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GEHEIM/270: MOSSAD - Mörder GmbH & Co KG


GEHEIM Nr. 1/2010 - 7. April 2010

Israel
MOSSAD - Mörder GmbH & Co KG

Eine Analyse von Michael Opperskalski und Abou Hassan


Als der Hamas-Funktionär Mahmud al-Mahbuh am 19. Januar sein Hotelzimmer in Dubai betrat, konnte er nicht ahnen, dass er es nicht mehr lebend verlassen würde. Wieder einmal schlug der berüchtigte israelische Geheimdienst MOSSAD zu, um sich der Widersacher des zionistischen Staates Israel im Ausland blutig zu entledigen.

Inzwischen ist es den Sicherheitskräften Dubais gelungen, 26 Personen zu identifizieren, die zum Mordteam gehörten. Sie nutzten für die Einreise in das Land europäische Pässe als Abdeckung und traten als Staatsbürger dieser Länder auf: 12 aus Großbritannien, 6 aus Irland, drei aus Frankreich und einer aus der BRD. Außerdem wurden noch 3 australische Reisedokumente eingesetzt. Berichtet wird gemeinhin, dass diese Pässe gefälscht wurden. Das ist nur zum Teil richtig, denn Tatsache ist, dass es sich bei einigen der Passdokumente um Blankopässe handelt, die dem israelischen Geheimdienst von westlichen Partnerdiensten für Geheimoperationen überlassen worden waren. Doch darüber später mehr.

Schon der Ablauf der Killer-Operation war klassisch. Die Größe des so genannten "Hit-Teams" beleuchtet die Arbeitsteilung: u.a. operative Sicherung des Terrains, Logistik und Kommunikation sowie die Mörder selber (wahrscheinlich drei). Gleiches gilt für den Ablauf: das Opfer wird verfolgt, ein geeigneter Moment abgewartet, im konkreten Fall betäubt und mit mehreren Schüssen aus schallgedämpften Handfeuerwaffen liquidiert. Danach verlässt das gesamte Team umgehend nicht nur den Tatort, sondern auch das Land auf getrennten Wegen (die Mitglieder des MOSSAD-Teams verließen Dubai in Richtung Israel via Europa und USA).


Eine Panne führte zu Enthüllungen

Diesmal lief jedoch etwas schief. Schon als die MOSSAD-Killer das Hotel in Dubai betraten, wurden sie von gut verdeckten Sicherheitskameras des Hotels bis zu jener Etage aufgenommen, auf der das Zimmer des palästinensischen Widerstandskämpfers lag. Mit Hilfe dieser Aufnahmen gelang es den Sicherheitskräften Dubais, das gesamte Team zu identifizieren. Das Land auf der arabischen Halbinsel ging jedoch noch weiter: es ging mit allen Informationen an die internationale Öffentlichkeit und veröffentlichte jeden Schritt seiner Ermittlungen. Der Grund für diesen sehr offensiven Schritt liegt auf der Hand. Dubai ist in den letzten Jahren zur Schaltstelle von Geheimdienstoperationen vor allem der CIA, des MOSSAD und des britischen MI6 geworden; sehr viele dieser Aktivitäten richten sich gegen den benachbarten Iran. Zu diesen schmutzigen Tricks der Geheimdienste gehören auch offen terroristische Aktivitäten gegen Teheran. Ganz offensichtlich möchte das Scheichtum am Golf nicht ungewollt in diesen gefährlichen Sumpf hineingezogen werden...

