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MARXISTISCHE BLÄTTER/490: Der Krieg des Westens gegen Libyen


Marxistische Blätter Heft 3-11

Der Krieg des Westens gegen Libyen

Von Lothar Kieslich


Einen zentralen Schauplatz im Rahmen der arabischen Revolutionen seit Dezember des vergangenen Jahres nimmt Libyen ein. Dort eskalierten die Protestbewegungen gegen das herrschende Regime im Februar zu einem Bürgerkrieg, der wiederum vom Westen zum Anlass für einen imperialistischen Krieg benutzt wurde.


Zur jüngeren Geschichte Libyens:

Von 1934 bis 1943 war Libyen eine italienische Kolonie. Die UNO entließ Libyen am 24. Dezember 1951 in die Unabhängigkeit. Es entstand ein Königreich unter Idris I. 1958 wurden die ersten Ölquellen in der Großen Syrte entdeckt. Durch den Beginn der Erdölförderung ab 1961 wurde die wirtschaftliche Entwicklung des Landes stark forciert. Der libysche Staat und mit ihm die einheimische Bourgeoisie kamen durch die steigende Erdölproduktion zu beträchtlichem Reichtum.

Am 1. September 1969 wurde König Idris I. von einer Gruppe panarabischer Offiziere unter Führung von Oberst Muammar Al-Ghaddafi gestürzt und die Monarchie abgeschafft. Am gleichen Tag rief Ghaddafi die Arabische Republik Libyen aus. Der US-Luftwaffenstützpunkt Wheelus Air Force Base bei Tripolis wurde am 28. März 1970 geschlossen, der britische Stützpunkt El Adem bei Tobruk folgte am 11. Juni desselben Jahres. Die Öl- und Gasindustrie wurde in den folgenden Jahren verstaatlicht.

Stark inspiriert von Ägyptens früherem Präsidenten Gamal Abd el-Nasser betrieb Ghaddafi eine panarabische Politik und entwickelte Fusionspläne mit anderen arabischen Staaten, die jedoch scheiterten. 1979 trat Ghaddafi offiziell von seinem Amt als Staatspräsident Libyens zurück, bestimmt jedoch als "Revolutionsführer" bis heute die Politik.

Spätestens seit den 80er Jahren war das Verhältnis zu den westlichen Staaten gespannt: Libyen unterstützte sowohl antiimperialistische Befreiungsbewegungen in der Peripherie (die sogenannte 'Dritten Welt') als auch terroristische Anschläge im Westen. Zudem widersetzte sich Ghaddafi allen neokolonialen Bestrebungen, die Kontrolle über die arabischen Ressourcen zurückzuerobern. Ein weiter Grund ist der Bau einer Giftgasfabrik in Rabata.

Am 15. April 1986 griffen Kampfflugzeuge der USA die Städte Bengasi und Tripolis an. Die Angriffe dienten dem US-Imperialismus als Vergeltung für libysche Terroranschläge auf die Diskothek "La Belle" in Berlin. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan beschuldigte Ghaddafi, das Attentat angeordnet zu haben, um damit die Versenkung zweier libyscher Kriegsschiffe durch US-amerikanische Streitkräfte zu rächen. Bei den Angriffen wurden 36 Zivilisten getötet, darunter auch die 15 Monate alte Adoptivtochter Ghaddafis. Wegen "Unterstützung des Terrorismus" und der mutmaßlichen Verwicklung in den Lockerbie-Anschlag 1988 beschloss der UN-Sicherheitsrat auf Druck der USA 1992 Sanktionen (Embargomaßnahmen) gegen Libyen. Nachdem die libysche Regierung 1999 die beiden mutmaßlichen Attentäter des Flugzeugsanschlags von Lockerbie einem schottischen Gericht übergeben hatte, wurden diese Sanktionen teilweise ausgesetzt. 2003 wurden die Sanktionen nach dem Eingeständnis des Lockerbie-Attentats und Entschädigungszahlungen an die Angehörigen der Opfer sowie der Angehörigen der Opfer eines Bombenanschlages auf ein französisches Verkehrsflugzeug 1989 vollständig aufgehoben.

Im Dezember desselben Jahres erklärte Muammar Al-Ghaddafi den Verzicht Libyens auf Massenvernichtungswaffen und ließ Anfang 2004 zahlreiche Komponenten für chemische Waffen vernichten. Am 10. März 2004 unterzeichnet Libyen das so genannte Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag.

Daraufhin nahmen Frankreich und Großbritannien wieder diplomatische Beziehungen zu Libyen auf. 2006 folgten die USA. Das Land wurde begehrter Partner bei der Abschottung Europas vor Flüchtlingen vor allem nach Italien. Dafür erhielt es von der EU viel Geld für die Errichtung und den Unterhalt von Flüchtlingsauffanglagern. 2009 unterzeichneten Italien und Libyen ein Rückführungsabkommen für Flüchtlinge und begannen mit gemeinsamen Seepatrouillen. Die damalige EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner stellte 2010 der libyschen Regierung 20 Mio. zur Bekämpfung der Migration in Aussicht.

