben Freunde von Harold in GB zusammengestellt, unter dem Titel "Sie können uns nicht alle kriegen!" ist auf Deutsch erhältlich, siehe www.freespace.virgin.net/simon, russell/index.htm. Über einen brutalen Überfall seitens einer zur "Aryan Brotherhood" gehörenden Gruppe von ca. 5 Gefangenen im Jahre 2004 hat das "Gefangenen Info" damals berichtet. Harold wurde angemessene medizinische Versorgung vom Knast verweigert, und es war jener Überfall offensichtlich nicht ohne Beihilfe von Vollzugsbeamten möglich gewesen. Glück im Unglück, blieb außer einem steifen Finger nichts zurück, doch verlor Harold durch eine sich anschließende Verlegung in einen anderen Knast die ihm höchst wichtige Aufabe als "Knastanwalt", das ist eine in den USA gesetzlich verankerte Selbsthilfeeinrichtung im Dienste der Gefangenen, die in vollzuglichen Angelegenheiten Gerichte anrufen wollen.

Harold wurde in den frühen 60er Jahren Anarchist. Nach Verwundung aus dem Militärdienst ausgeschieden, schloss er sich den "Vietnam-Verteranen gegen Krieg" an. In einer Zeit großer Militanz - zum Beispiel griffen selbst Hippies anfänglich nicht zu Drogen, sondern zu Waffen - führte sein Lebensweg bald schon in den Untergrundkampf mit der Folge kleiner und größerer Haftstrafen. Faktisch lebenslange Haft, da Bewährung frühestens nach 40 Jahren, trug ihm der gewaltsame Tod eines Polizeiinformanten ein, welcher Harolds Frau umgebracht hatte und anschließend drohte, dasselbe auch mit einem Tatzeugen zu tun, mit einem von Harolds Kindern. Augenscheinlich ohne Beweise wurde Harold, der die Tat bestritt, wegen Ermordung jenes Killers verurteilt, hinzu kamen Strafen wegen Untergrundaktionen und erst später, in Haft, wegen eines bewaffneten Ausbruchsversuchs - zusammen über 100 Jahre.

Während der Haft schloss sich Harold der Tierrechtsbewegung an, welche vom FBI später zur "größten terroristischen Bewegung der USA aus dem Innern" hochdramatisiert werden sollte (zu letzerem siehe den Beitrag "Kriminalisierung der Tierrechtsbewegung als Testfall für Repression" in der Ausgabe 4/2008 der Zeitung "Die Roten Hilfe", Seite 61ff).

Warum Harold sich der Tierrechtsbewegung angeschlossen hat? Er hat sich dazu nicht geäußert. Vermutlich, weil Tiere und Kinder gemein haben, nicht stundenlang stillesitzen zu können: Teacher, leave thy kids alone! Zurichtung, Lohnarbeit, Untertan und Staat wurzeln an einem Orte, der allgemein viel zu hoch geschätzt wird, um ihn anders als gleichnishaft angreifen zu können. Tatsächlich wohl werden Zwangsanstalten für Tiere sowie die für kleine Menschen gemeinsam oder niemals fallen. Der Kampf gegen die einen ist gleich dem gegen die anderen Käfige.

Harold würde ob solch strammer Analyse vergnügt gewesen sein. Schaut in den nachtschwarzen Himmel auf, dann seht ihr ihn, da, jenen ruhig und kraftvoll funkenden Stern! Er fehlt hier...

Werner Braeuner


I want freedom.
to live,
freedom,
so I can give.
(Jimi Hendrix in 'Freedom')

Geschrieben am 8.2.2009 von Werner Braeuner, JVA Sehnde


Promise

We stand as the world's class of the wretched.
Oppressed, hungry we are the downtrodden working class.
It's true that we make the bulk of the imprisoned
but this horrendous situation will not last!
Our class will one day tire of capital's throwaway prey
and with determination, rise in anger from our knees to fight.
Our sheer force of numbers will rule such a glorious day,
as we seize back what has always been ours by right!
For lust of profit the monsters of capital pollute land and sea.
They profit from our sweat, laugh at us, rob us of our day.
At the ultimate insult they dirty the very air which we breathe!
But to me one fact is crystal clear,
when our revolution starts, they'll all be anarchist prey!

