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IZ3W/347: Rezension - Visionäre Afrikas. Der Kontinent in ungewöhnlichen Portraits


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe 345 - November/Dezember 2014

Rezension
Pioniere der afrikanischen Geschichte

von Eva-Marie Knapp



Afrika als Kontinent der Katastrophen, Krankheiten und Kriege - das Vorwort des Sammelbandes Visionäre Afrikas beklagt, wie sehr dieses Bild noch immer tief in den Köpfen vieler EuropäerInnen verwurzelt ist. Solchen Vorstellungen möchte das Buch mit Portraits entgegen treten, in denen von Menschen berichtet wird, die für eine bessere Zukunft kämpfen, die beharrlich an ihren Visionen festhalten, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Geschrieben wurden diese Porträts von unbekannten wie auch etablierten SchriftstellerInnen afrikanischer Herkunft. Ihnen gibt der Sammelband somit ebenfalls eine Stimme, die in Deutschland noch immer selten zu hören ist.

Einige der Portraitierten sind internationale Größen, wie die Schriftstellerin und Politikerin Aminata Traoré, der Musiker Fela Kuti oder der Unabhängigkeitsführer Patrice Lumumba. Andere hingegen sind kaum über die Grenzen ihrer Region oder ihrer Gruppe hinaus bekannt. Dort konnten sie jedoch wichtige Veränderungen bewirken und sind fest im kulturellen Gedächtnis verankert. Viele der Persönlichkeiten verschaffen sich Gehör durch Literatur oder Musik, aber auch durch die Gründung von Vereinen und Universitäten oder durch öffentliche Protestaktionen. Einige kämpfen als Führungspersonen, andere als einfache DorfbewohnerInnen gegen Kolonialismus, Abhängigkeiten, Korruption, Diskriminierung, Armut oder Umweltprobleme. Zwar sind die Geschichten wiederum geprägt von Konflikten und scheinbar ausweglosen Situationen. Gleichzeitig stellen sie sich aber auch gegen die oft vermutete Passivität der Menschen und zeigen ein Panoptikum an Möglichkeiten des Widerstandes auf.

Alle Portraits setzen einen Schwerpunkt auf die Umstände, die zu diesem außergewöhnlichen Handeln geführt haben. Dabei reichen die literarischen Darstellungsformen von sachlichen Kurzbiographien über Erfahrungsberichte der AutorInnen bis hin zu mündlich überlieferten Erzählungen, sie laden so zu einem abwechslungsreichen Schmökern ein. So schafft es der Sammelband, Vorurteile, Klischees und Stereotypen aufzubrechen, ohne dabei den Zeigefinger zu heben. Wer tiefgehende oder kritische Analysen erwartet, muss hingegen selbst aktiv werden. Bei einigen Portraits bieten Hinweise zu Literatur, Film und Musik die Möglichkeit, sich näher mit einzelnen Personen zu beschäftigen.

Überraschenderweise weist das Buch einen klaren Bezug zu Deutschland auf. Dies liegt nicht nur daran, dass die Erstausgabe in der Afrika-Reihe des deutschen Peter Hammer Verlages erschienen ist. Nicht wenige der AutorInnen sowie der Herausgeber leben oder lebten in Deutschland. Vor allem aber verdeutlichen die erzählten Geschichten eine starke Verbindung: Zahlreiche Portraits zeigen die kolonialen Verstrickungen Deutschlands in vielen afrikanischen Ländern auf, die bis heute weit reichende Auswirkungen haben.

Die Auswahl der Portraits wurde von den AutorInnen selbst getroffen und folgt keiner klaren Linie. Gerade deshalb präsentiert der Sammelband eine große Bandbreite bedeutender Persönlichkeiten, die deutlich macht, dass Afrika in vielen Bereichen auch ein Kontinent der Pioniere ist.


M. Moustapha Diallo (Hg.):
Visionäre Afrikas.
Der Kontinent in ungewöhnlichen Portraits.
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2014. 366 Seiten, 29,90 Euro.

