Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

ROTFUCHS/140: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 186 - Juli 2013


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

16. Jahrgang, Nr. 186, Juli 2013



Inhalt

*

Das Heulen der Wölfe

In den letzten Jahren der DDR sind viele Wahlberechtigte nicht mehr gerne ins Stimmlokal gegangen. Das En-bloc-Votum für die überwiegend durchaus verdienstvollen Kandidaten der Nationalen Front war mehr und mehr zur Routine erstarrt, ja fast zur Farce geworden. Doch gemach: So öde und farblos der Wahlakt nun von vielen auch wahrgenommen wurde - es handelte sich selbst in dieser Etappe der DDR-Geschichte um ein Votum für verläßlichen Antifaschismus, eine auf dem Gemeineigentum an Produktionsmitteln beruhende, also ausbeutungsfreie Gesellschaftsordnung und einen den Frieden verteidigenden sozialistischen Staat. Obwohl etliche DDR-Bürger das sicher nicht mehr so wie früher empfanden, stand es doch außer Frage.

Heute wird dem Wähler mit BRD-Paß ein knallbunter Parteienfächer angeboten. Mich erinnert diese Vielfalt an eine Episode, deren Zeuge ich vor über vier Jahrzehnten in Kalifornien wurde: "We are coming in all colours - uns gibt es in allen Farben", bemerkte Leo Branton - einer der Verteidiger im Prozeß gegen Angela Davis -, den eine Geschworenenkandidatin für einen Weißen gehalten hatte, unter Hinweis auf seine afroamerikanische Abstammung. Derzeit kommen Politiker scheinbar aller Schattierungen daher, obwohl der Grundton kaum differiert. Denn außer dem Rot der Linkspartei herrscht schwarz-gelb-rosa-grüne Eintönigkeit vor, in die sich überdies das Braun der NPD mischt.

Am farblosesten und unpolitischsten wirkt dabei die CDU-Chefin Angela Merkel. Ihre Ideologie ist die eines Chamäleons, vermag sich doch die in der "atheistischen" DDR zur promovierten Mitarbeiterin der Akademie der Wissenschaften aufgestiegene Pastorentochter so übergangslos wie sonst niemand an ihre jeweilige Umwelt anzupassen. Darin unterscheidet sich die Thatcher-Imitatorin vom Original. Die "Eiserne Lady", deren Verschnitt als "mächtigste Frau Europas" die Kanzlerin jetzt auf der kontinentalen Bühne gibt, war nämlich eine durchgestylte Konservative.

Gegen Angela Merkel läuft übrigens ein Demontage-Versuch, der vom rechtskonservativ-chauvinistischen Flügel der eigenen Partei ausgeht. Dieser verbirgt sich hinter der Alternative für Deutschland (AfD). Die Tatsache, daß der frühere BDI-Chef Hans-Olaf Henkel bei der Gründungsversammlung des überwiegend aus bisherigen CDU- und FDP-Mitgliedern bestehenden Zusammenschlusses zugegen war, zeigt dessen Rückhalt bei Teilen des BRD-Monopolkapitals, die mit Merkels Kurs unzufrieden sind. Das Auftauchen der AfD könnte die CDU Prozentpunkte kosten. CSU-Fürst Horst Seehofer - der Herr über das Paradies der Steuerflüchtlinge aus allen bundesdeutschen Landen - wirft sich spaßeshalber in die Toga eines Mannes, der solche Leute für die Wahlkampfdauer nur noch durch die bayerische Hintertür einlassen möchte. SPD-Oberhaupt Sigmar Gabriel täuscht momentan Volksnähe vor. Er blinkt links und fährt rechts, wobei er sich auch manche Pfeile aus dem programmatischen Köcher der Linkspartei verbal entleiht. Im Hinblick auf finstere Seiten der eigenen Parteigeschichte nach Bebels Tagen scheint er allerdings unter hochgradiger Amnesie zu leiden.

Die "Dicken" sind unterdessen die dicksten Freunde. Claudia Roth wird nicht einmal mehr rot, wenn man sie daran erinnert, wie sie gemeinsam mit Gabriel den einstigen Großinquisitor an die Staatsspitze hievte. Und ihre Grünen sind ja unterdessen in fast jeder Farbe zu haben.

Während wir von den durch einen hohen Beamten des Bundesverteidigungsministeriums befehligten und dadurch unter die Seeräuber gefallenen Piraten einmal absehen, wollen wir die geschrumpften Gelben der FDP wenigstens am Rande erwähnen. Es handelt sich um einen in die zweite Reihe der Parteien des Kapitals zurückgefallenen Verein, bei dem der von Ökonomie unbeleckte Wirtschaftsminister Rösler amtiert und Rainer Brüderle seinen kargen Geist versprüht, während man auf jeder Westerwelle gegen den Strom schwimmt, ohne dabei zum Wellenreiter zu werden.

Es ist Wahlkampf. Da entdecken die Reichen plötzlich ihr Herz für die Armen, ihre Politiker schwindeln das Blaue vom Himmel herunter, versprechen bis zum 22. September jedermann Gott und die Welt. Bei diesem farblos-bunten Treiben halten sich die Regisseure diskret im Hintergrund. Während die großen Wölfe, mit denen natürlich nicht die edlen Tiere gemeint sind, aufs Heulen verzichten, tun das die kleineren um so mehr.

Natürlich fehlt es auch nicht an Leuten, die laut im Walde singen, um imaginäre Wölfe zu verscheuchen. Ihre von Haß auf die DDR befeuerte antikommunistische Kakophonie hat nichts Neues zu bieten.

Gibt es in diesem Parteiendschungel tatsächlich nur Schatten und keinerlei Licht? Um die Frage zu beantworten, bedarf es weder taktischen Hakenschlagens noch raffinierter Winkelzüge. Schon im Januar-RF führten wir unseren Lesern vor Augen, wie der Bundestag aussähe, wenn die Fraktion der Linkspartei verschwände oder in die Bedeutungslosigkeit früherer Jahre zurückgeworfen würde, als ihr für eine Wahlperiode nur noch zwei Direktmandate verblieben.

In einem solchen Falle wären die Wölfe - sieht man von einzelnen Abgeordneten, die nicht in diese Kategorie fallen, einmal ab - wieder ganz unter sich. Der Antifaschismus, die Sache des Friedens und die Interessen sozial Benachteiligter besäßen dort so gut wie keine Lobby mehr.

Dabei sind wir uns durchaus darüber im klaren, daß die Partei Die Linke weder den Kapitalismus als Gesellschaftsformation hinterfragt noch eine systemverändernde politische Formation sein will.

Überdies dürfte ihre Anziehungskraft durch den Verzicht Oskar Lafontaines - eines linkssozialdemokratischen Politikers der Extraklasse - zumindest im Westen nicht gestärkt worden sein.

Wenn Marxisten für die Linkspartei stimmen, was aus unserer Sicht unerläßlich ist, müssen sie einen Kompromiß nach der Devise eingehen: Wer das eine will, muß das andere in Kauf nehmen. Denn linke Wähler entscheiden sich nicht nur für von ihnen gewünschte Kandidaten, sondern haben bei der Abgabe ihrer Zweitstimme auch in Betracht zu ziehen, daß die Mandate nach der Reihenfolge auf den jeweiligen Landeslisten besetzt werden. So ist Krötenschlucken unvermeidlich.

Bei der Wahl zum Europaparlament kreuzte ich vor Jahren in Hellersdorf die PDS an. "Ohne André Brie!", fügte ich hinzu, wodurch das Votum ungültig wurde. Damals war das mein Protest gegen einen der Sache abtrünnig gewordenen Politiker des rechten PDS-Flügels.

Was die anstehenden Bundestagswahlen betrifft, muß man auf "Doppelpack"-Varianten eingestellt sein, will man profilierte Mandatsträger der Linkspartei wie Gesine Lötzsch, Sevim Dagdelen, Christine Buchholz, Ulla Jelpke, Sahra Wagenknecht oder Wolfgang Gehrke, um nur einige zu nennen, wieder im Bundestag sehen.

Da dort - realistisch betrachtet - keine an Marx, Engels und Lenin orientierte Partei unserer Präferenz vertreten sein wird, sollten konsequent linke Wähler statt des Optimalen das Mögliche anstreben. Bei Aufrechterhaltung unverzichtbarer Fernziele kann es vorerst nur darum gehen, derzeit Erreichbares ins Kalkül zu ziehen.

Klaus Steiniger

*

Wie die DDR zu meiner zweiten Heimat wurde

Wer wie ich 1924 als viertes Kind eines Arbeiters in Deutschland geboren wurde, kann gewiß nicht nur auf glückliche Zeiten zurückblicken. An meinem neunten Geburtstag war mein Vater bereits vier Jahre arbeitslos. Einen Tag später wurde er nach einer kommunistischen Versammlung auf der Heimfahrt von einem Lieferwagen aus dem Fahrradsattel gerissen und sterbend auf der Straße liegengelassen. Weil er gegen den aufkommenden Faschismus kämpfte, ermordete man den gerade 43jährigen Vater von fünf Kindern. Daß seine drei Söhne in Hitlers vom Kapital gewünschten und finanzierten Mordfeldzug umkamen, hat er nicht mehr erlebt, aber leider auch nicht den Tag der Befreiung durch die Rote Armee.

Nach dem Krieg lebten wir unweit von meiner Geburtsstadt Köln auf dem Lande. Mein Freund, von Beruf Melker, war Holländer. Mit ihm hatte ich im Krieg zwei Ukrainer, meinen desertierten ältesten Bruder, der später einer Kriegsverletzung erlag, und einen Jugoslawen versteckt.

1945 war Köln kaum noch zu erkennen. Zunächst gab es weder Wasser noch Strom, und wie überall mangelte es an Nahrung. Während demokratische Parteien und Jugendorganisationen wieder zugelassen wurden, saßen zugleich alte Faschisten weiterhin in hohen Ämtern.

Als meine KPD unter Adenauer verfolgt und später verboten wurde, sahen sich viele Genossen der Verfolgung durch die alte "neue" Justiz ausgesetzt. Auch ich war betroffen. Zweimal saß ich in Köln in Untersuchungshaft. In einem Falle hielt man mich für "hinreichend verdächtig", an einem verbotenen Jugendtreffen in Ostberlin teilgenommen zu haben.

Als der Darmstädter Pfarrer Herbert Mochalski zu einem Friedenstreffen der westdeutschen Jugend aufrief, das am 11. Mai 1952 in Essen stattfinden sollte, fand das großen Anklang. Viele Tausende kamen. An jenem Tag wurde der junge Kommunist Philipp Müller von der Polizei erschossen.

1954 - ich war Mutter zweier Kinder und lebte von deren Vater getrennt - hatte ich keine Arbeit. Damals überbrachte mir ein Genosse die Einladung für zehn westdeutsche Kinder in ein Ferienlager des VEB Mineralölwerk Lützkendorf. Doch die Hetze gegen die DDR verfehlte ihre Wirkung nicht: Mehrere von mir angesprochene Eltern ließen ihre Kleinen aus Angst, sie würden nach Sibirien verschleppt, nicht mitfahren. Mit meinen 6 und 9 Jahre alten eigenen Kindern, dem Töchterchen des Überbringers der Einladung und einem Jungen aus Euskirchen reiste ich ins Ferienlager nach Großbreitenbach. Dort riet mir eine Helferin: "Wenn Du erwerbslos bist, dann komm doch einfach zu uns rüber, hier kriegst Du sofort Arbeit." Schon 14 Tage später saßen wir im Zug nach Magdeburg. Seitdem lebte und arbeitete ich in der DDR. Bereits drei Tage nach unserer Ankunft war ich vollbeschäftigt. Die Kinder bekamen im Anschluß an den Unterricht ihr warmes Mittagessen und wurden im Hort betreut.

Über zehn Jahre blieb ich parteilos, war aber gewerkschaftlich aktiv - zuerst als Vertrauensfrau, dann als AGL- und BGL-Mitglied. Man wählte mich zur Schöffin am Kreisgericht Merseburg. Ich leitete einen Malzirkel für Kinder, gehörte einem Keramikzirkel an und arbeitete in der Klubkommission des DFD. Außerdem engagierte ich mich im Filmaktiv. Auch zu den Volkskorrespondenten zählte ich.

Wenn für die DDR Prädikate vergeben werden sollten - ich hätte eine ganze Menge parat: Sie war ein friedliches Land, in dem man den Gedanken der Völkerfreundschaft allenthalben spürte. Sie war reich an Kindern, deren soziale Herkunft bei der Förderung keine Rolle spielte. Die Volkspolizei mußte keine Naziaufmärsche beschützen, weil sie zu DDR-Zeiten undenkbar gewesen wären.

Dabei mag es durchaus auch im Osten Leute gegeben haben, in deren Köpfen faschistisches Denken weiter herumspukte. Die DDR-Bürger mußten aber keine Zivilcourage bei der Abwehr von Naziübergriffen beweisen, da Braune auf dem Boden ihres Landes kein warmes Nest fanden.

Für mich und meine Kinder wurde die DDR zur zweiten Heimat, die wir nie verlassen hätten.

Elisabeth Monsig, Friedrichsthal

*

Was eine Londonerin hinter dem "Eisernen Vorhang" entdeckte

"Eastern Germany" aus britischer Sicht

Die DDR - in Britannien als Ostdeutschland bekannt - ist jenes Land, welches ich außer meinem eigenen am besten kennengelernt habe. 1969 besuchte ich es erstmals mit einer Gruppe junger Leute. Damals fuhr man uns nach Leuna und Buna, wo wir die gigantischen Chemischen Werke in Augenschein nahmen.

Der überwiegende Teil Ostdeutschlands, das dann die DDR wurde, war anfangs agrarisch. Die DDR mußte ihre Industrie selbst aufbauen. Dabei stellten die Chemischen Werke insofern eine Ausnahme dar, als sie ja schon zuvor existiert hatten. Jetzt aber waren sie Volkseigentum, so daß aus dem Mehrprodukt kein Profit mehr gezogen werden konnte.

In Leuna/Buna sahen wir imponierende Lehrwerkstätten und erfuhren, daß die Unterweisung zunächst in Grundlagenfächern erfolgte, bevor eine spezifische Ausbildung für die Chemieindustrie beginnen konnte. So wurden die Lernenden nicht zeitlebens an nur einen Job gebunden. Sie hatten zuvor bereits die zehnklassige Polytechnische Oberschule absolviert, die für alle Kinder und Jugendlichen der DDR einheitliche Lehrpläne bereithielt.

Polytechnik galt als der Oberbegriff für die Verbindung von Theorie und Praxis. Jeder lernte dort deutsche Sprache und Literatur, Mathematik, Naturwissenschaften, eine Fremdsprache, Geschichte und Erdkunde, erwarb aber zugleich auch handwerkliche und für eine künftige Betriebsarbeit nützliche Kenntnisse:

Diese Bildungseinrichtung beeindruckte mich als Britin besonders, weil deutsche Schulen vor 1945 generell als Brutstätten faschistischer Ideologie gedient hatten. Eine der ersten Taten der nun zum Zuge Gekommenen bestand darin, die meisten bisherigen Lehrer aus dem Schuldienst zu entfernen und durch Antifaschisten zu ersetzen, die nach völlig neuen Lehrplänen unterrichteten. Die Lehrer jener Jahre waren echte Helden. Ganz und gar unerfahren, übernahmen sie es, eine Arbeit von vitaler Bedeutung in ihrem vom Krieg zerstörten Land mit einer durch den Faschismus 12 Jahre lang irregeführten Bevölkerung zu verrichten.

Ungefähr 20 Jahre später waren die jungen Leute, denen ich nun in der DDR begegnete, der lebendige Beweis für die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges. Frauen wie Männer zeichnete Selbstvertrauen aus. Das alte Motto "Kinder-Kirche-Küche", das die den Frauen traditionell zugewiesene Rolle ausdrückte, lebte sicher noch in den Vorstellungen älterer Leute fort. Doch gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Zugang zu Bildung und Erziehung, ein landesweites System bestens ausgestatteter und nahezu kostenfreier Krippen und Kindergärten mit hervorragend geschultem Personal - all das führte dazu, daß Chancengleichheit Realität werden konnte.

Ein anderer Vorteil waren die extrem niedrigen Mieten und der planvolle Aufbau ganzer Wohnkomplexe. 1969 besichtigten wir Halle-Neustadt. Jedes Viertel hatte, was im Westen keineswegs selbstverständlich ist, seine Schulen, Gesundheits- und Erholungseinrichtungen sowie Geschäfte in Reichweite. Ein modernes Schwimmbad war gerade im Bau. Bis 1989 konnte die Wohnungsfrage zwar nicht in jedem Einzelfalle, aber als soziales Problem gelöst werden.

Seit den 70er Jahren war die DDR auch von den kapitalistischen Staaten anerkannt worden. Sie unternahm vieles, um auf den meisten Gebieten einigermaßen autark zu sein. Mit dem Ziel, die Industrie weiter voranzubringen, schuf man z. B. die "Messen der Meister von morgen". Junge Leute wurden dadurch zu Erfindungen ermutigt, die in Ausstellungen gezeigt wurden, um wieder andere zu inspirieren.

Da die knappen Devisen für wichtige Dinge ausgegeben werden mußten, blieb manches eher Zweitrangige auf der Strecke. 1969 nahm ich hier und dort ein Grollen über den Mangel an modischem Chic wahr, doch junge Frauen berichteten mir über eine von ihnen gefundene Lösung: Sie fertigten bestimmte Kleidungsstücke eben selbst an.

Während bei manchen Konsumgütern Lücken im Angebot klafften, herrschte auf anderen Gebieten kein Mangel. So war das Recht auf Urlaub materiell hervorragend untersetzt. Überall in der DDR wurden Sommerlager für Kinder und Jugendliche organisiert. Es gab ein dichtgespanntes Netz von Ferienheimen, die den Gewerkschaften oder volkseigenen Betrieben gehörten. Ein 14tägiger Aufenthalt war für jedermann erschwinglich.

In den 80er Jahren lernte ich mit meinen Kindern drei dieser Heime kennen. Sie befanden sich in landschaftlich schön gelegenen Ortschaften. Die Gebäude waren in gutem Zustand, die Räume sauber und hell, das Essen nahrhaft und reichlich. Gemeinsame Ausflüge, kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen und Tischtennisturniere für Kinder gehörten zum Programm.

Als die sozialistischen Länder noch existierten, sprach man in den britischen Medien ständig davon, daß deren Bürgern Urlaubsreisen in den Westen verwehrt würden. Es gibt wohl zwei Hauptgründe dafür, daß nur wenige DDR-Bürger privat in Länder Westeuropas reisen konnten: Einerseits stand kaum entsprechende Valuta für solche Zwecke zur Verfügung, andererseits begegneten die NATO-Staaten den sozialistischen Ländern mit äußerster Feindschaft. Und auch das sollte man bedenken: Als die Grenze vor dem Bau der Berliner Mauer noch offen war, unternahm die reichere Bundesrepublik alles, um DDR-Fachkräfte durch In-Aussicht-Stellen höherer Gehälter und anderer Anreize in den Westen zu locken. In den sozialistischen Ländern erfolgte die Ausbildung auf Arbeiterkosten jedoch nicht in der Absicht, die Profite irgendwelcher Kapitalisten außerhalb des Landes erwirtschaften zu helfen.

Niemand spricht oder schreibt übrigens darüber, wie Briten und anderen Bürgern westlicher Staaten systematisch davon abgeraten wurde, ihren Urlaub in sozialistischen Ländern zu verbringen. Bei uns wurden solche Reisen oftmals für schlechthin unmöglich gehalten. Andererseits gab es die Vorstellung, dort nichts Sehenswertes vorzufinden.

Mir ging es ganz anders: 1988 entdeckte ich in der Sächsischen Schweiz eine spektakuläre Felsenlandschaft. Etliche Male verlebte ich sehr erfreuliche Ferien als Einzeltouristin in Ungarn, Bulgarien und der DDR. Eine Episode: Nach zweiwöchigem Urlaub in Stralsund reichten wir dem DDR-Grenzposten ahnungslos unsere Pässe. Der war - gelinde gesagt - "mild verwundert", als er feststellte, daß wir es verabsäumt hatten, uns bei der Einreise volkspolizeilich anzumelden. Wir entschuldigten uns für diese Nachlässigkeit und warteten ab, was nun geschehen würde. Nach kurzer Beratung mit seinem Vorgesetzten winkte uns der Grenzer zu sich. Wir sollten uns keine Sorgen machen, meinte er. Obwohl wir uns gewissermaßen illegal in der DDR aufgehalten hatten, war das von niemandem bemerkt worden. Ein Polizeistaat?

Der Sozialismus war ein Gesellschaftssystem, das sich noch in der Entwicklung befand. Doch welche Schwächen und Fehler ihm auch immer angehaftet haben - es war die bisher größte Errungenschaft der internationalen Arbeiterklasse, lieferte es doch den Beweis, daß es eine Alternative zum Kapitalismus gibt. Deshalb - und nur deshalb - gaben die Kapitalisten Billionen aus, um die Macht der Werktätigen zu untergraben und - zumindest in Europa - vorerst wieder zu liquidieren.

Pat Turnbull, London


Unsere Autorin zählt zu den Herausgebern der in Glasgow erscheinenden Vierteljahres-Zeitschrift "The Socialist Correspondent".

*

Vom Knecht auf dem Bauernhof zum Obersten Richter der DDR

Günter Sarge gibt Auskunft

Es ist kein Zufall, daß ausgerechnet der Justizminister der BRD auf einer Richtertagung 1991 den Auftrag zur Delegitimierung der DDR erteilt hat. Deutlicher konnte er den Klassencharakter seines "Rechtsstaates" nicht machen. Das Schlagwort vom "Unrechtsstaat" ist seitdem zum Synonym für die Verteufelung der DDR geworden. Alle Angriffe auf sie sind mit Verleumdungen ihrer Rechtsordnung verbunden. Heute existiert ein regelrechtes Netzwerk, das unter Leitung eines Staatsministers im Bundeskanzleramt den Nachweis des "Unrechtsstaates" erbringen soll. Der Beschluß der Bundesregierung vom 9. Januar und die Bundestagsdebatte vom 22. März 2013 zur "Aufarbeitung der SED-Diktatur" belegen das erneut. Angesichts solcher Tatsachenverfälschung ist Aufklärung vonnöten. Günter Sarge leistet mit seinem Buch "Im Dienste des Rechts. Der oberste Richter der DDR erinnert sich" einen wichtigen Beitrag dazu. In diesen autobiographischen Darlegungen zeichnet er seine Entwicklung vom "Knecht auf dem Bauernhof" zum Präsidenten des Obersten Gerichts als Teil eines gesellschaftlichen Prozesses eindrucksvoll nach. Er belegt am eigenen Beispiel überzeugend, wie und mit welchen politischen Kräften sich die DDR von der antifaschistisch-demokratischen Ordnung zum sozialistischen Staat entwickelte und vervollkommnete.

Seinen Einstieg in den Staatsdienst vollzieht Sarge als Angehöriger der Polizei. Ab 1953 steht er im Dienste des Rechts. Damals wurde auf Befehl des Innenministers der DDR ein Untersuchungsbüro der Kasernierten Volkspolizei (KVP) gegründet. Nach einem Juristenlehrgang, Studium und Dissertation nimmt Günter Sarge verantwortungsvolle Aufgaben in der Justiz wahr: Viele Jahre ist er in den Rechtsorganen der bewaffneten Kräfte als Untersuchungsführer und Militärstaatsanwalt tätig, ab 1962 als Vorsitzender des Militärkollegiums des höchsten Gerichts der DDR, um eine entsprechende Militärgerichtsbarkeit aufzubauen. Seit 1971 Vizepräsident und ab 1986 Präsident des Obersten Gerichts, hat er entscheidenden Anteil an der Herausbildung der sozialistischen Rechtspflege der DDR.