Am 23. September 2009 hielt Ghaddafi seine erste Rede vor der Vollversammlung der UNO. Er forderte darin die Abschaffung des Vetorechts im Sicherheitsrat, den er als "Terroristen" bezeichnete, und verlangte die Zulassung neuer Mitglieder. Seit vielen Jahren versucht Ghaddafi, die afrikanische Einheit zu fördern. So wurde die Afrikanische Union (AU) auf seine Initiative gegründet, und von Februar 2009 bis Januar 2010 war er ihr Vorsitzender.


Zum Bürgerkrieg in Libyen:

Der Bürgerkrieg in Libyen begann mit einem Aufstand gegen die Regierung Muammar Al-Ghaddafis. Erste größere Proteste gab es bereits Mitte Januar, als eine aufgebrachte Menge gegen Verzögerungen bei der Errichtung von Sozialbauten demonstrierte und Teile der Gebäude besetzte. Am 15. Februar versammelten sich Demonstranten nach verschiedenen Aufrufen im Internet in mehreren größeren Städten Libyens zu Protestmärschen gegen Korruption und Willkür. Sie forderten mehr politische Rechte und soziale Gerechtigkeit. In Bengasi, Tripolis, Al-Baida und einigen anderen Städten kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Für den 17. Februar wurde von der Opposition ein sogenannter "Tag des Zorns" ausgerufen. wobei es zu Demonstrationen in allen großen libyschen Städten kam. Dabei sollen Dutzende Demonstranten ums Leben gekommen sein. Am 19. Februar setzten Sicherheitskräfte in Bengasi Waffen gegen Protestierende ein.

Ghaddafi drohte am Tag darauf im Fernsehen mit einem verschärften Vorgehen gegen die Protestbewegung. In den folgenden Tagen weiteten sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen aus. Den jungen Menschenrechtlern und Angehörigen politischer Gefangener schlossen sich bald Stammeskämpfer und ehemalige Ghaddafi-Anhänger an, die sich mit ihm überworfen hatten. Schließlich liefen noch Teile der Armee zu den Demonstranten über. Schon bald traten politische Forderungen in den Hintergrund bis nur noch der Ruf nach dem Sturz Ghaddafis übrig blieb.

Am 20. Februar forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in einem Telefonat mit Ghaddafi ein Ende der Gewalt. Der UN-Sicherheitsrat verhängte am 26.2. mit der Resolution 1970 ein Waffenembargo und Reisebeschränkungen für libysche Regierungsmitglieder. Außerdem verfügte er das Einfrieren von Auslandsvermögen der Ghaddafi-Familie und ermächtigte den Internationalen Strafgerichtshof (ICC), die blutige Niederschlagung der Proteste zu untersuchen. Ban forderte die 'internationale Gemeinschaft' zur Einheit auf, um einen "sofortigen und friedlichen Wandel" [sic!] in Libyen zu ermöglichen. (1)

Im Zusammenhang mit den Sanktionen des UN-Sicherheitsrates wurde erstmals auch über ein Flugverbot über libyschem Gebiet debattiert. Nach Verabschiedung der Resolution 1970 verhängte auch die Europäische Union am 28.2. Strafmaßnahmen gegen die libysche Regierung; dazu gehörten Kontensperrungen, Reisebeschränkungen sowie ein Waffenembargo.

Mehrere Städte im Osten des Landes befanden sich bereits unter Kontrolle der Aufständischen. Auffällig ist, dass diese unter der Flagge des 1969 von Offizieren unter Führung Ghaddafis gestürzten Königs Idris I. agieren. In einer Fernsehansprache vom 22. Februar appellierte Ghaddafi an die Einheit des Landes. Einen Rücktritt schloss er kategorisch aus. Notfalls werde er die Armee zum Einsatz bringen und als "Märtyrer sterben."(2)

Die USA verlegten Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in Richtung libysche Küste. Das US-Verteidigungsministerium brachte Marine- und Luftwaffeneinheiten in der Region in Stellung.

In der Berichterstattung der westlichen Medien über den libyschen Bürgerkrieg tauchte immer wieder die Meldung auf, dass Kampfflugzeuge der libyschen Luftwaffe Angriffe auf Stellungen der Aufständischen fliegen würden. Außerdem hätten Kampfhubschrauber wahllos Fahrzeuge und Menschen auf den Straßen unter Beschuss genommen. Zusätzlich sollen von der Regierung ausländische Söldner angeheuert worden seien, um gegen die Demonstranten zu kämpfen. Diese Darstellung ist sehr umstritten.