27 June 96


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Folterprozess in Istanbul

Türkei / Istanbul. Der Prozess wegen dem Foltertod von Engin Ceber, welcher am 28. September 2008 (während einer Kundgebung für den von der Polizei angeschossenen Ferhat Gercek) festgenommen und unter Folter am 10. Oktober 2008 ermordet wurde, setzte sich am 4. März 2009 fort.

Das Rechtsbüro des Volkes (HHB) hatte bereits vor Prozessbeginn darauf hingewiesen, dass die Folterer in der Vergangenheit immer straffrei davongekommen seien. Die mediale Öffentlichkeit und der folgende Skandal, der kurz nach der Ermordung Cebers zum Aufschrei führte, zwangen die Regierung dazu, Konsequenzen daraus zu ziehen. Der Prozess, der am 21. Januar 2009 begann und bei dem 6 der 50 Angeklagten in Untersuchungshaft sind, setzte sich mit der Vernehmung der inhaftierten Angeklagten fort, welche abstritten, gefoltert zu haben aber zugaben, dass Engin und seine Freunde Widerstand geleistet hätten. Der Senat entschied u.a., die Untersuchungshaft fortzusetzen, 4 soziale Gefangene als Zeugen zu vernehmen, die Aussagen des Zeugen Tuncay Özkan (welcher die Folter gehört haben soll) zuzuziehen und die Kameraaufzeichnungen bei der nächsten Verhandlung anzusehen.

Im Anschluss an die Verhandlung erklärte RA Taylan Tanay im Namen der Verteidigung die Senatsbeschlüsse und fügte an, dass der Senat aufgrund der Verteidigerkritiken zurücktreten werde und möglicherweise ein anderer Senat für den folgenden Verhandlungstag am 15. April 2009 zuständig sein werde.

www.enginceber.org


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Strafanträge im PC p-m Prozess

Italien / Mailand. Der Prozess gegen die Kommunistische Partei politisch-militärisch (PC p-m) nähert sich dem Ende. Der Prozess begann am 12. Dezember 2007 gegen 17 GenossInnen, welche im Rahmen einer groß angelegten Razzia in Italien und der Schweiz mit über 500 beteiligten Polizisten am 12. Februar 2007 verhaftet wurden.

Verhaftet wurden aktive BasisgewerkschafterInnen, StudentInnen und Militante aus der Antikriegsbewegung und dem politischen Widerstand. Ihnen wird die Konstituierung der politisch-militärischen kommunistischen Partei (PC p-m) in Italien und die Herausgabe der illegalen Zeitschrift Aurora vorgeworfen. Der Repressionsschlag richtete sich sowohl gegen die PC p-m als auch die kommunistische Bewegung im Allgemeinen. Erwartungsgemäß führten die Gefangenen und die in der Schweiz unter Hausarrest gesetzte Genossin den Prozess politisch offensiv und legten in Erklärungen ihre politischen Inhalte und Konzepte dar. In unserer Ausgabe dokumentierten wir bereits eine Erklärung der PC p-m.

Laut Meldung der Kommission für eine Rote Hilfe International habe die Staatsanwaltschaft nun Strafanträge gestellt; folgend die Meldung:

Heute hat die pm Ilda Boccassini folgende Strafanträge gestellt: Alfredo Davanzo (19 Jahre); Davide Bortolato (22 Jahre, 50 tausend Euro Busgeld); Bruno Ghirardi (20 Jahre, 50 tausend Euro); Vincenzo Sisi (21 Jahre, 50 tausend Euro); Claudio Latino (22 Jahre, 50 tausend Euro); Massimiliano Gaeta (18 Jahre, 30 tausend Euro); Alfredo Mazzamauro (7 Jahre); Amarilli Caprio (6 Jahre); Alessandro Toschi (6 Jahre, 8 Monate); Massimiliano Toschi (15 Jahre, 20 tausend Euro); Salvatore Scivoli (9 Jahre, 15 tausend Euro); Federico Salotto (6 Jahre); Andrea Tonello (6 Jahre, 6 Monate, 20 tausend Euro); Giampietro Simonetto (2 Jahre); Davide Rotondi (5 Jahre); Michele Magon (6 Jahre); Andrea Scantamburlo (7 Jahre).