Mit seinen reichen Erfahrungen vermittelt der Autor tiefe Einblicke in einen gesellschaftlichen Bereich, der heute in besonderem Maße Gegenstand antisozialistischer Verfälschungen ist. Die von ihm vermittelten Informationen zur personellen Zusammensetzung, Organisation und Arbeitsweise der Militärgerichte und des Obersten Gerichts, über deren Beziehungen zur Partei- und Staatsführung sowie zu Ministerien vermitteln Wissenswertes, wie dieser Bereich der Justiz rechtsstaatlich, souverän und solide gearbeitet hat. Sie zeigen das erfolgreiche Ringen um Einheitlichkeit, Verständlichkeit und Bürgernähe der Strafrechtsprechung - Ansprüche, die man in der BRD-Justiz vergeblich sucht.

Anschaulich widerlegt Sarge Behauptungen, die DDR-Gerichte seien nicht unabhängig gewesen. An Beispielen zeigt er, wie diese Unabhängigkeit nicht nur verfassungsmäßig vorgeschrieben war, sondern auch in der Praxis umgesetzt wurde. Und wie sie die Partei- und Staatsführung respektierte, wenn bisweilen auch widerwillig. Aufschlußreiches berichtet Sarge über die Demokratie im Recht - von der Wahl der Richter durch Volkskammer und Volksvertretungen bis zur aktiven Mitwirkung ebenfalls gewählter Schöffen in Verfahren. Er gibt Einblick, wie Gesetze geschaffen wurden. So schildert er z. B., wie unter seiner Leitung die neue Militärgesetzgebung der DDR entstand, wobei internationale Erfahrungen und völkerrechtliche Anforderungen berücksichtigt wurden. So mußte u. a. das komplizierte Rechtsverhältnis von Gesetz und Befehl geklärt werden.

Besonders informativ sind seine Ausführungen zur Wahrheitsfindung im Strafprozeß. Nach der Marxschen Erkenntnis: "Der Weg zur Wahrheit" müsse "selbst wahr sein", erarbeitete das Oberste Gericht 1978 und 1988 Beweisrichtlinien, die höchsten internationalen Standards entsprachen. Die Feststellungen zum Beweiswert des Geständnisses z. B. setzten nicht nur für die gerichtliche Praxis der DDR Maßstäbe. Solche Erkenntnisse und verpflichtenden Orientierungen zu Beweisfragen gibt es im BRD-Recht nicht. Angeblich würde das der Unabhängigkeit der Richter schaden, heißt es.

In seinem Buch spart Sarge auch äußerst brisante Fragen nicht aus, so zur Wehrdienst- und Totalverweigerung, zur kriminellen Asozialität, zur Todesstrafe, zu fehlerhaften Urteilen und zur Kassation. Auseinandersetzungen mit manchen Funktionären werden nicht verschwiegen.

Für den Leser von besonderem Interesse sind seine Schilderungen zu einzelnen Spionagefällen sowie zu Wirtschafts-, Tötungs- und anderen Verbrechen.

Im letzten Teil seines Buches befaßt sich der Autor mit dem Feldzug gegen die DDR nach 1990, der bekanntlich auch unter Anwendung von Mitteln der Strafjustiz bei Verletzung nationalen und internationalen Rechts geführt wurde. Der prominente Jurist wurde - wie Hunderte Verantwortungsträger der DDR, darunter über 160 Richter und Staatsanwälte - selbst verfolgt. So gehörte auch Günter Sarge von Beginn an zu jenen, welche solidarisch gegen dieses politisch motivierte Justizunrecht auftraten und vor 20 Jahren die Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e. V. (GRH) gründeten.

Günter Sarge gibt eine klare Antwort auf die Frage, ob die DDR ein Rechtsstaat war: "Ich verstehe darunter einen Staat, dessen Rechtssetzung dem international anerkannten Rechtsstandard entspricht, der diese Gesetze selbst einhält und auch durchsetzt, der sein Handeln nach den Gesetzen ausrichtet, den Bürgern gegenüber Fürsorge und Gerechtigkeit walten läßt und die in der Verfassung des Landes festgeschriebenen Rechte und Pflichten sichert. Unter diesen Prämissen war die DDR ein Rechtsstaat sozialistischer Prägung."

Hans Bauer, Berlin


Günther Sarge: Im Dienste des Rechts. Der oberste Richter der DDR erinnert sich. edition ost, 256 Seiten, 17,99 Euro, ISBN 978-3-360-01844-1

Unser Autor ist Vorsitzender der GRH und Vorstandsmitglied des RF-Fördervereins. In der DDR war er zuletzt Stellvertretender Generalstaatsanwalt.

*

Schweriner Schaufensterzeitung Seelenstorm
[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Die Zeitung ist im Internet zu finden unter: www.seelenstorm.de

*

Die Erde könnte 50 Milliarden Menschen ernähren

Malthus verrechnete sich

Die in letzter Zeit gehäuft aufgetretenen Lebensmittelskandale und ganze Ketten solcher Geschehnisse wie das Auftauchen von Pferdefleischanteilen bei "erstklassigem Rindfleisch im eigenen Saft", angebliche Bio-Eier aus Hunderten Lieferbetrieben, die nichts mit Bio zu tun haben, und obendrein noch riesige Mengen verschimmelter Futtermittel aus Serbien sowie die Überschwemmung der Welt mit genmanipuliertem Mais aus den USA lassen aufhorchen. Die ursprünglich mit Bio-Produkten verfolgte Absicht ist unterdessen zu einer reinen Preisfrage verkommen. Die gezielt verbreitete Vorstellung, die Konsumenten wollten für gute Lebensmittel gerne auch mehr bezahlen, erscheint genauso irreführend wie die Behauptung von Ausbeutern, ihre "Arbeitnehmer" seien über Niedriglöhne erfreut, wenn sie bei gleicher Arbeitsleistung weniger Entgelt bezögen, da sie vor allem froh seien, überhaupt Arbeit zu haben, wenn auch ohne redliche Vergütung.

Der Normalbürger sieht kaum noch durch, wenn es um gesunde und ausreichende Nahrung geht. Er hält sich deshalb lieber an "Bewährtes" wie Pizza und Döner oder kriecht verlockender Aufmachung von Produkten in den Supermärkten auf den Leim. Hauptsache, das Auto fährt noch und die Penunsen reichen für die rasant steigenden Mieten.

Als Rettungsanker - besonders für junge Leute - bleibt ja dann noch der Weg zu den als Kreditgeber firmierenden Abzockern oder der Gang zu professionellen Schuldenberatern.

Unterdessen beklagen Großagrarier und Lebensmittelkonzerne ihre "kargen" Einnahmen. Sie ziehen jedoch den Verbrauchern wie den von Insolvenz geplagten Bauern das Fell über die Ohren. Die Betroffenen selbst sind außerstande, ihrerseits an der agrarpolitischen Schraube zu drehen.

Besonders übel wirkt sich die rabiat um sich greifende Spekulation mit Grund und Boden aus. Immer mehr Agrarflächen - besonders im Osten der BRD - werden zweckentfremdet. Durch die für die meisten nicht überschaubare kapitalistische Globalisierung spitzt sich die Lebensmittelkrise auf dem gesamten Erdball weiter zu. Die Kluft zwischen den ökonomisch stärksten oder zumindest stärkeren Ländern, deren Handelsgiganten für preisgünstige Importe sorgen, und den hungernden Millionen Erdenbürgern ist unüberbrückbar geworden. Sie verbreitert sich ständig. Fast eine Milliarde Menschen erhält kaum Nahrung, weit mehr sind von Unterernährung betroffen.

Auch wenn es in der BRD Millionen Arme und Unterversorgte gibt, kann man nicht behaupten, daß auch dort bereits eine Hungersnot bestünde. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß die Zahl der Kinder ständig zunimmt, die ohne Frühstück in die Schule geschickt werden, während immer mehr Menschen die vom Bundespräsidenten und von Ministerin Schröder gelobten "Tafeln" in Anspruch nehmen.

Die katastrophale Unterversorgung der meisten Menschen mit Produkten agrarischen Ursprungs kann aber nicht zur Wiederbelebung der These von Malthus und seiner modernen Jünger führen, nach denen unser Planet zu flächenarm sei, um die weiter wachsende Erdbevölkerung ernähren zu können. Im Gegenteil, es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, daß auf der Erde mindestens 50 Milliarden Menschen leben könnten. So liegt die Ursache des Debakels vielmehr darin, daß die Agrarkonzerne nicht nur einen unerhörten Druck auf die bäuerlichen Betriebe ausüben, sondern weltweit auch Absatz und Reproduktion bestimmen. Oftmals liegt der von kleinen Produzenten erzielte Preis weit unter deren Selbstkosten. Hinzu kommt, daß der Handel mit Saatgut, Zuchtvieh und Mineraldünger sowie die Verarbeitungskapazitäten in wenigen Händen konzentriert sind.

Die Bosse und Hauptaktionäre der Agrarkonzerne tragen vor allem Schuld daran, daß die Lebensmittelkrise mit der kapitalistischen Finanzkrise verschmilzt.

Im Gegensatz zu dem hier Geschilderten hatten die Genossenschaftsbauern in der DDR - in Weiterführung der demokratischen Bodenreform - der Ausplünderung des Dorfes durch die Großagrarier ein Ende bereitet. In historisch kurzer Frist waren sie dazu imstande gewesen, die Vorzüge der von ihnen frei gewählten sozialistischen Eigentumsform gegenüber dem privatkapitalistischen Wirtschaften unter Beweis zu stellen. Trotz des schweren Anfangs gelang es ihnen, eine insgesamt stabile und gesunde Lebensmittelversorgung auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von etwa sechs Millionen Hektar - mit einem Ackeranteil von 4,8 Millionen - aus eigenem Aufkommen sicherzustellen.

Daraus ergibt sich die Frage: Was wäre erst möglich gewesen, wenn dieses Agrarsystem weiterhin und ausreichend mit der notwendigen Technik, modernen Stallanlagen und soliden Absatzkapazitäten hätte bestückt werden können? Mit anderen Worten: wenn der Sozialismus nicht zu Fall gebracht worden wäre.

Hans Nieswand, Potsdam

*

Als Eberhard Herr den Herren die Suppe versalzen half

Das Wunder von Vippachedelhausen (9 und Schluß)

Im Mai 1975 wurde die LPG "Vereinte Kraft" Vippachedelhausen Mitglied der Agrarindustrievereinigung (AIV). Gemeinsam mit anderen Pflanzenbaubetrieben der Kreise Weimar, Erfurt-Land und Sömmerda wirkten Genossenschaftsbauern und Arbeiter nun auf rund 24.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Die neue Form des Zusammenwirkens führte zu Konsequenzen in der Arbeitsorganisation. Die Abteilungen Melioration und Güllewirtschaft, Transport und Schwere Technik wurden ausgegliedert und - verstärkt durch Menschen und Technik aus den anderen Mitgliedsbetrieben der Agrarindustrievereinigung - zu kooperativen Abteilungen in der AIV gemacht.

Die Genossenschaft hatte sich ganz schön gemausert. Mit der Rückkehr der Leitung der LPG nach Vippachedelhausen wurde ein genereller Umbau des Kulturhauses und weiterer dort befindlicher Gebäude notwendig. Die Decke der großen Dungstätte, auf deren Bau wir 1962 so stolz gewesen waren, wurde jetzt zu einer Grünanlage. Da im Ort kein Vieh mehr stand, hatte sie ihre Dienste getan. In der einstigen Mühle von Vippachedelhausen wurden durch Umbau zwei Wohnungen gewonnen. Auch eine neue Brücke über die Vippach entstand.

Im März 1975 erfolgte die Übergabe der Reparaturkapazität mitsamt der Belegschaft an den Instandsetzungsbetrieb in Buttelstedt. Damit ging die LPG Pflanzenproduktion einmal mehr beispielgebend voran, indem sie als erste Genossenschaft der DDR die in Berlin gefaßten Beschlüsse zur Sicherung einer industriemäßigen Instandsetzung der Landtechnik verwirklichte.

In der Getreideernte des Jahres 1975 wirkte auf den Feldern der LPG ein großer Komplex von 18 Mähdreschern, 8 davon aus der Kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion Großbrembach.

Im Laufe der letzten Jahre hatte sich die Größe der Schläge in der Feldflur der Genossenschaft wesentlich verändert. Im Durchschnitt betrug sie jetzt 150 Hektar. Es gab auch einzelne, die 280 Hektar maßen. Das gestattete nunmehr Arbeitsbreiten von 10 Metern bei den wichtigsten Bodenvorbereitungs- und Bestellungsarten. Ob das die Gründer der LPG 1952 wohl für möglich gehalten hätten?

Das Jahr 1976 begann eigentlich recht erfolgversprechend. Wir konnten frühzeitig auf den Acker und hatten das Sommergetreide, die Zuckerrüben und den Mais schnell und gut bestellt. Dann aber folgte ein langes kaltes Frühjahr. Das bekam unseren Kulturen nicht gut. Vom 4. Juni bis Mitte Juli regnete es überhaupt nicht mehr, und die Sonne meinte es nun viel zu gut. Viele Wochen brannte sie unbarmherzig auf unsere Felder. Da aber zahlte sich der Stausee so richtig aus, konnten wir doch einen Teil unserer Futter- und Zuckerrübenflächen zusätzlich beregnen.

Am 11. und 12. Februar 1976 fanden die "Berlstedter Gespräche" über Literatur und Kunst statt. Es war ein Gedankenaustausch zwischen Kulturschaffenden und Genossenschaftsbauern. Karl Thoma, Mitglied des ZK der SED und Berlstedts LPG-Vorsitzender, informierte die Gäste über neue Entwicklungstendenzen in der sozialistischen Landwirtschaft, wobei er um Probleme und Konflikte, die zu bewältigen waren, keinen Bogen machte. Die teilnehmenden Künstler informierten sich dann an Ort und Stelle über das Produktionsgeschehen.

1977 war es ein Vierteljahrhundert her, daß sieben werktätige Bauern in Vippachedelhausen eine LPG gegründet hatten. Nun gehörte die "Vereinte Kraft" zur Spitzengruppe moderner sozialistischer Pflanzenbaubetriebe der DDR. Wer von den Pionieren des schweren Anfangs hätte wohl gedacht, daß inzwischen auf 5144 Hektar gearbeitet wurde, waren es doch vor 25 Jahren gerade einmal 48 Hektar gewesen. Und mehr als das: Auf 1509 Hektar Ackerfläche erfolgte unterdessen die künstliche Beregnung. Das Wasser dazu kam aus dem 1972 fertiggestellten Vippachedelhausener Stausee.

Auch die Erträge konnten sich 1977 sehen lassen: Bei Getreide ernteten wir 33,8, bei Zuckerrüben 406,7, bei Futtergras 842,9, bei Luzerne 572,0 und bei Mais 461,9 Dezitonnen je Hektar.

Fast 90 Traktoren, gesteuert von hochqualifizierten Mechanisatoren, bearbeiteten nun die riesigen Schläge. Zu unseren bereits erwähnten Mähdreschern E 512 kamen sechs Schwadmäher E 301, sieben Exaktfeldhäcksler E 280, drei Rübenvollerntemaschinen KS 6 und anderes modernstes Gerät. Die LPG "Vereinte Kraft" baute jetzt rund 2000 Hektar Getreide - hauptsächlich Weizen und Gerste - an. Futter wurde auf 2062 Hektar produziert, die Masse davon für die LPG Milchproduktion Berlstedt. Die Rüben für den begehrten Zucker wuchsen auf 406 Hektar, Gemüsesamenvermehrung betrieben wir auf 380 Hektar. Das waren jetzt die Hauptkulturen.

Als einzige Tierart blieben in der LPG Pflanzenproduktion im Jahresdurchschnitt 3356 Schafe zurück, die 2384 Dezitonnen Fleisch und 95 Dezitonnen Wolle lieferten.

Auch mit den Finanzen stimmte es durchaus: Die LPG verfügte inzwischen über einen Grundfonds von 30 Millionen Mark der DDR. Wie bescheiden war da doch das auf 20.000 Mark bezifferte genossenschaftliche Vermögen vor 25 Jahren.

An der Schwelle eines volkswirtschaftlichen Agrar-Industrie-Komplexes angelangt, begann sich auch in Vippachedelhausen das zu verwirklichen, was Marx, Engels und Lenin vorausschauend über den Sozialismus zu Papier gebracht hatten. In der historisch kurzen Zeitspanne seit der demokratischen Bodenreform der Jahre 1945/46 und nur zweieinhalb Jahrzehnte nach dem Zusammenschluß von Bauern der DDR in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften veränderten sich in Vippachedelhausen die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen mehr als in den vorausgegangenen Jahrhunderten.

Eberhard Herr, Herzberg (Elster)

*

Wie die BRD anderen Ländern deren Experten entzieht

"Brain-Drain" heißt Raub der Talente

In einem der reichsten Länder der Welt, das sich als Führungsmacht der Europäischen Union empfindet, besitzen mehr als 2,2 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren - über 15 % dieser Altersgruppe - keine Berufsausbildung. Auf dem sogenannten Bildungsgipfel von Kabinett und Wirtschaftsbossen im Oktober 2008 war hoch und heilig versprochen worden, diese Quote bis 2015 zu halbieren. Das erwies sich als Flop, wie in einer DGB-Studie am 25. Januar 2013 festgestellt wurde.

Statistiken verschleiern die tatsächliche Situation. So werden 250.000 Jugendliche überhaupt nicht aufgeführt. Mehr als 167.000 Heranwachsende versteckt man in "Übergangssystemen" - einem Fächer verschiedener Maßnahmen des Arbeitsamtes. Weitere 90.000 Jugendliche sind auf mysteriöse Weise aus den Statistiken verschwunden, darunter vor allem Kinder von Zuwanderern oder junge Leute, die im "Übergangssystem" keine weiteren Ehrenrunden mehr drehen wollen.

Um so mehr wirkt die Tatsache irritierend, daß Industrie, Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Gesundheitswesen und andere Bereiche der BRD verzweifelt nach qualifizierten Fachkräften rufen. Im Mai 2012 beklagten ihre Verbände und Gremien das Fehlen von 210.000 Mathematikern, Informatikern, Naturwissenschaftlern und Technikern. Besonders Ingenieure werden händeringend gesucht. Aber auch bei einfacheren Tätigkeiten mangelt es an Fachkräften. Das betrifft insbesondere die Bereiche Energietechnik sowie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Auch der Bedarf an Lokomotivführern kann nicht gedeckt werden. Seit vielen Jahren gibt es im BRD-Gesundheitswesen ein Defizit an Pflegefachkräften und Ärzten.

Die BRD wäre indes keine imperialistische Führungsmacht in Europa, wenn sie nicht nach Auswegen auf Kosten anderer suchen würde. Die kapitalistische Systemkrise, die sich auf unserem Kontinent besonders auch in der Instabilität des Euro manifestiert, hat in Griechenland, Spanien, Portugal und anderen EU-Staaten Millionen Fachkräfte "freigesetzt". Die Arbeitslosigkeit zwingt sie dazu, ihre Heimatländer zu verlassen. Das Recht auf Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit gestattet es ihnen, in die BRD einzuwandern, um dort Arbeit zu suchen. Zusätzlich bemüht sich Berlin um die Zuwanderung hochqualifizierter Fachleute aus Nicht-EU-Ländern durch gezielte Abwerbung. Auf dieser Strecke ist die BRD ja seit ihren jahrzehntelangen Bestrebungen, DDR-Personal in den Westen zu locken, enorm erfahren.

Am 1. August 2012 wurde die "Blaue Karte EU" eingeführt, die auf Zuwanderung von Spezialisten aus Drittländern zielt. In den ersten sechs Monaten nach deren Einführung wurden 4126 solcher Karten durch BRD-Stellen ausgegeben. Als Hauptherkunftsländer der Angeworbenen wurden u. a. Indien, China und Rußland genannt. "Wir bekommen damit hochqualifizierte Fachkräfte aus der ganzen Welt nach Deutschland und können dem Fachkräftemangel hierzulande entgegenwirken", triumphierte Innenminister Friedrich (CSU). In Wahrheit handelt es sich um eine besonders perfide Form der personellen Ausplünderung meist schwächerer Länder. Der englische Begriff dafür lautet "Brain-Drain", was soviel wie Abzug oder Raub von Talenten bedeutet. 2012 zogen 1,081 Millionen Menschen in die BRD, während 712.000 sie verließen. Dabei stiegen die Einwanderungszahlen aus den Euro-Krisenstaaten Spanien, Portugal, Griechenland und Italien um 40 bis 45 %. Die meisten Zuwanderer stammten jedoch aus den wirtschaftlich zugrunde gerichteten früher sozialistischen Staaten Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien.

Die An- und Abwerbung von Spezialisten und Fachkräften erspart deren Drahtziehern eigene Ausbildungskosten und verschafft ihnen somit unlautere Wettbewerbsvorteile.

Natürlich bleibt diese Politik nicht ohne negative Wirkungen auf die nationalen Arbeitsmärkte. Der massenhafte Einsatz von Ausländern verschärft zugleich den Druck auf die einheimischen Werktätigen, während die Herkunftsländer langfristig geschwächt werden. Das Ganze ist ein Teufelskreis.

Angesichts des nach wie vor bestehenden Ausbildungs- und Fachkräftemangels in der BRD verkündete Heinrich Alt vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Hartz-IV-Empfänger zwischen 25 und 34 Jahren sollten eine "zweite Chance" bekommen. Dabei geht es um etwa 100.000 junge Männer und Frauen - ein Tropfen auf den heißen Stein, mißt man die Ziffer an der Gesamtzahl der Ausgeschlossenen.

Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

*

"RotFuchs"-Wegbereiter (2): Wolfgang Mäder

Dem heute 74jährigen Wolfgang Mäder hatte man nicht an der Wiege gesungen, daß er in reiferen Jahren einmal Kommunist sein würde. In kleinbürgerlichen, dem Fortschritt nicht zugewandten Verhältnissen aufgewachsen, mußte sich der schon 1941 zur Halbwaise Gewordene seinen politischen Weg selbst bahnen. 1948 in Niesky aus eigenem Entschluß Pionier geworden und dann als Oberschüler in die FDJ eingetreten, blieb der christlich Erzogene zugleich auch Mitglied der Jungen Gemeinde. Nach dem Abitur zunächst Bauarbeiter und als solcher zweimal Aktivist, studierte Wolfgang von 1959 bis 1965 an der TH/TU Dresden Architektur. Da seine Diplomarbeit dem ländlichen Bauen galt, schickte man ihn in den Agrarbezirk Neubrandenburg, wo er im VEB Landbaukombinat tätig war.

1971 als Mitglied der CDU in den Bezirkstag, dem er bis 1990 durchgehend angehörte, und in dessen Exekutive - den Rat des Bezirks - gewählt, wirkte er in Spitzenfunktionen seiner Partei. So war er Bezirksvorsitzender und Mitglied des Hauptvorstandes der CDU, bei dessen Beratung er als einziger unter den Anwesenden im November 1989 gegen die verräterische Abkehr vom sozialistischen Bekenntnis auftrat. Daraufhin aus dem Hauptvorstand vertrieben, verließ Wolfgang im Januar 1990 die schmählich gewendete Partei.

Während er dann bis zu seiner Entlassung in einem privaten Fachverband für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau beruflich unterkam und nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit als Schwerbehinderter in Rente ging, orientierte sich Wolfgang politisch neu. 1994 trat er der PDS bei, deren stellvertretender Kreisvorsitzender er wurde. Zugleich gehörte er dem Bundeskoordinierungsausschuß der Kommunistischen Plattform dieser Partei an, die er 2007 verließ. Noch im selben Jahr wurde er, der inzwischen aus der Kirche ausgetreten war, Mitglied der DKP.

