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GLEICHHEIT/2778: Hillary Clinton gibt Obamas Blatt im Mittleren Osten aus der Hand


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Hillary Clinton gibt Obamas Blatt im Mittleren Osten aus der Hand

Von Chris Marsden
12. November 2009
aus dem Englischen (5 November 2009)


Außenministerin Hillary Clinton hat in den vergangenen Tagen versucht, den Schaden zu begrenzen, den sie mit ihrem Lob für Premierminister Benjamin Netanjahu angerichtet hat. Sie hatte gesagt, dieser habe "beispiellose" Zugeständnisse gegenüber den Palästinensern gemacht, indem er ihnen angeboten habe, den Siedlungsbau im Westjordanland zu "begrenzen".

Clinton machte ihre Äußerung nach einem Treffen mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, in Abu Dhabi, bei dem der seine Weigerung zur Wiederaufnahme von Gesprächen bekräftigte, solange Israel den Siedlungsbau in der West Bank und Ost Jerusalem nicht vollständig einstelle.

Nachdem sie nach Jerusalem gereist war, um Netanjahu zu treffen, forderte Clinton, dass die Palästinenser die Verhandlungen wieder auf nehmen, und bestritt, dass ein Ende des Siedlungsbaus jemals Voraussetzung für Gespräche gewesen sei. "Es gab niemals eine Vorbedingung. Der Siedlungsstopp war immer ein Gegenstand für die Verhandlungen", sagte sie.

Netanjahu zeigte sich hocherfreut und antwortete, dass Forderungen nach einem vollständigen Stopp des israelischen Siedlungsbaus "als Vorwand benutzt worden sind ... als eine Hürde, die die Wiederaufnahme der Verhandlungen verhindert hat." Die Palästinenser sollten "sich zusammen reißen", fügte er hinzu.

Clintons Unterstützung für Netanjahus angebliche Zugeständnisse setzt sich über zahlreiche öffentliche Erklärungen von Präsident Barack Obama hinweg. Dabei hat sie einen unverstellten Blick auf Washingtons wirkliche Absichten und Prioritäten preisgegeben.

Ein Stopp des Siedlungsbaus war Gegenstand der von den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Russland und den Vereinten Nationen entworfenen "Road Map" von 2002 und ist seitdem die offizielle Position der Vereinigten Staaten geblieben. Die Road Map legte außerdem fest, dass die Streitfrage bezüglich Ostjerusalems, das die Palästinenser zu ihrer Hauptstadt machen wollen, in der Schlussphase der Verhandlungen entschieden wird. Netanjahus Angebot einer "Zurückhaltung" bei Siedlungsaktivitäten schließt Ostjerusalem aus.

Obama kam mit dem Versprechen ins Weiße Haus, eine Verhandlungslösung für den Siedlungsbau zustande zu bringen, einen palästinensischen Staat zu gründen und auf diese Weise dafür zu sorgen, das Ansehen der Vereinigten Staaten in der schwierigen Zeit nach dem Irakkrieg wieder her zu stellen. In einer politischen Grundsatzrede im Juli in Kairo versprach er, sich für die Realisierung eines Palästinenserstaates "persönlich einzusetzen" und betonte, dass "es an der Zeit sei, diese Siedlungen zu stoppen".

Netanjahu hat solche öffentlichen Äußerungen mit Verachtung behandelt. Er vertraut darauf, dass die Vereinigten Staaten sich auf Israel als ihrem regionalen Statthalter stützen und dass seine Bekenntnisse zu einer fairen Umgangsweise mit allen nur für die Präsentation in der Öffentlichkeit bestimmt sind.

Am 4.September kündigte er ein gewaltiges Wohnungsbauprogramm mit insgesamt 3.500 Wohneinheiten im Westjordanland und Ostjerusalem an. Obama erhob die rituellen Einwände, aber bei seinem Treffen mit Netanjahu und Abbas in New York am 22. September hatte er diese Haltung schon aufgegeben. Stattdessen lobte er Netanjahu dafür, "wichtige Schritte für die Einschränkung der Siedlungstätigkeit diskutiert zu haben" [Hervorhebung hinzufügt] und forderte von beiden Führern die "Bereitschaft zum Kompromiss".

Der US-Sondergesandte George Mitchell pflichtete Obama bei und äußerte gegenüber der Jerusalem Post : "Wir haben kein Thema als Voraussetzung oder Hindernis für Verhandlungen festgelegt". Ein Siedlungsstopp war bloß einer von mehreren "Wünschen" der Vereinigten Staaten.

Clinton wiederholte in ihrer Rede nur die Positionen, die zuvor von Mitchell erklärt und von Obama angedeutet worden waren. Aber nichtsdestoweniger wurde sie zu einem demütigenden öffentlichen Rückzug gezwungen.

Auf einer regionalen Konferenz am Montag in Marokko, auf der sie sich mit verschiedenen arabischen Führern traf, sagte sie, dass Netanjahus Angebot, den Siedlungsbau zu begrenzen, "weit unterhalb" eines Siedlungsstopps liege und dass mehrere amerikanische Regierungen beider Parteien sich gegen Israels Siedlungspolitik ausgesprochen hätten." In einem Gespräch mit Al Jazeera fügte sie hinzu, dass Obama "absolut deutlich" zu verstehen gegeben hätte, dass er "ein Ende aller Siedlungsaktivitäten" wolle, und "vielleicht hätten diejenigen von uns, die unter ihm und für ihn arbeiten deutlicher zum Ausdruck bringen können, dass dies seine Position ist."

