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GLEICHHEIT/5534: Wahlen in Spanien - Verluste für die großen Parteien und für Podemos


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Wahlen in Spanien: Verluste für die großen Parteien und für Podemos

Von Paul Mitchell
22. Mai 2015


Umfragen für die Wahlen am 24. Mai, die in dreizehn von siebzehn Regionen Spaniens und rund 8.000 Gemeinden stattfinden, legen nahe, das die Unterstützung für die beiden großen Parteien - die rechte Volkspartei (PP) und die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) - noch weiter abnimmt.

Die PP wird fast überall ihre absoluten Mehrheiten, sogar in den Hochburgen verlieren - ohne dass die PSOE davon profitieren kann. In vielen Regionen und Städten könnten sich zwei neue Parteien - die pseudolinke Podemos (Wir Können) und die rechtsgerichtete Ciudadanos (Die Bürger, die C's) - die Macht teilen.

Aber die Umfragen legen auch nahe, dass die Unterstützung für Podemos ins Stocken geraten ist - ihre Werte fielen von rund 27 Prozent im November 2014, als es ihr gelang, die Nummer Eins unter den Parteien in Spanien zu werden, auf derzeit rund 20 Prozent.

Podemos wurde im vergangenen Jahr von der pablistischen Antikapitalistischen Linken (IA) Gruppe und einer Handvoll stalinistischer Wissenschaftler von der Madrider Universität Complutense gegründet. Sie wird von dem 36-jährigen Professor und TV-Erfahrenen Pablo Iglesias auf der Grundlage eines Programms aus links klingenden "anti-kapitalistischen" Forderungen geführt.

Der rasche Aufstieg der Partei war ein Zeichen der instabilen politischen Lage und des Einbruchs bei der Unterstützung für die PP und die PSOE, die nach dem Übergang von dem faschistischen Regime von General Francisco Franco zur bürgerlichen Demokratie in den Jahren 1975-1978 über Jahrzehnte hinweg den Klassenkampf unterdrückt haben.

Einer der Gründe für den Rückgang der Unterstützung für Podemos ist der offensichtliche Übertritt von unzufriedenen PP Wählern, die von Iglesias Tiraden gegen die korrupte "Kaste" angezogen worden waren, zu der neun Jahre alten Partei Die Bürger, die in Katalonien als Anti-Unabhängigkeitspartei entstand, aber im letzten Jahr zu einer nationalen Partei wurde. Sie liegt Umfragen zufolge jetzt bei rund vierzehn Prozent liegt. Bürger-Führer Albert Rivera bedient sich einer ähnlichen Anti-Korruptions-Rhetorik wie Iglesias, ist aber für Teile der Wirtschaft und die Medien akzeptabler. Letztere haben die Partei stark gefördert - sie erhielt den an den Madrider Börsenindex angelehnten Spitznamen "die Ibex 35-Part.

Ein Kernpunkt der Bürger-Politik ist die Schaffung einheitlicher Arbeitsverträge in Spanien, durch den das aktuelle gespaltene System ersetzt werden soll. Ziel ist es, die relativ besseren Löhne und Arbeitsbedingungen der in der Regel älteren Arbeitnehmer auf das Niveau der neuen billigeren Zeitverträge zu senken, ein Thema, das der spanischen Arbeitgeberverband, CEOE, seit Jahren verfolgt.

Der Hauptgrund für die sinkende Unterstützung Podemos ist jedoch die Preisgabe praktisch all ihrer "antikapitalistischen" Forderungen. Aufrufe, das "Regime von 1978" zu stürzen und eine Republik zu gründen, sind fallengelassen worden. An die Stelle der Einstellung der Zahlungen an die Banken ist die der Umstrukturierung der 61 Milliarden teuren Bankenrettung durch die Europäische Union getreten. Auch der Austritt aus dem Euro wird nicht mehr erwähnt.

Podemos hat ihr Versprechen aufgegeben, Schlüsselsektoren der Wirtschaft zu vergesellschaften und Entlassungen in profitablen Unternehmen, öffentliche Subventionen an private (Charter) Schulen, Zeitarbeitsagenturen und Zwangsräumungen zu unterbinden. Letztere wurden ersetzt durch den Vorschlag, alternatives Wohnen zu unterstützen. Sie hat ihr Versprechen fallengelassen, das Rentenalter von 65 auf 60 zu senken und allgemeine staatliche Grundlöhne und Mieten zu etablieren. Gleichzeitig hat Podemos sich ein Vokabular angeeignet, das klassischerweise mit rechtsextremer Politik verbunden ist -Lob für die Kirche, die Monarchie und die Armee.