Seinen eigentlichen politischen Schwerpunkt erblickt Wolfgang im "RotFuchs", dessen Neubrandenburger Regionalgruppe er mit ins Leben rief und von 2006 bis 2012 engagiert leitete. Bis 2011 gehörte er zugleich dem Vorstand des RF-Fördervereins an. Ernste gesundheitliche Gründe zwangen den bewährten Genossen zum von allen bedauerten Ausscheiden.

Ende April schrieb Wolfgang Mäder in einem bewegenden Brief an die RF-Redaktion: "Ich wurde und bleibe Kommunist. Mein Weg dahin führte über manche Klippen. Die gesuchte politische Heimat, das meinen persönlichen Auffassungen am meisten Entsprechende habe ich in mich überzeugendster Ausprägung allein im 'RotFuchs'-Förderverein gefunden."

RF

*

"Schwarzbauten im Sozialismus"

Für mich liegt ein innenpolitisches Kernproblem der 1989/90 erlittenen Niederlage in unserem Unvermögen, das in der DDR zweifellos massenhaft vorhandene Potential an Schöpfertum so zur Entfaltung zu bringen, daß damit die angestrebte Steigerung der Arbeitsproduktivität erreichbar geworden wäre.

Zunächst möchte ich eine Lanze für all jene DDR-Bürger brechen, welche von sich aus, also ohne jeglichen Auftrag "von oben" und außerhalb der staatlichen Pläne, gesellschaftlich nützliche Vorhaben verwirklicht haben. Sie brauchten dabei viel Mut, Ideenreichtum, aber auch manche List, um solche Projekte unter den Bedingungen strenger Planung realisieren zu können. Scherzhaft möchte ich die Objekte, um die es in meinem Beitrag geht, als "Schwarzbauten der DDR" bezeichnen.

Es war und ist für manchen westlichen Beobachter bis heute erstaunlich, welch hohes Maß an Einfallsreichtum und Kreativität ein großer Teil der DDR-Bürger unter der vielgeschmähten "Diktatur von Partei und Staat" an den Tag gelegt hat. Zum Glück gibt es noch etliche Zeitzeugen, die das anhand eigener Erfahrungen belegen können.

Dieses Schöpfertum hatte verschiedene Ausdrucksformen. Einerseits gab es eine Vielzahl von Initiativen im Ringen um die ganz normale tägliche Normerfüllung oder -überbietung am Arbeitsplatz. Sie wurde staatlicherseits durch Geldprämien, Medaillen, Orden und Titel gewürdigt. Andererseits entwickelte sich auch noch eine weitere DDR-spezifische Ausdrucksform dieses Phänomens. Ich meine jene Erfindungsgabe, die dazu diente, auftretende Schwierigkeiten bei der Realisierung der staatlichen Pläne; bei der Überwindung von Engpässen in der Material- und Rohstoffversorgung sowie unzureichende Maßnahmen zur Reparatur und Erneuerung des Maschinenparks durch Eigeninitiative zu beheben oder zu ergänzen.

Nach dem Motto "Not macht erfinderisch!" gab es hierzu eine Vielzahl kleiner und größerer Beiträge, die im Endeffekt der DDR-Wirtschaft zugute kamen. Im Laufe der Jahre bildete sich überdies eine ganz andere, aber ebenfalls DDR-typische Form von persönlichem Engagement heraus. Die straffe, bisweilen sehr unflexible Planwirtschaft brachte es zwangsläufig mit sich, daß im Verlauf einer Planperiode nur solche Aufgaben in Angriff genommen und verwirklicht wurden, die in die jeweiligen Plandokumente aufgenommen worden waren. Wünsche und Bedürfnisse, die darüber hinausgingen oder erst später entstanden, mußten mindestens bis zum Beginn des nächsten Planungszeitraumes zurückgestellt werden. Ausnahmen konnten nur mit großem politischem und ökonomischem Kraftaufwand durchgesetzt werden. So blieben oftmals gute Ideen, Vorschläge und Initiativen von Bürgern, Arbeitskollektiven und kommunalen Organen ungenutzt, wurden auf Eis gelegt oder gar verworfen.

Doch nicht alle DDR-Bürger fanden sich damit ab. So ergab es sich, daß einzelne Projekte, die durchaus eine gewisse gesellschaftliche Bedeutung, zumindest aber Gewicht für eine bestimmte Personengruppe, eine Kommune oder einen Betrieb besaßen, auch außerhalb des Planes in Angriff genommen wurden.

Obwohl das also eigentlich gar nicht statthaft war, verwirklichte man vielerorts eigentlich nicht vorgesehene, aber interessante und großen Anklang findende Vorhaben. Eben die "Schwarzbauten des Sozialismus". Sie wurden oftmals sogar mit Wissen und Tolerierung, manchmal mit Unterstützung und in Einzelfällen sogar auf Initiative örtlicher Funktionäre errichtet. Problematisch war dabei natürlich die Beschaffung der erforderlichen Mittel, insbesondere von Baumaterialien, da diese ja den Planaufgaben vorbehalten blieben. Also mußten sie von dort "abgezweigt" werden. Das aber ging nur illegal oder zumindest inoffiziell. Offen gesagt: Ohne "Vitamin B" - wie in der DDR Beziehungen genannt wurden - war da nichts zu machen. All dies erforderte von den Beteiligten Mut und Ideenreichtum.

Den Menschen, die solche Projekte verwirklichten, gebührt nachträgliche Anerkennung. Damals hätten sie diese wohl kaum erwarten dürfen. Titel wie "Aktivist", "Verdienter Aktivist" oder sogar "Held der Arbeit" wurden nämlich nur bei Übererfüllung der offiziellen Planaufgaben des jeweiligen Betriebes verliehen. Solche Akteure aber wirbelten an mehr oder weniger unsichtbaren Frontabschnitten. Selten wurden sie erwähnt oder gar gewürdigt, obwohl sie auf das Geschaffene stolz sein konnten, zumal sie es ja nicht für sich, sondern für die Gemeinschaft und letztlich für ihre Republik getan hatten.

Wie dem Geschilderten zu entnehmen ist, entstand vor allem in der Arbeiterklasse der DDR ein ausgeprägtes und vielgestaltiges Schöpfertum, das bis heute nachwirkt und von westlichen Arbeitskollegen nicht selten mit Verwunderung und Unverständnis, aber auch mit Hochachtung registriert wird.

Wolfgang Giensch, Neubrandenburg

*

Aus Eddas Blickwinkel: Beten im Reichstag

Kaum zu glauben: Im Reichstagsgebäude gibt es auf Plenarebene zwischen Treppenhaus und Aufzügen einen Andachtsraum. Jeder kann eintreten.

Zunächst sehe ich im Vorraum eine beleuchtete Glasvitrine mit Ritualgegenständen der Weltreligionen. Im Raum der Stille ruht ein Quader aus Granit, der ebenso Opferstein wie Altar sein kann, darauf ein abgelegtes Holzkreuz, das nur bei Bedarf vorübergehend aufgerichtet wird. Schräg verläuft eine nach Osten weisende Gebetsstufe. An den Wänden lehnen Tafeln mit eindringlichen Bildern aus Nägeln, Sand und Asche. Seitlich fällt indirektes Licht in den Raum. Ich setze mich auf einen der hohen Stühle, sehe mich um. Dem Künstler Günther Uecker ist es gelungen, eine Stätte zu gestalten, die zu innerer Einkehr anregt. Hier läßt sich gut schweigen.

Doch das Denken kann ich an diesem geschichtsträchtigen Ort nicht ausschalten. Lähmende Bilder von Unrecht, Krieg und Kriegsgeschrei bedrängen mein Innerstes, lassen es nicht zur Ruhe kommen. Ich freue mich, daß es diesen Raum gibt, und weiß doch, daß sein Friede kaum über dessen Wände hinausreicht. Nicht alle Abgeordneten haben das Anliegen des Künstlers verstanden. Einige mokierten sich sogar darüber, daß dort kein Kreuz aufgestellt sei.

Was sie da nebenan so bereden, beraten, beschließen oder auch nicht beschließen - darüber mag ich gar nicht weiter nachdenken.

Seele - das ist fühlen, empfinden und denken. Nichts davon kann ich abschalten. Nur für kurze Zeit läßt mich ein Raum, ein Wald, das Meer in Schweigen verharren, dann aber muß meine Seele Fahrt aufnehmen und sich Gehör verschaffen, sonst nimmt sie Schaden.

Edda Winkel

*

BRD: Täglich 8 Millionen Euro für die Rüstung

Der 2012 von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Armutsbericht lag im März endlich vor. Er sei geschönt, meinen die einen, gefälscht sagen andere. Auf jeden Fall handelt es sich um ein klassisches Beispiel bewußten Weglassens gravierender Fakten.

Erstmals 2001 wurde von offizieller Seite ein "Armuts-und-Reichtums-Bericht" präsentiert, zu dem sich die BRD schon 1995 auf dem Weltsozialgipfel verpflichtet hatte. Der jüngste Rapport verschleiert die wahren Gründe der sozialen Misere in deutschen Landen. Sie wird lediglich angedeutet, während man zugleich den Reichtum als quasi naturgegeben darstellt. Übrigens wurde 2012 im "World Wealth Report" von mehr als 951 000 in Deutschland lebenden Dollar-Millionären ausgegangen. Das ist Platz 3 hinter den USA und Japan.

Derzeit gibt es in der BRD zwei Millionen in Armut lebende Kinder und nahezu 16 Millionen Menschen, die von Verelendung bedroht sind. Das gilt ebenso als "Gottes Ratschluß" wie die Tatsache, daß die Merkel-Regierung täglich mehr als 8 Millionen Euro für Rüstungszwecke ausgibt. Die Chemnitzer "Freie Presse" berichtete am 9. Januar unter der Schlagzeile "Jenoptik entwickelt Beobachtungssystem" darüber, daß der vom BRD-Kapital vereinnahmte einstige VEB Zeiss Jena jetzt einen 1,3 Millionen-Dollar-Auftrag der U.S. Army für ein militärisches Beobachtungs-und Zielerfassungssystem erhalten habe. Solche ganz beiläufig vermittelten Informationen gehören hierzulande inzwischen zum Medienalltag. Obendrein wird so etwas dann auch noch als "Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen" ausgegeben. Damit liegt die BRD voll im Trend des EU-Gipfels vom 14. Dezember vergangenen Jahres, auf dem der "Ausbau der sicherheits- und verteidigungspolitischen Kapazitäten" beschlossen wurde. So würden "Beschäftigung, Wachstum und Innovation der Industrie in Europa" gefördert, hieß es dort heuchlerisch.

Wenn von Wachstum die Rede ist, wird in der Regel verschwiegen, wer dessen Nutznießer ist. Im Internet stieß man unter dem Titel "Rüstung verschwendet Reichtum" auf folgende Aussage: "Kapitalismus bedeutet Krieg, und Krieg ist nicht nur ein Menschenkiller - er ist auch ein Klimakiller, er ist ein Killer der Umwelt allgemein, ein Ressourcenvernichter, ein menschliche Arbeit verschlingender und somit den Fortschritt hemmender Faktor, der nur einen einzigen Zweck erfüllt: die Rüstungskonzerne, deren Aktionäre, die fast immer auch mit der Finanzwirtschaft liiert sind, superreich zu machen. Dafür werden Menschen getötet und andere geopfert."

Voller Stolz verkündet das Merkel-Kabinett, daß es in der BRD "nur noch" rund drei Millionen Arbeitslose gibt. Zugleich boomt die Beschäftigung im Niedriglohnbereich. Von dieser Unterbezahlung, die den Konzernen Extraprofite sichert, sind derzeit mehr als 7 Millionen Menschen betroffen. Unter diesen Verhältnissen bildet die Sicherung eines wie auch immer gearteten Arbeitsplatzes den Lebensmittelpunkt vieler Familien. Sie nehmen beliebige Streßsituationen in Kauf, um nicht auch in den Strudel von Arbeitslosigkeit und Armut hineingerissen zu werden.

Solange sich Menschen solche Erniedrigungen gefallen lassen, ist die Macht der herrschenden Klasse nicht wirklich ins Wanken zu bringen. Erinnert sei an Kurt Tucholskys Worte: "In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht."

Dietmar Hänel, Flöha

*

3000 "Tafeln", an denen Reiche nicht tafeln

Immer wieder gibt es Jubiläen, die zum Nachdenken anregen sollten. In diesem Frühjahr beging man in der BRD den 20. Jahrestag der Tafel. Dabei sind Wand- oder Schiefertafeln natürlich nicht gemeint. Kristina Schröder (CDU) ist im Merkel-Kabinett für mehr als 900 Einrichtungen dieser Art mit 3000 Ausgabestellen die Ansprechperson.

Die politisch besonders bornierte Familienministerin versucht das makabre Geschehen als "Erfolgsstory" zu verkaufen. Beim 16. Bundestafeltreffen in Berlin erklärte sie: "Jeder Mensch kann einmal in seinem Leben in eine Situation kommen, aus der er sich allein nicht wieder befreien kann. Dann braucht man eine helfende Hand. Die Tafeln sind so eine helfende Hand - unaufdringlich, aber doch immer zur Stelle. Dieses Engagement ist bewundernswert."

Weniger bewundernswert ist die Tatsache, daß von den Tafeln in der BRD die Hauptlast bei der Linderung extremer Armut getragen werden muß, während sich der Staat, der seine Bürger in diese Lage gebracht hat, vornehm zurücklehnt. Mehr noch: Er schmückt sich mit fremden Federn. Während das Wirken der mehr als 30.000 ehrenamtlichen Tafel-Helfer höchste Anerkennung verdient, gereicht dieses soziale Phänomen der BRD wohl kaum zur Ehre. Mit einem diesjährigen Ausgabevolumen von 302 Mrd. Euro gilt sie als eines der reichsten Länder der Erde. Allerdings werden von dieser Riesensumme gleich einmal 33,258 Mrd. Euro für den "Verteidigungs"-Etat "abgezweigt", um die weltweiten Kriegseinsätze bestreiten zu können.

In der BRD nehmen etwa anderthalb Millionen Bedürftige regelmäßig die Hilfe der Tafeln in Anspruch, 30 % davon sind Kinder oder Jugendliche. Dieser skandalösen Situation hat die Zynikerin Kristina Schröder im "Jubiläumsjahr" so salbungsvoll gedacht.

Die Tafeln können übrigens froh darüber sein, daß sich längst nicht alle Notleidenden bei ihnen einfinden. Einem noch größeren Ansturm wäre dieses humanitäre System wohl kaum gewachsen.

Übrigens: Gäbe es in der BRD stabile, auf Dauer gesicherte Arbeits- und Lebensbedingungen für alle, bestünde für Tafeln weder eine Notwendigkeit noch eine Existenzberechtigung. In der DDR wäre wohl niemand auf den Gedanken gekommen, sich eines solchen Hilfsmittels bedienen zu müssen. Die Solidargemeinschaft ihrer Bürger machte diese Zwänge unnötig.

Rico Jalowietzki

*

Die Theorie von den zwei Extremismen kennt nur einen Gegner

"Der Fall Rot"

Seit dem 3. Oktober 1990 bemüht man sich mit einem jährlichen Kostenaufwand von etwa 100 Millionen Euro darum, einem zum Teil unbeleckten Publikum die verblichene DDR als Ort höllischer Qualen einzuprägen, damit es die Torturen des täglichen Überlebenskampfes im real existierenden Kapitalismus der BRD als geradezu paradiesisch empfindet. So wurde Merkels "Kultur"-Staatssekretär Bernd Neumann - ein Experte in Sachen politischer Unkultur - schon zu Jahresbeginn einmal mehr in die Spur geschickt. Am 9. Januar tat er kund, man habe höheren Ortes beschlossen, "mit einer stärkeren Aufklärung über die DDR-Geschichte der Verharmlosung der SED-Diktatur entgegenzuwirken".

Eine Schlüsselfunktion bei der Verunglimpfung der DDR hat die sogenannte Extremismustheorie. Ihrer Pflege widmet sich seit 1993 vor allem das in Dresden angesiedelte Hannah-Ahrendt-Institut für Totalitarismus-Forschung. Prof. Horst Schneider hat bereits wiederholt im RF auf dessen Rolle mit substantiellen Beiträgen hingewiesen. Die Mission dieser Einrichtung besteht darin, den Hitlerfaschismus mit der DDR-"Diktatur" gleichzusetzen. Dazu bedient man sich eines Hufeisen-Schemas. In der Mitte befinden sich die staatstreuen Bürger und Parteien sowie andere systemkonforme Kräfte, darunter auch die Kirchen, während an den beiden Rändern - rechts und links - die Extremisten angesiedelt sind. Diesen wird gleichermaßen schroffe Ablehnung der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" sowie die Verteidigung von "Instrumentarien beider Diktaturen" - der faschistischen wie der "kommunistischen" - bescheinigt. Natürlich ordnet man die Unterdrückung der Meinungsfreiheit -für den Faschismus systemtypisch - auch dem Sozialismus zu. Die "Extremismustheorie" unterschlägt indes die fundamentalen Unterschiede beider Positionen: Die Kernfrage des Eigentums an den Produktionsmitteln und der soziale Antagonismus - die unüberbrückbare Kluft zwischen Bourgeoisie und Proletariat - werden völlig ausgeblendet. Bei den Attacken auf den "Kommunismus" bleibt außer Betracht, daß es eine solche Gesellschaft bisher noch nirgends auf der Welt gegeben hat. Während man den Faschismusbegriff meidet und irreführenderweise vom "Nationalsozialismus" spricht, operiert man zugleich mit dem Wort "Stalinismus".

Der Griff zum Faschismus als "Ultima ratio" des in höchste Bedrängnis geratenen Kapitals, das seine Herrschaft mit den bevorzugten Instrumenten der bürgerlichen Demokratie nicht mehr aufrechtzuerhalten vermag, wird verschleiert. Die Frage, wer Hitler an die Macht brachte, bleibt im Nebel. Was mit dessen "Eliten" nach 1945 im westlichen Teil Deutschlands geschah, wird ebenfalls verschwiegen.

Die im Grundgesetz festgeschriebene freiheitlich-demokratische Ordnung wird von den Verfechtern der Extremismustheorie dadurch untergraben, daß sie den Sinn dieser mühsam erkämpften Abwehrrechte des Bürgers in Rechte des Staates gegen den Bürger umkehren. Sie diffamieren jede fundamentale Kritik an den herrschenden Verhältnissen als zu ahndenden "Extremismus". Obwohl das Grundgesetz keine Verewigung des kapitalistischen Privateigentums vorschreibt, attackieren sie jegliche auf sozialen Wandel gerichtete Aktivitäten.

Ausgeblendet werden von ihnen die Extremismen der sogenannten bürgerlichen Mitte. Nicht grundlos stellte die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung 2010 in ihrer Studie "Die Mitte in der Krise" ein Anwachsen von "dezidiert antidemokratischen und rassistischen Einstellungen", eine "Zunahme sozialdarwinistischer Ungleichwertigkeitsvorstellungen" sowie eine "wachsende Zustimmung zu rechtsextremen Ideologien" in diesem Milieu fest. Der zur CDU konvertierte Ex-Grüne Oswald Metzger behauptet z. B., ALG-II-Bezieher sähen ihren Lebenssinn allein darin, "Kohlehydrate und Alkohol in sich hineinzustopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen", welche dann "verdickt und verdummt" aufwüchsen. Thilo Sarrazin (SPD) vertritt die nicht minder verleumderische These, "eine große Zahl an Arabern und Türken" besitze "keine produktive Funktion außer für den Obst- und Gemüsehandel". Solche Ausbrüche widerspiegeln die faschistoide Radikalisierung von Teilen der als "nichtextremistisch" eingestuften "sozialen Mitte". Das ausdrückliche Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist dieser übrigens nie abverlangt worden.

Man muß überdies fragen, ob Angriffskriege, der bereits beschlossene Einsatz der Bundeswehr im Innern und das rabiate Vorgehen der Polizei gegen Antifaschisten, die sich Nazis entgegenstellen, mit dieser Grundordnung vereinbar sind.

Ziehen wir das Fazit. Wer ist ein Extremist? Jener, welcher Bomben auf afghanische Männer, Frauen und Kinder werfen läßt und dafür zum Brigadegeneral befördert wird, oder einer, der zum Widerstand gegen eine in Aggressionen verstrickte Armee aufruft?

Eckhard Jesse, Experte in Sachen Extremismustheorie, wird stets herangezogen, wenn es darum geht, die DDR mit dem Hitlerfaschismus gleichzusetzen. Er arbeitet dem Vernehmen nach eng mit gewissen Stellen zusammen, da einige seiner Publikationen als "ausschließlich für den Behördengebrauch" gekennzeichnet sind. Das verwundert ebensowenig wie die inzwischen landesweit bekannte Verdunkelung des Agierens von Zellen des Naziuntergrundes durch Verfassungsschützer.

Die Verfechter der These von den zwei Extremismen waren stets unipolar orientiert. Ihr Kompaß zeigte, wen sie allein als Gegner ihres Systems betrachteten: "Der Feind steht links!" Der langjährige CSU-Potentat und zeitweilige Bonner Kriegsminister Franz-Joseph Strauß faßte das in seiner bayerisch-direkten Art seinerzeit in die Worte, er kenne "nur mehr einen einzigen Fall, das ist der Fall Rot".

In den Augen solcher Leute bin ich als ein extremer Gegner des Krieges, der Ausbeutung und der Volksverdummung durch die Medien der Herrschenden mit Gewißheit ein "linker Extremist" - eine Kategorisierung, mit der ich gut leben kann.

Ulrich Guhl

*

Den Nebel bürgerlicher Öko-Heuchelei durchdringen!

Ludwig Erhard mit grüner Zigarre

Abgesehen von der verheißungsvollen Parole "Sozial und ökologisch!" hat sich die Linkspartei bislang in Sachen Ökologie recht schwer getan. Bisweilen widersprüchliche Handwerkelei bei unkritischer Übernahme nur geringfügig modifizierter Forderungen der Grünen stand dabei oft im Vordergrund. Auch heute noch verortet die Wählermehrheit eine diesbezügliche Sachkompetenz vor allem bei der Partei von Roth, Trittin und Göring-Eckardt. Die Grünen verstehen es, sich unbewußte Hoffnungen auf eine Verbesserung der materiellen Lage durch "Selbstheilungskräfte des Marktes" - in diesem Falle durch ökologischorientierte neue Herstellungsverfahren - geschickt zunutze zu machen. Ihr "Green New Deal" ist in Wahrheit "Ludwig Erhard mit grüner Zigarre". Die Propagandaformel lautet: "Durch aus Steuergeldern subventionierte Innovation besonders kleiner und mittlerer Unternehmen erlangt man globale Marktbeherrschung, konjunkturellen Aufschwung und wieder mehr Konsumwohlstand!" Natürlich dürfen dabei solche Schmankerln wie Öko-Champagner, Ajurveda-Wellness oder von indischen Waisenkindern aus Elefantendung gefertigtes nachhaltiges Briefpapier nicht fehlen. Sie bedienen naturreligiöse Esoterik ebenso wie den Fundamentalismus von "Tierrechtlern". Die Kehrseite dieser Medaille: Alles geschieht auf Kosten der "kleinen Leute".

