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IZ3W/202: "to be bangalored - or not to be" - Internationale Arbeitsteilung in der Softwareindustrie


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe Nr. 315 - November/Dezember 2009

Schwerpunkt: Digitale Welten

to be bangalored
- or not to be. Internationale Arbeitsteilung in der Softwareindustrie

Von Vaba Mustkass und Winfried Rust


Keine Branche wird mit Globalisierung, Innovation und dem flexiblen Arbeitsmodell so eng verbunden wie die Softwareindustrie. Die IT-WorkerInnen in Nord und Süd verdienen jeweils gut. Zwischen ihnen ist dennoch eine Kluft. Und auf Überstunden sind sie alle programmiert.


Die Vervielfältigung und der Vertrieb von Software sind praktisch kostenlos. Verdient wird nur mit den Lizenzen und der Wartung. In Indien dominiert der Dienstleistungsbereich (Tata Cosultancy, Wipro, Infosys, etc.) die Branche. Das funktioniert gut: Die Softwarebranche macht weltweit einen Jahresumsatz von über 230 Milliarden Dollar bei einer Steigerungsrate bis zur Wirtschaftskrise von über sieben Prozent. Die langjährige operative Gewinnmarge von über 30 Prozent ist ein Spitzenwert. Doch mit der Wirtschaftskrise verzeichnet die deutsche Zeitschrift Computerwoche einen »Kälteschock« auf dem IT-Stellenmarkt. Software ist global verteilt herstellbar und schnell und billig über das Internet zu verschicken. Der Wettbewerb findet heute automatisch weltweit statt. Dasselbe gilt für den Arbeitsmarkt. Via Outsourcing werden Aufgaben außerhalb des Konzernverbundes gelöst. Per Offshoring werden Aufgaben ins Ausland vergeben: In Tochterunternehmen, Joint Ventures oder in Fremdunternehmen. Hauptgrund für Offshoring ist der Niedriglohn. Während die Lohnkosten für ProgrammiererInnen bei 54 Euro pro Stunde in Deutschland und bei 44 Euro in den USA liegen, sind es in Indien etwa sieben Euro. (1) Wenn eine Firma in Deutschland für einen Programmierer pro Tag 400 bis 600 Euro bezahlt, erhält eine indische Firma dafür etwa 160 Euro. Trotz dem Reibungsverlust durch die Zergliederung der Arbeitsgänge ergibt sich durchschnittlich eine betriebswirtschaftliche Kostenersparnis von 25 bis 35 Prozent beim Outsourcing von Programmierarbeiten. (2) Dabei werden vor allem die untergeordneten Aufgaben ausgegliedert. Arbeitsteilung stellt sich hier als das Prinzip der verlängerten Werkbank dar.


to bangalore

»To bangalore« ist ein eigener Begriff geworden und beschreibt das digitale Outsourcing in eine andere Region. Bangalore im südlichen Indien ist eines der weltweit wichtigsten IT-Zentren und der viertgrößte »IT Cluster«. (3) Am unteren Rand der internationalen Software-Lohnhierarchie kodieren und testen die indischen IT-WorkerInnen nach Vorgabe oder machen Support. Zugleich liegen die Löhne am oberen Rand des indischen Lohnniveaus. Eine widersprüchliche Konstellation: Arundhati Roy spricht im Zusammenhang mit Bangalore von der »Errichtung von Sicherheitszonen. Diese stellen internationale, höchst privilegierte Gebiete innerhalb eines Meeres von Verzweiflung und Armut dar.« (4) Nur die Elite Indiens profitiere dabei, die ärmere Bevölkerung würde aus der Stadt verdrängt. »To be bangalored« ist ein anderer, feststehender Begriff in Indien geworden. Er steht für Technisierung, Verstädterung und Gentrifizierung und dafür, dass nichts mehr geht, wie bei dem Stau, der sich durch Bangalore zieht.

