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IZ3W/279: Israel - Die Hand wird nicht mehr gereicht


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe Nr. 332 - September/Oktober 2012

Israel: Die Hand wird nicht mehr gereicht

Von Marie Meltzer



Israel schottet sich gegen afrikanische Flüchtlinge ab

Ende Mai kam es in Tel Aviv zu Ausschreitungen gegen MigrantInnen aus afrikanischen Ländern. Sie sind der vorläufige Höhepunkt einer zunehmend feindlichen Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen. Auch die offizielle Politik des Einwanderungslandes Israel zielt auf Abschottung gegenüber afrikanischen Asylsuchenden. Was sind die Hintergründe?

»Israel was built by refugees«, lautet die Bildunterschrift unter einem großen Portrait Albert Einsteins im Büro des African Refugee Development Centers in Tel Aviv. Sie erinnert daran, dass viele Israelis oder zumindest ihre Vorfahren eine eigene Fluchtgeschichte haben. Umso mehr fällt an der Flüchtlingspolitik Israels eine große Diskrepanz auf: Einerseits hat Israel eine nicht unbedeutende historische Rolle bei der Stärkung der internationalen Flüchtlingsgesetzgebung gespielt - insbesondere bei der Genfer Flüchtlingskonvention, die 1954 von Israel unterzeichnet wurde. Andererseits sind die eigenen nationalen Gesetze und Richtlinien bis heute lückenhaft, uneinheitlich und unklar, obwohl die Zahl der Flüchtlinge deutlich stieg und das Thema zuletzt immer häufiger Gegenstand öffentlicher Diskussionen ist.

Bis 2006 gab es so wenige Flüchtlinge, dass die Regierung weitgehend auf staatliche Institutionen und Gesetze verzichtete und Asylanträge dem UNHCR übergab. Seitdem stiegen die Zahlen allerdings von gut tausend auf heute bis zu 60.000 in Israel lebende Flüchtlinge.


80 Prozent Ablehnung

Auf Grund der repressiver werdenden israelischen Flüchtlingspolitik scheint die massive Zunahme der Flüchtlingszahlen überraschend. Doch zum einen ist Israel durch seine geographische Lage - mit einer direkten Grenze zu Ägypten und damit zum afrikanischen Kontinent - die nahe gelegenste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus ostafrikanischen Ländern. In diesen verschlechterte sich die Lage in den letzten Jahren zunehmend. Um nur einige Beispiele zu nennen: Im Sudan spitzte sich die Situation durch anhaltende gewaltsame Konflikte mit Südsudan trotz dessen Unabhängigkeit 2011 weiter zu (siehe iz3w 329). In Eritrea ist die innenpolitische Lage immer stärker geprägt durch den Zwang zu einem oft jahrzehntelangen Militärdienst und verstärkten repressiven politischen Maßnahmen gegen die eigene Bevölkerung (siehe iz3w 327). Zudem verschlechterte sich in Eritrea und Äthiopien die Ernährungssituation durch wiederholte Dürren in den letzten Jahren.

Zum anderen ist den Flüchtlingen der Weg nach Europa durch zunehmende Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen an den EU-Außengrenzen massiv erschwert worden, so dass Israel fast zwangsläufig zum Ziel der Flüchtlinge wurde.

Erst 2009 wurde Handlungsbedarf gesehen und innerhalb des israelischen Innenministeriums ein »Refugee and Infiltration Unit« gegründet, das nun über Anträge auf Anerkennung des Flüchtlingsstatus' entscheidet. Von den mehr als 4.500 Asylanträgen, die 2011 dort eingingen, wurde allerdings nur ein einziger bewilligt. 80 Prozent der Anträge wurden bereits abgelehnt, über die anderen wird noch entschieden.