Die Kommission ruft zur Beteiligung an einer internationalen Delegation auf. Dazu schreibt die Kommission:

Die Anwälte werden bis Ende April ihre Plädoyers halten und dann wird die Urteilseröffnung sein. Die Kommission für eine Rote Hilfe International mobilisiert auf eine internationale Delegation. Wer Interesse hat, sich anzuschließen, kann sich melden
unter: info@rhi-sri.org

Die internationale Klassensolidarität verstärken, aufbauen und verteidigen - Kapitalismus zerschlagen!

www.rhi-sri.org


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Kurzmeldungen:

Frankreich: Am 11.11.2008 kam es in dem Dorf Tarnac zu einer großangelegten Razzia, bei der neun Personen verhaftet wurden. Sieben wurden bislang freigelassen, zwei sitzen weiterhin in Untersuchungshaft. Ihnen wird die "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit terroristischen Zielen" vorgeworfen. Konkret werden ihnen Sabotageaktionen am Schienennetz der SNCF vorgeworfen, durch die der Zugverkehr gestört wurde und sich TGVs verspäteten.

Spanien: Spanien hat zwei Wahllisten der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung, D3M (Demokratie für drei Millionen) und Askatasuna (Freiheit), verboten an den Wahlen teilzunehmen. Des weiteren wurden der D3M jegliche Aktivitäten im Vorfeld der Wahlen untersagt. Darüber hinaus wurden sechs Personen festgenommen, die Stimmzettel für die D3M verteilt und Plakate aufgestellt hatten. Wenige Tage zuvor hatten schwer bewaffnete Einheiten der Guardia Civil ein soziales Zentrum mehr als 12 Stunden lang durchsucht und Stimmzettel und Wahlplakate von D3M beschlagnahmt.

Israel: Anfang Februar wurden 334 palästinensische Arbeiter in Israel mit der Begründung verhaftet, sie würden sich dort illegal aufhalten und arbeiten. Sie wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die Generalföderation der Gewerkschaften wird eine Internationale Solidaritätskampagne aus Solidarität mit den palästinensischen Arbeitern ins Leben rufen, in denen sie die sofortige Beendigung des unmenschlichen Verhaltens fordert.

Frankreich: Laut Angaben der französischen Polizei wurde Alexander Akarregi Casas, der der ETA zugerechnet wird, bei der Flucht vor einer Polizeikontrolle in Compeyre am 25.02.2009 verhaftet. Akarregi wurde am 1.03.2009 in Paris dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Ihm wird vorgeworfen, im Besitz von Waffen und Munitionen gewesen und zu sein und einen Wagen mit falschen Nummernschildern geführt zu haben. Akarregi wurde bereits im Jahr 2003 festgenommen und zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Bereits kurz zuvor wurde ein weiteres mutmaßliches Mitglied der ETA, Iurgi Mendinueta, verhaftet.


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International

Solidarität mit den revolutionären Gefangenen in Frankreich

"Sozialismus oder Barbarei! - Habt Mut zu kämpfen, habt Mut zu siegen!"
Georges Cipriani, politischer Gefangener aus Action Directe

Am 21. Februar 2009 versammelten sich ungefähr hundert Menschen vor dem Gefängnis in Ensisheim, um die Freilassung von Georges Cipriani und den anderen Gefangenen aus der Action Directe zu fordern. An der Aktion beteiligten sich u.a. das elsässische Kollektiv zur Freilassung der Gefangenen aus Action Directe, GenossInnen und FreundInnen der Gefangenen aus Action Directe Frankfurt und Paris, das Kollektiv für die Freilassung von Georges Ibrahim Abdallah, l'Internationale, NLPF, Solidarité et Liberté, Secours Rouge APAPC, Secours Rouge International, CNT, Lutte ouvrière, AktivistInnen aus Mulhouse, Straßbourg, Bordeaux, Clermont-Ferrand, Valence, Montreuil, dem Jura und GenossInnen aus Deutschland und Belgien.

Anlass war der 22. Jahrestag der Inhaftierung der GenossInnen aus der Action Directe Joëlle Aubron, Nathalie Ménigon, Jean-Marc Rouillan und Georges Cipriani.

