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MARXISTISCHE BLÄTTER/482: Neue Züge im heutigen staatsmonopolistischen System


Marxistische Blätter Heft 2-11

Neue Züge im heutigen staatsmonopolistischen System

Von Gretchen Binus


Die marxistische Kapitalismusanalyse hat sich in ihrer Entwicklung immer davon leiten lassen, dass es grundlegende Merkmale dieses Systems gibt und - wie Jörg Huffschmid feststellte(1), wer diese nicht zur Kenntnis nimmt, "den ökonomischen Kern des modernen Kapitalismus und seiner politischen Regulierung" verfehlt. Dabei nannte er die ökonomische Kernstruktur mit einer relativ kleinen Zahl von Großunternehmen, die die Märkte in hohem Maße gestalten, die politische Regulierung der Wirtschaft und das Verhältnis zwischen beiden im reifen oder eben staatsmonopolistischen Kapitalismus.

Das trifft auch für die jetzige Zeit zu. Es hat sich eine neue Entwicklungsstufe des Kapitalismus herausgebildet, die infolge eines höheren Monopolisierungsgrades eine weitaus stärkere Einbeziehung des Staates in alle Bereiche des ökonomischen und sozialen Reproduktionsprozesses der Gesellschaft notwendig macht. Dabei prägen sich einige Merkmale der Beziehung zwischen Monopol und Staat besonders aus und verleihen der gesamten Entwicklung der Gesellschaft einen äußerst labilen und krisenhaften Charakter.

Erstens hat sich die Monopolmacht in neuen Dimensionen konstituiert. Es ist ein bisher nie gekannter Grad der monopolistischen Herrschaft festzustellen. Das betrifft den Umfang des bei wenigen Konzernen im nationalen und internationalen Rahmen konzentrierten ökonomischen Potenzials sowie seine finanzkapitalistische Ausprägung. Es sind Monopole in ganz neuen Größenordnungen, die mit ihren riesigen international strukturierten Wirtschaftskomplexen in der Entwicklung des heutigen Kapitalismus eine Rolle spielen. Sie verfügen über eine ökonomische Machtkonzentration, die sich vor allem im Ausbau ihrer Führungspositionen in der Weltwirtschaft niederschlägt.

So sind die Vermögenswerte der (nach Größe ihrer Auslandsaktiva erfassten) größten 100 nicht-finanziellen transnationalen Konzerne führender Industrieländer(2) allein zwischen 2003 bis 2008 von 5,6 Billionen auf 8,5 Billionen Dollar angestiegen, die der 50 größten internationalen Finanzgiganten haben sich von 2006 bis 2008 von 45,5 Bill. US-Dollar auf 53,6 Bill. US-Dollar erhöht. Überaus stark hat sich der Internationalisierungsgrad der mächtigsten Monopole erhöht. Für die hundert führenden nicht-finanziellen Konzerne ergibt sich entsprechend den Angaben der UNCTAD-Veröffentlichung ein durchschnittlicher Internationalisierungsgrad (TNI) von 64 Prozent, für die 50 mächtigsten Finanzkonzerne in Internationalisierungsindex (II) von durchschnittlich 69 Prozent.

Diese Konzerne sind die Träger des Kapitalexports - nach Lenin das Kennzeichen der Herrschaft der Monopole. Ihre ausländischen Direktinvestitionen weisen neue Maßstäbe auf, denn sie sind maßgebend für die weitere Machtexpansion der Konzerne im Kampf um Einflusssphären und hohe Profitraten. Das gesamte Volumen an ausländischen Direktinvestitionen in der Welt betrug im Jahr 2007 3,8 Bill. US-Dollar und wurde zu 70 Prozent aus den großen wirtschaftlichen Machtzentren des Kapitals gesteuert.

Zwar ist die gesamte Unternehmenslandschaft in ihrer Struktur nach wie vor stark differenziert, aber nur eine relativ geringe Anzahl von Großkonzernen verfügt über die entscheidenden Produktionsbedingungen und Reproduktionszusammenhänge. In den industriellen Schlüsselbereichen und im Finanzwesen nehmen die Monopole überragende Positionen ein und setzen so mit ökonomischer und außerökonomischer Gewalt alle anderen Unternehmen und alle gesellschaftlichen Bereiche unter starken Druck.

Diese Machtpositionen der Monopole sind gleichzeitig verbunden

- mit einem äußerst raschen wissenschaftlich-technischen Fortschritt einschließlich auch seines Missbrauchs,
- mit einer immensen gesellschaftlichen Kapitalmobilisierung durch das Großkapital - vor allem über seine finanzkapitalistischen Formen,
- mit einem raschen Fortschreiten von Enteignungen im Großmaßstab zugunsten der Akkumulation der stärksten Monopolunternehmen,
- mit dem neuen Gewicht und der Rolle des Finanzsektors, den gewaltig angewachsenen Ausmaßen von Finanzspekulationen und einem ausufernden Parasitismus,
- mit gravierenden Veränderungen in den Existenzbedingungen der arbeitenden Klasse, ihrer weiteren Differenzierung und Segmentierung,
- mit verstärktem Druck auf die Staatsmacht und deren wachsende Abhängigkeit von Monopolinteressen.