Der überwiegenden Mehrheit der Flüchtlinge bleibt der Zugang zum Asylverfahren ohnehin verwehrt. Denn für EritreerInnen und SudanesInnen, die zusammen gut 85 Prozent aller Flüchtlinge ausmachen, gibt es einen Gruppenschutz, der nicht vom individuellen Schicksal, sondern einzig von der Nationalität abhängig ist. Menschen aus diesen beiden Ländern erhalten eine dreimonatige Aufenthaltserlaubnis, die allerdings weder Zugang zu sozialer, medizinischer noch juristischer Unterstützung gewährt.

Im Falle von Flüchtlingen aus Südsudan wurde der Gruppenschutz einige Monate nach dessen Unabhängigkeit aufgehoben und 2012 eine groß angelegte Kampagne zur Rückführung aller in Israel lebender SüdsudanesInnen ins Leben gerufen. Eine individuelle Einzelfallprüfung gibt es nicht. Selbst Kinder, die in Israel geboren und aufgewachsen sind, sind von Abschiebungen betroffen.

Die Einwanderung jüdischer Menschen wurde in Israel von jeher aktiv gefördert und soll jedem Menschen jüdischer Abstammung aus der ganzen Welt jederzeit möglich sein - denn Israel versteht sich nach wie vor als Refugium aller Jüdinnen und Juden. Die heutige Flüchtlingspolitik ist geprägt von einem Spagat zwischen dem Versuch, die Einwanderung nicht-jüdischer Flüchtlinge möglichst streng zu kontrollieren und zugleich der internationalen Verantwortung durch die Unterzeichnung von Verträgen gerecht zu werden.

Ein gutes Beispiel für die teilweise in sich widersprüchlichen Vorschriften ist die Handhabung des Arbeitsverbotes. Zwar steht in dick gedruckter Schrift auf den regulären Dreimonatsvisa »keine Arbeitserlaubnis«. Doch nach einer Klage mehrerer NGOs wird die Nichteinhaltung nicht mehr geahndet, da den Flüchtlingen keine andere Möglichkeit zur Sicherung der Grundbedürfnisse gegeben ist. Dennoch ist diese Regelung längst nicht allen Flüchtlingen bewusst und erschwert die Arbeitssuche enorm. Dazu kommt, dass arbeitsrechtliche Ansprüche wie Auszahlung von Gehältern, Sozialversicherung und Hygienevorschriften nicht oder nur unzureichend eingehalten werden.

Die meisten Flüchtlinge kommen über die Grenze vom Sinai nach Israel. Nach den oft traumatischen Erlebnissen bei ihrer Flucht werden sie auf der israelischen Seite zur Klärung ihrer Personalien für einige Wochen bis Monate inhaftiert (siehe dazu iz3w 330). Anfang 2012 trat das umstrittene Anti-Infiltrationsgesetz in seiner erweiterten Form in Kraft. Ursprünglich wurde es 1954 verabschiedet, um die illegale Rückkehr von PalästinenserInnen aus den umliegenden arabischen Ländern nach Israel zu verhindern.

Nun schließt der Begriff der »Eindringlinge« auch Flüchtlinge ein und legitimiert deren automatische Inhaftierung, wenn sie illegal die Grenze nach Israel überqueren. Auf Grundlage dieses Gesetzes können sie ohne jegliche Gerichtsverhandlung für bis zu drei Jahre, teils sogar auf unbegrenzte Zeit inhaftiert werden, sollten sie aus einem »feindlichen« Staat wie beispielsweise dem Sudan stammen. Der Begriff des »feindlich gesinnten Staates« wird auf die meisten Länder angewendet, die wie der Sudan Teil der Arabischen Liga sind.


Brennpunkt Tel Aviv

Nach ihrer Freilassung ist für viele Flüchtlinge die erste Anlaufstation die Region um den Busbahnhof im vergleichsweise armen Süden Tel Avivs. Der dortige Levinsky-Park beherbergt bereits hunderte Obdachlose aus afrikanischen Ländern. Die immer knapper werdenden bezahlbaren Wohnräume sind hoffnungslos überfüllt. Durch die steigende Zahl der Flüchtlinge veränderte sich diese Gegend in den letzten Jahren erheblich, immer mehr Menschen leben hier gedrängt auf engem Raum. Auf Grund fehlender Möglichkeiten zur Integration und nicht vorhandener finanzieller Mittel ist es den meisten Asylsuchenden nicht möglich, in ein anderes Viertel zu ziehen.