Die Mindesthaftzeit der Action Directe Gefangenen von 18 Jahren ist am 21. Februar 2005 abgelaufen und seit 2005 könnte Georges Cipriani freigelassen werden. Nathalie Ménigon ist seit August 2008 auf Bewährung draußen. Joëlle Aubron bekam 2004 aufgrund schwerer Krankheit Haftverschonung. Sie starb im März 2006. Régis Schleicher ist seit 1984 bis heute im Knast, obwohl seine Mindesthaftzeit "nur" 15 Jahre ist. Bei Jean-Marc Rouillan, der seit Dezember 2007 im offenen Vollzug war, wurde dieser zurückgenommen.

In dem Kundgebungsaufruf "der GenossInnen und FreundInnen der Gefangenen aus Action Directe" heißt es, das es darum ginge "ähnlich wie in der BRD im Zusammenhang mit der RAF, eine öffentliche politische und historische Auseinandersetzung zu verhindern und Militante der Guerilla als Kriminelle abzustempeln". Des weiteren wird erklärt, dass "AD und RAF in den 70er und 80er Jahren gegen Imperialismus und Kapitalismus bewaffnet gekämpft" hätten und "die NATO als Instrument zur militärischen Durchsetzung imperialistischer Interessen ein strategischer Angriffspunkt" gewesen sei.

In mehreren Redebeiträgen auf französisch und deutsch wurde die Situation der politischen Gefangenen beschrieben. Es ging unter anderem um Jean-Marc Rouillan, Régis Schleicher und den Gefangenen aus der FARL (Bewaffnete Revolutionäre Libanesische Fraktionen) Georges Ibrahim Abdallah. Es wurde der Zusammenhang zu den Anti-Terrorismus-Gesetzen und der weiteren Inhaftierung von Julien Coupat hergestellt. Außerdem wurde dargestellt, welchen Zusammenhang es zwischen der Anti-Nato-Mobilisierung und dem Kampf gibt, für den die Gefangenen verurteilt wurden. Der Kundgebung folgte eine Demonstration rund um die Gefängnismauern, wo die Parolen "22 Jahre sind genug, lasst Cipriani frei", "Freilassung der Genossen aus Action Directe", "Hoch die internationale Solidarität!" und "Stein um Stein, Mauer um Mauer werden wir alle Gefängnisse zerstören!" gerufen wurden.


Adressen der Action Directe Gefangenen:

Georges Cipriani, 49, Rue de la 1ère armée,
F 68190 Ensisheim

Régis Schleicher, 9484, QI C.P. Clairvaux,
F 10910, Ville-sous-la Ferté

Jean-Marc Rouillan, 147575 D4043, CP
Marsaille, 230 Chemin de Morgiou, 13404
Marseille cedex 20, Frankreich


In einem Grußwort an die Kundgebung erklärte Georges Cipriani:

"Auch dieses Jahr kann ich euch nur eine kurze Botschaft schicken. Im Unterschied zum vergangenen Jahr kann man wohl sagen, dass man seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherheitshaft, das sich nach den am 28. Februar 2008 vom Justizministerium verkündeten Ausführungsbestimmungen vor allem gegen die zu lebenslänglich Verurteilten richtet, künftig nicht einzig wegen der Taten im Gefängnis ist, die man begangen oder auch nicht begangen hat, wegen dem warum man und zu was man verurteilt wurde, sondern auch wegen der Taten, die hinterlistig in der Zukunft zu begehen, man derzeit in der Lage wäre. Ein Beispiel dafür war u.a. vor kurzem der Widerruf des offenen Vollzugs unseres Genossen Jean Marc Rouillan im Oktober 2008 und dann die Inhaftierung von 5 jungen Autonomen in der Kettensache gegen die SNCF [auf Leitungsdrähte von Zügen waren Ketten geworfen worden].

Und was mich betrifft: Wenn Ihr 2009 erneut hier in Ensisheim seid, wenn ich also immer noch im Gefängnis bin - trotz meines Antrags auf bedingte Freilassung vom November 2007 und jenseits aller Fristen zur Prüfung des Antrags - dann wegen meines aktuellen Beitrags zu einer historischen Legitimität des bewaffneten Kampfs durch meinen weiteren Widerstand gegen die Erpressung des Einsperrens an der Schwelle zum 23. Jahr meiner Inhaftierung. Und nicht mehr wegen der Taten, die ich vor mehr als 22 Jahren begangen haben mag oder nicht. Nun sagen sie Euch wohl, der Grund für die nächste Inhaftierung von jemand wird offensichtlich von dem abhängig sein, was man derzeit an Signifikantem für die Zukunft denkt und damit begeht - und wenn es nur das wäre, dass man sich hinter hartnäckigem Schweigen verschanzt gegenüber den Polizeikräften, gegenüber den Kräften der Inquisition, die heute das Recht der Macht über die Freiheit, über Eure Freiheit haben!