Man kann hier nicht auf alle Faktoren eingehen. Auf zwei grundlegende Prozesse, die auf einer neuen Dimension verstärkter Kapitalkonzentration beruhen, soll hingewiesen werden: Das ist zum einen die mit der Produktivkraftentwicklung verbundene Monopolisierung neuer wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und ihrer ökonomischen Anwendungsgebiete. Neben der Informations- und Kommunikationsindustrie betrifft das z. B. den gesamten Bereich der Infrastruktur. In ganz besonderem Maße aber ist die heutige monopolistische Entwicklung durch die Ausprägung der finanzkapitalistischen Sphäre zum Finanzmarktkapitalismus bestimmt.

Was die Nutzung der Produktivkraftentwicklung für eine äußerst profitable Kapitalverwertung betrifft, ist für die heutige Stufe der monopolistischen Herrschaft die Expansion des Großkapitals in neue Sphären charakteristisch, die einen hochgradigen Vergesellschaftungsprozess durch die Komplexität arbeitsteiliger Gebiete und ihre finanzielle Regulierung erforderlich machen. Deren Unterordnung unter Monopolinteressen durch gesellschaftliche Formen der Kapitalherrschaft macht den Inhalt dieses Prozesses im heutigen Kapitalismus aus.

Es sind die zwei große Ebenen der Infrastruktur. Die eine betrifft die sozialen Infrastrukturbereiche, die bisher nicht der Profitlogik unterworfen waren. Dazu zählen die öffentliche Daseinsvorsorge, wie das Gesundheitswesen, die Altersvorsorge und andere Bereiche der sozialen Sicherungssysteme wie Energie- und Wasserwirtschaft und einer Vielzahl öffentlich-rechtlicher Einrichtungen der Wissenschaft, Bildung und Kultur. Mit deren Privatisierung wurden und werden dem finanzkräftigen Kapital neue Verwertungsbedingungen offeriert. Die andere Ebene der Infrastruktur sind die sich neu formierenden Märkte im Zusammenhang mit dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt und den globalen Problemgebieten wie Umwelt, Klima, Ernährung, die materielle Lösungen auf einem hohen vergesellschafteten Niveau erfordern. Das privatmonopolistische Kapital erschließt sich diese neuen Anlagesphären, die über die bisherige industriell geprägte Realwirtschaft hinausgehen, aber mit deren Entwicklung im engen Kontext stehen und vor allem international geprägt und begründet sind.

Als eine solch neue Sphäre hat sich beispielsweise die Infrastruktur-Industrie herausgebildet. Sie stimuliert die internationale Kapitalexpansion und ist bereits zu einem Kampfplatz um Machtpositionen der großen transnationalen Konzerne und ihrer Staaten geworden. Dieser Wirtschaftssektor entwickelt sich zu einem äußerst profitablen Markt für Kapitalanlagen im Zusammenhang mit dem raschen wissenschaftlich-technischen Fortschritt und in Kombination von Teilbereichen der Elektroenergie, der Telekommunikation, des Transports, der Wasserwirtschaft und Erdgas(3). Diese Sektoren der Infrastruktur sind entscheidende Bedingungen für eine moderne Wirtschaft und gelten als Voraussetzungen für Effektivität, Konkurrenzfähigkeit und Wachstum der Produktion und damit auch für Positionen auf dem Weltmarkt. Die Infrastruktur-Industrie hat vor allem eine fundamentale Bedeutung für die bisher weniger entwickelten Volkswirtschaften, deren Bedarf am Ausbau des Infrastruktursektors und damit auch an Investitionen sehr groß ist. Sie gelten als neue Kapitalanlagesphären.

Die profitablen Aussichten dieses Sektors nutzen die mächtigen internationalen Konzerne zur Aneignung neuer Bedingungen der Profitproduktion und zugleich zur Erweiterung der Verfügung über materielle Ressourcen. So hat sich der Bestand an ausländischen Investitionen in den großen Teilbereichen dieses Sektors in Afrika, Lateinamerika und Asien im Zeitraum von Zeitraum 1995 bis 2006 um mehr als das Zehnfache von 15,4 auf 158,9 Mrd. US-Dollar erhöht. Die 100 größten Infrastrukturkonzerne der Welt - darunter 53 Konzerne der EU und 14 aus den USA - beherrschen diesen Markt. Besonders in den Entwicklungsländern und den Schwellenländern haben sie die entscheidenden Bereiche dieses Sektors monopolisiert. Und sie verbinden diese Positionen vor allem in Afrika - zugleich für ein verstärktes Engagement im Rohstoffsektor. Das macht auch deutlich, welch ein Gewicht gerade die politischen Veränderungen in diesen Ländern für die entwickelten Industriestaaten haben.

Andere analoge Bereiche zur Erweiterung der internationalen monopolistischen Herrschaftsverhältnisse erschließen sich die multinationalen Unternehmen gegenwärtig im Zusammenhang mit dem Welternährungsproblem - insbesondere die Märkte in der Landwirtschaft der Entwicklungsländer. Es sind die Großkonzerne des Agrobusiness, die mächtigen Handelsketten und die Konzerne der Zulieferindustrie für die Landwirtschaft, in erster Linie die mächtigen Chemiegiganten aus Europa und den USA, die im Zusammenhang mit dem "Green New Deal" und dem zunehmenden Landraub in den Entwicklungsländern die neuen Märkte monopolisieren.