Der rücksichtslose Ökokapitalismus entlarvt sich in Merkels "Atomausstieg"-Schwindel oder ihrem mit der Mietrechtsnovelle verbundenen "energetischen Sanierungsprogramm". Durch getarnte Konjunkturspritzen wird ein wahres "Schlachtefest" zugunsten von Energiekonzernen, Baulöwen und Immobilienbesitzern veranstaltet, bei dem Geringverdiener, Sozialhilfeempfänger und auch ganze Familien oftmals ihr Dach über dem Kopf verlieren oder wie Zitronen ausgepreßt werden. Leute, die selbst kein Auto mehr halten und kaum noch das Fahrgeld für Bus oder Bahn aufbringen können, sehen ihre Chefs plötzlich am Steuer von Hybrid-Sportwagen mit grüner Tünche. "Aufs Rad umsteigen!" klingt für Schichtarbeiter wie blanker Hohn. Reaktionäre Appelle gegen eine vermeintliche "Ökodiktatur" fallen da schnell auf fruchtbaren Boden. Das gilt auch für Ultra-Veganismus und andere Marotten.

Auf dem globalen Markt mit seinem enormen Konkurrenzdruck - man denke nur an Chinas Durchsetzungsvermögen in der Solarbranche - verkürzt sich die Lebensdauer von Produkten rapide: Immer schneller geraten Technologien vom Innovationsstadium über ihre Ausreifung in die Sättigungsphase des Weltmarktes, wo sie dann bald jeder überall nachvollziehen kann. Was bleibt, sind Konkurrenz und Konzentration in multinationalen Mischkonzernen. "Biologisch erzeugte Lebensmittel" in Supermärkten werden von angeblich lupenreinen Bio-Firmen geliefert, in denen es den Arbeitern nicht besser ergeht als bei Lidl oder Aldi. Betrügereien aller Art, Gesundheitsgefährdung und dubiose Massentierhaltung nehmen sprunghaft zu. Bäuerliche Landwirtschaft und dezentrale Erzeugung bleiben auf der Strecke.

Übrigens erfaßt das Pentagon längst weltweit nachwachsende Rohstoffe von strategischer Bedeutung für künftige imperialistische Kriege. Nach den Gesetzen des kapitalistischen Verwertungszusammenhangs wird auf menschliche Grundbedürfnisse und die Erhaltung natürlicher Ressourcen keine Rücksicht genommen. Ein Großteil der Verschwendung von Energie und Material geht auf das Konto ständiger Konsumsteigerung, in der die Kapitalisten ein Krisenventil erblicken. Unnötig kurze Ablaufzeiten ermuntern zu raschem Zugreifen. Immer neue Artikel wecken künstlichen Bedarf. Diese Manie wird weltweit kopiert und den Menschen als Glücksverheißung vorgegaukelt. Man jubelt ihnen selbst klimaschädlichen "Bio-Sprit" auf Kosten sinnvoller Nutzung agrarischer Flächen als "ökologisch korrekt" unter. Dabei gibt es im kapitalistischen Wirtschaftssystem keine tatsächliche Ökologie.

Dennoch müssen wir der katastrophalen Umweltzerstörung auch unter solchen Rahmenbedingungen mit unserer Konzeption Widerstand leisten. So stellten Experten einer Projektgruppe, unter ihnen sieben Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke mit Ulla Lötzer an der Spitze, am 15. Juni 2012 den "Plan-B - das rote Projekt für einen sozial-ökologischen Umbau" - der Öffentlichkeit vor. Darin wurde der Widerspruch zwischen Kapitalismus und Ökologie verdeutlicht. Das Projekt hatte Stärken und Schwächen, regte aber in jedem Fall zur Debatte an und warf eine Reihe von Fragen auf. So z. B. diese: Sollte man nicht realistische Konversionsprogramme beim Verlangen nach Schließung umweltschädlicher Betriebe zur Voraussetzung machen? Was ist an Alternativen zur Arbeitsplatzsicherung in Abwanderungs- und Vergreisungszonen anzubieten? Wie grenzt man sich von bedingungsloser Vorteilssubventionierung, Öko-Schwindel und Konzernbildung im Rahmen einer umweltfreundlichen Industrie ab? Welche Erzeugnisse sollten zur Stützung sozialer Gerechtigkeit in Schwellenländern gekauft werden?

Auch am Vorabend der diesjährigen Bundestagswahlen sind das zweifellos wichtige Themen, die unserer Aufmerksamkeit nicht entgehen sollten.

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg

*

Wie der Rassismus im deutschen Alltagssprachgebrauch nistet

Der "Bufke aus der Polackei"

Am 21. August 2012 las man folgendes in der "Sächsischen Zeitung": "Lautes Kinderlachen im Bautzener Spreebad. 'Das sind die Scheißrussen da drüben', sagt ein Mädchen, vielleicht 9 oder 10 Jahre. 'Warum sagst du Scheißrussen?', fragt eine Frau. 'Weiß ich doch nicht', antwortet das Kind.

Wenig später im Elternabend einer 9. Klasse: Es geht um die Klassenfahrt. Eine Mutter schlägt eine Reise nach Krakau und Auschwitz vor. Da sagt ein Vater bestimmt: 'Meine Tochter fährt da nicht mit. Die lasse ich nicht nach Polen'."

Eine Meinungssondierung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ergab laut SPIEGEL: 22,7 % der Befragten bejahen die Aussage "Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen".

"Sind die Polen fleißiger als wir?", fragte ein Bundespräsident rhetorisch. Damit wurden in altbekannter Manier ganzen Völkern Charaktereigenschaften des Einzelmenschen zugeordnet.

Mir selbst ist solches widerfahren. Das Kriegsende erlebte ich als Kleinkind in einem Dorf, wo jeder wußte, was beim Nachbarn mittags im Essentopf war. Bei uns sehr oft gar nichts. Wir waren aus dem Memelland, heute Litauen, durch Befehl der faschistischen Verwaltung 1944 umgesiedelt worden und durch Zufall im sächsischen Vogtland gestrandet.

Ich wuchs heran, brauchte neben Nahrung auch Umgang mit Altersgefährten. Also ging ich ins Dorf, nicht ahnend, daß ich "anders" und deshalb als Spielgefährte nicht willkommen, aber durch meinen ostpreußischen Dialekt als Fremder erkennbar war. Sofort erlebte ich tiefste menschliche Kränkung: "Hau ab, du Polacke, geh zurück in deine Polackei, wo du herkommst. Was wollt ihr hier? Freßt uns alles weg, haben selbst nicht genug." Ich spürte die Kälte, konnte sie aber nicht begreifen, weil ich ja nichts Böses getan hatte. "Was ist das, ein Polacke? Und wem fressen wir was weg?", fragte ich meine Mutter. "Es ist ein Schimpfwort für die Polen. Und alles, was wir essen, haben wir durch meine Arbeit auf dem Rittergut. Wir stehlen nichts. Hör nicht auf die Bofkes ..."

Also wehrte ich schwächliches, hungerndes, tief trauriges Kerlchen mich. Wenn die Kinder mich "Polacke" schimpften (Erwachsene schauten und hörten schweigend zu), nannte ich sie "Bofke", wie ich es zu Hause gehört hatte, obwohl ich bis heute nicht weiß, was dieser Dialektausdruck bedeutet. Die "Bofkes" konterten im vogtländischen Dialekt, wo in der Sprache ein regelmäßiger Wechsel der Vokale von a zu o und dann zu u stattfindet. So wurde ich im Dorf vom "Bofke" zum "Bufke". Später war ich dann ein sehr guter Schüler und zur Kränkung aller das erste Kind des Ortes, das zur Oberschule ging und dann auch studierte. So war eben die neue Zeit. Etwa 60 Jahre danach, anläßlich eines Wiedersehenstreffens mit Klassenkameraden der Zentralschule, schlenderte ich durch mein Dorf, um zu sehen, ob sich etwas verändert hatte. An der öffentlichen Anschlagstafel sah ich deutlich ein Hakenkreuz, zwar übermalt, aber so, daß es erkennbar blieb. Ich grüßte, wie auf dem Lande üblich, jeden, den ich traf. Ein etwa gleichaltriger Mann unterbrach seine Gartenarbeit, blickte mich forschend an und fragte: "Soach emal, bist du net der Bufke aus der Polackei?"

Menschen mit verdorbenem Denken, deren Charakter frei von moralischen Werten ist, sind verführbare Zielobjekte gewisser politischer Kräfte für einfache, aber schmutzige Parolen. Immer noch (oder schon wieder?) versehen solche Ignoranten ganze Völker mit Charaktereigenschaften, fremde Völker mit miesen, denn die edlen Eigenschaften sind nur für das eigene Volk, also für die Deutschen, obwohl diese rassistischen Hetzer von den edlen Eigenschaften so weit entfernt sind, wie Rußland groß ist. So ist "der Russe" brutal und versoffen, "der Pole" klaut, weil er zu faul zum Arbeiten ist, wie "alle Neger", die ihre Kinder zu Hunderttausenden verhungern lassen statt ihre Hände zu regen; "der Jude" will durch sein Geld die Welt beherrschen; "Kameltreiber und Kanaken" verdrängen die Deutschen, zunächst aus den Jobs und dann aus Deutschland und "der Islam" aus fanatischen Bombenlegern und allen die Hände abhackenden Terroristen will uns in Moscheen zu Allah und Scharia zwingen. Natürlich dürfen in diesem menschenverachtenden, vergifteten Brei nicht Kommunisten und "Stasispitzel" fehlen, die überall ihre Finger mit drin haben. In meiner Lausitzer Heimat kommt überdies auch noch die "Sorben-Mafia" hinzu. Mit einem Wort beginnt alles, auch der Rassismus. Dieser aber ist ein Verbrechen.

Aufklärung ist notwendig. Die Menschen müssen begreifen, daß der Schoß, aus dem das kroch, noch fruchtbar ist. Es gilt, den Anfängen zu wehren. Es beginnt mit Worten wie "Polack" und "Scheißrusse". Am Ende steht die Parole "Ausländer raus!"

Zur Aufklärung aber gehört, daß jede euphemistische Verharmlosung als bloße Ausländerfeindlichkeit oder auch gewisse Kneipenwitze Gefahr signalisieren. Solche Worte sind blanker Rassismus. Jeder Deutsche sollte wissen, daß solches einst bis zur "Endlösung" der Hitlerfaschisten führte.

Horst Gröger, Bautzen

*

Was Lenin schon ins Visier nahm

Mit dem Sieg der Konterrevolution verschwand auch der dialektische Materialismus aus den Lehrplänen philosophischer Fakultäten osteuropäischer Bildungsstätten. Was übrigblieb, war ein Wirrwarr unterschiedlichster philosophischer Schulen, die das Paradigma vom Kapitalismus als "Ende der Geschichte" mittrugen. Man verneinte die Historie als Entwicklungsprozeß und bescheinigte der Geistesgeschichte einen einzigen Irrtum.

Das Diktat der Warenproduktion ist inzwischen bis in den Organhandel vorgedrungen. Technischer Fortschritt und wichtige naturwissenschaftliche Erkenntnisse verhalfen einer zwar keineswegs originären, aber wieder erstarkten philosophischen Richtung zu neuer Blüte: dem Naturalismus. Diese Weltanschauung ist im Begriff, die dominierende Schule der bürgerlichen Philosophie zu werden.

Ihre Anhänger sind der Auffassung, ausnahmslos alles in der Welt lasse sich naturwissenschaftlich erklären. Was bei erstem Lesen auch Materialisten ein formales Kopfnicken abverlangen könnte, hat jedoch einen bitteren Beigeschmack: Selbst die menschliche Geschichte sowie Philosophie, Sprachwissenschaften, Kunst und andere Disziplinen sollen Gegenstand rein naturwissenschaftlicher Methode sein. So wird das Denken nicht als ein Akt höherer materieller Organisation gewertet, sondern als Ergebnis chemischer und biologischer Prozesse des Gehirns.

Diese Ideologie, die als Biologismus in Erscheinung trat, kritisierte Lenin bereits 1908 in seinem Werk "Materialismus und Empiriokritizismus". Damals propagierte der Biologismus ein mechanisches Weltbild, wobei er, von Ernst Mach inspiriert, die frühen Gesetze der Biologie und die Theorien Darwins als menschliche Natur zu verbreiten suchte. In seinem Buch "Das egoistische Gen" entwickelt Richard Dawkins, ein moderner Vertreter dieser Richtung, u. a. die Theorie einer natürlichen Selektion von Genen, die durch Mutationen in einem immerwährenden Konkurrenzkampf einander gegenüberstünden. Jegliche Verhaltensweise von Menschen sei demnach Ausdruck egoistischen Verhaltens. Sam Harris forderte, daß sich die Naturwissenschaften endlich mit der Moral befassen und eine entsprechende Erklärung "richtiger Verhaltensweisen" darlegen sollten.

Die "neuen" Naturalisten begannen Anfang der 90er Jahre eine Diskussion über die eigentlichen Grundlagen wissenschaftlicher Theorie und Methode. Ihre Position schlug sich auch in den Gesellschaftswissenschaften nieder. Diese reaktionäre Weltsicht ist ein brauchbares Mittel zur Rechtfertigung der kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse in der Epoche des Imperialismus. Der Idealismus brachte durch Wilhelm Hegel die Dialektik als wohl höchste Methode des Denkens hervor. Der Naturalismus erklärt demgegenüber die Natur aus sich selbst.

Heute ist der dialektische Materialismus die einzige Weltanschauung, die Quantität und Qualität als dialektisch begreift und somit auch das Dilemma bürgerlicher Philosophie löst. Er ist zugleich die Form, in der beide Strömungen im hegelschen Sinne aufgehoben sind. Uns bleibt, die Naturalisten als eine neue Formation bürgerlicher Ideologie im Zeitalter der Wissenschaftlichkeit zu erkennen und ihr falsches, unzureichendes Modell zu entlarven.

Nico Jühe


Unser Autor studiert Philosophie an der Bergischen Universität Wuppertal.

*

Wirklich etwas können oder "Mehr scheinen als sein"?

Im März-"RotFuchs" schrieb Nico Jühe, einer der jungen Autoren, die in unserer Zeitschrift jetzt öfter das Wort erhalten, den wichtigen Satz: "... Der 'RotFuchs' ist ein erbauliches Medium, wenngleich ich gestehen muß, daß mir der Meinungsstreit, das produktive Austauschen von Standpunkten, noch zu kurz kommt". Dem stimme ich als 76jähriger Rentner zu. Um die Diskussion zu beleben, will ich ein Problem aufwerfen.

Die derzeit tonangebenden Medien trichtern jungen Menschen beharrlich folgendes ein: "Wenn Ihr etwas werden wollt, dann müßt Ihr Euch gut verkaufen." Sogar entsprechende "Weiterbildungsmaßnahmen" für "richtiges Bewerben" werden angeboten. Wie in der gesamten "Branche" heißt die Devise: Mehr scheinen als sein. Dabei muß keineswegs drin sein, was draufsteht. Mit dieser Lebensphilosophie ist an Falschheit alles möglich.

Ein solcher "Stil", den wir nicht gewohnt waren, wurde 1990 auch einstigen DDR-Bürgern aufgezwungen, mußten wir uns doch nun um eine Arbeitsstelle oder einen Studienplatz bewerben.

Allerdings wäre es wohl kaum einem DDR-Bürger eingefallen, sich um eine Leitungsfunktion - heute nennt man das Managerposten - in der Wirtschaft oder um ein politisches Amt zu bewerben. Die Besetzung freier Stellen wurde ganz anders geregelt.

Meist lud die jeweilige Leitung von sich aus Kollegen ein, die aufgrund ihres Gesamtverhaltens und bisheriger Arbeitsergebnisse ins Auge gefaßt worden waren.

Man fragte sie, ob sie die angebotene Position übernehmen wollten. Die Betreffenden konnten verhandeln, ablehnen oder zusagen. - Häufig stellten Verantwortliche auch fest, daß hier oder dort aus diesem oder jenem Grunde eine Neubesetzung erforderlich sei. Waren die in Erwägung Gezogenen SED-Mitglieder, dann konnte es durchaus passieren, daß sie den Parteiauftrag erhielten, eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen. Um ein solches Angebot abzulehnen, bedurfte es überzeugender Argumente oder begründeter Einwände.

Was ist nun besser: sich gut zu verkaufen oder auf Grund seiner Persönlichkeit und gezeigter Leistungen "aufzusteigen"?

Im ersten Fall ist immer damit zu rechnen, daß die Betreffenden Erwartungen nicht erfüllen können, wenn sie "zu dick" aufgetragen haben, was zur Angst vor Entdeckung führt. Im zweiten Fall ist man in der Regel bemüht, ohne Furcht sein Bestes zu geben.

Natürlich gab es auch in der DDR hier und dort "Vetternwirtschaft", bei der frei gewordene Positionen an persönliche Freunde oder Bewunderer ihrer Chefs vergeben wurden. Doch ganz überwiegend spielten bei der Auswahl von Kandidaten sachliche Kriterien die entscheidende Rolle. Auf Defizite hat ja Rudolf Krause in seinem Beitrag "Als das 'Ohr an der Masse' taub wurde" im April-RF zu Recht verwiesen.

Bei einem neuen sozialistischen Anlauf müßten Garantien dafür geschaffen werden, daß sachlich oder charakterlich ungeeignete Funktionsinhaber sowie Personen, die ihre Macht mißbrauchen, generell rasch ersetzt werden können.

Dr. Manfred Graichen, Berlin

*

Ein Beitrag zur Debatte über die Ursachen des Untergangs der DDR

Eigene Defizite nicht bagatellisieren!

Seit 15 Monaten bin ich "RotFuchs"-Leser und nicht selten hin- und hergerissen, ob ich mich zu den durchaus sehr interessanten Beiträgen und Leserzuschriften äußern sollte oder auch nicht. Ich habe mich entschlossen, es zu tun.

Für das Verschwinden der DDR wird "die Konterrevolution" verantwortlich gemacht. Aber wer war sie? Waren es nur Gorbatschow, Schewardnadse und Schabowski? Vieles kommt mir bei der Beurteilung der Ursachen für das Werden, Wachsen und Verschwinden der DDR zu kurz.

Es kann doch nicht sein, daß für ihren Untergang nur Mängel in der Versorgung, eingeschränkte Reisefreiheit und die willkürliche Reglementierung von Meinungsäußerungen in Frage kommen. An dieser Kritik ändert auch die Tatsache nichts, daß viele Autoren wie Klaus Steiniger, Götz Dieckmann oder der durch mich sehr geschätzte Ulrich Guhl von einem konsequent marxistischen Standpunkt an diese Fragen herangehen.

Während gerade auch bei der Partei Die Linke derzeit ein klares und plausibles Konzept nicht auszumachen ist, wie heutige und künftige Verwerfungen in der gesellschaftlichen Entwicklung korrigiert oder unterbunden werden sollen, müßte man sich im und mit dem "RotFuchs" noch vehementer dagegen auflehnen, daß offensichtliche Unwahrheiten über die DDR verbreitet und die Lebensleistung von Millionen ihrer Bürger verhöhnt, erniedrigt und beleidigt werden. Ich wehre mich gegen hartnäckiges Verschweigen historischer Tatsachen und alles, was geeignet ist, unser Leben in der DDR zu verstellen, zu verteufeln und zu verleugnen.

Natürlich frage auch ich mich, ob ich mich 1989 hätte zur Wehr setzen sollen, als es mit der DDR augenscheinlich bergab ging - und wenn ja, wie? Ich habe damals den Aufruf von Stefan Heym unterschrieben, weil ich eine bessere DDR wollte, in der ich z. B. auch erst "zehn nach neun" zur Wahl hätte gehen können, ohne mich in der Partei für mein Tun rechtfertigen zu müssen. Und natürlich muß ich, der ich 1968 aus Überzeugung in die SED eingetreten bin und im August 1968 freiwillig meinen Dienst in den Grenztruppen der NVA aufgenommen habe, mich auch fragen, was ich selbst zu dieser Entwicklung beigetragen habe.

Im Laufe der Jahre bewegte mich immer wieder das Problem, warum SED und Grenztruppen - ich meine die Führungen beider - immer nur überlegt haben, wie die Grenzsicherungsanlagen noch unüberwindlicher gemacht werden müßten und nicht, wie für ihre Entbehrlichkeit hätte gesorgt werden können.

Mit der Übernahme verantwortungsvollerer Dienststellungen, besonders aber auch im Zuge meines Studiums an der Leipziger Karl-Marx-Universität sowie beim Schreiben meiner Diplomarbeit kamen mir erhebliche Zweifel, ob der Kurs meiner Partei, der SED, dazu angetan war, die mit großem propagandistischem Aufwand verkündeten Ziele zu erreichen. Vieles hing - wie mir schien - "am seidenen Faden", wirkte sehr angespannt, verkrustet und verfahren.

Von den tatsächlichen Problemen wollte keiner - insbesondere Vorgesetzte - etwas wissen. Man scheute sich zusehends, darüber ehrlich zu sprechen, auf sie aufmerksam zu machen. Vor allem auch deshalb, weil man sich harscher Kritik "von oben" ausgesetzt sah und sehr schnell des Verlassens eines festen Klassenstandpunktes, der Nörgelei, des Kleinbürgertums, der Herabwürdigung von Erfolgen beim Aufbau des Sozialismus und der Unterschätzung gegnerischer Absichten bezichtigt wurde. Auch in Gesprächen mit Mitarbeitern der Abwehr des MfS winkten diese resignierend ab und meinten: "Die da oben wollen einfach nicht wissen, was wirklich los ist. Für sie zählen nur 'Hurra-Meldungen'."

So erging es unzähligen SED-Mitgliedern, die zu den Beschlüssen ihrer Partei gestanden hatten, ohne etwas bewirken zu können. Daher stemmten sie sich nicht gegen die Demonstrationen im Oktober 1989. Sind sie deshalb auch Konterrevolutionäre?

Was mir beim "RotFuchs", von dessen Heften ich nur einen kleineren Teil gelesen habe, fehlt, ist folgendes: Man setzt sich nicht grundsätzlich und wissenschaftlich fundiert mit der Frage auseinander, weshalb die sozialistischen Staaten Europas und mit ihnen die DDR von der politischen Weltkarte verschwunden sind.

Unser Staat ist doch nicht deshalb kollabiert, weil ein paar tausend Bürger der DDR im Oktober 1989 lauthals ihren Unmut mit den damaligen Zuständen kundgetan haben.

Worin lagen die historischen, ökonomischen, politischen, aber auch personellen Ursachen für die Niederlage des Sozialismus?

Zugleich meine ich, daß es richtig ist, all das zu würdigen, was in 40 Jahren mühevoller Arbeit unter ständigem gegnerischem Störfeuer erreicht wurde.

Es ist doch unbestreitbar, daß es den Bürgern der DDR 1989 deutlich besser ging als beispielsweise 1969. Es ist sicher auch nicht falsch festzustellen, daß dies durch die SED und nicht trotz der SED gelungen ist. Dennoch scheint es mir dringend notwendig zu sein, die sachliche, ehrliche, an Fakten orientierte Diskussion darüber weiterzuführen, weshalb es uns nicht gelungen ist, das Projekt Sozialismus/Kommunismus auf Dauer erfolgreich umzusetzen.

Dazu gehört auch, daß man sich der Wahrheit stellt und nicht weiterhin Mängel und Fehler der eigenen Bewegung bagatellisiert, schönredet, verschweigt oder dem Gegner anlastet.

Ich bin dafür, nicht vor Begriffen wie Sozialismus und Kommunismus zurückzuschrecken, sondern sich zu ihnen zu bekennen. Das hat Ulrich Guhl im Februar-"RotFuchs" mehr als treffend auf den Punkt gebracht.

