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GLEICHHEIT/4596: Bundesregierung beschließt dauerhaften Kriegseinsatz in Mali


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Bundesregierung beschließt dauerhaften Kriegseinsatz in Mali

Von Wolfgang Weber
21. Februar 2013



Das Bundeskabinett von CDU/CSU und FDP hat am Dienstag, den 19. Februar, beschlossen, 330 Bundeswehrsoldaten für einen dauerhaften Kriegseinsatz nach Mali zu entsenden.

Noch vor dem 1. März soll der Bundestag dazu zwei separate Mandate erteilen und damit der deutschen Teilnahme an dem schmutzigen Kolonialkrieg Frankreichs in Afrika den parlamentarischen Segen geben. Die Debatte im Bundestag über die entsprechenden Anträge des Bundeskabinetts hat am Mittwoch bereits begonnen.

Unter dem ersten Mandat sollen 180 bewaffnete Soldaten im Rahmen einer sogenannten "Ausbildungsmission" der EU zum Einsatz kommen, darunter 40 Pioniere und 40 Sanitätssoldaten und Bundeswehrärzte. Die anderen 100 Soldaten werden "zum Schutz der Bundeswehrsoldaten" und zur "Unterstützung im Bedarfsfall" entsandt.

Das zweite Mandat umfasst 150 Soldaten für sogenannte "logistische Unterstützung". Dabei geht es um den Einsatz eines Airbusses zur Betankung französischer Rafale-Kampfjets und Mirage-Bomber in der Luft. Ohne Luftbetankung könnten diese die großen Strecken aus Frankreich oder anderen afrikanischen Ländern bis zum Kampfeinsatz in Mali nicht zurücklegen.

Des Weiteren wird von der Bundeswehr mit drei Transall-Maschinen der Transport von Truppen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS nach Mali und innerhalb Malis fortgeführt. Der Transport war kurz nach dem Einmarsch Frankreichs am 11. Januar 2013 in Mali auch ohne Mandat des Bundestags aufgenommen worden.

Der Bundeswehreinsatz ist auf zunächst zwölf Monate ab 1. März 2013 angelegt, wird aber nach Einschätzung des EU-Militärausschusses viel länger dauern. Die Kosten für die Kriegsbeteiligung Deutschlands werden von der Bundesregierung mit über 55 Millionen Euro für ein Jahr angegeben.

Am 18. Februar, einen Tag vor der deutschen Kabinettssitzung, hatten die EU-Außenminister in Brüssel die "Ausbildungsmission" von insgesamt 480 europäischen Soldaten beschlossen, die Frankreich und die malische Armee im Krieg gegen in Nord-Mali ansässige Rebellengruppen unterstützen soll.

Diesen EU-Beschluss sowie die Resolutionen 2071 (2012) und 2085 (2012) des UNO-Sicherheitsrates führt die Berliner Koalition nun in ihren Anträgen, über die der Bundestag abstimmen soll, als "völker- und verfassungsrechtliche Grundlagen" des Bundeswehreinsatzes in Mali an. Der Bundeswehreinsatz erfolge damit "im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 des Grundgesetzes".

Die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates und der EU wiederum berufen sich ebenso wie Paris für seine militärische Aggression auf Hilferufe des Interimspräsident von Mali, Dioncounda Traoré: Nur durch den Einsatz von Interventionstruppen der UNO, der EU und der ECOWAS könne Mali vor dem Terrorismus islamischer Rebellen im Norden gerettet werden und zur Demokratie zurückkehren.

In Wirklichkeit ist Traoré wie alle seine Vorgänger und wie die anderen bürgerlichen Regime in Westafrika eine Marionette der alten Kolonialmacht Frankreich, die sich nur mit Hilfe der in dieser Region stationierten französischen Truppen an der Macht halten kann. Seine "Hilferufe zur Verteidigung der Demokratie gegen den Terrorismus" waren ein abgekartetes Spiel. Sie erinnern an die "Hilferufe" von Konrad Henlein zur "Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts der Sudetendeutschen" oder von Jozef Tiso zum "Schutz der Slowaken", die von Hitler arrangiert worden waren, um 1938 die militärische Besetzung des Sudentenlandes und 1939 der restlichen tschechischen Republik zu "legitimieren".

Wie in Afghanistan ist der Krieg in Mali nicht ein "Kampf gegen den Terrorismus". Er ist vielmehr die Fortsetzung eines Feldzugs der imperialistischen Mächte zur Rekolonialisierung Afrikas, der mit dem Krieg gegen Libyen vor zwei Jahren begonnen hatte. Dabei soll auch China wieder aus Afrika verdrängt werden, das in den letzten 15 Jahren dort großen wirtschaftlichen und politischen Einfluss gewonnen hat. Auch für Mali ist China der wichtigste Handelspartner geworden.