Niemand kann es den jungen IT-WorkerInnen verdenken, wenn sie nach den wenigen Arbeitsplätzen streben, die eine Perspektive bieten. Auslandsreisen weiblicher Programmiererinnen können zu Konflikten mit der Familie führen, weil hier Grenzen überschritten werden. Es gibt eine ungewöhnlich hohe Zahl von Paaren, die sich am Arbeitsplatz kennengelernt haben, weil dort ohnehin die meiste Lebenszeit verbracht wird. Das stärkt die Tendenz, sich den Partner selbst zu suchen, anstatt sich in die »arranged marriage« zu fügen. Die langen und flexiblen Arbeitszeiten können diese Paare mithilfe der Tradition, mit der sie teilweise kollidieren, wieder managen: Zur Kinderbetreuung werden oft die Eltern und Großeltern einbezogen. (5) Außerdem stehen in Indien billige Dienstboten bereit, die zu ebenfalls ungeregelten Arbeitszeiten, aber nur einem Bruchteil des IT-Gehalts im Haushalt leben. (6) Widersprüchlich ist auch der Status der Softwareökonomie. Die IT-Branche gilt Indien als Entwicklungschance und allgemein als Hort des kreativen Unternehmertums. Dabei öffnet sich in Indien eine Schere zwischen der mehrheitlich armen Land- und Slumbevölkerung und dem kleinen Anteil der Bevölkerung, der Zugang zur IT-Industrie hat. Die Branche steht wiederum im Fokus vielfältiger Subventionsbemühungen der indischen Zentralregierung und des Bundesstaates Karnataka: Steuerbefreiungen und Steuererleichterungen, Aufbau und Modernisierung der technischen Infrastruktur, Ansiedlung staatlich finanzierter Forschungseinrichtungen in Bangalore, Liberalisierung und Privatisierung von Colleges, günstige Abgabe von Land, staatliche Entwicklung von Technologieparks und Gründerzentren.

Wenn man die Exporte von IT-Dienstleistungen (also nicht Softwareprodukt-Exporte) betrachtet, so ist hier Indien heute weltweit der größte Exporteur mit einem Volumen von etwa 25 Milliarden Dollar. (7) Danach folgt Irland, das ebenfalls ein traditionelles Offshore-Land ist. China (2 Mrd. Dollar) und osteuropäische Länder wie Russland, Rumänien oder Tschechien spielen noch eine geringe Rolle, haben aber hohe Wachstumsraten von zeitweise weit über 30 Prozent. Die indischen Softwarekonzerne Infosys, Wipro und Tata Consultancy investieren heute wiederum in Brasilien. So ist einerseits eine Tendenz sichtbar, dass Schwellenländer zu Akteuren in der Softwareindustrie aufsteigen. Andererseits rücken sie vorwiegend in Bereiche nach, die die Top-100 Unternehmen abstoßen. Die Routinearbeiten werden in Niedriglohnländer verschoben. Von kreativer Wissensarbeit kann man hier nicht reden. Nach standardisierten Modellen wird der Taylorisierungsgrad, die sogenannte Prozessreife, gemessen. Indische Firmen erreichen hier regelmäßig Bestnoten (CMMI Level 5). Unternehmen in Indien vermessen auch den Reifegrad ihrer Belegschaften und der einzelnen MitarbeiterInnen nach Standardmethoden (PCMM). Auch in Deutschland wird die individuelle Leistung regelmäßig bewertet. In vielen Firmen wird eine betriebsweite Rangordnung gebildet. Am unteren Ende werden die sogenannten Low- oder Non-Performer einsortiert. Wovon das Management in Deutschland noch träumt, ist in Indien längst Realität: In regelmäßigen Abständen werden die unteren fünf oder zehn Prozent, die Schwachleister, entlassen.


