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GLEICHHEIT/5113: Obama sichert Japan Unterstützung in Konflikt mit China zu


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama sichert Japan Unterstützung in Konflikt mit China zu

Von Peter Symonds
25. April 2014



Der amerikanische Präsident Obama legte heute die Grundlage für formelle Gespräche mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe, indem er dem Yomuiri Shimbun provokativ mitteilte, dass die Vereinigten Staaten gänzlich entschlossen seien, Japan in jeglichem Konflikt mit China bezüglich der umstrittenen Senkaku/Diaoyu-Inseln im Ostchinesischen Meer zu unterstützen. Obama traf gestern in Tokio ein, das sein erster Aufenthalt während seiner Asien-Reise ist. Weitere Etappen werden Südkorea, Malaysia und die Philippinen sein.

In seinen schriftlich eingereichten Antworten an die japanische Zeitung erklärte Obama: "Die Politik der Vereinigten Staaten ist eindeutig: Die Senkaku-Inseln werden von Japan verwaltet und fallen deshalb unter Artikel 5 des amerikanisch-japanischen Abkommens zu gegenseitiger Zusammenarbeit und Sicherheit. Und wir wenden uns gegen jeden einseitigen Versuch, Japans Verwaltungszuständigkeit dieser Inseln zu unterhöhlen."

Obwohl US-Beamte schon zuvor ähnliche Bemerkungen gemacht haben, wird Obamas bedingungslose Unterstützungserklärung für Japan in jeglichem Krieg mit China nur weiteres Öl in die wegen der Inseln angespannte Situation gießen und Abes Leugnung stärken, dass überhaupt eine Territorialstreitigkeit bestehe. Während Obama vorsätzlich eine Konfrontation mit Russland wegen der Ukraine anheizt, gibt er gleichzeitig der rechten Abe-Regierung in Japan grünes Licht, eine kriegerischere Haltung gegenüber China einzunehmen.

Obamas Kommentare im Yomuiri Shimbun machen klar, dass seine "Schwerpunktverlagerung auf Asien" in allererster Linie gegen China gerichtet ist. Er macht Lippenbekenntnisse an eine "Zusammenarbeit mit China", warnt aber zugleich unverblümt, dass "unsere beiden Nationen der Gefahr widerstehen müssen, in einen Konflikt hineinzuschlittern." Ebenso versicherte er Tokio, dass "unsere Zusammenarbeit mit China nicht auf Kosten Japans oder eines anderen Verbündeten geht und auch nicht gehen wird."

Daher überrascht es nicht, dass die chinesische Regierung Obamas Bemerkungen rundheraus zurückwies. Qin Gang, der Sprecher des Außenministeriums, widersprach gestern der Inanspruchnahme der amerikanisch-japanischen Sicherheitsvereinbarung für die umstrittenen Inseln. Er verwarf sie als eine Allianz aus dem Kalten Krieg, die "nicht dazu genutzt werden sollte, Chinas Souveränität und legitime Interessen zu verletzen." Unter Bedingungen, wo Washington in Form eines faschistischen Putsches in Kiew Provokationen gegen Moskau vorbringt, fürchtet Peking augenscheinlich, dass die Spannungen im Ostchinesischen Meer sich schnell zur Grundlage für Kriegsdrohungen gegen China steigern könnten.

Vergangenen November forderten die Vereinigten Staaten bedenkenlos Chinas Errichtung einer Luftverteidigungsidentifizierungszone im Ostchinesischen Meer heraus und ließen unangekündigt atomwaffenfähige B-52-Kampfbomber in die Zone fliegen - womit sie eine Konfrontation oder einen Zusammenstoß mit der chinesischen Luftwaffe riskierten.

Die "Schwerpunktverlagerung auf Asien" der Obama-Regierung - darauf gerichtet, China diplomatisch, wirtschaftlich und militärisch einzudämmen - hat das Ostchinesische Meer in einen gefährlichen Unruheherd verwandelt. Der lange ruhende Disput über die Senkaku/Diaoyu-Inseln wurde bewusst angefeuert, nachdem im Juni 2010 der japanische Premierminister Yukio Hatoyama zurückgetreten war. Nach einer deutlichen Meinungsverschiedenheit über amerikanische Militärstützpunkte in Okinawa übten die Vereinigten Staaten Druck auf Hatoyama aus, zurückzutreten. Seine Bemühungen um verbesserte japanische Beziehungen zu China durchkreuzten Obamas konfrontative "Schwerpunktverlagerung".

Im September 2010 provozierte Naoto Kans Regierung der Demokraten eine große diplomatische Krise, als sie einen chinesischen Fischkutterkapitän in Gewässern in Nähe der umstrittenen Inseln verhaftete. Die frühere amerikanische Außenministerin Hillary Clinton heizte diese Kollision an, indem sie Japan auf Grundlage des Sicherheitsabkommens Unterstützung zusicherte. Im September 2012 flackerten die Spannungen erneut auf, nachdem die japanische Regierung die Senkaku/Diaoyu-Inseln "nationalisiert" und damit zunehmend riskantere Manöver chinesischer und japanischer Schiffe und Luftstreitkräfte provoziert hatte.