Mali gehört, was die Bevölkerung angeht, zu den ärmsten Ländern der Welt. Aber das Land birgt wie die gesamte Sahelzone reiche Bodenschätze: Erdöl, Erdgas, Uran, Gold, Silber, Bauxit, Mangan, Kupfer, Phosphate, Diamanten. Sie sind zum größten Teil nur noch nicht erschlossen.

Die Karte von Mali zeigt gegenwärtig nur ganz wenige bereits in Betrieb befindliche Gold- und Uranbergwerke, sie ist aber übersät von Rechtecken, die Explorationsrechte oder Konzessionsgebiete ausländischer Konzerne wie Rockgate (Kanada), Baraka (Australien) oder Areva (Frankreich) für einen künftigen Abbau markieren.

Ungefähr 60 Konzessionen zur Exploration und Extraktion von Bodenschätzen vergibt die malische Regierung jedes Jahr an ausländische Konzerne. Die betroffenen Ländereien lässt sie durch das Militär von einheimischen Bewohnern räumen, die dort seit Jahrhunderten gewohnt, den Boden bearbeitet oder Vieh gezüchtet haben.

Areva ist an den großen Uranvorkommen im umkämpften Norden Malis interessiert, da die Vorkommen im Nachbarland Niger in absehbarer Zeit erschöpft sind. Diese lieferten Areva seit über vier Jahrzehnten 40 Prozent seines jährlichen Uranbedarfs für die Atomkraftwerke in Frankreich - zu Spottpreisen unter einem Drittel des Weltmarktniveaus.

Die deutsche Regierung unter Angela Merkel will bei diesem Raubzug auf die Rohstoffe in Afrika nicht länger außen vor bleiben, sondern den deutschen Konzernen einen Anteil an der Beute sichern. Sie hat auch deshalb ein direktes Interesse an einem militärischen Erfolg in Mali, weil eine drastische Einschränkung oder Verteuerung der Uranlieferungen für Frankreich aus seinen ehemaligen Kolonien erhebliche wirtschaftliche und politische Folgen für die gesamte Eurozone hätten.

Sowohl Grüne als auch SPD erklärten sofort nach dem Kabinettsbeschluss, sie würden dem Kriegseinsatz der Bundeswehr zustimmen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, begründete dies mit der Behauptung, der Einsatz habe zum Ziel, "die Afrikaner in die Lage zu versetzen, später selbst den Kampf gegen den Terrorismus zu führen" und "in der Gesamtregion Demokratie, Transparenz, Sicherheitspolitik und eine wirtschaftliche Entwicklung aufzubauen".

Die Linkspartei spielt die Rolle der "loyalen Opposition". Sie unterstützt die Argumente der französischen und deutschen Regierung, man sei verpflichtet, sich in dem afrikanischen Land einzumischen, es ginge dabei um den "Kampf gegen den Terrorismus", um die "Lösung lokaler Konflikte" und die "Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und Demokratie".

Die Linkspartei fordert lediglich, Deutschland solle zu diesem Zweck nicht militärische, sondern politische Mittel einsetzen und auf eine aktivere Rolle der UNO im Mali-Konflikt drängen.

So erklärte Wolfgang Gehrke, Mitglied im Fraktionsvorstand der Linkspartei in einer Pressemitteilung zu dem Kabinettsbeschluss: "Militärisch ist die Bundesregierung präsent, politisch eine Ausfall. DIE LINKE wird keinem Militäreinsatz zustimmen und auf politische Initiativen zu Lösung des Konfliktes sowie die Unterstützung der Zivilgesellschaft in Mali drängen. Dazu fordert DIE LINKE von der Bundesregierung, dass sie in der UNO für eine aktivere Rolle der Vereinten Nationen in der politischen Regulierung des Mali-Konfliktes aktiv wird."

Wie in jedem Kolonialkrieg der letzten zwanzig Jahre spielt die UNO auch im Fall Mali wieder die Rolle, Wirtschaftssanktionen und militärischen Aggressionen der Großmächte gegen kleine und schwache Länder den Schein von Legitimität zu verleihen. Jetzt eine noch aktivere Rolle dieser UNO zu fordern, hat nichts anderes zum Ziel, als die Opposition der Bevölkerung gegen den Krieg zu verwirren und zu neutralisieren.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 21.02.2013
Bundesregierung beschließt dauerhaften Kriegseinsatz in Mali
http://www.wsws.org/de/articles/2013/feb2013/mali-f21.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2013