Die Öffentlichkeit der Hintergründe der blutigen MOSSAD-Mordaktion schuf jedoch auch Peinlichkeiten für jene Regierungen in Europa und die Australiens, deren Passdokumente vom Killerkommando benutzt wurden. Mehr noch - jene Länder waren als sichere Reiserouten vom "Hit-Team" auf dem Weg nach Dubai genutzt worden; aber auch zurück (mit der Ausnahme von zwei Kommandomitgliedern, die die Vereinigten Staaten als Fluchtroute nutzten). Jedenfalls protestierten die betroffenen Regierungen (mit Ausnahme der USA) pflichtgemäss, London wies sogar einen MOSSAD-Diplomaten aus und alle verbaten sich von Tel Aviv, künftig Reisedokumente ihrer Länder in irgendeiner Form bei Operationen des israelischen Geheimdienstes zu nutzen. Bei näherem Hinsehen erweisen sich diese Proteste jedoch als "heisse Luft", denn die enge operationelle Zusammenarbeit mit dem MOSSAD wurde weder in Frage gestellt, noch eingeschränkt oder gar eingestellt. Zudem geben einige operationelle Einzelheiten der Mordaktion wichtige Aufschlüsse über die enge und strategische Partnerschaft zwischen dem MOSSAD und seinen Freunden von der CIA, dem britischen MI6, dem französischen Dienst, den BND der BRD oder der CIA. Wie hätte zum Beispiel ohne eine solche Verbindung für ein zahlenmässig starkes Team so erstklassige Reisedokumente zur Tarnung der Teammitglieder mit schlüssigen Tarnungen besorgt werden können? Wie wäre ohne diesen Hintergrund geheimdienstlicher Kooperation eine abgesicherte Einreise und Ausreise über Europa organisiert werden können?


Enge Partnerschaft mit dem MOSSAD

Die enge Partnerschaft zwischen dem MOSSAD und dem bundesdeutschen BND kann da durchaus als "Musterfall" gesehen werden. Diese enge Verbindung hat eine lange Tradition. Nur einige Beispiele sollen dies anschaulich belegen.

Sicher ist der Hauptschwerpunkt der MOSSAD-Auslandsaktivitäten das arabische Ausland. Und dennoch gibt es gerade in diesem Zusammenhang enge Verknüpfungen mit der BRD. Eines der wichtigsten Zielländer ist dabei Syrien. Und eine nicht unbedeutende Koordinationsstelle für die gegen Syrien gerichteten MOSSAD-Aktivitäten ist Frankfurt/Main. In einem Städtchen in der Nähe der Rhein-Main-Metropole residieren geheime Kader der antisyrischen "Moslembruderschaft". Vor allem befindet sich in Frankfurt (sowie in Objekten im Umkreis der Stadt) und unter der Tarnung der dort stationierten US-amerikanischen Streitkräfte einer der wichtigsten technischen CIA-Stationen. Dutzende von Mitarbeitern beschäftigen sich dort in erster Linie mit geheimdienstlichen Einsätzen im Nahen Osten. Beleg hierfür ist der gefälschte bundesrepublikanische Paß auf den Namen Markus Schneider, der für den im Iran 1979 aktiv gewesenen CIA-Agenten O'Keefe ausgestellt worden war. Wie die Begleitpapiere dieses Passes ausweisen, war das Falsifikat von der technischen Abteilung der CIA in Frankfurt hergestellt worden.

"Frankfurt ist einer der wichtigsten Außenstationen des amerikanischen Geheimdienstes", bestätigt ein ehemaliger CIA-Angehöriger. Und hier steigen auch regelmäßig MOSSAD-Emissäre ab.

Am 26. April 1979 hielten drei Palästinenser mit ihrem Wagen an einer roten Verkehrsampel im Westberliner Stadtteil Moabit, als plötzlich mehrere Polizeiautos den roten Mercedes des Trios umstellten. Man habe, so die offizielle Verlautbarung, mit der Verhaftung der drei einen Terroranschlag verhindert, Kopf der Gruppe sei ein gewisser Hassan al-Harti.


Al-Harti ein Mann des MOSSAD

Für die [ver]öffentlichte Meinung in der Bundesrepublik [stand fest], dass dahinter der "Terror der PLO" stehe. Tatsächlich verhielt es sich jedoch ganz anders.