Siegfried Schubert, Plauen

*

Interventionismus - Kern der Militärdoktrin der Bundeswehr

Heute befinden sich Angehörige der Bundeswehr in zahlreichen Ländern, um die Machtinteressen des deutschen Imperialismus durchzusetzen. Derzeit unterhält sie 13 Einsatzkommandos im Ausland, die an Kriegen beteiligt sind oder Besatzungsfunktionen erfüllen. Die Skala reicht von einem einzelnen Militärbeobachter im Rahmen von UNAMA (Afghanistan) über 1500 deutsche KFOR-Soldaten in Kosovo bis zu 4900 ISAF-Okkupanten am Hindukusch. Der Aufwand zur Absicherung dieser Einsätze ist enorm. Die ausufernden Führungsstrukturen im Generals- und Offiziersbestand nach Neuausrichtung der Bundeswehr zu einer hochmodernen Interventionsarmee im ständigen Einsatz sind dementsprechend. Keine einzige Operation dieser Art hat mit der Wahrung nationaler Interessen etwas zu tun.

Seit dem Anschluß der DDR an die BRD entwickelte sich diese zu einer europäischen Großmacht. Sie suchte mit erheblichen militärischen, wirtschaftlichen und finanziellen Anstrengungen den Widerspruch zwischen einem ökonomischen Riesen und einem globalpolitischen Zwerg aufzulösen. Inzwischen mischt sie bereits maßgeblich im Weltgeschehen mit. Nicht zufällig "profilierte" sich der CDU-Fraktionsführer Kauder im Bundestag mit dem Ausspruch: "In Europa wird wieder deutsch gesprochen."

Das vorgetäuschte Image der BRD als Hort des Friedens und der Sicherheit ist reine Heuchelei. Dabei sollte sie sich in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz und in Anbetracht zweier von Deutschland ausgegangener verheerender Weltkriege tatsächlich zu aktiver Friedenspolitik verpflichtet fühlen. Die von der DDR formulierte und später auch durch Kanzler Kohl unterschriebene Maxime, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe, ist für die BRD längst Schall und Rauch. Tatsächlich gehören Gewaltandrohung und Krieg längst wieder zu ihrem Handlungsspektrum.

Es war die Schröder/Fischer-Regierung aus SPD und Grünen, von der in den 90er Jahren die Militarisierung der bundesdeutschen Außenpolitik vorangetrieben wurde, indem sie sich an der NATO-Aggression gegen Jugoslawien aktiv beteiligte. Inzwischen ist festzustellen, daß die internationalen Aktivitäten der BRD immer mehr im Haus des Ministers Thomas de Maizière - eines Exponenten besonders scharfmacherischer Kreise des deutschen Imperialismus - geplant und organisiert werden. Der Kriegseinsatz der Bundeswehr, der seit dem 2. Januar 2002 in Afghanistan abläuft, zeugt davon. Mehr als elf Jahre Krieg ohne Aussicht auf einen militärischen Sieg - das muß jede Armee demoralisieren. Das für 2015 angekündigte Ende dieser Intervention wird bereits relativiert und dient wohl eher zum Einlullen der Bundesbürger.

Im Mai 2011 ließ de Maizière in Gestalt der "Verteidigungspolitischen Richtlinien" die Militärdoktrin der BRD modifizieren. Im März 2012 folgte das Dokument "Die Neuausrichtung der Bundeswehr. Nationale Interessen wahren - Internationale Verantwortung übernehmen - Sicherheit gemeinsam gestalten", in dem man noch deutlicher zur Sache kam. Dort wird der gewachsene Einfluß der Bundeswehrführung auf die Politik der BRD besonders sichtbar. Man erkennt Traditionslinien zum einstigen Generalstab von Reichswehr und Wehrmacht.

Die politisch-ideologische Grundausrichtung der Armee des deutschen Imperialismus wird beibehalten: Antikommunismus und Kampf gegen den "Terrorismus". Ziel ist die maximale Erhaltung, Stärkung und Ausdehnung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung auf der Welt.

Allerdings haben sich die Ansichten zur Führung eines "großen Krieges" in Europa nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der mit ihr verbündeten Staaten des Warschauer Vertrages grundlegend geändert. Die Strategie der Bundeswehr geht jetzt davon aus, daß Konflikte auf dem Kontinent ohne kriegerische Mittel gelöst werden könnten, was die Unterhaltung ständiger Massenheere nicht länger erforderlich mache. Dabei müsse das Abschreckungspotential der NATO an nuklearen und anderen Massenvernichtungswaffen erhalten bleiben.

Angesichts der rasanten Entwicklung der Produktivkräfte beschäftigt sich auch die Bundeswehrspitze mit der Vorbereitung von kosmischen und Cyber-Operationen im Kriegsfalle. Dafür stehen ihr bereits zwei Satelliten zur Verfügung. Ihre Ausrüstung mit modernster Kriegstechnik wie unbemannten Kampfdrohnen wird mit erheblichem finanziellem Aufwand und peinlichsten Fehlinvestitionen weiter vorangetrieben. Die Rüstungsindustrie sowie entsprechende Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen scheffeln Milliardenprofite.

Die Bundeswehr sieht ihren Auftrag nicht mehr in der Landesverteidigung - dem Daseinszweck traditioneller Armeen. Die logische Konsequenz wäre ihre wesentliche Verkleinerung und die entschiedene Kürzung für "Verteidigungszwecke" bereitgestellter Mittel. Doch weit gefehlt. Heute geht es in der BRD um die Vervollkommnung der Streitkräfte als Interventionsarmee, die für immer neue Kriegseinsätze parat gehalten werden muß. Die BRD befindet sich permanent im Krieg.

1914 schrieb Rosa Luxemburg: "Wir brauchen keine Katastrophen. Daß es die herrschenden Klassen sind, die allzumal zu Katastrophen treiben, dafür ist Deutschland ein klassisches Beispiel." Man könnte meinen, diese Zeilen seien erst gestern geschrieben worden.

Als logische Folge dieser Politik beteiligt sich die Bundeswehr gleich an zwei neuen Einsätzen. Sie nimmt mit "Patriot"-Raketen an der NATO-Operation "Active Fence" in der Türkei teil und entsendet Personal zur Unterstützung der "Operation Serval" der Streitkräfte des NATO-Partners Frankreichs in Mali.

Leider haben sich die Friedenskräfte der BRD noch nicht wieder zu einer solchen Massenbewegung formiert, derer es bedürfte, um den Aggressoren und Interventen Paroli bieten zu können. Dabei muß die Phrase Strucks, nach der "Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt" wird, als eine besonders infame Lüge betrachtet werden.

Vor fast 200 Jahren schrieb der deutsche Militärhistoriker und -theoretiker Carl von Clausewitz: "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." Diese aber seien ohne den Zweck nicht denkbar.

Das Wesen des Krieges zu definieren, blieb Lenin vorbehalten. In "Staat und Revolution" schrieb er: "Wenn Sozialisten Betrachtungen darüber anstellen, wie ein Krieg einzuschätzen ist und wie man sich zu ihm zu verhalten hat, so ist die grundlegende Frage ..., wofür dieser Krieg geführt, durch welche Klassen er vorbereitet und in seiner Richtung bestimmt wurde."

In diesem Sinne muß man heute die Kriegsbeteiligungen und Militäreinsätze, aber auch die Aggressionsvorbereitungen der BRD als NATO-Mitglied an der Seite der USA beurteilen. In aller Regel geht es um Rohstoffe, Absatzmärkte, Einflußzonen, sichere Transportwege, Erdöl und Erdgasleitungen, aber auch um geostrategische Positionen. Um die eigentlichen Kriegsziele und -gründe zu verschleiern, schiebt man seit geraumer Zeit den vermeintlichen Kampf gegen Terrorismus oder Widersprüche zwischen Weltreligionen vor. Diese sind allemal gut, als Kriegsanlässe zu dienen.

Dr.-Ing. Wolfgang Feix, Wassenberg

*

RF-Extra

Wie die Treuhand mit den Erben der IG Farben kungelte

Der Leuna-Deal

Der "Verkauf" der dem DDR-Volkseigentum entrissenen Leuna-Werke in Halle/Bitterfeld an den französischen Elf-Konzern wird seit 1991 streng geheimgehalten. Warum?

Dieser Deal der Treuhandanstalt unter Birgit Breuel konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Die dazugehörigen Dokumente dürften überwiegend zu jenen gehören, welche für die Dauer von 50 Jahren unter strengstem Verschluß bleiben sollen. Die Gründe dafür werden verständlicher, wenn man die bewegte Geschichte dieses Unternehmens genauer betrachtet.

Die Leuna-Werke befanden sich auf dem Territorium des Nazi-Konglomerats IG Farben, das 1945 enteignet wurde. Mehrere deutsche Konzerne, die unmittelbar in die Vorbereitung und Durchführung des hitlerschen Aggressionskrieges verstrickt waren, betrieben es. 1990 sollen die "Liquidatoren der IG Farben" Anspruch auf 151 Millionen Quadratmeter Betriebsgelände dieser Unternehmensgruppe auf dem Territorium der DDR erhoben haben, erfährt man aus Martin Flugs Buch "Treuhand-Poker. Der Mechanismus des Ausverkaufs".

Während der Zeit des Faschismus belieferten die IG Farben vor allem die Nazi-Wehrmacht und andere militärische Formationen des faschistischen Staates mit chemisch hergestelltem Treibstoff für Panzer und Flugzeuge. Von ihnen wurde aber auch das Giftgas Zyklon B für das Massenvernichtungslager Auschwitz produziert.

Substantielles Belastungsmaterial in Sachen IG Farben hatte die "Finance-Task-Force" in den Jahren 1945 und 1946 zusammengetragen. Ihre Dokumentensammlung bewies die zentrale Rolle der IG Farben bei der Planung und Führung des Krieges. So wurden deren Werke in Leuna-Merseburg nicht zufällig zu einem bevorzugten Angriffsziel der alliierten Bomberverbände. Daß die riesige Anlage nur leicht zerstört überdauerte, lag daran, daß die Faschisten dieses Industriegebiet in künstlichen Nebel gehüllt hatten.

Die IG Farben ließen hier Tausende und aber Tausende Zwangsarbeiter aus vielen Ländern zu unmenschlicher Schinderei antreiben, um das Letzte aus ihnen herauszupressen. Die enormen Extraprofite des Konzerns resultierten aus Sklavenarbeit. Bis heute ist Überlebenden keinerlei Entschädigung gezahlt worden. Ein großer Teil der meist jüdischen Zwangsarbeiter wurde in Auschwitz ermordet, in dessen Nähe der Konzern eine "Filiale" eingerichtet hatte.

Die IG Farben wurden im Nürnberger Prozeß vom Alliierten-Tribunal wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Während ihre vom Alliierten Kontrollrat verfügte Enteignung im Osten konsequent umgesetzt wurde, geschah dies im Westen nur halbherzig. Große Teile des IG-Farben-Besitzes gingen an deren Gründerfirmen BASF, Thyssen, Krupp und andere zurück.

Angesichts der internationalen Ächtung und Brandmarkung der IG Farben war es der Treuhand nicht möglich, Thyssen als ehemaligem Teilhaber der IG Farben die von ihm begehrten Leuna-Werke nach der Annexion der DDR offiziell zu "verkaufen".

Die BRD-Regierung konnte sich nicht so weit vorwagen, einen wegen Kriegsverbrechen enteigneten Konzern direkten Weges dessen "Erben" auszuliefern. Selbst Birgit Breuel, die Tochter des Bankiers Alwin Münchmeyer, der mit dem Oberarisierer Freiherr Kurt von Schröder die Privatbank SMH betrieben hatte, durfte sich das als Chefin der Treuhandanstalt nicht erlauben. Und dennoch hat Thyssen einen Teil von Leuna bekommen. Wie war das möglich?

Zunächst gab es mit Detlef Karsten Rohwedder, Breuels Vorgänger, der dann am 1. April 1991 ermordet wurde, in dieser Sache offensichtlich Meinungsverschiedenheiten. Rohwedder beschwerte sich immer öfter darüber, daß die Regierung noch nicht geklärt habe, was mit jenem Teil des Eigentums geschehen solle, auf welchem "Altansprüche" lägen. "Das wirklich ernste Problem, an dem wir zu knacken haben, sind die ungeklärten Eigentumsverhältnisse in der ehemaligen DDR. Alles, was uns jetzt gehört und was wir privatisieren sollen, hat irgendwann einmal jemand anderem gehört. Freihändig und ohne Rücksichtnahme auf die früheren Rechtsverhältnisse können wir also überhaupt nicht privatisieren", erklärte er dem "Spiegel" im Januar 1991. Alles müsse "hoppla, hoppla gehen".

Doch die Bundesregierung hob die Hände und überließ der Treuhandanstalt alle Entscheidungen. Klar, daß sich ein Konzern wie Thyssen als ehemaliger Teilhaber der IG Farben die mit dem Anschluß der DDR entstandene neue Möglichkeit nicht entgehen lassen wollte, "seinen Besitz" als "legitimer Erbe" zurückzuerlangen. Es ist sogar denkbar, daß sich die Werke damals bereits in den Händen der Thyssen AG oder eines anderen der Konzerne befanden, welche die IG Farben mit gegründet hatten, oder daß ein Kaufvertrag abgeschlossen worden war und Geld an die Treuhandanstalt fließen sollte. Man war sich seiner "Eigentümerfunktion" durchaus bewußt. Dabei spielten Entscheidungen des Alliierten Kontrollrates keine Rolle. Und wenn die DDR-Bürger das Werk, in dem nun völlig andere Produkte hergestellt wurden, vorerst aufrechterhielten und sogar noch modernisierten, dann war das für die "legitimen Erben" absolut normal. Immerhin hatten diese ja 40 Jahre lang den Nutzen aus ihrem VEB gezogen, ohne auch nur einen Pfennig Pacht oder irgendeine Gebühr dafür zu zahlen.

Könnte es nicht sein, daß sich Thyssen bereits 1990 als Eigentümer betrachtete, so daß ein Kauf der Leuna-Werke für diesen Konzern niemals zur Debatte und deshalb auch nicht auf der Tagesordnung der Treuhandanstalt gestanden hatte? Und wäre es nicht denkbar, daß Treuhand-Präsident Rohwedder die Zusammenhänge der seinerzeitigen Vereinigung von Thyssen, BASF und Krupp zum Monopol IG Farben ebenso genau kannte wie die Details der Enteignung durch den Alliierten Kontrollrat? Schließlich hatte er ja zuvor bei Hoesch zum obersten Management gehört.

Fragen wir weiter: Und könnte es nicht auch sein, daß aus den Reihen derer, die sich als die "legitimen Erben" und tatsächlichen Besitzer der Leuna-Werke betrachteten, die Observierer und späteren Mörder Rohwedders angeheuert wurden? In jedem Falle hätten sie ein Motiv. Denn nach Rohwedders Tod gab es mit der neuen Treuhandchefin Breuel, die besonderes Interesse an der Vertuschung und Verschleierung von Tatsachen gehabt haben dürfte, in dieser Hinsicht keinerlei Differenzen mehr.

Könnte es nicht auch sein, daß Rohwedders Düsseldorfer Nachbar Dieter Spethmann bei dessen Observierung eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat? Und: Warum wurde Rohwedder nicht in Berlin, im Auto, auf einer Tribüne oder unter freiem Himmel, bei einem Disput mit dem aufgebrachten Volk ermordet? Spethmanns protzige Villa stand damals unmittelbar neben dem Haus der Familie Rohwedder. Das aber hatte ihm Hoesch weiterhin überlassen. Spethmann war inzwischen "zufällig" auch ein hoher Manager der Thyssen AG.

Wäre es nicht vorstellbar, daß Rohwedder auf die Enteignung der IG Farben wegen begangener Kriegsverbrechen hingewiesen IG-Farben-Bosse vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal und sich gegen den "Verkauf" an die "Tochtergesellschaft" Thyssen AG gestellt hat? Könnte das nicht der entscheidende Grund dafür gewesen sein, daß ihn irgend jemand "ausschalten" wollte?

Merkwürdig sind auch der Einbruch und die Brandstiftung bei der Treuhandanstalt-Niederlassung in Berlins Schneeglöckchenstraße. Das geschah nur drei Tage vor Rohwedders Ermordung in seinem Düsseldorfer Haus. "Thomas Münzers Wilder Haufen" nannte sich die Gruppe, die am Brandort einen maschinegeschriebenen Brief hinterließ und zwei Tage später eine weitere Botschaft an die Treuhand richtete. Darin hieß es u. a.: "Wir sind weder die Stasi noch Wirtschaftskriminelle oder deren Helfer/-innen. Uns war aus revolutionärer Sicht daran gelegen, die Arbeit des Superkonzerns Treuhand ein wenig zu sabotieren."

Handelte es sich dabei um ein großangelegtes Ablenkungsmanöver? Oder sollten das etwa jene Profis sein, die Rohwedder schon mit dem ersten Schuß aus 63 Metern Entfernung tödlich trafen? Die Ermittler wollen damals in der ersten Etage seines Hauses u. a. ein "Bekennerschreiben" mit dem fünfzackigen Stern der RAF gefunden haben. Waren die Täter wirklich in deren Reihen zu suchen? Und wer war so versiert, gleich mit der ersten Kugel die Aorta des Opfers zu durchbohren?

Die Hoesch AG, in der Rohwedder zum Top-Personal gehört hatte, wurde übrigens noch im selben Jahr von Thyssen/Krupp übernommen. Bis dieser seine Tätigkeit als Präsident der Treuhandanstalt antrat, hatte der erfahrene Manager als Vorstandsvorsitzender der Hoesch AG dieses Unternehmen erfolgreich saniert, wofür er als "Manager des Jahres" dekoriert worden war. Und ausgerechnet ein solcher Mann kam urplötzlich "abhanden"?

1991 wurde die Hoesch AG im Zuge einer "feindlichen Übernahme" vom damaligen Krupp-Konzern aufgekauft. Dazu schrieb der "Spiegel" am 14. Oktober 1991: "Der Stahlkonzern Krupp will den Konkurrenten Hoesch schlucken. Heimlich hat er mit Hilfe der WestLB eine Mehrheit aufgekauft. Das Monopoly an der Ruhr markiert einen neuen Stil in der deutschen Industrie. Massenentlassungen drohen, Krupp plant rigorose Rationalisierungsmaßnahmen. Droht ein neues Rheinhausen?"

Hoesch-Chef Karl-Josef Neukirchen hatte nach eigenen Aussagen vom klammheimlich vorbereiteten Einstieg Krupps bei Hoesch nichts gewußt und es nicht einmal geahnt. Er verstehe "unter einer Liebesheirat etwas anderes", ließ er wissen. Vielleicht hatte Rohwedder davon Wind bekommen und versucht, dagegen anzugehen.

Natürlich sind das alles Spekulationen. Was mit den Leuna-Werken nach Rohwedders Tod passierte, konnte kaum noch einer der Treuhandmanager nachvollziehen. Nur Frau Breuel schien mehr zu wissen.

Ende 1991 soll es drei offizielle Kaufangebote für die Leuna-Werke gegeben haben: Das erste kam von ESSO, das zweite vom BP Konzern und das dritte von Elf. Obwohl der französische Konzern das wenigste Geld geboten hatte, erhielt er den Zuschlag. Die mit dem Leuna-Deal befaßten Manager der Treuhandanstalt, aber auch Politiker wie Reinhard Höppner, damals Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, haben nicht verstanden, was hier gespielt wurde. Danach pumpte man in Leuna noch viele Steuer-Millionen, als Solidaritätsgelder firmiert, hinein, so daß Elf am Ende kaum etwas dafür gezahlt haben dürfte. Dem Konzern wurden außerdem auch noch sämtliche Minol-Tankstellen der DDR zugeschanzt. Über deren Preis weiß man nichts. Es heißt, CDU-Politiker seien dafür bestochen worden, daß sie mitmachten oder zumindest schwiegen. Auch die Manager und Rechtsanwälte von Elf hätten hohe Summen kassiert, war zu erfahren. Es wurde viel spekuliert, und Eingeweihte wußten, daß hier etwas nicht in Ordnung war. Doch was?

Denkbar ist auch diese Version: Frankreichs Regierung kannte sämtliche Details der IG-Farben-Enteignung. Da nicht bekannt werden durfte, daß sich die Nachkommen des wegen Kriegsverbrechen zunächst enteigneten und dann in DDR-Volkseigentum verwandelten gigantischen Unternehmens offiziell wieder um ihren ursprünglichen Besitz bewerben wollten, erhielt Frankreichs halbstaatlicher Konzern Elf den Zuschlag. Inwieweit das Ganze nur inszeniert war, um die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen, mag dahingestellt sein. Feststehen soll indes, daß auch die Thyssen AG einen Teil der Leuna-Werke - so oder so - abbekommen hat.

Aus der alten BRD stammende Vertreter der Treuhandanstalt waren, selbst wenn sie persönlich integer und gutwillig gewesen sein sollten, kaum von Kenntnissen der eigenen Wirtschaftsgeschichte beleckt, geschweige denn jener der DDR. Und wer diesen Deal auch nur in Frage stellte, dagegen anschrieb oder Zweifel anmeldete, wurde sofort als "Stasi"-Handlanger diffamiert oder auf andere Weise mundtot gemacht.

Dr. Helga Helena Liebecke, Dresden

*

Die "besondere historische Verantwortung der BRD gegenüber Israel"

Wer Öl ins Feuer gießt ...

Ende Januar bombardierten israelische Kampfflugzeuge eine militärische Forschungsanlage in Dschamraja, nördlich von Damaskus. Der Anflug erfolgte über Südlibanon, wobei dessen Luftraum verletzt wurde. Die Möglichkeit, daß es sich dabei um einen vereinzelten Zwischenfall gehandelt haben könnte, ist unterdessen durch die Tatsache ausgeschaltet worden, daß Israels Luftwaffe weitere Attacken auf Ziele in Syrien unternommen hat.

Wer auf einer Insel lebt, sollte sich das Meer nicht zum Feind machen, besagt ein Sprichwort. Bevorzugt Tel Aviv die eigentlich anachronistische Formel: Viel Feind, viel Ehr? Ist das Faustrecht zum Grundprinzip des israelischen Auftretens in der internationalen Arena geworden?

Wer solche Fragen beantworten will, wird mit Gewißheit sofort des Antisemitismus bezichtigt. Denn eine Denunziation ist allemal billiger als die Prüfung der Fakten.

Sollte man nicht fragen: Hat derjenige, der Hitlers faschistische Völkermordpolitik benannte und bekämpfte, damit Deutschland oder die Deutschen beleidigt? War jeder, der gegen die barbarischen Kolonialkriege Frankreichs, Englands oder Portugals protestierte, deshalb ein Feind der Völker dieser Länder? Gibt es nicht einen international gültigen Maßstab zur Beurteilung der Politik eines Staates - das Völkerrecht?

Der Nahostkonflikt hat einen weit zurückreichenden historischen Hintergrund und ist sehr komplexer Natur. Zionisten und Araber erheben Anspruch auf ein und dasselbe Territorium: Palästina. Dabei handelt es sich um einen nationalen und sozialen Konflikt, nicht aber um einen Zusammenprall von Religionen, obwohl sich Wortführer beider Seiten mißbräuchlich solcher Argumente bedienen. Zionisten berufen sich auf das Alte Testament, islamische Araber auf ihre Anwesenheit seit zwei Jahrtausenden. Der Zionismus existiert seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und begann mit dem Wirken Herzls. Immer schon rangen Großmächte um das Gebiet Palästinas: Ägypter, Perser, Römer, Kreuzritter und Türken.

Nicht wenige Politiker und Publizisten leiten Israels Sonderstellung aus der Bibel und der Siedlungsgeschichte vor 2000 Jahren ab. Im Buch Genesis heißt es: "An diesem Tag schloß der Herr mit Abram folgenden Bund: Deinen Nachkommen übergebe ich dieses Land vom Grenzbereich Ägyptens bis zum großen Strom Eufrat." Danach geht es bei Israel um ein "Heiliges Land", das den Juden nach Gottes Willen zustehe. Doch der wechselvolle Geschichtsverlauf brachte es mit sich, daß die Idee von einem Staat Israel erst im Ergebnis des Ersten Weltkrieges entstand. Völkerrechtlich betrachtet verdankt es seine Entstehung in staatlicher Form aber den Vereinten Nationen.

