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GLEICHHEIT/3703: Washingtons endlose Kriege


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Washingtons endlose Kriege

Von Bill Van Auken
18. Juni 2011


US-Streitkräfte führen jetzt in fünf verschiedenen Ländern gleichzeitig Angriffe mit Drohnen, Bomben, Hinrichtungen durch Sonderkommandos und Bodenangriffen aus: Im Irak, in Afghanistan, Pakistan, Libyen und dem Jemen.

Präsident Barack Obama, der seine Wahl 2008 zu einem großen Teil der öffentlichen Abneigung von Millionen von Amerikanern gegen die Aggressionskriege der Bush-Administration in Afghanistan und im Irak verdankte, hat George W. Bushs Voraussage bezüglich der "Kriege des 21. Jahrhunderts" mehr als erfüllt.

Er hat seinen republikanischen Vorgänger sogar noch übertroffen. Bush verkündete die berüchtigte Doktrin, der US-Imperialismus habe das Recht, gegen jedes Land Krieg zu führen, das er als potentielle Bedrohung ansah, jetzt oder zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft. Auf diese Weise machte er sich das Prinzip des "Präemptivkrieges" zu eigen, eine Form des Angriffskrieges, für die die überlebenden Führer des Dritten Reiches in Nürnberg vor Gericht gestellt wurden.

Bei der Rechtfertigung des Krieges gegen Libyen hat Obama uns nun seine eigene Doktrin vorgestellt, die selbst den Vorwand einer potentiellen Bedrohung als Rechtfertigung für einen Krieg überflüssig macht. Stattdessen behauptet er, die USA hätten das Recht, Krieg zu führen, wo immer es um ihre "Interessen und Werte" geht, selbst dann, wenn die Angriffsziele keine erkennbare Bedrohung für die Sicherheit des Landes darstellen.

Zu diesen unantastbaren amerikanischen Werten gehört, wie Obama in seiner Rede über Libyen verkündete, "die Sicherung der Handelswege", d.h. das Fließen von Profiten in die Kassen der amerikanischen Ölfirmen und anderer Konzerne.

Selbst als US-gesteuerte Cruise Missiles vor fast drei Monaten auf Libyen herabregneten, versicherte Obama zynisch, dass Washington den Krieg aus Angst führe, die Unterdrückung durch die libysche Regierung von Oberst Muammar Gaddafi könne den "arabischen Frühling" gefährden.

Was für eine Heuchelei! Washingtons wahre Einstellung gegenüber den demokratischen Hoffnungen der Völker des Nahen Ostens und Nordafrikas haben in den vergangenen Tagen in mehreren Vorfällen ihren ganz eigenen Ausdruck gefunden.

Obama hieß im Weißen Haus den Prinzen von Bahrain willkommen, einer monarchistischen Diktatur, die mit der stillschweigenden Unterstützung der USA und der offenen Rückendeckung durch Washingtons Hauptverbündeten in der Region, Saudi-Arabien, eine Massenbewegung für demokratische Rechte gnadenlos unterdrückt und dabei Hunderte getötet, Tausende verhaftet und routinemäßig Gefangene gefoltert hat.

Der Prinz traf nur wenige Tage nach der Eröffnung eines Militärprozesses gegen Ärzte und Krankenschwestern ein. Dieses medizinische Personal ist wegen der Behandlung von Demonstranten, die von Sicherheitskräften verletzt worden waren, verhaftet worden. Sie wurden durch Elektroschocks und Schläge mit Nagelbrettern gezwungen, falsche Geständnisse zu unterschreiben.

In einer offiziellen Erklärung bekräftigte Obama "die starke Bindung der USA gegenüber Bahrain" - dessen Regime die Fünfte Flotte der US-Marine beherbergt - und lobte den Monarchen für seine Hinwendung zu "Dialog" und "Reform".

Hilfreich empfahl der Präsident, "Opposition und Regierung" - also Gefolterte und Folterknechte - "sollten Kompromisse schließen, um eine gerechte Zukunft für alle Bahrainer zu formen".

Auf der anderen Seite der arabischen Halbinsel, so enthüllte die New York Times, "beuteten die USA ein wachsendes Machtvakuum aus", das durch fünfmonatige Massenaufstände gegen die von den USA gestützte Militärdiktatur im Jemen geschaffen wurde, um in diesem ärmsten Land der Region einen neuen Krieg zu beginnen.

Angeblich gegen al-Qaida gerichtet, deutet alles darauf hin, dass die Angriffe darauf abzielen, das Regime von Präsident Ali Abdullah Saleh zu retten, selbst wenn das um den Preis geschieht, dass man den Diktator sanft aus dem Präsidentensessel entfernt, den er seit 33 Jahren besetzt hält.

Dem erste Schlag, der es an diesem neuen Kriegsschauplatz des Pentagon in die Berichterstattung schaffte, fielen mindestens vier Zivilisten und mehrere angebliche "bewaffnete Kämpfer" zum Opfer.