Am 30. April trat der Mitgründer Juan Carlos Monedero von der dritthöchsten Position bei Podemos zurück und warnte davor, dass sie sich den Parteien, die sie ersetzen wollte, angleiche. "Wenn wir diese einmalige Gelegenheit aufs Spiel setzen, und das wäre schrecklich: würden wir eine Menge Leute verraten, die geglaubt haben, dass wir für eine Veränderung stehen", erklärte Monedero.

Monederos Rücktritt war damit verbunden, dass er den Besitz von ungefähr 425.000 Euro, die er angeblich als Berater von verschiedenen "bolivianischen" Ländern in Lateinamerika verdient habe, nicht erklären konnte. Die Enthüllung war ein Geschenk an die Presse, die auf Podemos einprügelte, und behauptete, sie sei genauso korrupt wie die Parteien, die sie kritisiere, und stehe im Sold diktatorischer Regimes.

Als Reaktion auf Monederos Rücktritt erklärte Iglesias: "Wie Sie sich vorstellen können, ist das enorm schmerzhaft. Für mich ist Juan Carlos nicht nur ein langjähriger Teamkollege, er ist auch einer meiner besten Freunde, und er war und ist eine Schlüsselfigur für unseren politischen Werdegang und natürlich für Podemos."

Josep María Antentas, Soziologieprofessor und führender Pablist schrieb am 8. Mai für den International Viewpoint und warnte ebenfalls davor, in der "Mitte" nach Stimmen zu suchen. Er erklärte: "Die Herausforderung besteht für Podemos darin, auch weiterhin die politische Agenda zu bestimmen, indem sie Vorschläge und Fragen auf dem Tisch bringt, mit denen sie ihre Einzigartigkeit und ihre Glaubwürdigkeit als Agent des demokratischen und sozialen Wandels unterstreicht."

Es überrascht nicht, dass Antentas jeden Hinweis auf die Tatsache unterließ, dass die Pablisten direkt für den Rechtsruck von Podemos verantwortlich sind. Unter dem Druck der Iglesias Fraktion, die forderte, dass Podemos-Mitglieder doppelte Mitgliedschaften in einer anderen Partei aufgeben sollten, wurden die Antikapitalisten aufgelöst. Anschließend wurde die Hälfte der Organisation in Andalusien wegen ihres Widerstands gegen die Auflösung ausgeschlossen. Sie beschwerten sich, dass die "Errungenschaften" der Antikapitalisten wie das "Erreichen einiger parlamentarischer Positionen, z. B. durch Teresa Rodriguez in Andalusien, oder die Ersetzung von Miguel Urbán im Europäischen Parlament, auf Kosten der vollständigen Aufgabe der Verteidigung des antikapitalistischen Programm stattfand."

Weiter führten sie aus: "Der Schwenk in Richtung Mitte wurde unkritisch akzeptiert. Das drückt sich in der Richtung von Pablo Iglesias aus, der Podemos in eine Sackgasse führt. Dadurch wird sie die am stärksten von der Krise betroffen Teile enttäuschen, während der Kampf um die Vorherrschaft in der Mitte der politischen Szene nach dem Aufstieg der liberalen Rechten, der Bürger, verlorengeht."

Die verspäteten Beschwerden der andalusischen Antikapitalisten bestätigen die Warnungen der World Socialist Web Site. Als erstmalig deutlich wurde, dass Podemos, wie ihr Pendant Syriza in Griechenland, eine pro-kapitalistische Partei ist, stellten wir fest, dass sie die Arbeiterklasse unweigerlich verraten und dann angreifen würde. Iglesias hat wiederholt darauf bestanden, dass er bereit ist, jede Art von politischen Bündnissen einzugehen, auch solche mit explizit rechten Kräften. In einer Erklärung, in der er ausführt, dass er sowohl Übereinkommen mit PSOE als auch der PP in Betracht ziehen würde, sagte er: "Wir sind nicht sektiererisch. In programmatischen Fragen werden wir mit niemandem Probleme haben."

Die Rolle von Podemos war es, die Wut der Massen in die Sackgasse der Wahl einer neuen, bürgerlichen Regierung zu lenken und einen Mechanismus für die wohlhabenden Mittelschichten innerhalb von Podemos zu schaffen, mit dem sie sich "der Kaste", die sie zu bekämpfen vorgeben, anschließen können.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 22.05.2015
Wahlen in Spanien: Verluste für die großen Parteien und für Podemos
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2015

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