Die israelischen BewohnerInnen des Tel Aviver Südens fühlen sich schon immer unzureichend von der Regierung wahrgenommen und unterstützt, insbesondere angesichts der staatlichen Investitionen im reicheren Norden der Stadt. Der Unmut über diese Situation führt bei vielen zu Projektionen auf »die Fremden«. Diese werden auch von Seiten des Staates für Wohnungs- und Arbeitsnot sowie steigende Kriminalität verantwortlich gemacht. Nur wenigen Israelis ist bekannt, dass die Kriminalität der Flüchtlinge im Vergleich zur israelischen Bevölkerung laut Statistiken der Polizei sogar niedriger ist.

So spitzten sich die Spannungen immer weiter zu. Anfang 2012 gab es mehrere Angriffe mit Molotow-Cocktails auf Wohnhäuser, Läden und sogar einen Kindergarten der afrikanischen Gemeinschaft. Im Mai eskalierte eine Demonstration von etwa tausend AnwohnerInnen im Süden Tel Avivs. Lautstark forderten sie die Abschiebung aller Flüchtlinge und wurden dabei teilweise sogar von Regierungsseite unterstützt. Die Abgeordnete der konservativen Likud-Partei Miri Regev bezeichnete die SudanesInnen in einer Ansprache als »Krebsgeschwür« der israelischen Gesellschaft. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen, afrikanische Läden wurden zerstört und 17 DemonstrantInnen verhaftet. Zwar verurteilte Premierminister Benjamin Netanyahu die Gewalt, solidarisierte sich aber im selben Atemzug mit der Süd-Tel Aviver Bevölkerung, deren »Schmerz« er verstehen könne.

Auf politischer Ebene wird eine vorwiegend wenig differenzierende Debatte geführt. Bereits in der gebräuchlichen Terminologie spiegelt sich die größtenteils abwehrende Haltung wider. Statt »Flüchtlinge« werden sie als »illegal infiltrators« (illegale Eindringlinge) oder »labour infiltrators« (Arbeitseindringlinge) bezeichnet. Gerade der letztgenannte Ausdruck vermittelt den einseitigen Eindruck, dass es sich bei den Flüchtlingen ausnahmslos um ArbeitsmigrantInnen handele. Dabei sind viele auf Grund politischer Verfolgung aus ihren Heimatländern geflohen.


Gefühl der Bedrohung

Immer wieder wird seitens der Regierung auf die existenzielle Bedrohung in demographischer, politischer und kultureller Hinsicht verwiesen, die angeblich von den Flüchtlingen ausgehe. Netanyahu sagte 2010: »Die Eindringlinge verursachen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Schaden und werfen uns in die Dritte Welt zurück«. Im Mai 2011 konkretisierte er diese Aussage: »Aus 60.000 Eindringlingen werden wahrscheinlich 600.000 und das führt zur Auslöschung Israels als jüdischer und demokratischer Staat«.

Diese Befürchtung ist schon angesichts des derzeitigen Zahlenverhältnisses von Flüchtlingen zur israelischen Gesamtbevölkerung massiv übertrieben. Dennoch sitzt die Angst vor Bedrohungen von außen bei vielen Israelis sehr tief und ist leicht zu wecken - umso mehr, wenn es sich um Flüchtlinge mit muslimischen Hintergrund handelt, wie bei vielen Menschen aus Sudan. Innenminister Eli Yishai drückt dies in Interviews wiederholt in radikalen, nationalistischen Formulierungen aus. Nach den Eskalationen Ende Mai sagte er: »Die Muslime, die hier ankommen, glauben nicht, dass dieses Land zu uns gehört, zu den Weißen.« Er plädierte dafür, »alle Mittel zu nutzen, um die Fremden zu vertreiben, bis nicht ein einziger Eindringling mehr übrig ist.«