Zweitens ist heute die Finanzkapitalmacht zum überragenden Akteur des Monopolisierungsprozesses geworden. Lucas Zeise hat in seinem jüngst erschienenen Buch "Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus"(4) Stellung und Funktion des Finanzsektors in der heutigen Zeit des Kapitalismus analysiert. Dabei ist er auch auf die enge Verbindung von Staat und Finanzwirtschaft eingegangen.

Im Zusammenhang damit möchte ich hier noch einige andere Aspekte nennen. Sie hängen mit den neuen Ausmaßen der Monopolisierung und der weiteren Ausprägung des Finanzkapitals als Monopolinhaber zusammen. Der Finanzsektor ist nicht nur Hebel für die Wirksamkeit des gesamten ökonomischen Potentials eines Landes, sondern auch existentiell für die Kapitalverwertung und Expansion der mächtigen Monopole. Es geht hier um die notwendige Kapitalmobilisierung in neuen Dimensionen, um Vermittlung und Steuerung der riesigen Kapitalströme, um Risikoabsicherung von immensen Kapitalanlagen zur Erweiterung monopolistischer Wirtschaftsstrukturen in einer zunehmend international geprägten Wirtschaft.

Das ist eine wesentlich neue Qualität in der kapitalistischen Entwicklung gegenüber der Zeit Anfang des vergangenen Jahrhunderts, obgleich hier bereits der Beginn dieser Entwicklung lag. Erinnert sei hier nur an Rudolf Hilferdings Analyse des Finanzkapitals. In ihr hat er die Abhängigkeit der Industrie von den Banken als Folge der Eigentumsverhältnisse charakterisiert und geschrieben(5): "Das Finanzkapital bedeutet seiner Tendenz nach die Herstellung der gesellschaftlichen Kontrolle über die Produktion. Es ist aber Vergesellschaftung in antagonistischer Form; die Herrschaft über die gesellschaftliche Produktion bleibt in den Händen einer Oligarchie." Lenin hat diese Erkenntnisse in seiner Imperialismusanalyse weiterentwickelt, in der das er "das Übergewicht des Finanzkapitals über alle anderen Formen des Kapitals" hervorgehoben hat. Und dies bedeutet, so schreibt er, die Vorherrschaft der Finanzoligarchie, bedeutet die Aussonderung weniger Staaten, die finanzielle "Macht" besitzen.

Für die außerordentlich gewachsene Rolle des Finanzmarktes in der jüngsten Zeitperiode bildet die langfristige Akkumulation riesiger Finanzvermögen, die Anhäufung von Finanzmitteln die ökonomische Grundlage. Dieses ist in den letzten dreißig Jahren wesentlich schneller als das Weltsozialprodukt gewachsen. Das hängt in erster Linie mit den verschlechterten Kapitalverwertungsbedingungen in der Realökonomie seit Beginn der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und der seit dieser Zeit betriebenen neoliberalen Politik zusammen. Umfangreiche Privatisierungen, die Liberalisierung der Kapitalmärkte und vor allem die Umverteilung von Arbeits- zu den Besitzeinkommen sowie der gesetzlich betriebene Sozialabbau begünstigten die Kapitalakkumulation - ablesbar an der Zunahme der enormen Profite mächtiger Konzerne. In der Konsequenz bot die dadurch beschränkte Massenkaufkraft für die gestiegenen Gewinne der Konzerne in der Realwirtschaft keine profitablen Aussichten mehr. Der Strom an überschüssigen Profiten ging in die liberalisierten, äußerst rentablen Anlagesphären auf den Finanzmärkten.

Im Ergebnis zeigen sich zwei Entwicklungen, auf die Lenin auch in seiner Imperialismusschrift eingegangen ist, die aber durch ihre neuen Dimensionen den kapitalistischen Funktionsmechanismus gravierend verändert haben. Einmal ist das die wachsende Differenz zwischen Real- und Finanzwirtschaft, zum anderen die Zunahme von Finanzspekulationen durch die Eigendynamik der Märkte mit ihren unterschiedlichen Verwertungsbedingungen und dem daraus erwachsenden "Parasitismus im Quadrat".(6)

Diese relative Verselbstständigung der Finanzsphäre gegenüber der Realwirtschaft ist ein Grundzug in der Entwicklung des Kapitalismus als Ergebnis der enormen Weiterentwicklung der Trennung von Kapitaleigentum und Kapitalfunktion, denn nur mit der finanzkapitalistischen Loslösung und Konzentration des Eigentums in neuen Formen erreicht das Kapital die erforderliche Größe, Beweglichkeit und Elastizität, um sich national und international zu verflechten. Der Finanzmarkt ist somit ein entscheidender Faktor der kapitalistischen Eigentumsentwicklung, d. h. der Konzentration und Zentralisation des Kapitals in den Händen relativ weniger Monopolgruppierungen.