Ich teile die Einschätzung zum politischen Regime in Libyen aus marxistischer Sicht wie sie die beiden folgenden Autoren formulieren. So schreibt Werner Pirker: "Ghaddafis basis-demokratische Experimente, die Schaffung eines Volkskongresses auf der Grundlage von Volkskomitees, haben, konterkariert durch sein persönliches Machtregime, die Basis nie wirklich in Bewegung zu setzen vermocht. Mit seinem in den vergangenen Jahren vollzogenen Kurswechsel in Richtung Westen hat sich das Regime auch seiner antiimperialistischen Mobilisierungsfähigkeit beraubt. In der Not kann sich die Herrscherfamilie nicht einmal mehr der Unterstützung durch die bisher loyal zu ihr gestandenen Stämme sicher sein."(3)

Georg Polikeit urteilt: "Es gibt keinen Grund, für das Ghaddafi-Regime von heute besondere Sympathie zu empfinden. Die Zeit, in der er als Verfechter eines "arabischen Sozialismus" in der Weltpolitik objektiv eine antiimperialistische Rolle spielte, ist seit längerem vorbei. Seit mindestens einem Jahrzehnt hat er mit Washington Frieden gemacht und sich für die EU zum Büttel der 'Festung Europa' beim Einfangen von Flüchtlingen bereits auf libyschem Boden machen lassen. Innenpolitisch wurde ein Kurs der Privatisierung von Staatsbetrieben eingeleitet."(4)

In der Schlusserklärung des EU-Sondergipfels am 11. März einigten sich die Mitgliedsstaaten darauf, den "Nationalen Übergangsrat" als einzigen Gesprächspartner zu anzuerkennen. Ghaddafi wurde ultimativ aufgefordert, die Macht abzugeben. Der Nationalrat der Übergangsregierung war am 5. März im Justizpalast von Bengasi zu seiner ersten Sitzung zusammengekommen. Seine Führung besteht aus ehemaligen hohen libyschen Funktionären der Regierung Ghaddafis. Vorsitzender ist Mustafa Mohammed Abud Al-Dschelail.

Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez' Plan für eine friedliche Lösung des libyschen Bürgerkrieges ohne eine imperialistische Militärintervention wurde seitens des Westens keine Beachtung geschenkt. Auf einer Konferenz der Außenminister der G-8-Staaten in Paris erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle: "Ein militärisches Eingreifen des Westens kann die Lage sehr viel schlimmer machen. Ich will nicht, dass Deutschland in einen Krieg in Nordafrika dauerhaft [sic!] hineingezogen wird."(5) Damit stellte er sich gegen Frankreich und Großbritannien, die auf ein militärisches Eingreifen gedrängt hatten. Die NATO führte bereits umfangreiche Aufklärungsflüge mit AWACS, Satelliten und Schiffen durch.

Die Gefahr eines Krieges gegen Libyen verstärkte sich durch den Beschluss der Arabischen Liga vom 12. März, den UN-Sicherheitsrat aufzufordern, eine Flugsicherheitszone 'zum Schutz der Zivilbevölkerung' einzurichten. Damit war für den Westen die entscheidende Bedingung erfüllt.

In der Nacht vom 17. zum 18. März 2011 war es dann zur Überraschung vieler politischer Beobachter soweit: durch die Stimmenthaltungen der Veto-Mächte Russland und VR China konnte eine Mehrheit von 10 zu 5 Stimmen im UN-Sicherheitsrat die Resolution 1973 verabschieden. Die USA, Großbritannien und Frankreich als ständige Mitglieder sowie Bosnien-Herzegowina, Gabun, Kolumbien, Libanon, Nigeria, Portugal und auch die Republik Südafrika stimmten für die Annahme der Resolution. Neben Russland und der VR China enthielten sich auch Brasilien, Indien und Deutschland der Stimme.

Die Resolution 1973 verlangt unter Ziffer 1 "eine sofortige Waffenruhe und ein vollständiges Ende der Gewalt und aller Angriffe und Missbrauchshandlungen gegen Zivilpersonen."(6) In Ziffer 4 ermächtigt der Sicherheitsrat die Mitgliedstaaten "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen (...), um von Angriffen bedrohte Zivilpersonen und von der Zivilbevölkerung bewohnte Gebiete (...) zu schützen, unter Ausschluss ausländischer Besatzungstruppen jeder Art in irgendeinem Teil libyschen Hoheitsgebiets." In Ziffer 6 beschließt der UN-Sicherheitsrat "ein Verbot aller Flüge im Luftraum der Libysch-Arabischen Dschamahirija zu verhängen, um zum Schutz der Zivilpersonen beizutragen."

Entscheidend ist die 'Feststellung', "dass die Situation in der Libysch-Arabischen Dschamahirija auch weiterhin eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt. Daraus werden militärische Zwangsmaßnahmen "nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen" abgeleitet (Kapitel VII. Artikel 42).

Artikel 2 Absatz 7 der UN-Charta verbietet jedoch ausdrücklich jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedsstaates.(7) Ein Aufstand gegen eine Regierung ist eine solche innere Angelegenheit!