Denn Freiheit ist in der Tat eine Machtfrage, eine Frage, derer man sich bemächtigen muss, eine Macht, die man sich aneignen und organisieren kann und ich fordere Euch deshalb auf, davon ganz bewußt und mit gutem Gewissen Gebrauch zu machen, so dass Ihr derzeit frei sein könnt, in Euren Worten wie in Euren Taten, indem Ihr Euch freiwilliger Knechtschaft verweigert. Ihr könnt es, denn ich meinerseits nehme diese Freiheit, um von ihr Gebrauch zu machen, ja, von hier aus, von drinnen, aufzudecken, wer / was wem Fesseln anlegt und ebenso wer / was entfesselt und aus welchen Gründen sich das realisiert, wie auch, was der Weg und die Form des Kampfes ist, der notwendig ist, um uns allen zusammen die gesellschaftliche Macht zu verschaffen, um kollektiv als Einzelner frei zu sein!

Diese Grußbotschaft ist natürlich auch ein Aufruf an diese Versammlung, unsere Freiheit vor dem Gefängnis von Ensisheim, gegenüber der Strafvollzugsbehörde und dem Justizministerium zu demonstrieren wie auch gegenüber der Politik der Verachtung, wie sie von der Herrin Rachida Dati [Justizministerin Frankreichs] praktiziert wird!

Den Markttotalitarismus des von der Nato gestützten Kapitals niederwerfen!
Sozialismus oder Barbarei! - Habt Mut zu kämpfen, habt Mut zu siegen!"

http://www.action-directe.net/
http://linter.over-blog.com/
http://liberonsgeorges.over-blog.com/


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Feuilleton

Die letzte Seite des Gefangenen Infos wollen wir - neben der vierteljährlichen Veröffentlichung von Gefangenenadressen - dazu nutzen, Zeichnungen und Gedichte aus den Knästen bekanntzumachen. Wir möchten alle gefangenen Leserinnen und Leser dazu animieren, ihre Kunst an unsere Redaktion zu schicken. Darüber hinaus soll der Feuilletonteil dazu dienen, die neuesten Bücher, Filme, CDs usw. zum Thema Knast und Repression vorzustellen.


Buch

Neu erschienen: Erfahrungen der Jailhouse Lawyers

2,3 Millionen Gefangene sitzen derzeit in den USA im Gefängnis. Viele von ihnen leben und arbeiten im gefängnisindustriellen Komplex. Obwohl in den letzten 30 Jahren die Gefangenenzahlen durch neokonservative Strafdiskurse, entsprechende Gesetzesänderungen und ein großes Interesse privater Firmen explosionsartig angestiegen sind, gibt es wenig Untersuchungen über dieses Phänomen, die sich dabei nicht auf staatliche Statistiken stützen.

Das im April erscheinende Buch von Mumia Abu-Jamal, selbst ein politischer Gefangener im Todestrakt von Pennsylvania, ist eines der wenigen Bücher, die dieses Phänomen nun aus der Sicht eines Gefangenen untersucht. Er schreibt über die Kämpfe von Gefangenen innerhalb des gefängnisindustriellen Komplexes sowie über die Rolle sozialer Bewegungen für diese Kämpfe und beleuchtet deren Rollen sowohl historisch als auch aktuell. Mumia beleuchtet vor allem die Arbeit der Gefangenen, die aufgrund mangelndem juristischen Beistand für sich selbst und für die Mitgefangenen juristisch aktiv werden. ("Jailhouse Lawyers")

Mumia Abu-Jamal: "Jailhouse Lawyers Prisoners Defending Prisoners v. the U.S.A."
City Lights Verlag ISBN-10: 0872864693


Soli-CD

Out Of Control - Ein Solisampler in 4 Akten

Im Januar erschien auf dem Label "Twisted Chords" mit "Out of Control" ein Soli-Sampler, dessen Gewinn für die Soliarbeit zum Prozess gegen die in Berlin angeklagten Antimilitaristen gespendet wird.