Die Vermeidung der Bezeichnung »Flüchtling« lässt sich im Kontext Israels auch durch die starke Assoziation des Begriffes mit der palästinensischen Flüchtlingsproblematik erklären. Würde eine Anerkennung der afrikanischen Flüchtlinge als solche nicht auch den Forderungen der palästinensischen Flüchtlinge entgegen kommen, gerade auch hinsichtlich des »Rechtes auf Rückkehr«? Und wäre in einem solchen Falle die gewünschte jüdische Mehrheit im Staat Israel noch gegeben?

Weil die Antworten der meisten Israelis auf diese Fragen sehr skeptisch ausfallen, sind die politischen Maßnahmen in Reaktion auf die gestiegenen Flüchtlingszahlen eher abwehrend als integrierend. Im Juni wurden die Anstrengungen zur Abschiebung von Flüchtlingen aus Südsudan erhöht. Trotz vieler Berichte von erneuter Gewalt verließ am 17. Juni ein erstes Flugzeug Israel in Richtung Juba. An Bord waren mehr als 100 Passagiere, darunter 43 Kinder.

Um weitere Flüchtlinge fern zu halten, soll noch in diesem Jahr der Zaun an der Grenze zur ägyptischen Halbinsel Sinai fertig gestellt werden. Er ist mit modernen Überwachungstechnologien ausgestattet und soll den gesamten Grenzstreifen abdecken.

Ein weiteres Projekt ist ein riesiges Flüchtlingslager in der Negev-Wüste mit etwa 10.000 Plätzen. Da auf Grund der aktuellen Situation eine möglichst frühe Fertigstellung angestrebt wird, wurde der ursprüngliche Plan kurzerhand abgeändert. Statt Gebäuden sollen nun Zelte errichtet werden. Auf Einrichtungen wie Klassenräume oder Speisesäle soll vorübergehend verzichtet werden. Auch die Frage der Abwasserbeseitigung ist bisher ungeklärt. Während Sprecher des Außenministeriums betonen, dass es sich nur um eine Übergangslösung handele, äußert sich der Vorsitzende des Ramat Negev Regional Councils, Shmulik Rifman, äußerst besorgt und bezeichnete den derzeitigen Plan als einen »Schlag gegen den Wert des menschlichen Lebens und gegen die grundlegenden Menschenrechte«.

Ein Gegenvorschlag zur Lösung der Flüchtlingsfrage kommt von der Opposition, geführt von der Vorsitzenden der sozialdemokratischen Israeli Labor Party, Shelly Yachimovich. In einem Gesetzesentwurf schlägt sie die Bildung eines Komitees vor, das individuell über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus entscheidet und das jedem Flüchtling zugänglich sein soll. Jedes Jahr sollen 2.000 Flüchtlinge anerkannt und integriert werden. Des Weiteren soll laut Yachimovich die Zahl eingeflogener ArbeitsmigrantInnen reduziert und im Gegenzug mehr Flüchtlinge beschäftigt werden. Sie sagte zur Begründung des Gesetzentwurfes: »Die Jüdinnen und Juden haben Verfolgung und Pogrome erleiden müssen, und es ist ein moralischer Imperativ, dass wir Flüchtlingen, die einem Genozid entkamen, die Hand reichen.« Yachimovich stellt aber auch fest: »Zugleich müssen wir den jüdischen Charakter des Staates Israel und seine Souveränität schützen.« Trotz solcher Zugeständnisse ist es unwahrscheinlich, dass die Koalition dem Gesetzentwurf zustimmt.


Es gibt auch Solidarität

Innerhalb der israelischen Gesellschaft gibt es viele Gegenstimmen zur offiziellen Flüchtlingspolitik. In den letzten Jahren entstanden zahlreiche nichtstaatliche Organisationen, die versuchen, den Missständen entgegenzuwirken. So etablierten sich beispielsweise Flüchtlingskliniken, Essensausgaben oder im Levinsky-Park eine Bibliothek mit Büchern in den unterschiedlichsten Sprachen. Daneben gibt es Anlaufstellen für Arbeitssuchende, Rechtshilfe oder Sozialberatung.