Deutschland enthielt sich zwar bei der Abstimmung im Sicherheitsrat der Stimme, und Bundeskanzlerin Merkel betonte, Deutschland werde sich "nicht an militärischen Maßnahmen beteiligen".(8) Gleichwohl erklärte die Bundesregierung, das deutsche Bundeswehrkontingent in Afghanistan um 300 Soldaten aufstocken zu wollen. Konkret sollte die Bundeswehr die Luftüberwachung mit AWACS-Flugzeugen überwachen, um NATO-Kräfte am Hindukusch für den Krieg gegen Libyen abkommandieren zu können. Damit will die Bundesregierung den Bündnispartnern den Rücken freihalten. Die "oppositionellen" Sozialdemokraten und Grünen begrüßten das Zustandekommen der UN-Resolution im Sicherheitsrat. Die SPD kritisierte gar die "Zurückhaltung" und "Mutlosigkeit" der Bundesregierung wegen der Stimmenthaltung. Im Bundestag unterstützte neben den Parteien der Regierungskoalition auch die SPD den Einsatz deutscher Soldaten an den AWACS-Flügen der NATO in Afghanistan. Die LINKE stimmte geschlossen dagegen, während sich die Grünen uneins zeigten.

Unter Berufung auf die Resolution 1973 begann der Krieg am 19. März mit Angriffen französischer Kampfflugzeuge auf Einheiten vor der Rebellenhochburg Bengasi im Osten Libyens. Danach feuerten US-Kampflugzeuge und ein britisches U-Boot 124 Tomahawk-Marschflugkörper auf Luftabwehrstellungen entlang der libyschen Küste. Es waren also die Staaten USA, Frankreich und Großbritannien, die einen weiteren Krieg der imperialistischen Metropole gegen einen Staat der Peripherie begonnen haben. Die USA nannten ihn "Operation Odyssey Dawn" (Operation Odyssee Morgendämmerung). Damit setzte der Imperialismus den arabischen Revolutionen ein klares Signal, für den Fall, dass sie sich für eine vom Westen unabhängige Außenpolitik und grundlegende soziale Reformen entscheiden sollten.

Am Tag darauf setzten französische und US-Streitkräfte die Luftangriffe fort. Koordiniert wurde der Luftkrieg von der Einsatzzentrale des US-Afrika-Kommandos (AFRICOM) in Möhringen bei Stuttgart. Laut libyschem Staatsfernsehen wurden in Tripolis sowie in den Städten Misurata, Suara, Sirt und Bengasi zivile Ziele bombardiert.(9) Angaben über Opfer unter der libyschen Zivilbevölkerung wurden von westlichen Medien als "Propaganda Ghaddafis" abgetan. Dabei hatte die libysche Regierung noch unmittelbar vor Beginn des Krieges einen Waffenstillstand mit den Aufständischen angekündigt. Die Forderung des libyschen Außenministeriums nach einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats fand dort kein Gehör. Frankreich als treibende Kraft des Interventionskriegs lehnte zunächst einen NATO-Einsatz unter Führung der USA ab. Doch schon bald übernahmen diese die Führung des Krieges.

Die Regierung von Muammar Al-Ghaddafi hielt sich an das Flugverbot der Resolution 1973 und setzte keine Kampfflugzeuge zur Verteidigung des libyschen Luftraumes ein. Von US-Kriegsschiffen im Mittelmeer und von U-Booten wurden Luftabwehrstellungen und Basen der libyschen Luftwaffe um Tripolis zerstört. Der Krieg wird auch von Neapel aus koordiniert, wo sich die 6. US-Flotte und das Südkommando der NATO befinden. Nach Angaben von Nachrichtenagenturen beteiligten sich an der Operation neben Frankreich, Großbritannien und den USA auch Kanada, Dänemark, Norwegen, Schweden, Spanien, Italien sowie die arabischen Staaten Katar und Saudi-Arabien.

Unterdessen bekundeten Russland und die VR China ihr Bedauern über den Angriff westlicher Staaten auf Libyen. Die Luftschläge, durch die Zivilisten getötet, Straßen und Brücken sowie ein medizinisches Zentrum zerstört wurden, seien von der Resolution 1973 nicht gedeckt, so das russische Außenministerium. Ministerpräsident Wladimir Putin bezeichnete die Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrats gar als "mittelalterlichen Aufruf zur Führung eines Kreuzzugs."(10) Sowohl Russland als auch China forderten eine sofortige Feuerpause und die Aufnahme von Verhandlungen.

Eine Vermittlungsinitiative der Afrikanischen Union (AU) war vor Beginn des Krieges von den westlichen Staaten verworfen worden. Ebenso lehnten sie mehrere Angebote der libyschen Regierung unter Führung Ghaddafis für einen Waffenstillstand ab. Aus Sicht des Imperialismus konnte es auch keine Verhandlungslösung geben, da man bei einer Kompromisslösung die wirtschaftlichen und geopolitischen Ziele in der Region nicht erreichen kann. Neben dem Zugriff auf die Ressourcen Öl und Gas fürchten die Westmächte, dass der arabische Aufruhr die auf ihrer Hegemonie beruhende Nahost-Architektur zum Einsturz bringen könnte. In Libyen geht es konkret darum, ein Regime zu etablieren, das der imperialistischen Nahost- und Mittelmeerpolitik von USA und EU als Stützpfeiler dient.