Obamas "Schwerpunktverlagerung" steuerte ihren Teil dazu bei, ein Klima der Angst zu schaffen, das Abe und seine Liberaldemokratische Partei (LDP) zum Sieg bei der Wahl im Jahr 2012 ausnutzten. Anschließend trieb Abe seine Remilitarisierungspläne für Japan weiter. In seinem Interview mit Yomuiri Shimbun lobte Obama Abe ausdrücklich "für seine Bemühungen zur Stärkung der japanischen Verteidigungskräfte und für die Vertiefung der Zusammenarbeit unserer Armeen, wozu auch gehörte, dass der zuvor begrenzte Rahmen unserer kollektiven Verteidigung überdacht wurde. Wir glauben, es ist im Interesse unserer beiden Länder, dass die japanische Selbstverteidigungsarmee sich aktiver an unserem Verteidigungssystem beteiligt."

In Artikel 9 seiner Nachkriegsverfassung - die von den amerikanischen Besatzungskräften ausgearbeitet wurde - weist Japan ausdrücklich "den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und die Drohung oder den Einsatz von Gewalt als Mittel zur Austragung internationaler Streitigkeiten" zurück. Die Nachkriegsregierungen "interpretierten" diese Klausel als Erlaubnis, eine sogenannte Selbstverteidigungsarmee aufzustellen. Unter dem Banner zulässiger "kollektiver Selbstverteidigung" geht Abe jetzt daran, die Zurückhaltung des japanischen Militärs zu beenden. Es soll Seite an Seite mit den Vereinigten Staaten Angriffskriege führen, nicht nur in Asien, sondern auch in anderen Weltteilen. Japans Einbindung in die US-geführten Invasionen in Afghanistan und dem Irak war bloß eine begrenzte unterstützende Rolle.

Obwohl dies nicht unmittelbar auf der Tagesordnung steht, hat die Abe-Regierung ebenfalls eine Verfassungsinterpretation zur Debatte gestellt, nach der "präventive Selbstverteidigung" erlaubt sei - mit anderen Worten, japanische Aggression als Antwort auf echte oder konstruierte Bedrohungen. Obzwar Abe zurzeit auf Linie mit der gegen China gerichteten "Schwerpunktverlagerung" der Vereinigten Staaten steht, ist seine beabsichtigte Remilitarisierung indessen darauf gerichtet, die ökonomischen und strategischen Interessen des japanischen Imperialismus sicherzustellen, fallen sie mit denen des US-Imperialismus zusammen oder nicht.

Es zeigen sich bereits Reibungen in den amerikanisch-japanischen Beziehungen. Wenngleich sie sich mit Kritik zurückhielt, war es der Abe-Regierung ziemlich unliebsam geworden, dass die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr keine entschiedenere Haltung gegenüber Chinas Luftverteidigungsüberwachungszone eingenommen hatten. Anders als Japan erkannte Amerika an, dass China das Recht habe, eine solche Zone einzurichten. Obwohl die amerikanischen Luftstreitkräfte sich nicht an Chinas neue Regeln halten, wies Washington den zivilen amerikanischen Luftverkehr an, dies doch zu tun.

Japan und die Vereinigten Staaten verrannten sich auch bei ihren Verhandlungen zur Transpazifischen Partnerschaft (TPP) in eine Sackgasse. Die TPP ist ein allumfassendes Abkommen von zwölf Nationen, mittels dessen die Obama-Regierung danach strebt, die Handels- und Investitionsregeln in der gesamten Region zu diktieren. Eine Einigung zwischen den USA und Japan ist die Voraussetzung für den Abschluss, doch die beiden Staaten haben sich durch Differenzen bezüglich Landwirtschafts- und Fahrzeugzöllen festgefahren.

Obama, der gehofft hatte, während seines Besuchs eine Einigung verkünden zu können, betonte die Wichtigkeit der TPP beim Abbau von "Zöllen, Barrieren und Praktiken innerhalb der gesamten Region, die Handel und Investitionen eingrenzen und unsere Wirtschaften daran hindern, ihr volles Potenzial zu entfalten." Wie die Abe-Regierung nur allzu gut weiß, versucht Obama die Handels- und Investitionsbeschränkungen darum niederzureißen, weil dies ein Mittel darstellt, den amerikanischen Konzernen auf Kosten ihrer Rivalen feiste Profite zuzuführen. Eine Beendigung der japanischen Landwirtschaftszölle würde sich verheerend auf Japans ländliche Gebiete auswirken, die eine erhebliche politische Basis der LDP darstellen.

Obamas Besuch wird sich zweifellos auf die gemeinsame amerikanisch-japanische Militäraufrüstung konzentrieren, die sich gegen China richtet. Doch die grundlegenden Differenzen betonen die auseinander strebenden wirtschaftlichen und strategischen Interessen der Vereinigten Staaten und Japans, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik einen blutigen Krieg gegeneinander um die Herrschaft in Asien geführt hatten. Diese Differenzen könnten in Zukunft neuerliche Konfrontationen der beiden imperialistischen Großmächte in dieser Region befeuern.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 24.04.2014
Obama sichert Japan Unterstützung in Konflikt mit China zu
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2014