Indische Spezialitäten

Eine Besonderheit ist die »National Skill Registry«. In dieser zentralen Datenbank erfassen IT-Profis via Internet ihren Lebenslauf und ihr Qualifikationsprofil. An einem von 125 Service Points werden Bild und Fingerabdrücke in die Datenbank eingespielt. Ausgewählte Detekteien überprüfen die Angaben mit »Background Checks«. Sie befragen dabei auch ehemalige Vorgesetzte. Das Ergebnis ihrer Checks vermerken sie in der Datenbank. Nicht bestätigte Angaben können die berufliche Existenz zerstören. Background Checks waren schon vor Einführung der Skill Registry Vorwand für die Entlassung tausender IT-Profis. In Blogs berichten sie, dass ihnen auf den jeweiligen Kundenauftrag zugeschnittene Profile abverlangt wurden, um dann nach getaner Arbeit wegen angeblicher »Fälschungen« entlassen zu werden. (8) Die Selbstregistrierung ist freiwillig, allerdings verlangen immer mehr große Firmen bei Bewerbungen ein überprüftes Profil. Inzwischen haben sich fast 500.000 IT-Profis registriert. Auch durch diese lebenslange Kontrolle ist der Druck auf die indischen ProgrammiererInnen enorm. Durchgearbeitete Nächte und lange Arbeitstage lassen kaum noch ein Leben außerhalb der Firma zu. Die IT-Metropole Bangalore hat die höchste Selbstmordrate des städtischen Indiens. (9)

Eine Hürde für Offshoring, besonders nach Indien, wird im Westen jedoch nicht in solchen Arbeitsbedingungen gesehen, sondern in »sprachlichen und kulturellen Barrieren«. Ein verbreitetes Stereotyp in Programmiererkreisen über die indischen KollegInnen ist: »They always say yes«. Das Buch »Die Softwareindustrie« beklagt Entscheidungsunwilligkeit der indischen ProgrammiererInnen und schreibt: »Es fällt ihnen darüber hinaus oftmals schwer, 'nein' zu sagen, wenn dies eigentlich notwendig wäre.« (10) Die Autoren verweisen darauf, dass eine kulturelle Kompetenz seitens der westlichen Mitarbeiter solche Differenzen relativiert. Es fehlt jedoch vollständig eine Analyse des gesellschaftlichen Zusammenhanges dieser der Kultur zugeschriebenen Differenz. Die hierarchische Rollenzuschreibung an den indischen »Partner« als Zuarbeiter, die entsprechende hohe Fluktuation und die hire and fire-Gepflogenheit in Indien verhindern eine kritische Haltung am Arbeitsplatz strukturell. Wie man überhaupt darauf kommen kann, das schon hierzulande verklärte Bild des eigenverantwortlich und zugleich teamorientiert wirkenden Softwarearchitekten auf KollegInnen zu übertragen, die in die Zuliefererrolle abgedrängt werden, ist rätselhaft. Die Reichweite der Kritik an diesem geteilten Arbeitsmarkt ist unterschiedlich: »Indien, die Qualität von da ist eine Katastrophe«, berichtet ein ehemaliger Vorstandsassistent. Am Ende »mussten wir nachträglich deutsche Qualität reinbringen«. (11) Dass sich mit Industriemethoden an der verlängerten Werkbank ohnehin kaum gute Software produzieren lässt, bleibt außen vor. Es kann dabei auch ausgeblendet werden, dass Deutschland standortstrategisch zu den Gewinnern der internationalisierten Weltwirtschaft gehört. Der Exportanteil der deutschen Softwareindustrie beträgt über 50 Prozent und die lukrativsten Jobs bleiben im Lande. Trotzdem inszeniert man sich als Opfer der Globalisierung. Legendär ist der Satz des heutigen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers: »Statt Inder an die Computer müssen unsere Kinder an die Computer.«

Spannender ist, die Kritik in der indischen IT-Arbeitswelt an diesen Zuständen zu beachten. In Indien haben IT-WorkerInnen von ausgelagerten Betrieben (12) eine Internet-Gewerkschaft gegründet. Sie organisieren Kampagnen gegen Schwarze Listen und gegen Entlassungen. Die indischen EntwicklerInnen lehnen die vertikale Arbeitsteilung natürlich ab. Einerseits sind die IT-Jobs umkämpft, weil für indische Verhältnisse lukrativ, andererseits fühlen sich die indischen EntwicklerInnen als »Technokulis« ausgeliefert. (13) Interessant ist da ein Seitenblick auf die Entwicklungsprojekte der Freien Software. Eine internationale Arbeitsteilung geht hier keineswegs mit dem System der verlängerten Werkbank einher. Das Internet wird ferner zur Vernetzung betrieblicher Gruppen genutzt. Über das Netz entstehen internationale Kontakte. (14)

Eine Diskussion um das »dissidente Wissen« in der Wissensgesellschaft, wie sie etwa im Buch »Empire« von Hardt/Negri geführt wird, relativiert sich an dieser Stelle. Die Zustände in der Wissensbranche sind zum Teil so schnöde wie in jeder anderen. Erst bei den klassischen Verweigerungspraktiken am Arbeitsplatz eröffnet sich die Frage, welche dissidenten Möglichkeiten sich im Bereich Wissen und Software eröffnen.