Die westliche Kriegskoalition versuchte mehrfach, Muammar Al-Ghaddafi durch gezielte Luftschläge zu ermorden. Bei einem dieser Anschläge wurden sein Sohn Saif Al-Arab Ghaddafi und drei Enkelkinder getötet.(11) Allein der Versuch, Ghaddafi zu liquidieren, zeigt überdeutlich, dass es dem Imperialismus mit diesem Krieg nicht um den Schutz der Zivilbevölkerung, sondern um einen weiteren "Regime Change" geht. Das jedoch ist nicht mit der UN-Resolution 1973 vereinbar und ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht!

Aus Sorge über den Ruf der USA in der islamischen Welt erklärte US-Präsident Barack Obama, dass Washington die Führung der militärischen Operation an die NATO abgeben werde. Die amerikanischen und britischen Pläne, der NATO die Führung bei der Durchsetzung des Flugverbots zu übertragen, wurden zunächst von Frankreich und der Türkei blockiert. Frankreich wollte die NATO ganz außen vor lassen, um selbst die Führung in einer "Koalition der Willigen" zu übernehmen.

Unterdessen bildeten die Aufständischen eine selbsternannte 'Übergangsregierung', an deren Spitze Mahmud Dschibril als "Ministerpräsident" steht. Dschibril war bereits vor Beginn des Krieges mit Nicolas Sarkozy und Hillary Clinton in Paris zusammengetroffen und genießt die Unterstützung des Westens. Er war unter Ghaddafi Planungsminister und Vorsitzender des Nationalen Wirtschaftsentwicklungsrates.

Am 31. März übernahm schließlich die NATO offiziell das Kommando. Da galt die mit der UN-Resolution 1973 geforderte Flugverbotszone für libysche Maschinen bereits als durchgesetzt. Dennoch wurden die Luftschläge des Westens fortgesetzt.

In der kritischen Presse tauchten alsbald Meldungen über den Einsatz von Uranwaffen gegen Libyen auf. So warnte die "Internationale Kampagne zum Verbot von Uranwaffen" vor dem Einsatz von Bomben und Munition mit abgereichertem Uran, den sogenannten DU-Waffen (Depleted Uranium), in Libyen. Sowohl die 45 Bomben, die US-amerikanische B-2-Maschinen gleich zu Beginn des Krieges abgeworfen hatten, als auch die von Kriegsschiffen abgefeuerten Cruise-Missile-Raketen seien mit DU-ummantelten Sprengköpfen ausgerüstet. Durch den Einsatz dieser Waffen wird wissentlich die radioaktive Verseuchung von Menschen und Umgebung der Luftschläge in Kauf genommen. Dabei sollten die Luftschläge angeblich doch der libyschen Zivilbevölkerung helfen! Die amtliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete von Luftangriffen auch auf Wohnviertel.

Die Vertreter der selbsternannten libyschen Übergangsregierung sicherten dem Westen auf einer Nordafrika-Konferenz in London derweil schon mal "Reformen" zu: die Interessen und Rechte von ausländischen Bürgern und Unternehmen sollten auf jeden Fall geschützt werden. Dies betrifft vor allem die Tätigkeit multinationaler Ölkonzerne in Libyen. Außerdem solle per Volksentscheid eine neue Verfassung verabschiedet werden, welche die Demonstrations- und Pressefreiheit ebenso garantiere wie die Zulassung von Parteien, Gewerkschaften und weiteren gesellschaftlichen Gruppen. In Libyen selbst sicherte der Chef des "Nationalrats", Mustafa Abdel Dschalil - bis zu seinem Rücktritt am 15. Februar Justizminister - dem Westen zu, im Fall einer Machtübernahme durch die Opposition die 'illegale Einwanderung' nach Europa zu bekämpfen.

Ende März bestätigten Regierungskreise in Washington, dass die USA in Libyen CIA-Agenten im Einsatz haben, um die Aufständischen und die Luftangriffe zu unterstützen. Militärische Analysen hätten zu der Erkenntnis geführt, dass die Rebellen ohne solche Hilfe den Bürgerkrieg gegen das Regime von Ghaddafi nicht gewinnen könnten. Stärke und Ausrüstung der Gegner Ghaddafis sollten überprüft werden, um US-Präsident Barack Obama Empfehlungen für Waffenlieferungen zu geben. Gleichzeitig meldeten mehrere Medien, dass Dutzende britische Spezialkommandos und Mitarbeiter des Geheimdienstes MI6 seit längerer Zeit in Libyen aktiv seien. Nach Darstellung der New York Times lenkten die britischen Agenten Luftschläge und sammelten Informationen über die Position von Panzerkolonnen des libyschen Militärs sowie über Artillerie- und Raketenstellungen. Darüber hinaus koordinierten sie auch die Aktionen der Aufständischen und versuchten, hochrangige libysche Militärs und Politiker zum Überlaufen zu bewegen.(12)

Nach einem Bericht von Al-Dschasira bilden US-amerikanische und ägyptische Spezialeinheiten libysche Rebellen aus. Die Regimegegner würden an einem geheimen Ort im Osten des Landes militärisch trainiert.