Der Sampler umfasst neben 3 Musik-CDs mit 60 Bands aus aller Welt auch eine Daten-CD mit nützlichen Programmen, Videos und Anleitungen rund um die Themen E-Mail-Verschlüsselung, Datenträgerverschlüsselung und Anonymität & Sicherheit im Netz, wie auch am eigenen PC. Im Booklet finden sich Texte und Infomaterial zu den Themen Knast, Antimilitarismus, Datenschutz, Repression und natürlich auch zu den aktuellen Prozessen in Berlin.

Zu bestellen bei: "Twisted Chords" - Bestellnr. : 31-268


Film

Hunger: Verfilmung von Bobby Sands Kampf

'Hunger', der erste Film des britischen Regisseurs Steve McQueen, gewann beim europäischen Filmfestival von Cannes 2008 die Goldene Kamera. Es ist eine kraftvolle und nahe gehende Darstellung des Hungerstreiks von 1981, in dessen Verlauf Sands und neun weitere Männer starben.

'Hunger' zeigt das Leben im Gefangenenlager Long Kesh und die mit den 1981 stattgefundenen IRA/INLA Hungerstreik zusammenhängenden Ereignisse. Das Drama handelt hauptsächlich von den Erfahrungen im Gefängnis von Bobby Sands, einem 27jährigen Belfaster und Mitglied der IRA, angeklagt des Waffenbesitzes und zu 14 Jahren Haft verurteilt. Sands starb am 5. Mai im Alter von 27 Jahren nach 66 Tagen im Hungerstreik. Er war der erste von zehn irischen Gefangenen, die 1981 im Hungerstreik starben. Sie kämpften für die Wiedererlangung des politischen Status ("Special Category Status") für gefangene Mitglieder der IRA und INLA in britischen Gefängnissen. Der politische Status wurde letztendlich am 3. Oktober 1981 wiedereingeführt, aber erst, als Sands und neun weitere Männer im Hungerstreik gestorben waren.

Hunger, IRL 2008, R: Steve McQueen, 92 min., OmU, ab 15 J.
(Kinostart in der BRD ist der 15. Mai 2009)



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Tag der politischen Gefangenen

18. März 2009

WIDERSTAND - REPRESSION - SOLIDARITÄT


Demo

21.3.09 - 13 Uhr

S-Bahn Schönhauser Allee
- Prenzlauer Berg -


Konferenz

21.03.09 - 15 Uhr

Haus der Demokratie
Robert-Havemann-Saal
Greifswalder Str. 4
Berlin

15.30 - 16.00: MG-Verfahren
16.00 - 16.30: Stammheim-129b-Verfahren
16.30 - 17.00: Mailand PCPM-Verfahren
17.15 - 17.45: Kolumbien
17.45 - 18.15: Baskenland
19.00 - 20.15: Podium-Antirep-Gruppen
20.30 - 21.30: Podiumsdiskussion


network for all political prisoners

www.political-prisoners.net
www.18maerz.de


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IMPRESSUM

Gefangenen Info
Februar/März 2009, Nr. 345

Das Gefangenen Info ist aus dem Angehörigen Info hervorgegangen,
welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 entstand.

HerausgeberInnen:
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und FreundInnen

V.i.S.d.P.:
Wolfgang Lettow c/o Stadtteilladen Lunte e.V.
Weisestraße 53, 12049 Berlin

Redaktionsanschrift:
Gefangenen Info, c/o Stadtteilladen Lunte e.V.
Weisestraße 53, 12049 Berlin
E-Mail: inforedaktion@political-prisoners.net
Internet: www.political-prisoners.net

Bestellungen: Einzelpreis: 1,50 Euro. Ein Jahresabonnement kostet 29,90 Euro (Förderabo 33,20 Euro), Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei Bestellungen ab 3 Stück 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung bzw. ein Formular für eine Einzugsvollmacht, die Sie uns bitte zurückschicken.

Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum des Absenders, bis es den Gefangenen ausgehändigt worden ist. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht persönlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.


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Quelle:
Gefangenen Info Nr. 345, Februar/März 2009
Redaktionsanschrift: Gefangenen Info, c/o Stadtteilladen Lunte e.V.
Weisestraße 53, 12049 Berlin
E-Mail: inforedaktion@political-prisoners.net
Internet: www.political-prisoners.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2009