Vaba Mustkass ist Programmierer und schreibt den Blog itworker.wordpress.com
Winfried Rust ist Mitarbeiter im iz3w.

Anmerkungen:

(1) Die Softwareindustrie, Peter Buxmann u.a., Berlin 2008, S.165, nach Schaaf 2004.

(2) Ebenda, S. 166, nach Kublanov et al. 2005.

(3) http://www.kooperation-international.de/countries/themes/international/
clusterlist/cluster-bangalore/

(4) kulturrisse 1/06, Interview mit Konrad Becker.

(5) Vgl. Work, Culture and Sociality in the Indian IT Industry, Carol Upadhya, Bangalore 2006, S. 110.

(6) IT-Arbeitsverhältnisse unter Bedingungen globaler Wirtschaftsintegration, Nicole Mayer-Ahuja, DGS-Kongress Kassel 2006, S. 7-8.

(7) Vgl. Die Softwareindustrie, S. 164.

(8) Vgl. http://siliconindia.com/shownews/Sacked_Wipro_employee_alleges_
harassment-nid-60537.html/1/2 und Kommentare.

(9) Vgl. Once again, Bangalore is India's suicide capital
http://www.rediff.com/news/2008/jun/26rate.htm#

(10) Die Softwareindustrie, S. 175.

(11) Vgl. Matrix der Welt - SAP und der neue globale Kapitalismus, Ludwig Siegele, Joachim Zepelin: 2009, S. 155.

(12) Business Process Outsourcing: Der Anteil der Callcenter ist hier allerdings größer als der der Softwareproduktion.
(Vgl. http://bpounion.wordpress.com/

(13) Vgl. www.codingculture.wordpress.com

(14) Vgl. www.netzwerkit.de


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Die Software-Factory

Von Vaba Mustkass und Winfried Rust


Ein Mythos über die Softwarebranche besagt, dass sie das Industriezeitalter in der Arbeitsorganisation hinter sich gelassen hat. Die »kreativen Helden« der IT-Branche am Arbeitsplatz brauchen Freiräume anstatt tayloristischer Reglementierungen, um gute Programme zu schreiben. Manager halten dem in der Krise vermehrt entgegen, das Industriezeitalter sei in der jungen Branche gerade noch nicht erreicht, aber anzustreben - ebenso, wie die handwerkliche Produktion auch im Maschinenbau überholt wurde. Die meisten ProgrammiererInnen widersprechen dieser Analogie von Softwareentwicklung und Industrieproduktion wiederum grundsätzlich.

Die standardisierte Produktionsweise stieß bei der Wissensarbeit zur Softwareentwicklung an eine Grenze. Die Softwarebranche löste das Problem mit dem höheren Autonomiegrad, den sie den IT-Workern zugestand. Die klassischen, ingenieurmäßigen Vorgehensweisen wurden mit flexibleren Modellen der agilen Softwareentwicklung kombiniert. Die EntwicklerInnen dankten die größere Freiheit mit verbesserter Motivation und guten Ergebnissen. Die Besonderheit der Wissensarbeit kann nirgends besser als in der Softwarebranche betrachtet werden - und ebenso die Schattenseite der flexiblen Arbeitswelt sowie die Erosion dieser Besonderheiten unter dem Rationalisierungsdruck der Krisen.