Die USA beendeten wie angekündigt am 5. März vorerst ihre Beteiligung an den Luftschlägen. Die libysche Regierung erklärte sich derweil zu politischen Reformen bereit, beharrte aber auf einer Führungsrolle Ghaddafis. Regierungssprecher Moussa erklärte im staatlichen Fernsehen: "Wir können jedes politische System haben [sic!], jede Veränderung der Verfassung, Wahlen, ein Referendum. Aber der Führer muss sie leiten." Zugleich bestritt er, dass die Regierungstruppen Zivilisten angriffen: "Wir kämpfen gegen bewaffnete Milizen, und wer bewaffnet ist, ist kein Zivilist."(13) Dagegen machten die Aufständischen in Bengasi den Abzug der Regierungstruppen aus Misurata und anderen umkämpften Städten zur Bedingung für einen Waffenstillstand. Außerdem müsse die Ghaddafi-Familie Libyen verlassen.

In Deutschland mehren sich die Anzeichen, dass die Bundesregierung nun doch deutsche Soldaten am Libyen-Krieg beteiligen will. Dabei geht es angeblich nicht um einen Kampfeinsatz, sondern um die "militärische Absicherung einer Hilfsaktion für die notleidende libysche Bevölkerung" unter EU-Flagge. Die Bundesregierung ließ zum Auftrag dieses Einsatzes verlauten, dass "Sicherungseinheiten der Bundeswehr" unter anderem den Transport von Hilfsgütern mit Schiffen der Marine begleiten sollen. Voraussetzung für den Einsatz sei jedoch ein Auftrag der UNO. Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) machte im Bundestag deutlich: "Auch die Nutzung der in Bereitschaft stehenden Verbände zur schnellen Krisenreaktion, der sogenannten EU-Battle-Groups [!], oder von Teilkräften ist möglich."(14) Bündnis 90/Die Grünen und SPD signalisierten umgehend ihre Zustimmung. Dagegen kritisierte Sevim Dagdelen, Sprecherin für internationale Beziehungen der Linksfraktion im Bundestag, dass Kanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle 'umgekippt' seien, und ihre Aussage, keine deutschen Soldaten nach Libyen entsenden zu wollen, nicht mehr gälte.

In der Tat ist es so, dass bei einer militärischen Absicherung von Hilfsgütern durch die Bundeswehr im Rahmen einer 'Schnellen Eingreiftruppe' der EU Kampfhandlungen nicht auszuschließen sind. Zumal die libysche Regierung bereits klarstellte, dass es sich bei einem derartigen Einsatz fremder Truppen um eine Verletzung der libyschen Souveränität handeln würde, und sie daher nicht bereit sei, solche Aktionen auf ihrem Territorium zu gestatten. Offenbar hat Außenminister Guido Westerwelle aus seiner eigenen Partei und aus der CDU/CSU Druck bekommen, um Deutschland doch noch am Libyenkrieg zu beteiligen. Nun versucht er, den militärischen Einsatz als 'humanitäre Hilfe' zu verkaufen.

In einem Brief an US-Präsident Barack Obama bat Ghaddafi um ein Ende der NATO-Angriffe, was vom Friedensnobelpreisträger umgehend abgelehnt wurde. Die Außenminister der 28 NATO-Länder beschlossen am 14. April in Berlin, Libyen bis zum Sturz der Regierung Muammar Al-Ghaddafis weiter zu bombardieren, um "Zivilisten zu schützen" und Druck auf das Regime auszuüben. Ghaddafi und seine Familienmitglieder müssten definitiv gehen, sonst drohe Libyen zu einem "Zufluchtsort für Extremisten" und "gescheiterten Staat" zu werden.

Unter der Hand liefern einzelne NATO-Staaten, vor allem die USA, Großbritannien und Italien, Kriegsgerät an die Aufständischen, insbesondere in der heftig umkämpften Stadt Misurata, was einen Verstoß gegen die UN-Resolution 1973 darstellt.

Derweil schloss die Europäische Union das Einsatzkonzept ('Concept of Operations') für die geplante Militärintervention EUFOR Libya ab. Neben der Stationierung von Bodentruppen zwecks Absicherung von "humanitärer Hilfe" ist die Besetzung und Abschirmung von libyschen Häfen und Flughäfen vorgesehen. Außerdem sollen militärisch kontrollierte Versorgungskorridore auf libyschem Territorium errichtet werden. Das Konzept sieht eine Einsatzdauer von maximal vier Monaten nach Erreichen der vollen Einsatzfähigkeit vor. Eine offizielle Anfrage des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), die als Voraussetzung für einen Einsatz der EU gilt, steht bislang aus.