Diese Parallelstrukturen sollen nur ein vorübergehendes Mittel auf dem Weg zu einer grundlegenden politischen Lösung sein und reichen längst nicht, um alle Grundbedürfnisse der Flüchtlinge zu erfüllen. Aber das überwiegend ehrenamtliche Engagement zeigt die Anteilnahme vieler Israelis an der Lage der Flüchtlinge.

Erst kürzlich unterzeichneten hundert israelische PreisträgerInnen, AkademikerInnen und Personen des öffentlichen Lebens einen Brief an die Regierung, um ihrer Forderung nach liberaler Flüchtlingspolitik Ausdruck zu verleihen. Rabbi Joel Seltzer drückte die Beweggründe so aus: »Was ist letztlich der Sinn des Staates Israel, wenn wir nicht lernen zu handeln, wie Jüdinnen und Juden es müssen: Mit leidenschaftlicher Empathie für diejenigen, die unsere Erfahrung der Flucht vor tausenden Schwertern teilen?«


Marie Meltzer studiert in Leipzig. 2011/ 2012 arbeitete sie einige Monate im Frauenhaus des African Refugee Development Centers in Tel Aviv.


Das African Refugee Development Center

Das ARDC ist eine 2004 gegründete nichtstaatliche Organisation, die als Anlaufstelle für Flüchtlinge in Tel Aviv ganz verschiedene Aufgaben übernimmt. Der Großteil der Arbeit basiert auf freiwilligem Engagement von einheimischen und internationalen VolontärInnen. Das Center bietet juristische Unterstützung bei der Antragstellung für eine Aufenthaltserlaubnis und bietet Kurse in Hebräisch und Englisch an.

Das Frauenhaus des ARDC dient schwangeren oder alleinerziehenden Frauen als vorübergehende Unterkunft und bietet ihnen eine erste Orientierung in Tel Aviv. Die Frauen werden zu wichtigen Stellen begleitet, um Schwangerschaftsvorsorge, eine Entbindung unter ärztlicher Aufsicht und nach der Geburt die gesundheitliche Grundversorgung der Babys zu gewährleisten. In letzter Zeit verschärfte sich die Lage aber auch hier: Einerseits durch die neue harsche Gesetzgebung, andererseits durch die angespannte und aggressive Stimmung im Süden Tel Avivs, wodurch eine ausreichende Sicherheit für die dort lebenden Frauen nicht mehr gewährleistet werden kann. Über Spendenkampagnen soll nun unter anderem ein Sicherheitsdienst für das Frauenhaus finanziert werden.

Ende Januar 2012 veröffentlichte das ARDC im Rahmen seiner politischen Lobbyarbeit einen detaillierten »Alternative Report« über die Lage der Flüchtlinge in Israel. In ihm wird der israelischen Regierung vorgeworfen, trotz gegenteiliger Bekundungen die nationalen und internationalen Abkommen zur Verhinderung von Rassismus zu missachten. Über hochrangige PolitikerInnen heißt es: »Ihre diskriminierende und rüde Sprache, die von den Medien übernommen wird, ist zumindest teilweise verantwortlich für den landesweiten Backlash gegen Asylsuchende.«

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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 332 - September/Oktober 2012

Wem gehört die Stadt?
Hello City

Es ist die städtische Bevölkerung, vor allem die Menschen der neuen Vorstädte, die Geschichte machen. Die Stadt ist ein Terrain dynamischer Umbrüche. Die derzeitige Migration vom Land in die Stadt ist die bedeutendste Umstrukturierung in der Weltbevölkerung in diesem Jahrhundert. Insbesondere im Globalen Süden entstehen Megacity-Agglomerationen mit über zehn Millionen EinwohnerInnen. Selbst Ansiedlungen in der Einöde und sogar Flüchtlingslager werden zu urbanen Räumen - manchmal allerdings auch zu Territorien der Perspektivlosigkeit.