Seit der Dotcom-Krise (1) und wieder mit der Wirtschaftskrise seit Herbst 2008 erhöht sich der Druck, Kosten zu sparen, auch im privilegierten Softwaresegment der IT-Branche. Deshalb wurde ein Managementkonzept zur Industrialisierung der Softwareentwicklung aus den späten 1960er-Jahren wieder aufgelegt: Die Software-Factory. Die Grundlagen der industriellen Arbeitsorganisation sollen hier Anwendung in der Wissensarbeit bekommen: Zergliederung der Softwareentwicklung in einfache Tätigkeiten, formalisierte Prozesse, Kontrolle durch Kennzahlen und Motivation durch Leistungslohn. KritikerInnen wenden ein, mit der industriellen Methode werde die Software schlechter. Aber bei dem Paradigmenwechsel spielt auch die Herstellung eines neuen Weltarbeitsmarktes für IT-Profis eine Rolle. Um eine vertikale Arbeitsteilung zu installieren und um Teile der Softwareentwicklung auszulagern, muss der Arbeitsprozess formalisiert und in Teilaufgaben mit eindeutig definierten Zwischenergebnissen zerlegt werden. Der Entwurf einer Software geschieht dann »onsite« im Norden, die Codierung offshore.


Digitale Arbeitswelten

Die »kreativen Helden« der Softwareproduktion sind in Bezug auf Lohn, Freiheitsgrad und Prestige dem privilegierten Segment der weltweiten Arbeitnehmerschaft zuzurechnen. In ihrer Arbeit müssen sie widersprüchlichen Erfordernissen zwischen Prozessorientierung und Autonomie gerecht werden. Eine Untersuchung des Institutes Arbeit und Technik über die Projektarbeit der Softwarebranche in Deutschland (2) bietet eine Innensicht.

Die EntwicklerInnen sind hier bei steigenden Projektanforderungen oft mit mehreren Projekten gleichzeitig befasst. Wenn sich die zeitkritischen Phasen überschneiden und fehlerhafte Hard- und Softwarekomponenten ins Spiel kommen, verdichtet sich der Stress. Die Flexibilität wird zu einer Falle: Mehraufwand und Termindruck werden auf die Schultern der ArbeitnehmerInnen abgewälzt. In den untersuchten Softwareprojekten litten die MitarbeiterInnen bis zu viermal häufiger unter psychosomatischen Beschwerden, als der Durchschnitt der Beschäftigten. Stressphasen von mehr als acht Wochen führten bei 40 Prozent der Befragten zu chronischer Erschöpfung - einer Vorstufe des Burnout. Ein substanzieller inhaltlicher Einfluss auf die Arbeit sei selten, die zusätzlichen Belastungen seien aber hoch.

Die Krise räumt immer mehr vom Mythos der schönen New Economy beiseite. Das Handelsblatt schreibt nun über die neuen Arbeitslosen des Silicon Valley: »Mehr als zwölf Prozent Arbeitslosigkeit herrschen im IT-Eldorado. Yahoo, Apple, Sun, Oracle, SAP, HP: Das Feuern nimmt kein Ende. Hier, wo sie höher flogen als anderswo, fällt es den Gestrauchelten besonders schwer, wieder Anschluss zu finden an den amerikanischen Traum.« Die Zahl der Selbstmorde im Zusammenhang mit dem Verlust von Haus und Job sei deshalb gerade im Silicon Valley gestiegen.


Anmerkungen:

(1) Im März 2000 platzte die Spekulationsblase der New-Economy-Unternehmen, die auf der Basis von Informationstechnik und Internet (dot.com) Geschäfte machen.

(2) IAT-Report 2006-04


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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 315 - November / Dezember 2009


THEMENSCHWERPUNKT:
Digitale Welten - SoftWares und das Internet

Über 1,2 Milliarden Menschen weltweit und über die Hälfte der EU-BürgerInnen nutzen inzwischen das Internet. Die IT-Kommunikation wird in gelegentlich aber immer noch in überirdischen Metaphern beschrieben: "Nur gut, dass man das Internet nicht hören kann, denn allein das chinesische Netzgeschnatter wäre wohl laut genug, um das gesamte Universum zum Einsturz zu bringen", schreibt Christian Y. Schmidt in seinem neuen China-Buch "Bliefe von dlüben". Die Volksrepublik steht mit über 300 Millionen registrierten InternetnutzerInnen weltweit an erster Stelle derer, die spielen, chatten, posten und bloggen, "was die Tasten hergeben".