Peter Hess, der sich vor mehr als zwanzig Jahren mit diesen Trends in der finanzkapitalistischen Entwicklung befasst hat, schrieb:

"Die Monopolisierung des kapitalistischen Eigentums, relativ losgelöst von seiner produktiven Anlage, in Gestalt des Finanzkapitals ist die notwendige Form der verdeckten Enteignung von Kapitalisten durch Kapitalisten unter den heutigen Bedingungen. Die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital - Inhalt der Leninschen Definition des Finanzkapitals - ist die Verschmelzung des Eigentums, nicht der Institutionen und institutionellen Verflechtungen. Sie beinhaltet gerade die Trennung von Eigentum und Funktion, aber auch ihren notwendigen Zusammenhang. Man kann sagen, die Trennung von Eigentum und Funktion ist die Voraussetzung dafür, dass unter den Bedingungen einer hohen Vergesellschaftung der Produktion der Zusammenhang von modernem Produktionsprozess und kapitalistischem Eigentum überhaupt noch gewährleistet werden kann. Die Form des Finanzkapitals als die herrschende musste das Kapital annehmen, um auf kapitalistischer Grundlage die Widersprüche zu bewältigen, die infolge der sinkenden Tendenz der Profitrate und eines immer drückenderen, immer dauerhafteren relativen Kapitalüberschusses auftreten."(7)

Heute ist die gesamte kapitalistische Entwicklung entscheidend durch die Akkumulation von Finanzvermögen geprägt. Sie gibt der Kapitalzentralisation, der zentralisierten Verfügung über fremdes Kapital zugunsten des Großkapitals einen gewaltigen Schub. Man braucht sich nur die Milliarden schweren Transaktionen der privaten Großbanken oder Hedge-Fonds der letzten Jahre anzusehen, über die zu einem großen Teil die Super-Großfusionen von Unternehmen im nationalen und internationalen Rahmen realisiert wurden. So gab es bei den grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen in einer Größenordnung mit je einem Transaktionswert von mehr als einer Milliarde Dollar im Zeitraum von 2005 bis 2008 - also bis zum Ausbruch der Finanzkrise - 967 derartige Zusammenschlüsse. Sie umfassten einen Wert von insgesamt 33 Billionen Dollar(8).

Der Finanzmarkt ist deshalb heute wesentliche Funktionsbedingung der Weiterentwicklung des Kapitalismus auf monopolistischer Ebene. Nur mit der finanzkapitalistischen Konzentration des Eigentums in seinen vielen neuen Formen und der spezifischen Eigendynamik der Finanzmärkte erreicht das Kapital die erforderliche Größe, Beweglichkeit und Elastizität, um sich national und international zu verflechten, sich neue Märkte und Kapitalanlagesphären zu erschließen. Der Finanzsektor ist, wie Peter Hess das gesehen hat, die "kapitalistisch-rationelle" Form zum Erhalt und zur Erweiterung des heutigen Kapitalismus. Und das ist er, obgleich er damit zugleich - vor allem durch seine großen unkontrollierten Finanzgeschäfte und riesigen Finanzspekulationen - zum bedeutendsten ökonomischen Destabilisierungsfaktor geworden ist.

Drittens zeigt sich der staatsmonopolistische Kapitalismus in einer völlig neuen Ausprägung. Heute wird die gesamte Bewegungsweise des heutigen Kapitalismus bis hin zu seinen neuen imperialistischen Tendenzen durch das enge Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Monopolen bestimmt.

Dies hängt in erster Linie mit einer bedeutenden Zäsur in der Entwicklung des Kapitalismus, mit den veränderten Existenzbedingungen in der Welt zusammen. Die viele Jahrzehnte den Kapitalismus zähmende Systemkonkurrenz gibt es nicht mehr. Der Kapitalismus konnte seine ureigenste Gestalt wieder annehmen. Es zeigt sich eine neue Stufe des Kampfes der internationalen Monopole und Staaten sowie Staatengruppierungen um die Neuaufteilung der Welt, vor allem angesichts der Brisanz der Energie- und Rohstoffprobleme. Und dies vollzieht sich vor dem Hintergrund eines bedeutenden Wandels in den Machtkonstellationen zwischen den Großmächten, der Verlagerung des Gravitationszentrums der Weltpolitik von den USA nach Asien sowie des Aufstiegs neuer regionaler Mächte im politischen Weltsystem.

Die neuen Entwicklungsprozesse der Monopolisierung der jüngsten Zeit haben daher eine weitaus engere und intensivere Verknüpfung mit staatlichen Aktivitäten zur Voraussetzung als je zuvor. Ohne die Entfaltung des "Staatsmonopols", wie Lenin es nannte, funktioniert überhaupt keine Richtung der Monopolisierung mehr, können die Existenzgrundlagen des Kapitalismus nicht gesichert werden. Daraus ergibt sich, dass immer neue Funktionen den Inhalt der ökonomischen Staatstätigkeit erweitern. Zwar resultiert der Staat aus dem politischen Kräfteverhältnis der verschiedenen Klassen und Schichten, er ist aber stets in seiner Spezifik aus den Produktions- und Eigentumsverhältnissen herzuleiten. In jeder Gesellschaft, in der das Kapital über die gesellschaftlichen Produktionsbedingungen herrscht, ist der Staat Ergebnis ihrer wirtschaftlichen Machtverhältnisse und damit politische Klassenherrschaft.

