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GRASWURZELREVOLUTION/1409: Gemeinsam gegen den Riesen - Klimacamp im Rheinland vom 26.7. bis 3.8.2014


graswurzelrevolution 390, Sommer 2014
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

Gemeinsam gegen den Riesen

Vom 26. Juli bis zum 3. August 2014 findet im Rheinland erneut ein Klimacamp statt



Das ganze rheinische Braunkohlerevier ist von RWE besetzt. Um Kohle abbauen zu können, zerstört der Konzern hier Wälder, Dörfer, Grundwasserspeicher und Ackerland. Seine Kraftwerke heizen mit 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr die Atmosphäre auf - mit katastrophalen Folgen für Ökosysteme und Lebensgrundlagen weltweit.

Das ganze rheinische Braunkohlerevier?!

NEIN! Aber dies ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade jetzt, da der Ton seitens RWE, Polizei und Gemeinden im Dreieck zwischen Köln, Düsseldorf und Aachen rauer wird, ist die solidarische Zusammenarbeit verschiedener im Rheinland aktiver Gruppen für den Widerstand von großer Bedeutung.

Vor etwa vier Jahren haben Aktivist*innen begonnen, den lokalen Kampf gegen den Kohleabbau und die Kohleverstromung zu unterstützen (die GWR. berichtete). Sie trafen auf engagierte Einzelpersonen, Bürger*inneninitiativen und Umweltverbände, die es dem Energiekonzern RWE vor allem mittels juristischer Schritte und Öffentlichkeitsarbeit nicht leicht gemacht haben, seine Kohlepolitik durchzusetzen.

Zu diesen Aktivitäten gesellen sich nun teilweise ungehorsame und direkte Aktionsformen: Klimacamps wurden organisiert; der Hambacher Forst besetzt; Kohlebahnen blockiert. Der Fokus lag dabei auf der herrschaftskritischen Betrachtung des Rheinischen Reviers als enormen CO2-Emittenten und Großverursacher von Klimawandel, damit verbundener Flucht und globaler Ungerechtigkeit.

Während der ersten Waldbesetzung im Hambacher Forst, und ihrer Räumung im November 2012 hat sich gezeigt, wie groß und eng diese Verbindung der unterschiedlichen Gruppen im Laufe der Zeit geworden ist. Es etablierten sich regelmäßige Bündnistreffen, in denen ein gemeinsames Vorgehen gegen den Braunkohletagebau geplant wird.

Diese Beziehungen aufrecht zu erhalten ist eine Aufgabe des Widerstandes. Die mit RWE verklüngelten Behörden und die von den Anzeigen des Energiekonzerns abhängige Lokalpresse versuchen einen Keil zwischen die verschiedenen widerständischen Gruppen zu treiben, in dem Aktivitäten von engagierten Menschen kriminalisiert werden.

2013 wurde das Klimacamp im Rheinland vor allem durch ausgeCO2hlt, Einzelpersonen und das Reclaim the Fields Netzwerk organisiert. Noch nie zuvor sind innerhalb weniger Tage so viele Menschen gegen Kohle in Manheim unmittelbar am Tagebau Hambach gewesen. Und auch sonst, hatte das Camp viele Besonderheiten: Im Vorfeld hatte sich ein Übersetzungskollektiv gegründet, welches es technisch möglich machte, beim Camp in und aus zahlreichen Sprachen zu übersetzen; in und um die Workshops wurden Debatten angestoßen; zusammen hat man einen Umgang mit den absurden Verbots- und Kriminalisierungsversuchen seitens der Behörden und RWE gefunden. Noch immer läuft ein Verwaltungsverfahren der Campanmelderin gegen das Land NRW.

2013 war es gelungen, ein internationales, aktivistisches Spektrum ins Rheinland zu mobilisieren. In 2014 wird das Klimacamp im Rheinland von einem Bündnis getragen, zu dem neben verschiedenen Einzelpersonen u.a. auch ausgeCO2hlt und die BUNDjugend NRW zählen. Damit soll zusätzlich ein Fokus auf die Anbindung an lokale Strukturen, an andere im Rheinland aktive Akteur*innen und noch nicht politisierte Menschen gelegt werden.


Borschemich

Hinzu kommt, dass das Camp nicht am Tagebau Hambach sondern am Tagebau Garzweiler stattfinden wird, in dem schon größtenteils umgesiedelten Ort Borschemich. Dieser Schritt ist strategischer Natur: In Borschemich stehen die Bagger direkt vor der Tür; abgesehen von der hochsymbolischen und fotogenen Kulisse des Camportes kann sich die Klimabewegung hier neue Aktionsfelder im Anti-Kohle-Kampf erschließen. Zeitgleich zu den letzten drei Klimacamps im Rheinland hat es Kohlezugblockaden gegeben; es wird sich zeigen, welche Früchte die Kreativität der Aktivist*innen in diesem Jahr trägt.

Zudem ist nicht zu unterschätzen, welche öffentliche Aufmerksamkeit der Tagebau Garzweiler II gerade erhält: Ende März hat die Regierung Nordrhein-Westfalens bekannt gegeben, dass sie den Ausbau von Garzweiler II um ein kleines Stück verringern will.

Damit wurde einzelnen Siedlungen die Umsiedlung zwar erspart; klimapolitisch ist dies jedoch alles andere als ein Befreiungsschlag. Auch darum ist es wichtig, das Klimacamp dort stattfinden zu lassen, um den lokalen Protest zu unterstützen und getreu dem Motto "Wir wollen nicht den Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei" die vollständige Stilllegung von Garzweiler II zu fordern.

Manheim und die Besetzungen im Hambacher Forst sind und bleiben weiterhin wichtige Bezugspunkte - auch deshalb beginnen bereits jetzt Vorbereitungen zu Aktivitäten rund um den Beginn der Rodungssaison im Herbst 2014. (Tina)

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Quelle:
graswurzelrevolution, 43. Jahrgang, 390, Sommer 2014, S. 5
Herausgeber: Verlag Graswurzelrevolution e.V.
Koordinationsredaktion Graswurzelrevolution:
Breul 43, D-48143 Münster
Telefon: 0251/482 90-57, Fax: 0251/482 90-32
E-Mail: redaktion@graswurzel.net
Internet: www.graswurzel.net
 
Die "graswurzelrevolution" erscheint monatlich mit
einer Sommerpause im Juli/August.
Der Preis für eine GWR-Einzelausgabe beträgt 3 Euro.
Ein GWR-Jahresabo kostet 30 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2014