Mitte April machten großaufgemachte Berichte über den angeblichen Einsatz von Streubomben seitens der libyschen Regierung unter Muammar Al-Ghaddafi in den internationalen Medien die Runde. So sollen libysche Streitkräfte bei den Kämpfen um die Stadt Misurata drei oder vier Mörsergranaten mit Streumunition eingesetzt haben.(15) Ein Sprecher der libyschen Regierung dementierte die Meldungen.

Man kann der Forderung nach einem Rücktritt Ghaddafis und der Ablösung seines Regimes durch eine Demokratiebewegung vollkommen zustimmen. Dabei drängt sich jedoch die Frage auf, ob die libyschen Aufständischen, die im Bürgerkrieg unter der Flagge der Monarchie mit militärischer Unterstützung des Imperialismus kämpfen, dieselben Kräfte sind, die zu Beginn der Protestbewegung mehr Demokratie, mehr politische Mitbestimmung und bessere Zukunftschancen auf dem Arbeitsmarkt gefordert hatten. Kann man eine Aufstandsbewegung als demokratisch und progressiv bezeichnen, die selbst für zahlreiche Opfer unter der Zivilbewegung verantwortlich ist, und die die imperialistischen Staaten zu einem Krieg gegen das eigene Land aufgefordert hat? Eine Aufstandsbewegung, die durch die Forderung nach Bodentruppen der NATO sogar die militärische Besetzung des eigenen Landes vorantreibt? Eine Aufstandsbewegung, die die Bodenschätze des Landes an die imperialistischen Staaten und multinationalen Konzerne des Westens ausverkaufen will? Ich denke nicht!

Ghaddafi wird vor allem deswegen dämonisiert, weil er jahrzehntelang dem Imperialismus die Stirn geboten hat. Der Krieg gegen Libyen wird nicht aus humanitären Gründen, nicht wegen des Mangels an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Menschenrechtsverletzungen geführt. Er wird aus wirtschaftlichen und geopolitischen Gründen geführt!

Es entbehrt auch nicht einer gewissen Heuchelei, dass sich gerade die NATO und deren Führungsmacht USA über den angeblichen Einsatz von Streubomben in Libyen echauffieren. Denn die Mehrheit der Staaten der Welt ist zwar einem Ende 2008 geschlossenen Abkommen zum Verbot des Einsatzes von Streubomben beigetreten Die USA gehören jedoch nicht dazu. Und die NATO und ihre Verbündeten haben diese Clusterbomben sowohl im Jugoslawien-Krieg (1999), im Afghanistan-Krieg (seit 2001) als auch im Irak-Krieg (2003) massenhaft eingesetzt.

Schließlich nahmen die USA eine militärische Kehrtwendung vor: hatten sie zuvor ihre Beteiligung an den Luftschlägen eingestellt, so kündigte Barack Obama nun den Einsatz unbemannter aber dafür bewaffneter Drohnen gegen libysche Regierungstruppen an. Der Einsatz unbemannter aber dafür bewaffneter Flugkörper sei ein "bescheidender Beitrag" der USA zu den Bemühungen des NATO-geführten Bündnisses, die Zivilbevölkerung vor Ghaddafis Truppen zu schützen.(16)

Die frühere Kolonialmacht in Libyen, Italien, kündigte Ende April an, sich an den Luftschlägen zu beteiligen. Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärte, sein Land sei zu 'gezielten Luftangriffen auf militärische Ziele' bereit.(17) US-Präsident Obama ordnete zusätzlich zur militärischen Unterstützung für die libysche Opposition die Zahlung von umgerechnet 18 Millionen Euro an den 'Nationalen Übergangsrat' in Bengasi an. Angeblich sei das Geld für medizinische Versorgung, für Schutzkleidung und Zelte vorgesehen. Bereits Ende März hatten die USA angekündigt, dem Übergangsrat Öl abzukaufen, sobald die Förderung wieder angelaufen sei.

Ende April gab Verteidigungsminister Liam Fox vor dem Unterhaus zu, dass die britische Regierung die Schaffung eines militärischen Brückenkopfs im Grenzgebiet zwischen Libyen und Tunesien erwäge. Ziel sei die Errichtung einer militärisch gesicherten Schutzzone für Flüchtlinge aus Libyen. Zu diesem Zweck wolle Großbritannien in Tunesien eigene Truppen an der Grenze zu Libyen stationieren. Zuvor waren Aufständische in dieses Gebiet vorgestoßen.

Der Libyen-Krieg des Westens ist die Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution 1973 in die Praxis. In Artikel 1 der UN-Charta verpflichten sich die Vereinten Nationen aber, den Weltfrieden zu wahren und Angriffshandlungen zu unterdrücken. Diese Resolution hebt auch nicht Artikel 2 Absatz 7 der UN-Charta auf. Darin heißt es wörtlich: "Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt."(18) Mit der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates vom 17. März wurden unter Bezugnahme auf Kapitel VII Artikel 42 der UN-Charta militärische Sanktionsmaßnahmen - konkret die militärische Kontrolle eines Flugverbots über libyschem Territorium - als notwendige Maßnahme bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen verhängt.