Entsprechend seiner heutigen Grundstruktur mit der Dominanz der Großkonzerne und aufgrund ihres überragenden wirtschaftlichen Potentials garantiert der Staat das Funktionieren des Kapitalismus in erster Linie zugunsten der marktbeherrschenden Konzerne. Zur effektiven Verwertung des dominierenden Großkapitals werden neue staatliche Institutionen und Mechanismen geschaffen. In diese sind auch immer stärker zivilgesellschaftliche Organisationsformen und Teile der Bevölkerung einbezogen. Vor allem aber werden heute die Interessen der Monopole viel direkter als je zuvor in die Staatspolitik umgesetzt und zudem noch ideologisch als gesamtgesellschaftliche Interessen ausgegeben.

Dass diese Abhängigkeit staatlicher Politik von den herrschenden Wirtschaftseliten auf Grundlage der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation in den entwickelten Ländern einen besonders hohen Grad erreicht, zeigt sich in jüngster Zeit auf vielen Gebieten. Sie betreffen sowohl die staatlichen Aktivitäten auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Auf einige Entwicklungstrends möchte ich kurz hinweisen:

Der volkswirtschaftlich bedeutsame Bereich der Infrastruktur ist eine neue Sphäre groß angelegter Kapitalakkumulation, bedingt durch die Komplexität vieler arbeitsteiliger Gebiete. Neben den sozialen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie das Gesundheitswesen oder die Altersvorsorge, die bisher nicht der Profitlogik unterworfen waren, zählt hier vor allem der sich neu formierende Markt der Infrastruktur-Industrie. Er entwickelt sich im Zusammenhang mit den globalen Problemen wie Umwelt, Klima, Ernährung und den dafür notwendigen wissenschaftlich-technischen Fortschritt. Es ist ein Gebiet, das gesellschaftliche Lösungen im Interesse der Menschen verlangt, aber bereits zum Kampfplatz der internationalen Konzerne um Machtpositionen und Profite geworden ist. Als lukrativer Markt für Kapitalanlagen der Konzerne aus der Elektroindustrie, der Telekommunikation, des Transports, der Wasserwirtschaft und der Erdgasindustrie kann er sich nur mit staatlichen Interventionen realisieren. Und so ist in der Tat für diesen zukunftsträchtigen Bereich der Wirtschaft eine generelle Zunahme staatlicher Maßnahmen zugunsten der Expansion des Großkapitals in diese Sphäre festzustellen. Sowohl in den entwickelten Industriestaaten als auch in den Entwicklungsländern wurden zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Markterschließung und Kapitalverwertung für die Unternehmen der Infrastrukturindustrie ergriffen. Sie betreffen vorrangig die staatliche Förderung technologischer Innovationen und von Know-how auf diesen Gebieten, die Liberalisierung der Märkte und die umfangreiche Privatisierung öffentlichen Eigentums im Energie- und Wasserbereich und Investitionsbegünstigungen zugunsten der führenden Monopole dieser Branchen. In den weniger industriell entwickelten Ländern, in denen eine ungeheure Kluft zwischen den verfügbaren Ressourcen und an eine dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Infrastruktur besteht, hat dies dazu geführt, dass umfangreiche Staatsinterventionen zugunsten profitabler Kapitalanlagemöglichkeiten auf diesem Gebiet in die Wege geleitet wurden.

Ein besonders herausragendes Gebiet für verstärkte Staatsinterventionen in der Gegenwart ist der Finanzmarkt. "Der Finanzsektor ist die vom Staat am meisten abhängige Branche" schreibt Lucas Zeise. Er weist darauf hin, dass die Finanzverfassung eines Landes die Organisationsform ist, "mittels derer sich Kapitalgruppen als zusammengehörig und abgegrenzten Spielregeln Zugehörig verhalten" und die zugleich Schutz nach außen gegenüber ausländischen Kapitalgruppen bietet.

Hinzuzufügen ist, dass gerade der Staatsinterventionismus mit seinen direkten Maßnahmen die Gewichtung des finanzkapitalistischen Bereiches wesentlich befördert hat. Insbesondere mit dem neoliberalen Wirtschaftskonzept der Liberalisierung und Deregulierung des internationalen Kapitalverkehrs verschafften die kapitalistischen Staaten den Akteuren auf den Finanzmärkten die Freiräume für ihre weltweite monopolistische Expansion, für ihre riesigen Spekulationsgeschäft und hohe Renditen. Das gilt besonders auch für das supranationale Integrationsgebilde der Europäischen Union. In seinem Rahmen wurde im letzten Jahrzehnt mit der "Finanzmarktintegration" ein politisches Instrument zur gegenseitigen Öffnung der Finanzmärkte und für eine freie Kapitalmobilität geschaffen.

Diese Entwicklung dieses Bereiches mit seiner Eigendynamik in den letzten 30 Jahren wird deshalb von vielen wissenschaftlichen und politischen Akteuren - wie Jörg Huffschmid. (10) - als "Finanzmarktkapitalismus" (FMK) oder - wie von Georg Fülberth(11) - als "Finanzmarktgetriebener Staatsmonopolistischer Kapitalismus (FSMK) und sogar als eigenständiger Formationsbegriff und als Synonym für den heutigen Kapitalismus gekennzeichnet.