Am Mittwoch erklärte Clinton in Kairo, dass Washington die Rechtmäßigkeit der Siedlungen im Westjordanland nicht anerkenne und den Siedlungsbau "für immer" gestoppt sehen wolle.

Ihre außergewöhnliche Kehrtwendung war aufgrund der Wut notwendig geworden, die ihre Unterwürfigkeit gegenüber Netanjahu in den besetzten Gebieten und im gesamten Nahen Osten hervorgerufen hatte.

Die Spannungen in den Palästinensergebieten befinden sich schon auf dem Siedepunkt, seit Israel die Umsetzung verschiedener Siedlungsprojekte mit dem Abriss zahlreicher palästinensischer Häuser in Ostjerusalem einhergehen ließ. Es gab eine Reihe von Protesten, Unruhen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Jugendlichen und der israelischen Polizei im Gebiet rund um die al-Aksa-Moschee.

Unter diesen Bedingungen hätte Clinton Abbas einen fatalen politischen Schlag zufügen können. Er wird ohnehin als Handlanger des Westens verachtet, insbesondere nach den letzten Monaten, als er zunächst auf ein Ersuchen Obamas einging, den UN Bericht nicht zu unterstützen, der Israel beschuldigt, während seines 22-tägigen Überfalls auf Gaza im letzten Dezember Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Clintons Bemerkungen kommentierend, warnte der Außenminister der PA, Riad Malki: "Wir sollten die Glaubwürdigkeit und Legitimation der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht noch einmal gefährden .... Sie haben begonnen meinen Präsidenten und die Führung der Palästinenser des Verrats zu bezichtigen [und] zu beschuldigen, das Leiden der palästinensischen Bevölkerung im Austausch gegen diese und jene Streitfrage zu verkaufen."

Ähnliche Bedenken wurden im ganzen Nahen Osten geäußert. Amre Moussa, Generalsekretär der Arabischen Liga, sagte: "Ich sage euch, dass wir alle, einschließlich Saudi Arabien und Ägypten, zutiefst enttäuscht sind. ... Ein Scheitern liegt in der Luft."

Clintons Zurückrudern ist ein verzweifelter Versuch, die Illusion wieder herzustellen, dass die Vereinigten Staaten unter Obama als ehrlicher Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern agieren. Aber dieser Schein, der für die Stabilität in der Region von entscheidender Bedeutung ist, wenn nicht sogar für das Überleben der arabischen bürgerlichen Regime, ist erschüttert und kann nicht wieder hergestellt werden.

Die Behauptung, dass Obamas Präsidentschaft eine neue Ära für den Nahen Osten bedeute, ist von Anfang an für die niederträchtigsten Ziele ausgenutzt worden. Obama stellte sich als Freund der Palästinenser hin, um es den Despoten in Kairo, Riad, Tripolis usw. einfacher machen, sich hinter die Vereinigten Staaten und ihre fortgesetzten Drohungen gegen den Iran zu stellen.

Clinton war in erster Linie in Marokko, um an Diskussionen mit den arabischen Herrschern über die Frage teilzunehmen, wie sie die amerikanischen Drohungen gegen Teheran unterstützen können - woraus sich die Notwendigkeit für ihren öffentlichen Widerruf ableitete. Das Wall Street Journal merkte an, dass die arabischen Herrscher mehrfach davor gewarnt haben, dass ihre Regierungen "von der Bevölkerung für ihre konspirative Zusammenarbeit mit Israel gegen andere muslimische Nationen angegriffen werden könnten, ohne im Gegenzug dafür irgendetwas zu bekommen".

Noch während diese schäbige Diskussion stattfand, waren die Vereinigten Staaten in gemeinsame militärische Manöver, die Operation Juniper-Cobra, mit Israel eingebunden. 2.000 Soldaten sind daran beteiligt und es werden ausgeklügelte Langstrecken-Radargeräte und Patriot-Abwehrraketensysteme getestet. Carl Meuser, Kommandeur des US Marine-Zerstörers Higgins, sagte der Presse: "Wir sind aus ganz bestimmten Gründen hier, aufgrund einiger spezieller Bedrohungen, die die Israelis interessieren und an denen wir interessiert sind."

Die klare Absicht ist es, einen möglichen Schlag gegen die Atomanlagen des Irans vorzubereiten, und sich gleichzeitig auf jeden erdenklichen Gegenschlag vorzubereiten. Das ist der wesentliche Inhalt der US Politik im Nahen Osten. Seine Aufdeckung lässt den Tag näher rücken, an dem die arabischen Regime in der Tat von "ihren Bevölkerungen" dafür angegriffen werden.

Siehe auch:
Israel
(29. Oktober 2009)


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Quelle:
World Socialist Web Site, 12.11.2009
Hillary Clinton gibt Obamas Blatt im Mittleren Osten aus der Hand
http://wsws.org/de/2009/nov2009/clin-n12.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2009