Am 29. November 1947 beschloß die UNO, das Mandatsgebiet Palästina zu teilen und auf seinem Territorium einen jüdischen und einen arabischen Staat entstehen zu lassen. Obwohl nur etwa ein Drittel der damaligen Bewohner des Territoriums Juden waren, sollte deren Staat 54 % des Terrains erhalten. Vor allem die Schrecken der Völkermordverbrechen des deutschen Faschismus an den europäischen Juden sprachen dafür, den der Hölle Entronnenen einen lebensfähigen Staat, der auch Zuwanderer aufnehmen konnte, zu gewähren. Die USA und die Sowjetunion stimmten dieser Überlegung gleichermaßen zu.

Am 14. Mai 1948 erklärte David Ben-Gurion vor der Knesset in Tel Aviv: "Proklamieren wir hiermit kraft unseres natürlichen und historischen Rechtes aufgrund des Beschlusses der UN-Vollversammlung die Errichtung eines jüdischen Staates in Eretz Israel: des Staates Israel."

Er werde "für die jüdische Einwanderung und die Sammlung der zerstreuten Mitglieder des Volkes geöffnet sein. Er wird volle soziale und politische Gleichberechtigung aller Bürger ohne Unterschied der Religion, der Rasse oder des Geschlechts gewähren. Er wird die Freiheit des Glaubens, des Gewissens, der Sprache, der Erziehung und Kultur garantieren. Er wird die Heiligen Stätten aller Religionen sicherstellen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet sein."

Tatsächlich wurden jedoch etwa 500.000 Araber gegen ihren Willen dem Staat Israel zugeschlagen, und mit dessen Bildung kam es zu bewaffneten Konfrontationen, in die sich auch Jordanien und Ägypten einmischten. Die Ergebnisse wirken bis heute nach: Israel vergrößerte sein Territorium unter Mißachtung des Teilungsplans der UNO um etwa 50 %. Mehr als eine halbe Million Araber wurden vertrieben oder mußten flüchten.

Zynisch erklärte Premier Schamir am 13. November 1990: "Für eine große Auswanderungswelle benötigten wir ein großes Israel. Die Neueinwanderer konnten überall in Eretz Israel siedeln, auch in Judäa und Samaria."

Israel entwickelte sich zur Speerspitze des Imperialismus im Nahen Osten, während die UdSSR in den nationalen Bewegungen arabischer Länder potentielle Verbündete sah.

Tel Avivs Völkerrechtsbruch ist eklatant: Israel verhinderte die Bildung des Palästinenserstaates, die ein integrierender Bestandteil des UNO-Beschlusses war. Ein zweiter folgenschwerer Verstoß gegen internationales Recht war seine Teilnahme an der britisch-französischen Aggression gegen Ägypten im Juni 1956. Die von Israel angestrebten territorialen Gewinne, die Ben Gurion führenden Politikern Großbritanniens und Frankreichs bei einem Geheimtreffen nahezubringen suchte, überstiegen selbst deren Vorstellungsvermögen. Immerhin heimste Tel Aviv eine Fläche ein, die seine expansionistische Siedlungspolitik ermöglichte. Es bemächtigte sich der Sinai-Halbinsel, des Gaza-Streifens, der syrischen Golanhöhen und des Westjordanlandes einschließlich Westjerusalems.

Der UN-Sicherheitsrat brauchte lange, bis er am 22. November 1967 den Beschluß 242 zustande brachte, der Gebietserwerbungen durch Kriege nicht gestattete. Er unterstrich die Notwendigkeit, eine gerechte und dauerhafte Friedenslösung im Nahen Osten herbeizuführen, damit jeder Staat der Region in Sicherheit leben könne. Folgende Grundsätze sollten dabei Geltung erlangen:

Rückzug der Streitkräfte Israels aus allen 1967 eroberten und besetzten Gebieten; Beendigung des Kriegszustandes, Achtung und Anerkennung der Souveränität, der territorialen Integrität und der politischen Unabhängigkeit aller Staaten der Region sowie ihres Rechts, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen, frei von Bedrohungen oder Gewaltakten in Frieden zu leben.

Der Beschluß 242, dem auch die USA zustimmten, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Seit 1967 gilt das Verhalten zu diesem Dokument als völkerrechtliche Meßlatte zur Bewertung des Handelns aller Beteiligten. Seit 1968 wurde Israel alljährlich von der UNO-Vollversammlung gemahnt, dem Beschluß 242 endlich Folge zu leisten, wird die Politik Tel Avivs durch dieses Gremium verurteilt. So hieß es z. B. in der Resolution 30/3379 vom November 1975: "Der Zionismus ist eine Form von Rassismus." Die ihm zugrunde liegende "rassistische und imperialistische Ideologie" stelle "eine Bedrohung des Friedens und der Sicherheit der Welt" dar.

Israel hat auf 13 fundamentale Beschlüsse des UN-Sicherheitsrat es und acht Resolutionen der UNO-Vollversammlung überhaupt nicht reagiert. Ab 1977 blockierten dann die USA durch ihr Veto sämtliche Entscheidungen des Sicherheitsrates, die als Kritik an Tel Aviv hätten ausgelegt werden können.

Mit Recht verlangt Israel Garantien für seine staatliche Existenz und Sicherheit. Was aber könnte ihm diese besser verschaffen als gutnachbarliche Beziehungen zu seinen arabischen Nachbarn?

Genau das fordert die UNO. In ihrer Resolution 27/2949 "Die Lage im Nahen Osten" heißt es: "Die Vollversammlung erklärt noch einmal, daß die Aneignung von Territorien durch Gewalt unzulässig ist und daß demzufolge solche okkupierten Territorien wieder zurückgegeben werden müssen." Zugleich wird die Forderung nach "Rückzug der israelischen Truppen aus den im jüngsten Konflikt besetzten Gebieten" abermals bekräftigt.

Das Völkerrecht und die politische Wirklichkeit sind allerdings zwei verschiedene Paar Schuhe. Im Beschluß 43/177 des UN-Sicherheitsrates vom 15. Dezember 1988 wurde z. B. die Ausrufung des Staates Palästina durch den Palästinensischen Nationalrat ausdrücklich anerkannt. Das war vor nahezu 25 Jahren. Wer aber hat die Bildung dieses Staates bis heute verhindert?

Der von Tel Aviv am 2. Juli 2006 befohlene Angriff auf Libanon hatte bereits etliche Vorläufer: die Operation "Liten" im März 1978, die Operation "Ruhe und Ordnung" im Mai 1988, die Operation "Friede in Galiläa" im Juni 1988, bei der die PLO aus Beirut vertrieben wurde, die Operation "Abrechnung" im Juli 1993 und die Operation "Früchte des Zorns" im April 1996.

Solange die israelische Politik von den USA, der BRD und anderen NATO-Mächten gedeckt und unterstützt wird, dürfte Tel Aviv von seinem Kurs der Aggressivität und Aggression wohl kaum abgebracht werden. In den USA besitzt es eine mächtige Lobby. In der BRD legten Adenauer und Strauß mit ihren als Reparationen getarnten Waffenlieferungen den Grundstein für eine strategische Partnerschaft. Bei Abstimmungen in der UNO über Israels Völkerrechtsbrüche enthielt sich die BRD in der Regel - ganz im Unterschied zur DDR - der Stimme. Erst jüngst bestätigte der "Spiegel" noch einmal, daß deutsche U-Boote an Israel geliefert worden seien, die man dort mit Atomwaffen bestückt habe. Mit diesem "Exportgeschäft" brach die Bundesrepublik ihre Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag.

In der Regel wird erklärt, Deutschland trage wegen des Holocaust eine besondere Verantwortung für Israels Sicherheit. Seit Josef Fischers infamer Behauptung, die Teilnahme der BRD am NATO-Überfall auf Jugoslawien erfolge, um ein "neues Auschwitz" zu verhindern, dient diese Zwecklüge des Außenministers der Schröder-Regierung als ideologische Allzweckwaffe. Doch nicht nur Juristen wissen: Ein Verbrechen rechtfertigt kein anderes.

Am 6. Juni 2012 kolportierte Springers "Bild" unter der Schlagzeile "Europa fängt in Israel an" Äußerungen von Premier Netanjahu, der behauptet hatte, bestimmte Kräfte wollten "Israel eliminieren, um dann weiter nach Europa zu marschieren". Insofern sei sein Staat die "Frontstellung Europas und der westlichen Zivilisation". Sind das nicht allzu bekannte Töne aus brauner deutscher Vergangenheit?

Kaum anders artikulierte sich Tel Avivs "Verteidigungsminister" Ehud Barak: "Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel gesichert zu haben."

Am 18. März 2008 erklärte Angela Merkel vor der Knesset: "Jede Bundesregierung und jeder Kanzler vor mir waren sich der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels bewußt. Diese ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar. Und wenn das so ist, dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte sein."

Die Tücken solcher "Solidarität" hat selbst ein Joachim Gauck 2012 bei seinem Antrittsbesuch in Tel Aviv wahrgenommen: "Ich will mir nicht jenes Szenario ausdenken, das die Bundeskanzlerin in enorme Schwierigkeiten bringt, ihren Satz, daß die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist, politisch umzusetzen", erklärte er.

Warum will sich der BRD-Präsident nicht das "Szenario" ausdenken, das in Bundeswehrkreisen längst zu Papier gebracht worden ist? Im Kriegsfalle für Israel müßte die Bundesrepublik als dessen Verbündeter ihre militärischen Ressourcen einsetzen. Gegen wen? Wofür? Mit welchen Folgen?

Der Mißbrauch der Erinnerung an den Holocaust im Dienste aggressiver imperialistischer Ziele hat dazu geführt, daß dieselben Rüstungskonzerne, die Hitlers Krieg ermöglichten, jetzt aus Israels Aggressionen Profit ziehen. "Längst ging es bei der deutsch-israelischen Rüstungskooperation nicht mehr um die Sicherheit Israels, es war zugleich ein Bombengeschäft für die deutsche Industrie", konstatierte der "Spiegel". Ein "Bombengeschäft" im Namen der Holocaust-Opfer?

Wurden die Händler des Todes jemals dafür zur Verantwortung gezogen, daß sie Waffen in Spannungsgebiete lieferten? Kennt Frau Merkel nicht das solche Geschäfte betreffende Verbot?

Im Januar 2013 verurteilte ein eigens dazu berufener UNO-Ausschuß die Siedlungspolitik Israels als grobe Menschenrechtsverletzung. Boutrus Boutrus Ghali, von 1992 bis 1996 Generalsekretär der Vereinten Nationen, erklärte: "Israels Kriege sind weder rechtlich noch moralisch gerechtfertigt." Und er fügte hinzu: "Der Konflikt kann nur durch die Anerkennung eines palästinensischen Staates beigelegt werden."

Prof. Dr. Horst Schneider

Unser Autor war Mitglied des Präsidiums der DDR-Liga für die Vereinten Nationen.

Ende RF-Extra

*

Portugal: Die Nelken sind nicht verdorrt

Fast vier Jahrzehnte nach der den Faschismus hinwegfegenden Nelkenrevolution ist in Portugal keine Blüte populärer als der Cravo Vermelho - die rote Nelke -, welche einst in die Gewehrläufe der sich gegen Caetanos Diktatur erhebenden Soldaten vom Volk gesteckt wurde. Auf Protestkundgebungen und bei einer Serie aufeinander folgender Generalstreiks erfuhr man von dem Verlangen unzähliger durch die Troika gewürgter Portugiesen nach einem "neuen 25. April".

Unter denen, die sich danach sehnen, befinden sich auch immer mehr junge Leute, die das Vergangene nur vom Hörensagen kennen. Kein Wunder, hat doch die Jugendarbeitslosigkeit inzwischen mit 38,5 % eine Rekordhöhe erreicht. Noch eine erschreckende Ziffer: Rund 60 % der unter 30jährigen müssen bei ihren Eltern leben, weil sie angesichts der enorm gestiegenen Ausgaben für Miete, elektrischen Strom und Wasser - um nur einige Posten zu nennen - sonst nicht durchkämen.

Über all das wurde vor Monaten auf der 7. Nationalkonferenz junger Mitglieder der CGTP berichtet. Portugals mit Abstand größte Gewerkschaftszentrale - ihr Generalsekretär gehört übrigens dem ZK der PCP an - kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Sie begann sich in den späten 60er Jahren unter der faschistischen Diktatur Salazars zu formieren, als Kommunisten in einzelnen der als Syndikate bezeichneten Berufsverbände Einfluß und schließlich die Oberhand gewannen. Deren Zusammenschluß nannten sie Intersindical. Während der portugiesischen Revolution nahm diese dann die Zusatzbezeichnung CGTP an.

Neben der erst später gegründeten griechischen Arbeiterfront PAME ist die CGTP nach dem Abdriften der französischen CGT und der italienischen CGIL eine der beiden großen westeuropäischen Gewerkschaftszentralen unter kommunistischer Führung.

Der außerparlamentarische Kampf der Intersindical und anderer linker Massenorganisationen wird durch den beherzten Einsatz einer 16köpfigen CDU-Fraktion in Portugals Versammlung der Republik unterstützt. CDU steht hier keineswegs wie in der BRD für eine Politik im Dienste des Kapitals, sondern für Coligação Democrática Unitária - Demokratische Einheitskoalition. Sie besteht aus der PCP und den mit ihr verbündeten Grünen, auf die zwei der 16 CDU Parlamentsmandate entfallen.

Wie der erst 33jährige PCP-Abgeordnete Miguel Tiago, der bereits seine dritte Legislaturperiode absolviert, gegenüber der belgischen PTB-Wochenzeitung "Solidaire" erklärte, führt seine Partei "den Kampf im Parlament wie auf der Straße. Wir wollen, daß Portugals brüsselhörige und rechtsgerichtete Regierung unter Premier Passos Coelho verschwindet. Sie muß der neuen Bewegung Platz machen, die mit Massenunterstützung für einen radikalen Wandel des in Lissabon verfolgten politischen Kurses eintritt", betonte Miguel Tiago. Seine Äußerung trägt der Tatsache Rechnung, daß die "Nelken-Nostalgiker" keineswegs Träumereien an Kaminen nachhängen, sondern immer mehr Portugiesen zu aktivem Handeln inspirieren.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel

*

Spanien: 500 Räumungsbefehle pro Tag

Jeden Tag erhalten in Spanien mehr als 500 Mieter die behördliche Order, ihre Wohnungen zu verlassen. Im Weigerungsfalle wird Zwangsräumung angedroht.

Dieser Vorgang ist für die Bürger des großen iberischen Landes nichts Neues: Seit 2007 wurden in Spanien 420.000 Einzelpersonen oder Familien zur Räumung ihrer Quartiere aufgefordert und auf Verlangen der Banken 220.000 vom Staat angeordnete Exmittierungen vollstreckt. Neben der weiter ansteigenden Arbeitslosigkeit - sie hat bereits die 25-Prozent-Marke überschritten - ist die Angst der Hausbesitzer und Wohnungsinhaber das zweite über den Spaniern schwebende Damoklesschwert.

Die enorme Zahl von Zwangsräumungen steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tatsache, daß die nur auf zwei Jahre befristete Erwerbslosenunterstützung für immer mehr langfristig Betroffene ausläuft.

Zu Zeiten der Franco-Diktatur hatte deren für Bau- und Wohnungsfragen zuständiger Minister José Luis Arrese die Spanier zum Immobilienerwerb gedrängt. "Wir wollen ein Land der Hauseigentümer, nicht aber von Proletariern", erklärte er 1957.

Doch erst Jahrzehnte später setzte in Spanien ein Grundstückserwerbsboom ein. Die Madrider Regierung sorgte 1995 für Gesetze, die solche Aktivitäten stimulierten. Während Baulöwen und Makler enorme Profite einstrichen, wuchs Spaniens Wohnungsbestand um 7 Millionen Einheiten. Ohne Unterlaß wurde verkündet, es gäbe keine gesichertere Geldanlage als Immobilien. Die Banken erleichterten vielen Spaniern den Zugang zu Hypotheken.

Im Ergebnis dieses jahrzehntelang von Madrid verfolgten Kurses zählen über 80 % aller Spanier zu den Haus- und Wohnungsbesitzern - ein Spitzenplatz in Europa.

Doch diese scheinbar strahlende Entwicklung fällt inzwischen Hunderttausenden, die ihre Hypothekenzinsen nicht entrichten können, knallhart auf die Füße. Hinzu kommt der Wertverlust des erworbenen Wohneigentums durch die in Spanien besonders aggressive Inflation.

Während die Zahl der Exmittierungen ständig zunimmt, stehen andererseits 20 % aller Wohnungen leer. Es handelt sich um 5,6 Millionen Quartiere. Doch immer mehr Spanier nehmen das schreiende Unrecht nicht passiv hin. Seit gut einem Jahr hat sich unter der Kurzbezeichnung PAH ein landesweiter Zusammenschluß formiert, der den Widerstand gegen behördlich angeordnete Exmittierungen koordiniert. Unterdessen zeigt die Kampagne "Stoppt die Zwangsräumungen!" bereits Wirkung. Mehr als 550 von Ausweisung bedrohte Mieter konnten vorerst in ihren Wohnungen bleiben. Andererseits ist die PAH auch dazu übergegangen, leerstehende Quartiere zu besetzen.

Im April 2012 rief sie die Volksinitiative für ein Gesetz über das Verbot von Zwangsräumungen und die Einführung einer Sozialmiete ins Leben. Ende Januar konnte diese dem Madrider Parlament die bereits von anderthalb Millionen Spaniern unterzeichnete Petition übergeben. Mitte Februar überfluteten Hunderttausende Unterstützer die Straßen und Plätze von 50 spanischen Städten.

Dennoch nehmen die Zwangsräumungen ihren Fortgang. Nach Schätzungen dürften bis 2015 mindestens 430.000 Familien von dieser Form des kapitalistischen Terrors betroffen sein, wenn dem nicht noch energischer Einhalt geboten wird.

RF, gestützt auf "The Guardian", Sydney

*

Haben "Sektierer" 2012 ein Linkskabinett in Hellas verhindert?

Als die KKE zwischen zwei Feuern stand

Bei den wiederholten Wahlen des vergangenen Jahres mußte die unter ihrer Kurzbezeichnung KKE weltweit bekannte KP Griechenlands - eine klassenkämpferische Partei mit heroischer Tradition - nicht wenig Federn lassen. Während auf der extremen Rechten erstmals eine die Hitlerpartei glorifizierende faschistische Formation in das Athener Parlament einzog, stimmte ein großer Teil der für die Linke Votierenden - darunter auch Stammwähler der KKE - für das sich als "einzige Alternative zum rechtskonservativen Block" anbietende Bündnis SYRIZA unter Alexis Tsipras.

Die Begeisterung, die diesem "jungen Volkstribunen" aus Kreisen der Partei Die Linke, aber auch von einigen Politikern mit DKP-Parteibuch entgegengebracht wurde, war mit dem massiven Vorwurf des Sektierertums an die Adresse der KKE gekoppelt. Hätten sich die Kommunisten nicht so abgeschottet, wäre in Athen sogar ein Linkssieg mit entsprechender Regierungsbildung in Reichweite gewesen, wurde von den Kritikern behauptet.

Die KKE wies solche Unterstellungen zurück und verdeutlichte, daß SYRIZA vor allem aus der eindeutig revisionistischen und zur Europäischen Linkspartei gehörenden Gruppierung Synaspismos hervorgegangen sei. Deren Anhänger hatten sich nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen zwischen zwei Flügeln der KKE 1991 aus der traditionell marxistisch-leninistischen Partei zurückgezogen und seitdem "linken" Antikommunismus gepflegt. Unter solchen Umständen kann man die Zurückhaltung der KKE-Führung wohl kaum als sektiererisch oder dogmatisch bezeichnen.

Dennoch wog die faktisch zur Halbierung des kommunistischen Votums führende Niederlage der KKE an den Wahlurnen schwer. Nach ebenso lebhafter wie gründlicher Debatte, in der auch eigene Defizite zur Sprache gekommen sein dürften, beschloß der 19. KKE-Parteitag Mitte April in Athen ohne Gegenstimmen eine Reihe wichtiger Dokumente: die politische Entschließung, ein neues Programm und ein neues Statut. Dem Zentralkomitee gehören jetzt statt der bisher 77 nur noch 63 Mitglieder an. Zugleich erfolgte ein Wechsel an der Spitze der Partei, dem nicht nur rein personelle Erwägungen zugrunde gelegen haben könnten. Aleka Papariga, die zwei Jahrzehnte die KKE als deren Generalsekretärin geführt hatte und weiterhin im Apparat des ZK tätig ist, wurde durch Dimitris Koutsoumpias (Jahrgang 1955) ersetzt. Der aus einer kommunistischen Familie, von deren Mitgliedern einige ihre Treue zur Sache mit dem Leben bezahlen mußten, hervorgegangene neue Parteiführer war etliche Jahre Chefredakteur der KKE-Tageszeitung "Rizospastis" und hatte zuletzt die Internationale Abteilung des Zentralkomitees geleitet. Als Teilnehmer des legendären Aufstandes der Studenten des Athener Polytechnikums, die sich im November 1973 gegen das faschistische Regime der "Schwarzen Obristen" erhoben, genießt er unter fortschrittlichen Griechen Prestige.

RF, gestützt auf "The New Worker", London

*

Die Türkische Kommunistische Partei 1920 zeigte Flagge

Hut ab vor so viel Mut!

Wie "yenidünya" unlängst berichtete, hat sich die Türkische Kommunistische Partei 1920 - der Name erinnert an das Gründungsjahr der ersten marxistisch-leninistischen Formation im Land am Bosporus - Anfang April in KadÕkoy an die Spitze eines Streiks und einer Straßendemonstration gestellt. Diese richteten sich gegen den brutalen Sozialabbau im Lande.

"Die Türkei verwandelt sich von Tag zu Tag mehr in eine Hölle für die ohne jede soziale Absicherung Schuftenden", schrieb das Blatt. "Den Werktätigen, von denen viele unterhalb der Armutsgrenze vegetieren müssen, werden die elementarsten Rechte verweigert." Es gebe indes auch jene, welche sich diesem Kurs beherzt entgegenstellten. Dazu gehöre die TKP 1920, die sich als Interessenvertreterin der Millionenmassen Ausgebeuteter und Unterdrückter verstehe.

Mit Ständen, an denen Tausende Informationsschriften und Flugblätter verteilt wurden, hat sich die TKP 1920 in Ankara, Izmir, anderen Orten und mehreren Istanbuler Stadtbezirken auf deren zentralen Plätzen unmittelbar an die Bevölkerung gewandt. Ihr Protest richtete sich gegen die Abschaffung des Altersruhegeldes, ungesicherte Jobs und die maßlos ausufernde Leiharbeit.

Mit Losungen wie "Der Tag wird kommen, das Schicksal wird sich wenden, und Erdogans AKP wird sich vor dem Volk verantworten müssen!" gingen die Kommunisten am 7. April in KadÕkoy auf die Straße. Vor allem wurde das in der Türkei allenthalben tonangebende Subunternehmertum im Dienste großer Firmen und dessen besonders rücksichtsloser Umgang mit "seinen" Arbeitern attackiert.

"Die Türkei ist zur Republik der Subunternehmer verkommen", lautete eine der mitgeführten Losungen.

Der Protest, der in einem Streik gipfelte, war zugleich ein Reflex auf die zunehmende Unsicherheit am Arbeitsplatz. Wie die TKP 1920 ermittelte, kommen in der Türkei bei Tausenden schwerer Unfälle jährlich mehr als 900 Menschen ums Leben.