In der Wirtschafts- und Außenpolitik der führenden Länder ist heute die äußerst enge Verzahnung von staatlichen Ambitionen und ökonomischen Interessen der Monopole für die gesamte Welt von gefährlicher Relevanz. Sie nimmt zunehmend aggressive Züge an, weil unter dem Druck des Monopolkapitals und seiner Verbände die staatlichen Aktivitäten mit sicherheits- und militärpolitischen Zielstellungen verbunden sind. Der Staat wird in diesem Politikbereich zum direkten Erfüllungsgehilfen bei der Umsetzung von Konzernstrategien des Großkapitals. So ist die gesamte strategische Richtung der Außenwirtschaftspolitik der EU auf den Ausbau ökonomischer, politischer und militärischer Machtstellungen in dem sich wandelnden Kräfteverhältnis ausgerichtet.

Dieser Zielrichtung entspricht auch die 2006 von der Europäischen Kommission verkündete neoliberale " Global-Europe-Strategie", die "Marktzugangsstrategie der EU in einer sich wandelnden globalen Wirtschaft"(12). Mit dieser Handelsstrategie, an deren Ausgestaltung der EU-Lobbyverband internationaler Konzerne UNICE Anteil hatte, sollen entscheidende Voraussetzungen für die Konkurrenzfähigkeit der EU-Großkonzerne geschaffen und den Großunternehmen neue profitable Märkte erschlossen werden. Diese Strategie umfasst solche Bereiche wie die Öffnung der Dienstleistungsmärkte, den Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse, den ungehinderten und gesicherten Zugang zu Energie- und Rohstoffen, die Liberalisierung öffentlicher Beschaffungsmärkte, den Schutz der Eigentumsrechte und Investitionen. Aufgrund ihrer umfassenden gesellschafts- und ordnungspolitischen Orientierung ist diese Strategie jedoch weit mehr als nur eine Handelsstrategie. Sie ist auf die wachsende Anzahl regionaler EU-Partnerschaftskomplexe in aller Welt ausgerichtet, mit denen außenwirtschaftliche sowie außen- und sicherheitspolitische Ziele verfolgt werden. Sie kann generell als außenwirtschaftspolitische Richtschnur innerhalb der EU-Außenpolitik gelten, zumal sie Ende 2010 durch ein neues Papier - "Global Europecompeting in the World" - ergänzt wurde. Mit weitaus rigoroseren Maßnahmen und Mechanismen sollen die Außenhandelsinteressen der Europa-Konzerne effektiver durchgesetzt werden. Dazu zählen auch zwei weitere begleitende Initiativen der EU-Kommission für eine umfassende Auslandsinvestitionspolitik, mit denen die Rechte der EU-Konzerne in anderen Ländern gestärkt werden sollen.

Besonders deutlich hat sich der Staat auf dem Energie- und Rohstoffgebiet zum Akteur der Monopolinteressen entwickelt, denn die Verfügung über diese Ressourcen ist für die Großkonzerne notwendige Expansionsbedingung. Und sie ist von besonderer politischer Brisanz, weil die Energie- und Rohstoffressourcen in der Welt regional ungleich verteilt sind, der Verbrauch besonders solcher bedeutender Länder wie China und Indien steigt und die Knappheit an Ressourcen zunimmt. Die meisten Staaten in der Welt sind auf Energie- und Rohstoffimporte angewiesen, so dass mit wachsender Importabhängigkeit der industriell entwickelten Staaten die Rohstoffproblematik zu einem erstrangigen Schwerpunkt ihrer Politik geworden ist. Mit der Feststellung "Energiepolitik ist auch Außenpolitik" betont die EU-Kommission, dass Energiefragen "zu einem zentralen Bestandteil der außenpolitischen Beziehungen der EU werden müssen", denn die weltweit wichtigsten Erdöl- und Erdgas-Reserven befinden sich in Regionen, "die aus Sicht der Europäer politisch und wirtschaftlich instabil sind"(13). Mit dem Kampf um die Zugriffsmöglichkeiten auf die begehrten Rohstoffe hat die Ära "heißer Ressourcenkriege" bereits begonnen.

Im Zusammenhang damit gestaltet sich das Verhältnis zwischen Staat und Monopolen in den außenpolitischen Strategien der EU äußerst eng. Es nimmt zudem einen äußerst aggressiven Charakter an, weil die politischen Machtambitionen der Europäischen Union sich mit der Interessenlage der Großkonzerne der Wirtschaft eng verfilzen.(14) Schwerpunkte und Richtungen der außenwirtschaftlichen und außenpolitischen Aktivitäten sind deckungsgleich mit den Schwerpunkten und Richtungen der Expansionsstrategien der Konzerne. Ganz offen wird von den Konzernverbänden gefordert, die Außenpolitik auf Ziele auszurichten, die längerfristig den ungehinderten Zugriff auf internationale Märkte und strategische Ressourcen garantieren. Diesen Anforderungen an eine zielgerichtete Rohstoffpolitik wird von der EU-Kommission auch Rechnung getragen. So wurden 2008 die ersten Ergebnisse der Rohstoffstrategie auf europäischer und internationaler Ebene ("Die Rohstoffinitiative - Sicherung der Versorgung Europas mit den für Wachstum und Beschäftigung notwendigen Gütern") vorgestellt und diese vom Unternehmerverband BDI als eine wichtige Ergänzung zur Rohstoffstrategie Deutschlands betrachtet.(15) Parallel dazu plant dieser Verband gegenwärtig eine "Rohstoff AG" ("Deutsche Rohstoff-NewCo") als ein Konglomerat von Großkonzernen und staatlicher Beteiligung, um die Versorgung mit knappen Ressourcen zu sichern.(16)