In Wirklichkeit war Hassan al-Harti ein Agent des israelischen Geheimdienstes MOSSAD. Er war bereits in der Vergangenheit wegen Spionage für Israel im Libanon verurteilt worden. Seine Eltern sind israelische Staatsangehörige. Zeugen wollen in al-Hartis Wohnung in Westberlin neben zwei libanesischen Pässen auch einen israelischen gesehen haben.

Der MOSSAD-Agent al-Harti hatte die Aufgabe, junge Araber für Terroranschläge in der Bundesrepublik anzuwerben, um der PLO in Westeuropa zu schaden. Zugleich sollte er versuchen, die palästinensische Befreiungsorganisation zu infiltrieren. Seither steht al-Harti, der nach Israel abtauchte und dort vermutlich eine neue Identität bekam, auf der Fahndungsliste der PLO.

Al-Hartis Abtauchen nach Israel genoß zumindest die stillschweigende Unterstützung der bundesrepublikanischen Sicherheitsbehörden. Bereits am 10. Mai 1979 wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen, allerdings mit der Auflage, sich zweiwöchentlich bei der Polizei zu melden. Am 15. Mai stellte der beurteilte al-Harti dann einen Antrag, von der Meldepflicht entbunden zu werden, um seine Tochter in der Nähe von Stuttgart besuchen zu können. Dieser Antrag wurde mit auffälliger Eile von einem "besonderen Wachtmeister" durch die verantwortlichen Amtsstuben getragen und schnell genehmigt. Am 25. Mai schließlich reiste al-Harti mit einem seiner libanesischen Reisepässe, der ihm zuvor von den Behörden ausgehändigt worden war, von West-Berlin aus in die Bundesrepublik und verschwand. Man möge sich vorstellen, jedem anderen des Terrorismus verdächtigten würde diese Behandlung zuteil, die Gefängnisse in der Bundesrepublik wären recht schnell um einige Insassen ärmer. Es drängt sich also ganz logisch der Verdacht auf, dass al-Harti offiziell und in Absprache mit den Israelis die Möglichkeit gegeben wurde, abzutauchen. Damit wurden den Deutschen wie den Israelis möglicherweise peinliche Enthüllungen während eines Prozesses erspart.

Dies wird auch durch die weitere Entwicklung erhärtet. Wenig später reisen die Agenten des israelischen Geheimdienstes in die Bundesrepublik ein, um die in den Gefängnissen verbliebenen Araber zu verhören, zum Teil ohne Aufsicht bundesrepublikanischer Behörden. Offiziell wurde wenig später zugegeben, dass man in Israel um "Dolmetscher" nachgesucht habe!


Rekrutierung von Asylbewerbern

Interessante Indizien verdichten sich, dass der israelische Geheimdienst über sensible Informationen aus Asylverfahren in der Bundesrepublik verfügt und damit in die Lage versetzt wird, Araber, die sich in Asylverfahren in der Bundesrepublik befinden, zu rekrutieren. Hierfür unterhält er so genannte "sichere Objekte" unter anderem in und um München, Berlin oder Frankfurt. Dies könnte ohne eine engste Zusammenarbeit mit dem BND und anderen Sicherheitsbehörden der BRD nicht funktionieren.

Als der Chef des iranischen Geheimdienstes Fallahian im Oktober 1983 Deutschland besuchte und sich mit dem damaligen Koordinator der bundesdeutschen Geheimdienste im Bundeskanzleramt Werthebach sowie den Chefs von BND und Verfassungsschutz traf, waren zumindestens auch indirekt und zeitweilig Spezialisten des israelischen Geheimdienstes MOSSAD zugegen. Während einiger der deutsch/iranischen Gespräche im Bundeskanzleramt saßen in einem anderen Raum - und nur mit einer abhörsicheren Kommunikationseinrichtung mit den deutschen Teilnehmern der illustren Runde verbunden - MOSSAD-Agenten.