Wenn vom Süden und dem Internet die Rede ist, muss man auch über die "digitale Kluft" sprechen. Da schon heute in absoluten Zahlen rund 60 Prozent der InternetnutzerInnen im Süden leben, ist eine weitere entscheidende Frage zur digitalen Welt, wie die digitale Kommunikation im Süden genutzt wird. Und gerade in autoritären Regimes spielt das Internet eine wichtige Rolle für dissidente Sichtweisen: Freiheitsbestrebungen, die im politischen Raum scheitern, lassen sich im Netz kaum unterdrücken.

Themen im Schwerpunkt:
Im Netz von Clans - Global verteilte Gemeinschaften statt globaler Gesellschaft + Internet-Vernetzung für Weltverbesserer + to be bangalored... - Internationale Arbeitsteilung in der Softwareindustrie + Copy light - Freie Software und globale Emanzipation + Agender, Bigender, Genderqueer - Feministische Auseinandersetzungen um das Internet + "Das Internet wird überbewertet" - Interview mit John Bwakali über Indymedia Kenya + "Schluss mit dem Kulturpessimismus" - Interview mit Geert Lovink über die neuen Kommunikationsmittel

Weitere Themen im Heft:

Politik und Ökonomie:
Mexiko: Arbeitskampf Contra Continental + Erfolgreiche Skandalisierung - Das NoBorder-Camp auf der griechischen Insel Lesbos + Migration: Ohne Sprachzertifikat kein Ehegattennachzug + Menschenrechte: Erfahrungen mit Kinderrechten in Guatemala und Indien + Chile: Geschichtspolitik um den 11. September + Drogenpolitik: Die ekuadorianische Regierung zwischen Repression und Liberalisierung

Kultur und Debatte:
Film: Der Regisseur Barry Barclay und das indigene Kino aus Neuseeland + Vergangenheitspolitik: Der Berliner Streit um die Ausstellung "Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg" + Nationalsozialismus: Interview mit Raffael Scheck über sein neues Buch "Hitlers amerikanische Opfer"



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INHALTSÜBERSICHT

Hefteditorial: Schlimmer geht's immer!


Politik und Ökonomie

Arbeitskämpfe: Contra Continental
Ein mexikanischer Arbeitskampf fordert deutsche Gewerkschaften heraus Interview mit Lars Stubbe

NoBorder: Erfolgreiche Skandalisierung
Das NoBorder-Camp auf der griechischen Insel Lesbos
von Miriam Edding

Migration: »Ihr wollt uns nicht«
Ohne Sprachzertifikat kein Ehegattennachzug
von Katja Giersemehl

Menschenrechte: Die Ohnmacht des Rechts
Erfahrungen mit Kinderrechten in Guatemala und Indien
von Manfred Liebel

Chile: Erinnern, um zu vergessen
Geschichtspolitik um den 11. September in Chile
von Sebastian Sternthal

Drogenpolitik: »Legt euch nicht mit Ekuador an!«
Die Drogenpolitik der Regierung Correa zwischen Repression und Liberalisierung
von Linda Helfrich


Schwerpunkt: Digitale Welten

Editorial

Im Netz von Clans
Global verteilte Gemeinschaften statt globaler Gesellschaft
von Karsten Weber

Internet-Vernetzung für Weltverbesserer
von Sascha Klemz

to be bangalored - or not to be
Internationale Arbeitsteilung in der Softwareindustrie
von Vaba Mustkass und Winfried Rust

Copy light
Freie Software und globale Emanzipation
von Stefan Meretz

Agender - Bigender - Genderqueer
Feministische Auseinandersetzungen um das Internet
von Tanja Carstensen

»Das Internet wird überbewertet«
Interview mit John Bwakali über Indymedia Kenya

»Schluss mit dem Kulturpessimismus!«
Interview mit Geert Lovink über die neuen Kommunikationsmittel


Kultur und Debatte

Film: Der Wegbereiter
Barry Barclay und das indigene Kino aus Neuseeland
von Ulrike Mattern

Vergangenheitspolitik: Erinnerung als Politikum Der Berliner Streit um die Ausstellung »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg«

Nationalsozialismus: »Sie wurden einfach erschossen«
Interview mit Raffael Scheck über sein Buch »Hitlers afrikanische Opfer«

Rezensionen, Tagungen & Kurz belichtet


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Quelle:
iz3w Nr. 315 - November / Dezember 2009, S. 28-29
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2010