Eine Schlussbetrachtung

Als ein Resümee aus diesen Prozessen des heutigen SMK lässt sich ableiten, dass der Staatsmonopolistische Kapitalismus eine wesentliche sich entwickelnde Existenzform des Kapitalismus ist. Er stellt deshalb - wie oft diskutiert wurde - keine eigene, selbstständige Phase oder Etappe in seiner Entwicklung dar und ist zeitlich auch nicht begrenzt, solange der Kapitalismus seine Anpassungsfähigkeit an neue Herausforderungen adäquat über die enge Verzahnung von Staat und Monopolen nutzen kann. Dies trifft m. E. auch auf den "Finanzmarktkapitalismus" zu, dessen Entwicklung eben nur im engsten Zusammenhang mit der Entwicklung des Monopols und der Übernahme seiner Garantie durch den Staat zu sehen ist.(17)

Solange sich also kein Wandel in den sozialökonomischen Grundlagen mit den entsprechenden Veränderungen in der Funktionsweise vollzieht, wird das Kapital diese Anpassungsmechanismen zur Existenzsicherung und Entwicklung Konfliktpotentiale weiter nutzen. Der heutige "reife" oder entfesselte Kapitalismus ist daher immer noch Monopolkapitalismus. Für ihn werden in seinem jetzigen historischen Stadium bestimmte grundlegende ökonomisch-politische Erscheinungsformen wie "Finanzmarktkapitalismus" oder "neoliberaler Kapitalismus" vielfach auch als Epochebegriff genutzt werden.

In diesem Zusammenhang ist natürlich die Frage von Interesse, in welchem Zusammenhang die heutigen staatsmonopolistischen und finanzkapitalistischen Entwicklungstendenzen des Kapitalismus mit den gegenwärtigen imperialistischen Tendenzen stehen.

Ein Ansatzpunkt für eine Antwort ist die von Horst Heininger gegebene Aussage, dass auf Grundlage neuer Machtstrukturen, der Verfügung über gewaltige ökonomische Potentiale und des Dranges nach äußerer Expansion der Imperialismus als eine Gewaltpolitik nach außen zur Sicherung und Erweiterung des Herrschaftsbereiches der Großmächte erwächst, d. h. der Imperialismus eine politische Folge und Begleiterscheinung des Kapitalismus ist.(18) Ähnlich versuchen auch Frank Deppe, David Salomon, Ingar Solty den Begriff Imperialismus zu definieren - als eine offene und latente Gewaltpolitik zur externen Absicherung eines internen Systems, der die kapitalistische Logik der Kapitalakkumulation zur Voraussetzung und stets eine historisch-geographische Dimension hat.(19)

In diesen Kontext sind auch die heutigen Wirkungen der staatsmonopolistischen Entwicklung auf den gesamten Funktionsmechanismus des Kapitalismus unter den veränderten Existenzbedingungen in der Welt einzuordnen. Gerade mit dem neuen Grad der äußerst engen Interessenverfilzung zwischen Monopolen und Staat hat ein rigoroser Konkurrenzkampf um die Neuaufteilung der Weltmärkte eingesetzt.

Generell wird dieser bestimmt durch die Konkurrenz der Kapitale um höchste Profite. Und obgleich die Monopolbildung einerseits die Konkurrenz verhindert, bleibt sie die Grundeigenschaft des Kapitalismus" (Lenin) und reproduziert sich auf einer neuen Stufe in vielfachen Formen - zwischen den Großunternehmen, zwischen ihnen und den kleinen und mittleren Unternehmen, innerhalb gebildeter Allianzen von Konzernen, im nationalen und internationalen Rahmen, zwischen den Staaten und Staatengruppen usw.