Eine ganz neue Dimension bekamen MOSSAD-Aktivitäten mit bundesdeutschem Bezug durch ein brisantes Buch mit dem Titel "Geheimakte MOSSAD - Die schmutzigen Geschäfte des israelischen Geheimdienstes." Der Autor, der Ex-MOSSAD-Offizier Victor Ostrowsky, behauptet, sein ehemaliger Arbeitgeber habe den CDU-Politiker Uwe Barschel umgebracht. Hintergrund für diese Operation seien geheime Waffengeschäfte, die während des iranisch/irakischen Krieges zwischen Teheran und Tel Aviv abgewickelt worden seien. Einige dieser Geschäfte sollten zur Tarnung über Häfen in Schleswig-Holstein, dem Bundesland, wo Barschel ehemals als Ministerpräsident regierte, führen. Laut Ostrowsky lehnte dieser den Deal jedoch ab. Daher setzte der israelische Geheimdienst Reiner Pfeiffer an, um mit dessen Hilfe Barschel in schmutziger Tricks gegen die SPD-Opposition und deren Spitzenkandidaten Björn Engholm zu verwickeln. Als Barschel im Zuge der "Waterkantgate"-Enthüllungen drohte, auszupacken, lockte der MOSSAD Uwe Barschel - so Ostrowsky - nach Genf und brachte ihn dort um. Für diese in der Tat "heiße Geschichte" gibt es bisher nur die Aussage des ehemaligen MOSSAD-Agenten. Interessant ist jedoch, dass inzwischen neue medizinische Gutachten die verbreitete These von einem Selbstmord Uwe Barschels mehr als in Frage stellen; die Familie des CDU-Politikers ging jedenfalls von Anfang an von einem Mord aus...


Hintergründe von "Gerhard Conrad"

Ein jüngerer Fall geheimdienstlicher Zusammenarbeit zwischen MOSSAD und BND kann die Rolle des BND-Agenten "Gerhard Conrad" [beleuchten]. Dieser gilt innerhalb des BRD-Auslandsgeheimdienstes als Nah-Ost-Experte, spricht fließend Arabisch. Deshalb wird er gerne in der Region dort eingesetzt, wo es "brennt". So war er eine Schlüsselfigur bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hezbollah, die in einem Gefangenenaustausch 2008 endeten sowie den ebenfalls indirekten Verhandlungen, die zum Ziel haben, den von der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas festgehaltenen israelischen Soldaten Schalit auszutauschen. Zwischen 1998 und 2001 ist er Resident des BND in Damaskus gewesen (seine Ehefrau arbeitet ebenfalls für die "Firma"). Dort war es ihm gelungen, wichtige Kontakte in Syrien und im Libanon zu knüpfen, sogar syrische Sicherheitsbeamte zu rekrutieren. Einige seiner Aufgaben waren es auch, sensible Informationen nicht nur über die Sicherheitskräfte Syriens, sondern auch über palästinensische Widerstandkämpfer wie Hamas, Islamischer Dschihad oder PFLP, vor allem auch die libanesische Hisbollah oder iranische Aktivitäten zu sammeln. Diese Informationen gingen an die BND-Zentrale und von dort zum MOSSAD wie auch dem CIA.

Im Februar 2008 wurde der Hisbollah-Führer Imad Mugniyeh in Damaskus in einer gemeinsamen Operation mit einer Autobombe ermordet. Instrumental für diese Operation waren auch Informationen, die MOSSAD und CIA von ihren BND-Freunden erhalten hatten. Das macht auch erklärlich, warum die BND-Zentrale ihren Mann in Damaskus immer wieder anwies, gerade auch sensible Informationen über Mugniyeh zu sammeln.

Auch während seiner Vermittlungstätigkeiten achtete der BND-Mann immer darauf, nicht nur den Prozeß zu begleiten, sondern auch an Informationen heranzukommen, die sich für Sonderoperationen der Geheimdienste als nützlich erweisen können. Doppelgesichtigkeit nennt man das...


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Quelle:
GEHEIM Nr. 1/2010 - 7. April 2010, Seite 17-19
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2010