Unser Themenschwerpunkt befasst sich damit, wie sich aktuelle Verstädterung darstellt und welche sozialen Kämpfe sie begleiten. Wie funktioniert die Verstädterung von den Rändern her? Wie spielt sich das Leben in der Stadt zwischen Aneignung und Enteignung, Kontrolle und Widerstand, Ordnung und Eigensinn ab? Wie werden macht- und marktpolitische Interessen einerseits, soziale und utopische Ideen andererseits eingebracht, durchgesetzt oder gekippt?


INHALTSÜBERSICHT


Editorial des Dossiers

Der große Marsch.
Die Welt wird städtisch - doch wem gehört die Stadt?
von Winfried Rust

Occupy all Streets.
Stadtperipherien und das »Recht auf Stadt«
von Carolin Genz

Gefühlvolle feminine Territorien?
An den Rändern der Städte wartet die Revolution
von Simon Brüggemann

Kriminalisierte Mobilität.
Straßenhandel als postkoloniales Recht auf Stadt?
von Noa Ha

Reclaim the City.
Männerzentrierte Städte und feministische Architekturkritik
von Katrin Dietrich

Die Lichter von Korogocho.
Vertreibung und Aufbegehren in den Nairobi Slums
von Martina Backes

Wessen Alexandra?
Kampf um Einfluss im ältesten Township von Südafrika
von Barbara Heer

Die verhinderte Stadt.
Wiederaufbau im nordlibanesischen Flüchtlingslager Nahr el Bared
von Monika Halkort

Im Sumpf der Stadt.
Im indonesischen Jakarta droht ein ökologischer Kollaps
von Günter Spreitzhofer

Ungefragt überplant.
In Brasilien führen die Vorbereitungen zur Männer-Fußball-WM zu Vertreibungen
von Uta Grunert

»Stadt im Ausnahmezustand«.
Interview zu den Auswirkungen der WM 2014 in Brasilien


Hefteditorial

POLITIK UND ÖKONOMIE

Atomindustrie I: »Für die ganze Welt gefährlich«.
Interview zum illegalen Uranabbau im Kongo

Atomindustrie II: »Die Menschen können kein Uran essen«.
Interview zum bevorstehenden Uranabbau in Tansania

DR Kongo: Der Friedenspräsident will alleine herrschen.
Kriegsparteien im Ostkongo in wechselnder Allianz
von Alex Veit

Israel: Die Hand wird nicht mehr gereicht.
Abschottung gegen afrikanische Flüchtlinge
von Marie Meltzer

Libyen: In eine ungewisse Zukunft.
Ein Jahr nach der Revolution steht Libyen vor großen Problemen
von Sören Scholvin

Syrien: Wer gegen wen?
Die Frontstellungen in Syrien sind ethnoreligiös geprägt
von Hannes Bode

Paraguay: Frosch aus einem anderen Teich.
Präsident Lugo stand der Oligarchie im Wege
von Andreas Knobloch

Antirassismus: Ein Leben gegen die Apartheid.
Die afrikanische Revolutionärin Ruth First
von Hanno Plass


KULTUR UND DEBATTE

Film I: Todesangst.
Der Film »Black Block« über die entfesselte Polizeigewalt von Genua
von Gaston Kirsche

Film II: Qual der Wahl.
Zwanzig Jahre Afrika Film Festival »Jenseits von Europa«
von Karl Rössel

Film III: Zanziwood.
Das Internationale Filmfestival in Sansibar
von Isabel Rodde

Kunst: In ihren Welten.
Eine Ausstellung mit Kunst der Maori aus Neuseeland
von Ulrike Mattern

Rezensionen

Szene / Tagungen

Impressum

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Quelle:
iz3w Nr. 332 - September/Oktober 2012, S. 8-10
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2012