Im Verlauf der Aktion, die bei der Bevölkerung Kadikoys auf starke Resonanz stieß, wurde auch der für türkische Verhältnisse kühnen Forderung der Kommunisten nach völliger Gleichstellung von Frauen und Männern Ausdruck verliehen.

RF, gestützt auf "yenidünya", Istanbul

*

Billigsttextillien mit Schweiß und Blut gewebt

"Modisches" aus Bangladesch

Die Zahlen sind unfaßbar: Aus den Trümmern des zusammengestürzten achtstöckigen Neubaus in Savar, der nur fünf Geschosse hätte haben dürfen, wurden bis Anfang Mai die Leichen von 1127 Menschen geborgen, während viele der zweieinhalbtausend Verletzten weiter um ihr Leben bangen müssen oder zu Krüppeln wurden. Etwa die Hälfte der Opfer waren Frauen und Kinder. Diese befanden sich zum Zeitpunkt des Desasters in "Betreuungseinrichtungen", welche die Firma in drei Stockwerken der Todesfalle unterhielt. Insgesamt hatten die Unternehmer in dem unsicheren Hochbau rund 6000 Menschen zusammengepfercht.

Bereits am 24. November 2012 war in einer den US-Konzern Walmart beliefernden Textilfabrik in Tazree ein Feuer ausgebrochen, bei dem 112 Arbeiterinnen und Arbeiter lebendigen Leibes verbrannten. Und nur wenige Tage nach der Katastrophe in Savar wurde schon der nächste Großbrand gemeldet, bei dem wieder zahlreiche Beschäftigte einer für ausländische "Abnehmer" produzierenden Textilfabrik ums Leben kamen, weil die Ausgänge auf Weisung der Firmenleitung fest verriegelt waren, als das rasch um sich greifende Feuer ausbrach.

Während Sprecher der am Raubzug beteiligten Handelsketten führender imperialistischer Länder - vor allem der USA, Großbritanniens und der BRD - ganze Ströme von Krokodilstränen vergossen und unverzüglich kosmetische Operationen "humanitären Charakters" in Gestalt angeblich verstärkter Sorge um die Betriebssicherheit ankündigten, dürfte sich am Wesen der Dinge, der extremen Ausbeutung, nichts ändern. Denn in wohl kaum einem anderen Land erreichen die von ihnen erzielten Extraprofite eine solche Höhe wie in Bangladesch.

Obwohl die Erzeugnisse in erbärmlichen Sweatshops, wie man einst in den Vereinigten Staaten "Schwitzbuden" zur Herstellung billigster Textilerzeugnisse nannte, produziert werden, versieht man sie auf Verlangen der Käufer obendrein noch mit exklusiven Firmenschildern internationaler Spitzenunternehmen. Auf diese Weise erzielen die Handelsketten das Drei- bis Vierfache der den Firmen in Bangladesch zu zahlenden Niedrigstpreise.

Doch es gibt auch eine positive Nachricht aus der südasiatischen Armutshochburg: Niemals zuvor war der Widerstand gegen die im durchaus wörtlichem Sinne blutsaugenden Auslandskonzerne und die mit ihnen verquickte einheimische Ausbeuterklasse so stark und zielgerichtet wie heute. Der spontane Reflex auf die jüngsten Tötungsverbrechen jener, welche man wohl kaum als "redliche Fabrikbesitzer" bezeichnen kann, war ungewöhnlich stark. Schon unmittelbar nach dem ersten vom Kapital verschuldeten Brand im Industrierevier Savar-Ashulia riefen Arbeiterorganisationen zu viertägigen Protestaktionen auf, an denen Tausende und aber Tausende teilnahmen. Vielerorts fanden spontane Großkundgebungen statt. Die Teilnehmer forderten die Bestrafung der Eigentümer von Sweatshops, eine angemessene Entschädigung der Angehörigen ums Leben Gekommener und die Reha-Behandlung Verletzter auf Kosten der Vereinigung der Textilhersteller und Exporteure sowie der Regierung von Bangladesch. Ende Mai legten die Gewerkschaften noch weitaus stärkere Gewichte auf die Waage des Klassenkampfes: Hunderttausende folgten in der Landeshauptstadt Dhaka und anderen Zentren des Landes dem Aufruf zum Generalstreik. Etwa 20.000 Polizisten wurden von den Herrschenden zur "Wiederherstellung des sozialen Friedens" zusammengezogen.

Schon unmittelbar nach dem grausigen Geschehen hatten sich die Generalsekretäre der KP und der Sozialistischen Partei von Bangladesch an die Stätte des faktischen Massenmordes begeben. An Ort und Stelle sprachen sie mit Überlebenden.

Am 18. Dezember riefen die linken Parteien zum ersten Generalstreik in der Geschichte von Bangladesch auf, der in vielen Revieren trotz des Terrors der Reaktion befolgt wurde.

RF, gestützt auf "People's World" und "Workers World" (beide USA), "The New Worker", London


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Der achtstöckige "Neubau" in Savar nach der Katastrophe
- Kommunisten und Sozialisten lassen sich auch in Bangladesch nicht den Mund verbieten

*

Eine Bluttat im Hafen von Havanna

Am 4. März 1960 erschütterte eine gewaltige Explosion den Hafen Havannas. Der französische Frachter "La Coubre" wurde zum Ziel eines terroristischen Anschlags. 101 Menschen starben. Das Attentat galt der siegreichen kubanischen Revolution, deren bewaffnete Formationen erst gut ein Jahr zuvor in der Hauptstadt des karibischen Inselstaates Einzug gehalten hatten.

Bei der Detonationswelle auf der "Coubre" waren 1492 Kisten mit Granaten und Handfeuerwaffenmunition in die Luft geflogen. Neben der ein Jahr später - im April 1961 - erfolgten Invasion CIA-gelenkter exilkubanischer Söldner an der als Schweinebucht bezeichneten Playa Girón war die Sprengung der "Coubre" der schwerwiegendste Gewaltakt gegen das sich gerade erst formierende neue Kuba. Der auf 4300 Bruttoregistertonnen ausgelegte Frachter mit seiner 35köpfigen Besatzung sollte am 7. März - nur drei Tage nach dem Attentat - mit einer Ladung Zucker, die in Havanna an Bord zu bringen war, in See stechen.

Auf der Hinfahrt nach Kuba hatte das Schiff - von Le Havre kommend - im belgischen Ambers, wo die hochexplosive Fracht an Bord gehievt worden war, geankert und darauf noch Zwischenstops in Bremen, Hamburg und Liverpool eingelegt. Die Rüstungsgüter waren im letzten Quartal 1958 - also noch in der Endphase des Batista-Regimes - geordert worden. Trotz des massiven Drucks der Eisenhower-Administration auf Belgien, den Vertrag angesichts des absehbaren Zusammenbruchs der alten Machtstrukturen in Kuba nicht einzuhalten, blieb Brüssel im Wort.

Es folgte das Inferno im Hafen von Havanna. Sprengstoffexperten, die den Vorgang sofort zu untersuchen begannen, schlossen eine Selbstentzündung ohne menschliches Zutun von vornherein aus. Alle Indizien sprachen dafür, daß "irgend jemand" nach dem Scheitern der Bemühungen Washingtons, den Waffen-Deal zu verhindern, eine Zeitzünderbombe in einen der Behälter mit panzerbrechenden Granaten "gepflanzt" haben mußte. Festgestellt wurde überdies, daß der sonst keine Personen befördernde Frachter einen Passagier an Bord gehabt hatte. Es handelte sich um den in Miami abgestiegenen US-Journalisten Donald Lee Chapman.

Nur fünf Tage nach der Explosion auf der "Coubre" konstituierte sich in Washington eine vierköpfige White House Group unter Leitung des CIA-Obersten JC King, die einen von Eisenhower am 17. März 1960 unterzeichneten "Plan für verdeckte Aktionen" in die Praxis umsetzen sollte.

Zur Bestattung der "La Coubre"-Opfer hatte sich Kubas Führung vollständig eingefunden. Der Fotoreporter, dessen Kamera die erste Reihe der Teilnehmer am Trauermarsch mit Fidel Castro, Osvaldo Dórticos und Camilo Cienfuegos erfaßte, bannte auch den ernsten und feierlichen Gesichtsausdruck Che Guevaras auf das Zelluloid. Diese Aufnahme des kubanischen Revolutionärs argentinischer Abkunft ging schon bald um die ganze Welt und gilt bis heute als das wohl einprägsamste Porträt, das jemals von Che gemacht worden ist. Millionen und Abermillionen junger Leute vieler Länder tragen es auf T-Shirts und Buttons.

Am Ort der Beisetzung der Ermordeten prägte Fidel Castro den zum Banner des antiimperialistischen Widerstandes der Kubaner werdenden Slogan "Patria o Muerte!" - Vaterland oder Tod!

RF, gestützt auf "Prensa Latina", Havanna

*

CIA-Anschlag vor der Küste von Barbados

Am 6. Oktober 1972 stürzte vor der Küste von Barbados - der kleine Staat gehört zu den Westindischen Inseln - eine kubanische Linienmaschine mit 73 Menschen an Bord brennend ins Meer. Zuvor war es beim Flug 455 der staatlichen Luftlinie Cubana auf der Strecke Caracas-Barbados-Kingston-Havanna zu Detonationen gekommen. Nach der ersten wandten sich Flugkapitän Wilfredo Perez und dessen Copilot mit einem verzweifelten Hilferuf an den Seawall Tower und ersuchten um die Erlaubnis zu sofortiger Notlandung in Barbados. Noch bevor diese aber erteilt werden konnte, explodierte Sekunden später eine zweite Bombe. Die Maschine, in der Feuer ausbrach, fiel nahezu senkrecht ins Meer.

Unter den Opfern, deren Leichen mehrheitlich nie geborgen wurden, befanden sich auch elf junge Menschen aus Guayana, von denen sechs ein Medizinstudium in Kuba hatten aufnehmen wollen, sowie fünf Nordkoreaner, die eine Informationsreise durch Lateinamerika absolviert hatten. Zu den ums Leben gekommenen Kubanern gehörte die komplette Jugendnationalmannschaft der Fechter, deren Mitglieder sich nach Erringen des Sieges bei den Zentralamerikanisch-Karibischen Wettkämpfen in Venezuela auf dem Heimflug befanden.

Während von Beginn an davon ausgegangen werden konnte, daß sich der Absturz nicht auf Grund eines technischen Defekts oder infolge Pilotenversagens ereignet hatte, sondern durch ein Attentat herbeigeführt worden war, mußte man nicht lange nach Auftraggebern und Exekuteuren fahnden. Die Untersuchungsorgane in Caracas, von wo die Unglücksmaschine gestartet war, ermittelten schon bald die exilkubanischen CIA-Agenten Luis Posada Carriles und Juan Bosch als Drahtzieher des Verbrechens, aber auch die Tatausführenden. Sie wurden festgenommen und durch die venezolanische Justiz abgeurteilt. Nach Verbüßung ihrer Strafe ließen sich die Rädelsführer in den USA nieder. Ihrer Weiterverwendung durch den US-Geheimdienst stand nichts im Wege. Während Bosch später in Miami starb, spielt Posada Carriles bis heute eine Schlüsselrolle bei kriminellen Aktionen von Exilkubanern gegen die Insel der Freiheit. Unmittelbare Täter beim Anschlag auf den Cubana-Flug 455 waren Freddy Lugo und Hernan Ricardo, die ebenfalls auf der Gehaltsliste der CIA standen. "Wir pflanzten die Bombe - na und?" erwiderte Lugo während seiner Haftzeit auf eine diesbezügliche Frage der Journalistin Alicia Herrera.

Am 15. Oktober 1976 versammelten sich Hunderttausende Kubaner auf dem Platz der Revolution in Havanna zu einem Trauer-Meeting. Dort klagte Fidel Castro in seiner den Opfern gewidmeten Rede die Central Intelligence Agency als Auftraggeberin des monströsen Verbrechens an. Sein Satz "Wenn energiegeladene und unerschrockene Menschen weinen, erzittert das Unrecht" ging damals um die Welt. Auch die 31. UN-Vollversammlung thematisierte den Anschlag auf die kubanische Linienmaschine. Tom Adams, damals Premier von Barbados, erklärte dort, bei dem Geschehen habe es sich um eine "terroristische Aktion" gehandelt.

RF, gestützt auf "The Guardian", Sydney

*

Dänemark: 65.000 Lehrer wurden von Staats wegen ausgesperrt

Lock-out heißt "Streik der Bosse"

Das dem Englischen entlehnte und längst international gebräuchliche Wort Lock-out steht für die Aussperrung Arbeitswilliger. Dabei handelt es sich um einen Streik unter umgekehrten Vorzeichen. Nicht lohnabhängig Beschäftigte greifen hier zur stärksten Waffe der Gewerkschaftsbewegung, sondern die Unternehmer oder deren Staat drehen den Spieß einfach um: Statt - wie oftmals sonst - Streikbrecher anzuheuern, lassen sie die Zugänge zu ihren Betrieben oder Einrichtungen hermetisch abriegeln.

Dabei können die Bosse auf eine lange Tradition zurückblicken. Zu ihr gehört das Dubliner Lock-out von 1913, als 20.000 Arbeiter der irischen Hauptstadt kurzerhand ausgesperrt wurden, weil sie das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung einforderten. Diese Unternehmeraktion ist ebenso in die Geschichte der Klassenkämpfe eingegangen wie ähnlich rabiates Vorgehen der Ausbeuter anderer Länder, ganz besonders Lateinamerikas. 1972 organisierte die chilenische Reaktion "auf Empfehlung" der CIA und unter deren direkter Anleitung ein Lock-out im Transportwesen, um damit die linke Allende-Regierung in Schwierigkeiten zu bringen. In den Jahren 2002/2003 verlegte sich Venezuelas Reaktion auf einen massiven "Streik der Bosse" gegen Chávez.

Am 1. April dieses Jahres ereignete sich im derzeit sozialdemokratisch regierten Dänemark folgendes: 875.000 Schüler erhielten keinen Unterricht, weil ihre 65 000 Lehrer vor den auf Anweisung der Kommunemes Landsforening (KL) - dem Dachverband kommunaler "Arbeitgeber" - verschlossenen Toren standen.

Die Situation spitzte sich seit Dezember 2012 dramatisch zu. Damals brachte die Erziehungsministerin Christine Antorini ein "Reformprojekt" auf den Weg, das Dänemarks Pädagogen als Rückschritt empfanden. Die den Lehrern zustehende bezahlte Vorbereitungszeit auf den Unterricht sollte merklich reduziert werden.

In Dänemark werden die Arbeits- und Vergütungsbedingungen mit jeweils vierjähriger Laufzeit zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverbänden ausgehandelt. Dabei sieht das "Dänische Modell" zwei gesetzlich zulässige Aktionsformen des Widerstandes - eine für jede Seite - vor: den Streik der Beschäftigten und die gleichermaßen legale Aussperrung durch das Patronat.

Nach Abschluß der Vereinbarung hat vier Jahre lang Ruhe zu herrschen, werden jegliche Arbeitsniederlegungen als "wilde Streiks" behandelt. Diese Regelung gilt auch für den öffentlichen Dienst.

Doch zurück zu der von den Pädagogen als nachteilig empfundenen Regelung. Außer der erwähnten Kürzung wollte man die Lehrer dazu zwingen, die ihnen abverlangten 37 Arbeitsstunden pro Woche einschließlich der Vorbereitungszeit auf ihre Lektionen ausnahmslos im jeweiligen Schulgebäude abzuleisten.

Zu bemerken ist, daß Dänemarks Lehrergewerkschaft den größten Teil des KL-"Angebots" bereits geschluckt hatte, als etwas Unerwartetes eintrat. Bei der Abstimmung auf deren Verbandskongreß zog die Führung den kürzeren: 189 der 245 Delegierten lehnten die ihnen unterbreiteten "Reformpläne" als Zumutung ab.

Die Antwort der KL folgte auf dem Fuße. Sie verhängte eine landesweite Aussperrung sämtlicher Lehrer. Das war ein in der dänischen Geschichte einmaliger Vorgang.

Doch die Pädagogen blieben den Bossen nichts schuldig. Sie antworteten mit von der Bevölkerung und sämtlichen Gewerkschaften unterstützten Massendemonstrationen. Der Verband der im öffentlichen Dienst Beschäftigten rief sogar zu einem Solidaritätsstreik auf. Das Ausmaß der Unterstützung für die in dieser Abwehrschlacht Angegriffenen frappierte die in Kopenhagen Regierenden. Wie Umfragen ergaben, billigten nur 24 % der Dänen die Forderung der KL.

RF, gestützt auf "Arbejderen", Kopenhagen, und "Solidaire", Brüssel

*

Nicht Unterschiede, sondern scharfe Kontraste

Hellmut Kapfenberger über das Verhältnis beider deutscher Staaten zu Vietnam

Der langjährige Korrespondent des ADN und des ND in Hanoi, Hellmut Kapfenberger, hat ein wertvolles Buch über die Geschichte der deutsch-vietnamesischen Beziehungen verfaßt, das unter dem etwas irritierenden Titel "Berlin - Bonn - Saigon - Hanoi" im Verlag Wiljo Heinen erschienen ist. Nach einer Ho-Chi-Minh-Biographie hat der Autor seine zweite Vietnam gewidmete Publikation vorgelegt. Es handelt sich um den Rapport eines erfahrenen Journalisten, der Selbsterlebtes und Beobachtetes zu Papier brachte. Er war vor Ort, als die USA verkündeten, Vietnam "in die Steinzeit zurückzubomben", als es den Sieg errang und dann erfolgreiche Schritte beim Neuaufbau unternahm.

Seine Darstellung der absolut konträren Positionen beider deutscher Staaten zu dem Geschehen in Südostasien ist von besonderem Gewicht. Die DDR war Teil jener Kräfte, welche von Beginn an auf seiten des vietnamesischen Volkes standen. Die BRD-Führung war Verbündeter der US-Aggressoren und des durch sie ausgehaltenen Saigoner Machtklüngels.

Das Buch enthält vieles, was nicht in Vergessenheit geraten darf. Dazu zählt die frühe Begegnung von Wilhelm Pieck und Ho Chi Minh, die Aufnahme staatlicher Beziehungen zwischen der DDR und der Demokratischen Republik Vietnam, das brüderliche Verhältnis beider zum Sozialismus strebender Staaten.

Als Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg seine Kolonialherrschaft in Indochina zu erneuern versuchte und dafür auch unzählige Fremdenlegionäre - darunter viele deutsche - einsetzte, war es die DDR, die diese dazu aufforderte, die Seiten zu wechseln und in ihr Heimatland zurückzukehren. Damals wurden etliche von ihnen im Berliner Friedrichstadtpalast auf einem großen Meeting in Empfang genommen. Deutschen Sozialisten und Kommunisten, die aus der Fremdenlegion zu den vietnamesischen Befreiungskräften übergingen, setzt Hellmut Kapfenberger in der Person von Erwin Borchers ein Denkmal.

Die DDR unternahm alles in ihren Kräften Stehende und zuweilen auch mehr, um das vietnamesische Volk zu unterstützen. Die in Moritzburg und Dresden betreuten vietnamesischen Kinder symbolisieren das bis heute. Diese Solidaritätsaktionen gehören zu den historischen Leistungen der DDR, die man heute nur allzu gerne vergessen machen möchte. Die DDR erfüllte während des Krieges wie nach dem Sieg über die Aggressoren und der sozialistischen Vereinigung Vietnams ihre internationalistische Pflicht. Dazu zählten, wie Kapfenberger detailliert zu berichten weiß, die Entwicklung des Handels zum Vorteil beider Seiten, das Wirken im Gemeinsamen Wirtschaftsausschuß, die Errichtung von Betrieben und Werkstätten in Vietnam. Dabei wird auch die heute ebenfalls diffamierte Arbeitskräftekooperation ins rechte Licht gerückt.

Der Autor zeichnet ein bewegendes Bild der vielseitigen Beziehungen zwischen der DDR und Vietnam. Die im antifaschistischen und antikolonialen Kampf begründete Verbundenheit führender Repräsentanten beider Länder fand ihre Fortsetzung in der Zusammenarbeit der zwei Staaten. Das geschichtlich bedeutsame Treffen von Wilhelm Pieck und Ho Chi Minh, die sich 1957 in der DDR-Hauptstadt begegneten, ist unvergessen, auch wenn der Name des vietnamesischen Partei- und Staatsführers auf einem Ostberliner Straßenschild von den derzeitigen Siegern getilgt wurde.

Ausführlich berichtet Hellmut Kapfenberger über die von antiimperialistischen Kräften der BRD und Westberlins getragene Bewegung der Solidarität mit Vietnam, die machtvollen Demonstrationen von 1968 mit ihrem immer wieder skandierten Kampfruf "Ho, Ho, Ho Chi Minh".

Andererseits stellt der Autor die politische Position der BRD-Führung in der Vietnam-Frage präzise dar. Adenauer bezeichnete die Aggressionstruppen Frankreichs in Vietnam und deren von Paris ins Feuer geschickte Fremdenlegionäre als "heldenhafte Verteidiger der freien Welt". Die BRD unterstützte auch die 1964 beginnende US-Aggression gegen die DRV, die - ähnlich wie bei dem durch die SS in Szene gesetzten "Anschlag auf den Reichssender Gleiwitz" - mit einer Lüge begonnen hatte: dem angeblichen "Zwischenfall im Golf von Tonking". Damit wurde die Bombardierung von Zielen in Nordvietnam "begründet". Bis fünf nach zwölf hielt Bonn an seinen diplomatischen Beziehungen mit dem bereits besiegten Saigoner Regime fest.

Kapfenbergers Buch enthält exakte Informationen über die Beteiligung von BRD-Unternehmen am Einsatz von Agent Orange, dessen furchtbare Folgen für Mensch und Natur auch heute noch vielerorts in Vietnam spürbar sind. Selbst Gedankenspiele über eine direkte militärische Beteiligung der BRD werden dokumentiert.

Die nicht nur unterschiedliche, sondern diametral entgegengesetzte Haltung beider deutscher Staaten wird den Lesern eindrucksvoll vor Augen geführt. Dieser Kontrast - so Kapfenberger - ist auch heute in Vietnam nicht vergessen. Tausende Bürger des südostasiatischen Staates, die sich in der DDR zur Ausbildung, im Rahmen der Arbeitskräftekooperation, zur medizinischen Behandlung oder zum Erfahrungsaustausch befanden, haben deren solidarische Haltung in guter Erinnerung. Andererseits erwiesen sich auch Spezialisten, Dienstreisende und Besucher aus der DDR in Vietnam als würdige Vertreter des sozialistischen deutschen Staates. So ist die mutige Haltung der Seeleute des MS Halberstadt, das in Haiphong bei einem US-Bombenangriff schwer beschädigt wurde, ebenso unvergessen wie das besondere Engagement von DDR-Forstfachleuten.

Es ist nicht nur eine sprachliche Nuance, wenn die BRD-Regierung in üblicher Vereinnahmungsmanier 2010 vom "35. Jahrestag der Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam" sprach, während in Hanoi korrekt vom "35. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen der SRV und der BRD" die Rede war.

Dazu, daß die Leistung und das Vermächtnis der DDR ebensowenig in Vergessenheit geraten wie der heldenhafte und siegreiche Kampf des vietnamesischen Volkes, hat Hellmut Kapfenbergers Buch einen wertvollen Beitrag geleistet.

Rolf Berthold


Unser Autor war von 1971 bis 1974 als Diplomat in der DDR-Botschaft in Hanoi tätig.