In Libyen nähert sich der Krieg der Nato und der USA dem Ende des dritten Monats. Der gnadenlose Bombenterror hat schon Hunderte von Opfern unter der Zivilbevölkerung gefordert und eine ungenannte Anzahl von libyschen Soldaten das Leben gekostet.

Unter dem zynischen Vorwand, das Leben von Zivilisten zu schützen, machen Washington und seine europäischen Verbündeten keinen Hehl aus ihrem wahren Ziel, dem "Regime-Wechsel". Gemeint ist die Errichtung eines Marionettenstaates, der die Herrschaft des Imperialismus und der großen westlichen Ölgesellschaften sicherstellt.

Dies ist die wahre Antwort des US-Imperialismus auf den "arabischen Frühling" - eine Explosion des Militarismus im Nahen Osten und in Nordafrika, ein verzweifelter Versuch, die Diktaturen zu stützen, die seinen Interessen in der Region dienen und die absolute Entschlossenheit, die revolutionären Kämpfe der arabischen Arbeiter und Jugendlichen niederzuschlagen.

Diese neuen Militärinterventionen kommen zu den seit fast einem Jahrzehnt andauernden Besatzungen Afghanistans und des Irak hinzu, die, was immer deutlicher wird, auf unbegrenzte Zeit fortgesetzt werden sollen.

In einer Senatsanhörung vom Donnerstag gab CIA-Direkter Leon Panetta, der von Obama als Nachfolger des scheidenden Pentagon-Chefs Robert Gates ausgewählt worden ist, zu, er "sei fest überzeugt", dass das Regime im Irak Washington schon bald ersuchen werde, auch nach dem 31. Dezember 2011, an dem die Abzugsfrist abläuft, zehntausende US-Soldaten auf irakischem Boden zu belassen.

Panetta stellte klar, dass Washington bereit ist, die Truppen weiterhin dort zu stationieren, "um sicherzustellen, dass die Fortschritte, die wir im Irak gemacht haben, nachhaltig sind." Dass die überwältigende Mehrheit des irakischen Volkes, für die die amerikanische Besatzung Tod, Verstümmelung und die Vertreibung von Millionen bedeutet hat, einen Abzug der 47.000 amerikanischen Soldaten aus dem Land will, ist völlig gleichgültig.

Der Mann, den Panetta ersetzt, Verteidigungsminister Robert Gates, hat in den vergangenen Tagen mehrmals betont, dass das Datum vom Juli 2011, das Obama für den Beginn des Abzuges aus Afghanistan gesetzt hat, zu keiner wesentlichen Verringerung der fast einhunderttausend amerikanischen Soldaten führen werde.

Nach einem Treffen mit den Militärführern in Afghanistan am Wochenende, wies Gates noch einmal darauf hin, dass jede Truppenverringerung "bescheiden" ausfallen werde. Er versicherte den Nato-Verteidigungsministern in Brüssel, es werde "von unserer Seite aus keinen überstürzten Abzug geben".

In der Zwischenzeit bringt jede Woche neue Gräueltaten, bei denen Zivilisten jenseits der Grenze zu Pakistan durch Bombenangriffe, nächtliche Razzien von Sonderkommandos und drohnengesteuerte Raketenangriffe sterben.

Amerikanische Arbeiter, Studenten und Jugendliche werden zunehmend gezwungen, die Last einer Politik endloser Kriege zu schultern, die darauf abzielen, ein globales Imperium zu schaffen, das den Interessen der US-Finanzoligarchie dient.

Eine Wahl nach der anderen hat gezeigt, dass eine erhebliche Mehrheit der Bevölkerung gegen diese Kriege ist. Trotzdem findet diese Ablehnung im Zwei-Parteien-System und in den Medien keinen Ausdruck.

Die arbeitende Bevölkerung ist sich sehr wohl bewusst, dass Billionen von Dollar für diese Kriege und den militärisch-industriellen Komplex ausgegeben werden, und das zu einer Zeit, da die Regierungen des Bundes, der Staaten und der Gemeinden erklären, es gebe kein Geld für Jobs, anständige Löhne, Gesundheitsvorsorge, Erziehung und andere lebenswichtige soziale Dienstleistungen.

Darüber hinaus schafft der Versuch der amerikanischen herrschenden Elite, den Militarismus zu benutzen, um den Niedergang der globalen Führungsposition des US-Kapitalismus aufzuhalten, zunehmend gefährlichere internationale Spannungen und droht, zu weitaus blutigeren Kriegen zu führen.

Obwohl die Feindschaft gegenüber diesen Kriegen zunimmt, sind Anti-Kriegs-Proteste fast völlig verstummt. Eine Schicht von Ex-Linken, die Obama unterstützt, ist selbst weitgehend in die Demokratische Partei integriert.

Eine neue Bewegung gegen den Krieg kann nur auf der Grundlage eines unversöhnlichen Bruches mit den Demokraten und der unabhängigen Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Obama-Administration und das kapitalistische Profitsystem erfolgen, die die Ursache von Krieg und Militarismus sind.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 18.06.2011
Washingtons endlose Kriege
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2011