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OSSIETZKY/773: Der US-General und Syrien


Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft
Nr. 20 vom 28. September 2013

Der US-General und Syrien

Von Horst Schäfer



Auch hohe Militärs plaudern manchmal aus der Schule. Im vorliegenden Fall kann das helfen, die anhaltenden US-Kriegsdrohungen gegen Syrien auf ihren Kern zurückzuführen. US-General a.D. Wesley Clark erklärte in San Francisco, daß ein US-Überfall auf Syrien mindestens seit 2001 geplant sei. Allerdings: Von Giftgas als vorgeschobene Begründung war vor zwölf Jahren nicht die Rede, sondern nur von einem US-Plan, den Nahen Osten durch mehrere Kriege im Sinne der USA neu zu ordnen. Der General hielt seine Rede, in der er diese Fakten nannte, schon am 3. Oktober 2007 vor dem Commonwealth Club of California, einer seit mehr als hundert Jahren bestehenden renommierten Institution. Ich entdeckte die Ansprache kürzlich im Internet auf You Tube.

Clark war hochdekorierter Vier-Sterne-General und von 1997 bis 2000 Befehlshaber der NATO-Truppen in Europa, unter anderem 1999 Oberbefehlshaber des NATO-Überfalls auf Serbien. 2004 versuchte der Militär, Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei zu werden.

Im Zusammenhang mit dem 11. September 2001 sprach der General in San Francisco von einem "politischen Staatsstreich" in den USA. Schon zehn Tage danach sei er im Pentagon informiert worden, daß Afghanistan überfallen werden solle. Sechs Wochen später erfuhr Wesley Ciark bei einem weiteren Besuch im Kriegsministerium von einem Offizier des Generalstabs, daß die Angriffspläne inzwischen erheblich ausgeweitet worden waren. Außer Afghanistan - was Clarks Billigung fand - sollten in den folgenden "fünf Jahren noch sieben weitere Staaten von den USA angegriffen und ihre Regierungen zerstört werden": Irak, Libyen, Syrien, Iran, Libanon, Somalia und Sudan. Der Stabsoffizier berief sich dabei auf ein geheimes Memorandum, das er gerade aus dem Büro von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erhalten habe. Daraus schlußfolgerte Clark: Jeder sollte besorgt sein wegen der "Strategie der Vereinigten Staaten im Nahen Osten".

Als die wichtigsten Initiatoren dieser friedensgefährdenden Politik nannte der General Donald Rumsfeld und dessen Stellvertreter Paul Wolfowitz, Präsident George Bush und Vizepräsident Richard Cheney sowie andere prominente Politiker, die dem ultrakonservativen Project for the New American Century (PNAC) angehörten. "Diese Leute haben die Politik der Vereinigten Staaten übernommen", betonte der General. Ihr Ziel sei es, "daß der Nahe Osten destabilisiert, alles auf den Kopf gestellt und unter unsere Kontrolle gebracht wird".

Außerdem erinnerte Wesley Clark seine Zuhörer in San Francisco an ein Treffen mit Wolfowitz bereits im Jahre 1991, bei dem ihm der damalige Staatssekretär im Pentagon berichtete, das US-Militär habe den Zweck, "Kriege zu beginnen, Regierungen auszuwechseln - und nicht, Konflikte zu verhindern". Dies ist nicht das einzige Zitat aus der kalifornischen Rede des ehemaligen NATO-Chefs, das ich gern der Bundeskanzlerin und ihren Möchtegern-Kriegern hinter den Spiegel stecken würde.

Interessant wäre zu erfahren, wie Wesley Clark heute über die Politik von Präsident Barack Obama denkt, den er 2008 bei der Wiederwahl unterstützte. Ob ihm auffällt, daß der Friedensnobelpreisträger und seine Regierung in vielen Punkten genau die staatsterroristische Linie vertreten, die von Bush, Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz und dem PNAC formuliert wurde und vor der er, der General, in seiner Rede in San Francisco gewarnt hatte?

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Quelle:
Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft
Sechzehnter Jahrgang, Nr. 20 vom 28. September 2013, Seite 706-707
Herausgeber: Dr. Rolf Gössner, Ulla Jelpke, Prof. Arno Klönne,
Otto Köhler, Eckart Spoo
Redaktion: Katrin Kusche (verantw.), Eckart Spoo
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2013