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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 345 - November/Dezember 2014

von Barrieren und Behinderungen
Diskriminierung inklusive

Die Zahl der Menschen mit Behinderung liegt weltweit bei über einer Milliarde und ist damit deutlich höher als bisher angenommen. Rund 80 Prozent von ihnen leben im Globalen Süden. Hier sind Betroffene besonders benachteiligt, da Behinderung Armut schafft oder verfestigt. Umgekehrt sind schlechte Lebensbedingungen wie mangelhafte Ernährung und Gesundheitsfürsorge ebenso wie Kriege häufig die Ursache von Behinderungen.

Hinzu kommt überall Diskriminierung - im Süden wie im Norden. Deshalb beschäftigen wir uns in der aktuellen Ausgabe der iz3w auch mit grundlegenden Fragen: Ist oder wird ein Mensch behindert? Was ist mit "Inklusion" und "Disability Studies" gemeint? Mit welchen Diskriminierungen sehen sich Betroffene konfrontiert? Und welche Gegenstrategien und Selbstorganisationen gibt es, um Barrieren entgegen zu treten?

Der südnordfunk - die monatliche Radio-Magazinsendung des iz3w - ergänzt das Dossier mit Podcasts rund um das Thema Behinderung. Nachzuhören auf iz3w.org.


Inhaltsübersicht aus dem Themenschwerpunkt:

Dossier: von Barrieren und Behinderungen

Editorial

Kein Defekt, sondern Benachteiligung
Von einer inklusiven Gesellschaft sind Nord und Süd weit entfernt
von Jana Offergeld

Zurück zur sozialen Wirklichkeit
Was ist Behinderung? Kontroversen und ihr Hintergrund
von Michael Zander

Weder gottgefällig noch leistungskonform
Behindertenfeindlichkeit hat verschiedene Hintergründe
von Volker van der Locht

Unantastbar und unerreicht
Würde und Behinderung sind k/ein Gegensatz
von Nati Radtke und Udo Sierck

Konstruiert
Disability Studies: Wie wird Behinderung hergestellt?
von Swantje Köbsell

Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen
Die ökonomische Situation von Menschen mit Behinderung ist schwierig
von Gabriele Weigt

Asexuelle Neutren
Wie Geschlecht und Behinderung zusammenhängen
von Nina Ewers zum Rode

Inklusion durch Radio
Ein mexikanisches Programm von und für Menschen mit Behinderung
von Mareike Lohr

Doppelt diskriminiert?
Bei Migration und Behinderung überschneiden sich Benachteiligungen
von Nausikaa Schirilla

»Ich will einfach nur Mensch sein!«
Interview mit dem pakistanischen Aktivisten Shafiq ur Rehman

»Man darf nicht romantisieren«
Interview mit Francis Müller über das Fotoprojekt »Minenopfer in Angola«


POLITIK UND ÖKONOMIE

Hefteditorial

Dschihadismus I: Ein Kalifat in Borno
Die Dschihadisten von Boko Haram erobern Teile Nigerias
von Norbert Rusch

Dschihadismus II: Erfolg macht erfolgreich
Der Islamische Staat errichtet in Irak und Syrien ein Terrorregime
von Thomas Schmidinger

Tschad I: »Die Prioritäten haben sich verschoben«
Interview mit dem tschadischen Abgeordneten Béral Mkaikoubou über die Rolle des Tschad in der Sahel-Region

Tschad II: Vom Outlaw zum Verbündeten
von Helga Dickow

Fidschi: Das Ende der CoupCulture?
Fidschis ethnischer Konflikt und die Demokratie
von Eberhard Weber

Australien: »An einem absoluten Tiefpunkt angelangt«
Interview über die australische Politik der Flüchtlingsabwehr

Senegal: Zwischen den Fronten
Frauen setzen sich für Frieden in der Casamance ein
von Martina Backes


KULTUR UND DEBATTE

Vietnam »Noch ein langer Weg«
Geschlechterdiskriminierung im sozialistischen Vietnam
von Christopher Wimmer

Literatur: Afrika verkomplizieren
Mit »Afropolitan« ist eine neue Literaturgattung entstanden
von Rosaly Magg

Film: Postkoloniale Ikone
»Concerning Violence« trivialisiert das Werk von Frantz Fanon
von Udo Wolter

Rezensionen

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Quelle:
iz3w Nr. 345 - November/Dezember 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2014