Konkurrenz und Rivalität sind Wesenseigenschaften des Kapitalismus und haben den ganzen bisherigen Verlauf seiner Entwicklung begleitet. Dabei wirkt das enge Verhältnis zwischen Staat und Monopolen auf diesen Funktionsmechanismus bei dem heutigen Stand der Entwicklung des Kapitalismus in äußerst widerspruchvoller Weise ein. Auf der einen Seite verstärkt es das Bemühen zwischen beiden Polen um Gemeinsamkeiten in der politischen Ausrichtung zum Erhalt und Ausdehnung dieses gesellschaftlichen Systems. Auf der anderen Seite stehen dieser "kollektiven Richtung" die durch das Konkurrenzsystem hervorgerufenen explodierenden Rivalitäten gegenüber. Und gegenwärtig haben diese aufgrund der gesamten Weltsituation an Gewicht gewonnen. Es kollidieren auf zwischenstaatlicher und multilateraler Ebene die unterschiedlichen Interessen der Staaten, wobei die mächtigsten Konzerne eines Landes über "ihre" politischen Vertreter auf die Realisierung ihrer strategischen Vorhaben drücken und Großmächte ihre Führungsansprüche geltend machen wollen. Dies zeigt sich an den Auseinandersetzungen auf internationaler Ebene um die Regulierungsmechanismen und bei den Konflikten zur Lösung globaler Probleme. Aber es zeigt sich heute besonders in der Häufung imperialistischer Aggressionen und Kriege, die einen ökonomischen Hintergrund haben - vor allem durch die strukturellen Veränderungen aufgrund der monopolistischen Kapitalkonzentration sowie des Gewichtes der Energie- und Rohstoffprobleme.

In der Entwicklung des Kapitalismus hat es immer besondere Einschnitte gegeben, die eine Diskussion um einen "alten" und "neuen" Imperialismus hervorriefen. Oft war dies mit der Benennung einer neuen Phase verbunden. Ein Charakteristikum der heutigen Zäsur in seinem historischen Verlauf ist auf jeden Fall die besondere Konstellation im Verhältnis von Staat und Monopolen und die damit verbundene Entwicklung des Kapitalismus erneut mit seinen aggressiven Zügen. Nach wie vor ist es deshalb wichtig, den staatsmonopolistischen Kapitalismus mit seine Merkmalen und Besonderheiten zu analysieren, um die Realitäten des heutigen Kapitalismus besser zu erfassen. Mit der Konzentration auf das Verhältnis Staat - Monopole lässt sich zwar nicht die gesamte kapitalistische Gesellschaft erklären, aber diese Sicht zeigt den Dreh- und Angelpunkt der Anpassung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse an den gesellschaftlichen Entwicklungsstand der Produktivkräfte über neue staatliche Praktiken zugunsten der ökonomisch Herrschenden. Es ist dies der grundlegende Mechanismus, der gegenwärtig auf eine immer stärkere Abhängigkeit des Staates von der dominierenden Lobby des Kapitals hinausläuft und demokratische Entwicklungen entgegensteht. Deshalb ist es eine erstrangige, aktuelle Aufgabe in der marxistischen Forschung, den staatsmonopolistischen Kapitalismus in seiner historischen Konkretheit, seiner Dynamik und Veränderung verstärkt zu untersuchen.


Gretchen Binus, Prof. Dr., Berlin, Wirtschaftswissenschaftlerin


Anmerkungen:

(1) Vgl. Jörg Huffschmid, Weder toter Hund noch schlafender Löwe, in spw Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, Heft 82, Berlin 1995, S. 34ff.

(2) Die seit 1954 veröffentlichte UN-Statistik über die TOP 100 erfasst seit zwanzig Jahren nicht nur Industriekonzerne, sondern bezieht auch Konzerne des Handels, der unternehmensbezogenen Dienstleistungen und der Medienwirtschaft mit ein.

(3) vgl. UNCTAD World Investment Report, Transnational Corporations and the Infrastructure Challenge, 2008, S. 85 ff.

(4) Lucas Zeise, Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Köln 2010

(5) R. Hilferding, Das Finanzkapital. Eine Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus, Berlin 1955, S. 556

(6) vgl. W. I. Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW. Bd. 22 Berlin 1960

(7) Peter Hess. Das Finanzkapital - Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, IPW-Berichte Berlin, 9/89, S. 20

(8)Quelle: UNCTAD, cross-border M&A database, 2009

(9) Lucas Zeise, a. a. O. S. 165, 176

(10) Jörg Huffschmid, Finanzmarktkapitalismus - eine stabile Formation?, Paper für die gemeinsame Tagung "Kapitalismustheorien" von ÖGPW und DVPW, Sektion Politik und Ökonomie, am 24. und 25. April in Wien

(11) Georg Fülberth, Zwei Seiten einer Medaille, junge Welt v. 22.12.2010, S. 10

(12) European Commission,Trade issues, External Trade, 11-06

(13) Europäische Kommission - Vertretung in Deutschland, EU-Nachrichten Themenheft Nr. 22, 2008, S. 16

(14) vgl. Gretchen Binus, Europäische Union: Konzernentwicklung und EU-Außenpolitik, Eine Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE, Berlin Juni 2010

(15) Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., BDI Jahresbericht 2009, S. 27

(16) Vgl. Der Spiegel, Hamburg 5/2011 S. 75

(17) Lenin schrieb: "Das letzte Wort in der Entwicklung des Bankwesens ist immer wieder das Monopol.", in: W.I. Lenin, LW Bd. 22 a. a. O.

(18) Horst Heininger, "Neuer Imperialismus", in Pankower Vorträge, Heft 56 Berlin 2003, S.14 ff.

(19) Frank Deppe/David Salomon/Ingar Solty, Imperialismus und Antiimperialismus - Begriff und Aktualität, in. Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 84, Dezember 2010, S. 48 ff.


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Quelle:
Marxistische Blätter, Heft 2-11, 49. Jahrgang, S. 46-55
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2011