Kapitel VII gilt jedoch nur für den Fall einer Bedrohung des Weltfriedens durch internationale bzw. zwischenstaatliche (!) Konflikte. Da es sich bei dem Konflikt in Libyen aber um einen Bürgerkrieg, also um einen innerstaatlichen (!) Konflikt handelt, greift der oben zitierte Artikel 2 Absatz 7! Der UN-Sicherheitsrat und somit die UNO als Ganzes haben deswegen gegen ihre eigene Satzung verstoßen und damit selbst das Völkerrecht verletzt!

Auch das auf der UN-Generalversammlung 2005 von den meisten Staaten anerkannte und in der Resolution 1674 vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Konzept der sogenannten 'Responsibility to Protect', mit der die Verantwortung aller Staaten für ihre Bürger, sie vor schweren Menschenrechtsverletzungen zu schützen, begründet wurde,(19) (Sind sie dazu nicht in der Lage, geht diese Schutzverantwortung auf die Staatengemeinschaft über, notfalls auch mit Gewalt einzugreifen. Sie kann diese Verantwortung allerdings nur durch den UN-Sicherheitsrat wahrnehmen, für einzelne Staaten gilt nach wie vor das Gewaltverbot.)(20) hebt nicht das in der UN-Charta in Artikel 2 Absatz 7 festgelegte Souveränitätsrecht eines Staates und das Verbot der Einmischung in seine inneren Angelegenheiten auf! Außerdem ist die "Responsibility to Protect" (kurz: R2P) (noch) nicht völkerrechtsverbindlich. Sollte die Schutzverpflichtung zum völkerrechtlich verbindlichen Prinzip werden, würde das dem humanitär begründeten Interventionismus der imperialistischen Staaten Tür und Tor öffnen!

Der Imperialismus und seine Vetomächte im UN-Sicherheitsrat nutzen diese Resolutionen ganz in ihrem Sinn, um sich auch zukünftig mit kriegerischen Mitteln die politische und ökonomische Vorherrschaft auf dem Globus zu sichern, und unter dem Vorwand "humanitärer Interventionen" eigene wirtschaftliche und geopolitische Ziele zu erreichen. Dies erscheint aus imperialistischer Sicht angesichts der revolutionären Entwicklungen in zahlreichen arabischen bzw. islamischen Staaten umso dringlicher, als es gilt, die strategische Kontrolle über diese Region und deren Ressourcen nicht zu verlieren.


Lothar Kieslich, M.A., Gießen, Politikwissenschaftler, Soziologe


Anmerkungen:

(1) junge Welt v. 26./27.2.2011, S. 1.
(2) junge Welt v. 23.2.2011, S. 1
(3) Ebenda, S. 8.
(4) Unsere Zeit v. 11.3.2011.
(5) junge Welt v. 16.3.2011, S. 1.
(6) Resolution 1973 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verabschiedet auf der 6498. Sitzung des Sicherheitsrats am 17. März 2011. Vgl. besonders die Seiten 1 bis 3. Der vollständige Text der Resolution befindet sich im Internet unter
www.kommunisten.eu/attachments/2786_un_res_1973_libyen.pdf. Zugriff am 23.3.2011.
(7) Vgl. Günther Unser: Die UNO. Aufgaben-Strukturen-Politik. 7. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004, S. 409 (Kapitel 1, Art. 2, Absatz 7).
(8) junge Welt v. 19./20.3.2011, S. 1.
(9) Vgl. junge Welt v. 21.3.2011, S. 1.
(10) junge Welt v. 23.3.2011, S. 3.
(11) Vgl.junge Welt v. 2.5.2011, S. 1.
(12) Vgl. junge Welt v. 1.4.2011, S. 1.
(13) junge Welt v. 6.4.2011, S. 1.
(14) junge Welt v. 8.4.2011, S. 1.
(15) Vgl. junge Welt v. 18.4.2011, S. 2.
(16) junge Welt v. 23./24./25.4.2011, S. 1.
(17) Vgl. junge Welt v. 27.4.2011, S. 1.
(18) Vgl. Günther Unser: Die UNO. A.a.O., S. 408f. und S. 418f.
(19) Siehe dazu die Resolution der UN-Vollversammlung UN Doc. A/RES/60/1 unter
www.un.org/Docs/journal/asp/ws.asp?m=A/RES/60/1 vom 24. Oktober 2005
sowie die Resolution des UN-Sicherheitsrats UN Doc. S/RES/1674 (2006) unter
www.un.org/Docs/journal/aps/ws.asp?m=S/RES/1674(2006) vom 28. April 2006.
(20) Vgl. dazu Norman Paech in: junge Welt v. 30.3.2011, S. 3.


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Quelle:
Marxistische Blätter, Heft 3-11, 49. Jahrgang, S. 36-44
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2011