Hellmut Kapfenberger: Berlin, Bonn, Saigon, Hanoi. Zur Geschichte der deutsch-vietnamesischen Beziehungen. Verlag Wiljo Heinen, 2013, 510 S., zahlreiche Fotos, 19,80 €

*

Thomas Geves "Geraubte Kindheit" im Donat-Verlag erschienen

Den Holocaust überlebt

Selten hat mich ein Buch so bewegt wie Thomas Geves "Geraubte Kindheit. Ein Junge überlebt den Holocaust", welches der Donat-Verlag jetzt neu herausbrachte. Es ist ein Bericht über junge Menschen, die im faschistischen Konzentrationslager aufwuchsen. Es sind keine "Erinnerungen eines berühmten Mannes", wie der Autor betont, sondern die eines Zeitzeugen, "der nur einer unter Tausenden war". Gewidmet hat Geve seinen Bericht 18 damals genauso jungen Mithäftlingen aus Deutschland, der Slowakei, Polen, Tschechien, Griechenland, Holland, der Schweiz und Belgien.

Drei Jahre alt, als die Faschisten in Deutschland zur Macht kamen, lernte er schon als Kind Unterdrückung, Haß und Niedertracht kennen: Vaters Berufsverbot als Chirurg, das Pogrom im November 1938, die Prügelschule, den "Judenstern", Kinoverbot, Luftschutzkeller-Verbot, die Arbeit als Totengräber und dann die Deportation. Er berichtet nicht nur über Erlebtes, sondern zugleich auch über Gedanken, Gefühle und Motive der Menschen, über Beziehungen zwischen ihnen. Die SS hatte ein barbarisches System mit zynischstem Sadismus, Peitsche, Folterzelle und Gaskammer-Tod errichtet. Die einzelnen sollten nur Werkzeuge sein, die nach ihrem "Verschleiß" für das Krematorium bestimmt waren. Doch zuvor wollte man aus ihnen "Untermenschen" machen - Bestien, die einander verraten, bestehlen und ausrauben. An ungezählten Beispielen beweist Geve indes: wahre Menschlichkeit auszurotten, war selbst den Faschisten nicht möglich! Sie konnten quälen, martern und morden, vermochten Polen, Russen, Ukrainer, Juden und Angehörige anderer Nationalitäten aufeinanderzuhetzen - doch menschliches Empfinden, Solidarität gänzlich zu vernichten, dazu waren sie nicht imstande!

Wie warmherzig schreibt Geve über seine Kameraden! Da ist der junge Mendel aus Bialystok, der begeistert davon erzählt, wie er 1940 bei einer Massengymnastik auf Moskaus Rotem Platz die Spitze einer Pyramide bildete. Da ist der "kleine Berger" aus Österreich, der im Lager zwar das Schreiben erlernt, sich aber von den eigenen Kameraden als "Zigeuner" diskriminiert fühlt.

Ein Genosse bringt Thomas Nachricht von seiner Mutter, die sich im KZ Auschwitz-Birkenau befindet. Dann lernt er einen deutschen Kommunisten kennen, der als Krankenpfleger versucht, Häftlingen zu helfen. Er begegnet Frauen, die wegen "Unzucht" ins KZ kamen und dort sexuell mißbraucht werden. Sie werfen Jungen und Schwachen ihre Brotrationen durchs Fenster - "ihre Herzen waren also mütterlich geblieben ..."

Als sich dann das Blatt wendete und die Rote Armee den deutschen Faschismus zur Strecke zu bringen begann, gerieten sogar Nazis in die Folterzellen des KZ, darunter SS-Offiziere, denen man die Rangabzeichen abriß. Abends sangen russische Jungen in ihren Kojen. "In ihren ergreifenden Liedern lag so viel Widerstandsgeist und Zuversicht, daß man einfach mitsingen mußte", schreibt Geve. Es gab einen Ausbruchsversuch in Budy, und das Krematorium in Birkenau wurde in Brand gesetzt.

Drei Mädchen hatten aus der Munitionsfabrik, in der sie arbeiten mußten, Waffen und Sprengstoff besorgt. Die jungen Heldinnen wurden gehängt. Bei der nächsten Massenstrangulierung aber kam es zu Widerstandsbekundungen. Die Häftlinge, die an den Galgen vorbeimarschieren sollten, verweigerten das. Als eine Arbeitskolonne jungen Russinnen begegnete, erschollen Rufe: "Es lebe die Rote Armee!" Als das Lager evakuiert wurde und seine Insassen gen Westen marschieren mußten, standen polnische Bäuerinnen am Straßenrand und reichten ihnen Milch, obwohl sie dafür von den Posten geschlagen wurden.

Als die Waggons mit den Häftlingen noch weiter nach Westen rollten, stimmten sie "Wacht auf, Verdammte dieser Erde ..." an. Das Schreien der Wachtposten ging in der Melodie der Internationale unter.

Letzte Etappe ist Buchenwald. Dort wird aus dem einfachen Gefühl der Menschlichkeit kämpferischer Humanismus, denn hier wirkt das Internationale Lagerkomitee, gibt es eine organisierte Widerstandsbewegung. So werden die SS-Posten durch eine eigene Lagerpolizei ersetzt. "Wie war es den Genossen gelungen, das alles zu bewerkstelligen?" fragt sich der junge Geve. "Es mußte etwas Großes geben, für das sie leben wollten." Handelte es sich um jene politische Überzeugung, die schon lange verbannt und deren Träger in großer Zahl ermordet worden waren?

Als die SS "alle Juden ans Tor" beordert, wird der Befehl verweigert. Am 11. April 1945, zwischen drei und vier Uhr früh, wird das Hakenkreuz am Eingang heruntergerissen und eine weiße Fahne gehißt. "Aber es war nicht die Fahne unserer Kapitulation, es war eine Fahne des Sieges. Es war nicht der Sieg einer Armee, die über den Ozean gekommen war, sondern ein selbsterkämpfter Sieg", schreibt Geve. Abteilungen ehemaliger Häftlinge werden gebildet und bewaffnet, die SS-Leute und Nazi-Beamten aus ihren Verstecken geholt und in einen Käfig aus Stacheldraht gesperrt. Erst nachdem die Amerikaner das Lager übernommen haben, gibt man die Waffen ab.

Das Buch klingt mit der eindrucksvollen Feier des 1. Mai und dem 8. Mai aus - dem Tag der Befreiung und des Kriegsendes in Europa. "Es war Frieden. Was würden wir daraus machen?", fragt Thomas Geve.

Heute liegen diese Ereignisse um nahezu sieben Jahrzehnte zurück, doch die Überlegungen des Autors sind noch immer brandaktuell. Wer waren beim Holocaust die Mörder? Nur die ihn exekutierenden SS-Banditen? Wer profitierte von der Sklavenarbeit bei IG Farben in Monowitz, wo die Buna-Produktion für die Wehrmacht vonstatten ging? Sind Vergleiche mit den Rüstungsprofiten des heutigen BRD-Kapitals wirklich zu weit hergeholt? Und wenn die Mehrheit der Deutschen sich damals durch die chauvinistisch-rassistische Hetze der Faschisten als verführbar erwies - ist diese Gefahr im Zeitalter Springers und der anderen Medien des Kapitals etwa geringer geworden?

"Geraubte Kindheit" von Thomas Geve ist ein eindringliches Warnsignal, dem in der BRD anwachsenden und immer mehr die Institutionen durchdringenden "neuen" Faschismus Paroli zu bieten. Dazu aber bedarf es des kämpferischen Geistes, den dieses Buch ausstrahlt. Es ist ein Hohelied der Menschlichkeit.

Dr. Ernst Heinz


Thomas Geve: Geraubte Kindheit. Ein Junge überlebt den Holocaust. Donat-Verlag, Bremen 2013, 238 Seiten, 16,80 €, ISBN 978-3-943425-18-5

*

Stiglitz-Menü ohne Marxschen Pfeffer

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz ist als kritischer und um Erkenntnis bemühter Wirtschaftswissenschaftler weltweit bekannt. Sein neues Buch "Preis der Ungleichheit" gilt dem Bemühen, den Ursachen der Ungleichheit von Arm und Reich auf die Spur zu kommen, die Verteilung der Mittel unter den Menschen dieser Erde zu ergründen. Unbestreitbar ist: Sehr wenige Reiche werden immer reicher, und die Armeen der Armen und ärmer Werdenden wachsen ständig an. Zu den Folgen dieser Diskrepanz zählen für die Mehrheit der Menschen: Perspektivlosigkeit, Verzweiflung, Armut und Hunger.

Viele Ursachen des Auseinanderdriftens von Arm und Reich werden von Stiglitz mit Akribie und großer Faktenkenntnis belegt. Sprache und Wortwahl lassen erkennen, daß er für die Armen Partei ergreift, indem er die unmenschlichen Praktiken des kapitalistischen Systems verurteilt. So spricht er z. B. von "ausbeuterischen Kreditpraktiken".

Großen Raum nehmen bei ihm die verschiedenen Arten der Gewinnerzielung ein. Dabei geht es um mehr oder weniger zwielichtige Methoden. Genannt werden das Verschenken der Ressourcen des Landes an wenige Reiche oder die Existenz von Monopolen, welche eine extreme Ausbeutung der Rohstoffvorkommen betreiben. Aber auch Finanzmanipulationen und -spekulationen ohne jegliche echte Leistung erbringen unwahrscheinlich hohe Gewinne. Auf diesem Gebiet ist der Autor Experte. Neben solchen mit der Wirtschaft verbundenen Reichtumsquellen gibt es weitere Felder, die das Raffen fördern. Es handelt sich um Möglichkeiten, die sich aus der Verzahnung von Staat und Wirtschaft ergeben.

Beide werden von Stiglitz als naturgegeben betrachtet, obwohl sie ja dem Gesamtsystem des Kapitalismus entspringen. Eine in Staatshand befindliche Wirtschaft, die vom Interesse des Gemeinwohls ausgeht, kommt in seinen Überlegungen nicht vor. Er betrachtet den Staat als eine relativ demokratische Vertretung der Bürger und die Wirtschaft als Herrscher über Unternehmen verschiedener Kategorien in der Hand von Privateigentümern. Dabei läßt er die Reichen nicht zu kurz kommen. Ihre Begünstigung erfolgt über Steuern, Zölle und Subventionen sowie mit Hilfe spezieller Exportleistungen wie des Waffenhandels, bei dem die Unternehmer weder Absatzprobleme noch Profitrisiken kennen. Wenn die Interessen des kapitalistischen Staates mit denen der Wirtschaft kollidieren, müssen Lobbyisten ran. In den USA gibt es allein 3100 mit der "Gesundheitsindustrie" befaßte "Vermittler" dieser Art - sechs auf jeden Kongreßabgeordneten.

Trotz einer Fülle von Argumenten und Anregungen, die Stiglitz präsentiert, zieht er fundamentale Erkenntnisse nicht zu Rate. So taucht in dem Buch der Name Karl Marx nur an einer Stelle kurz auf, wird aber zugleich wieder verabschiedet, ohne jede Erörterung seiner Gedanken. "Mit dem Entstehen einer riesigen städtischen Unterschicht wurde es dringend notwendig, neue Rechtfertigungen für Ungleichheit zu finden, insbesondere deshalb, weil Kritiker des Systems wie Karl Marx von Ausbeutung sprachen." Der aber wird als nicht mehr aktuell betrachtet und in die Vergangenheit verbannt. So einfach machen es sich die Gelehrten der Bourgeoisie! Besonders springt dabei der Umstand ins Auge, daß der Mehrwert, die Urquelle des Reichtums einer auf das Privateigentum an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft, total ignoriert wird. Stiglitz will das kapitalistische Privateigentum und die damit verbundene Machtkompetenz nicht angetastet wissen. Er verzichtet also darauf, die eigentlichen Ursachen für Arm und Reich offenzulegen.

Weiterhin ist kritisch anzumerken, daß er auch über die Entwicklung neuer demokratischer Gesellschaftsformen in einigen Ländern Südamerikas kein Wort verliert, obwohl gerade hier der Kampf gegen die Kluft zwischen Arm und Reich mit einigem Erfolg aufgenommen wird.

Die Fülle des durch Stiglitz erschlossenen Materials ist zweifellos von Wert. Der Hauptmangel des Buches aber besteht darin, daß fundamentale Sachverhalte ignoriert werden. Das sind vor allem das Privateigentum an den Produktionsmitteln als hauptsächliche Reichtumsquelle im Kapitalismus sowie die Marxsche Mehrwerttheorie als Grundlage zur Erklärung der Akkumulation, geht es doch nicht um Reformen. Es bedarf vielmehr revolutionärer Energie, um abermals ein sozialistische System ins Auge zu fassen.

Heinz Gliemann, Wismar

*

Ein Überraschungsgast im Thang Long

Unter jenen, welche sich Ende Dezember vergangenen Jahres im vietnamesischen Hotel Thang Long an der Treskowallee des Berliner Stadtteils Karlshorst eingefunden hatten, um mir zu einem runden Geburtstag zu gratulieren, befanden sich auch zwei Mitstreiter vom Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde: BüSGM-Vorsitzender Gert Julius und der inzwischen 72jährige Bernd Cachandt.

Bei ihm handelte es sich um einen alten Bekannten. Erstmals waren wir uns im Sommer 1975 in Lissabon begegnet, wo ich damals als Auslandskorrespondent des ND arbeitete.

Bernd gehörte einer Juso-Delegation an, die mit dem Auftrag nach Portugal geschickt worden war, ihre Solidarität mit dem von der Friedrich-Ebert-Stiftung aufgebauten rechtssozialistischen Gegenspieler der Nelkenrevolution Mário Soares zu bekunden.

Die Abordnung des SPD-nahen Jugendverbandes war im Hotel Roma abgestiegen und in dessen Lobby zufällig auf Solveig Hansson - eine schwedische Kommunistin - gestoßen. Um die Vermittlung des Kontakts zu einem "portugalerfahrenen deutschsprachigen Journalisten" gebeten, nannte die listenreiche Genossin meinen Namen. Da sie "zufällig" auch die Telefonnummer kannte, riefen mich die jungen Leute bald danach an. Punkt 18 Uhr standen sie vor unserer Tür am Campo Pequeno.

Das Gespräch verlief offen und kameradschaftlich. Es endete erst um vier Uhr früh. Mit einigem Wissen zur Rolle des Herrn Soares ausgerüstet, verzichteten die Jusos auf die von ihnen ins Auge gefaßte Pressekonferenz zur Unterstützung jener falschen Revolutionäre, die sich damals ohne Scham der Internationale und des Symbols der geballten Faust bedienten.

Im Thang Long stand mir Bernd, mit dem ich vor 38 Jahren zum ersten Mal gesprochen hatte, plötzlich als Gratulant gegenüber. Er habe schon bald nach der Lissabon-Reise die SPD verlassen, erfuhr ich. Seinen Kampf gegen die Feinde von Revolutionen setzte der Westberliner später in der SEW fort. Heute gehört er dem BüSGM-Vorstand an.

Klaus Steiniger

*

Briefmarken widerspiegeln den Charakter eines Staates

Philatelistische Visitenkarte der DDR (2)

Profunder Antifaschismus war von der ersten bis zur letzten Stunde des Bestehens der DDR ein Wesenszug des sozialistischen deutschen Staates. In dieser Frage trennten DDR und BRD Welten, unterschieden sich beide wie Feuer und Wasser.

Die BRD tolerierte und integrierte von Beginn an schwerbelastete Nazis auf allen Ebenen in einem solchen Maße, daß sie den Antifaschismus nicht einmal formell verordnen konnte.

Das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR brachte im Verlauf von vier Jahrzehnten unzählige Serien- und Sondermarken sowie Blöcke heraus, die dem antifaschistischen Vermächtnis sowie dem opferreichen Kampf der Völker gegen die Hitler-Aggressoren und Nazi-Okkupanten gewidmet waren. Im Mittelpunkt stand das Gedenken an die Toten der Konzentrations-und Massenvernichtungslager Auschwitz, Majdanek, Treblinka, Buchenwald, Mittelbau-Dora, Ravensbrück, Sachsenhausen und Mauthausen. Eine ganze Reihe von Editionen würdigte den unter unermeßlichen Opfern erbrachten Befreiungsbeitrag der Völker der Sowjetunion. So diente die Treptower Skulptur des Rotarmisten, der das Hakenkreuz zerschmettert und ein gerettetes Kind auf dem Arm trägt, wiederholt als Motiv. Andere Postwertzeichen zeigten das imposante Denkmal der Mutter Heimat, das zu Ehren der Sieger von Stalingrad auf dem Mamajew-Hügel errichtet wurde, die Leningrader Skulpturengruppe sowie Abbildungen der sowjetischen Memoriale auf den Seelower Höhen und in Berlin-Schönholz.

Doch auch der Millionen Opfer aller anderen Völker Europas wurde gedacht. Marken, die an Lidice, Oradour, das jugoslawische Kragujevac, die Ardeatinischen Höhlen bei Rom, das französische Chateaubriant erinnern, sowie die postalische Abbildung von Gedenkstätten in Polen, Belgien, Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Luxemburg zeugen davon.

Die Briefmarken der DDR waren ein Spiegelbild der innenpolitischen Realität. Im sozialistischen deutschen Staat gab es wohl keine Stadt und keinen Ort, wo nicht auf die eine oder andere Weise - oftmals in Denkmalsgestalt - an den Heldenmut der Kämpfer gegen Deutschlands und Europas Verderber erinnert worden wäre. Jahr für Jahr wurden an den Gräbern gefallener Befreier, verscharrter KZ-Häftlinge, in Kriegsgefangenschaft elend zu Grunde gegangener Soldaten der Antihitlerkoalition und bis aufs Blut ausgesaugter "Fremdarbeiter" wie zu Ehren der deutschen Widerstandshelden Blumen niedergelegt.

In der DDR war der Antifaschismus oberste Staatsräson. Die hier ausgewählten Postwertzeichen zeugen davon.

Rainer Albert, Zwickau

*

Griff in die literarische Schatztruhe (9)

Einst erfolgreiche DDR-Autoren dem Vergessen entreißen

Der am 26.12.1908 in Lübeck geborene Hanns Maaßen erlernte den Beruf eines Steinbildhauers, wurde dann aber Publizist und Redakteur. Nach der Machtauslieferung an Hitler nahm er am antifaschistischen Widerstand teil und mußte 1935 emigrieren. Wie Willi Bredel, Ludwig Renn, Erich Weinert und andere Schriftsteller kämpfte er in den Reihen der Internationalen Brigaden gegen die Horden Francos, Hitlers und Mussolinis. Nach der Niederlage der Spanischen Republik durchlitt er lange Gefängnisjahre. Erst 1946 kam er frei.

In der Nachkriegszeit war Maaßen zunächst als Rundfunkkommentator tätig, bevor er Anfang der 70er Jahre stellvertretender Chefredakteur des "Sonntag" - der Wochenzeitung des Kulturbundes - wurde. Mit seinen Spanienbüchern "Die Messe des Barcelo" (1956), "Die Söhne des Tschapajew" (1960) und "... in der Stunde der Gefahr" (1971) bereicherte Hanns Maaßen die Literatur zu dieser wichtigen Thematik. Erstmals stellte er Episoden aus dem Leben Hans Beimlers vor. Acht Erzählungen vereinte der Autor in dem Band "Vom Heuberg weht ein scharfer Wind" (1979), die ebenfalls auf Erlebnissen des Spanienkämpfers beruhten.

Als Herausgeber wurde Maaßen durch die Bücher "Lieder und Gedichte des Widerstandskampfes" (1953), "Odio y amor" (1967) und "Brigada internacional ist unser Ehrenname" (1974) bekannt. In zwei Sachbüchern stellte er "Spanien - Land der unerfüllten Sehnsucht" (1965) und "Potsdam" (1970) - hier lieferte er den Text für einen Bildband - vor. Hans Maaßen starb am 23.6.1983.

Ferdinand May, der Vater der Schauspielerin und Sängerin Gisela May, lebte und wirkte mehr als fünf Jahrzehnte in Leipzig. Der gebürtige Darmstädter war zunächst ein Anhänger der Wandervogel-Bewegung. Nach dem 1. Weltkrieg betätigte er sich als Erzieher verwahrloster Jugendlicher. Ende der 20er Jahre machte er mit ersten schriftstellerischen Versuchen auf sich aufmerksam. Nach dem 2. Weltkrieg gründete er gemeinsam mit dem Komponisten Joachim Werzlau in Leipzig ein literarisches Kabarett. Er wirkte als Chefdramaturg an den dortigen Bühnen.

Erst als 60jähriger wandte er sich literarischer Tätigkeit zu. Ihn bewegten vor allem historische Stoffe, die Beziehungen zur Gegenwart ermöglichten. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stand das biographische Genre. Davon zeugen sein Stück "Aufstand des Babeuf" (1953), das Prosawerk "Die Verschwörung des Gracchus Babeuf" (1957) und sein Buch "Ein Drechslergeselle namens Bebel" (1960). Über den Herero-Aufstand von 1904/07 gegen die kaiserlich-deutschen Kolonialisten berichtete May in "Sturm über Südwest" (1963). In dem Roman "Der Freund der Sansculotten" (1965), den er gemeinsam mit seiner Frau verfaßte, rückte Ferdinand May das Wirken Jean Paul Marats in den Mittelpunkt. "Fanal Paris" (1971) war mehr als ein Roman über die Pariser Kommune. Im Vordergrund stand dabei der Staatsstreich von Napoleon III. Später folgten aus Mays Feder "Lautlose Fronten" (1972) und "Das Attentat von Sarajevo" (1975). In dem einen Buch beschrieb er den Kampf zwischen Nazihenkern und Widerstandskämpfern, in dem anderen den Anschlag auf den österreichischen Thronfolger.

"Die Historiker bescheinigen seinen Romanen die Zuverlässigkeit der Fakten wie der Zusammenhänge und seine Leser die Anschaulichkeit der Vorgänge und die Plastizität der Figuren", stellte Hans Pfeiffer zu Mays Büchern resümierend fest. Der am 16.1.1896 Geborene starb am 18.11.1977.

Dieter Fechner

*

Prager Fucik-Denkmal wiederaufgestellt

Die in den Tagen der sozialistischen CSSR geschaffene Statue des tschechischen Widerstandshelden Julius Fucik ist in Prag feierlich wiederaufgestellt worden. Sie war von den 1989/90 ans Ruder gelangten "samtenen" Konterrevolutionären keineswegs mit Samthandschuhen angefaßt worden.

Der in die Hände der Gestapo gefallene Journalist Julius Fucik wurde durch das hitlerfaschistische Tribunal zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Seine in dieser Zeit entstandene "Reportage unter dem Strang geschrieben" erfuhr weltweite Verbreitung.

Mit der abermaligen Denkmalsweihe würdigten die Genossen der KSCM den Mut und die Opferbereitschaft dieser Symbolgestalt des antifaschistischen Kampfes auf eindrucksvolle Weise.

RF

*


8500 Platten-Cover umhüllten musikalische Schätze

Ätzung mit Blutlaugensalz

Tonträger aus der DDR waren lehrreich und in der Qualität zumeist hochwertig. Märchen drangen an die Ohren der Kleinen, die kultigen Stimmen von Herrn Fuchs, Frau Elster und Pittiplatsch gehörten ebenso dazu wie vom Wernigeroder Kinderchor gesungene Lieder. Einige Jahre später schwenkte man auf Rock und Pop um, wobei sich die Mädchen für schnuckelige Jungs auf den Schallplattenhüllen oder die Jungen für die tollen Gitarren in den Händen der Musiker interessierten. Wer ein rares Cover entbehren konnte, verdiente sich damit einige Mark der DDR. So brachte mir zum Beispiel eine Jimi-Hendrix-Hülle den Eintrittspreis für die Disco ein, überdies auch noch alkoholische Getränke. Mit fünf Mark erwarb sie ein Schulkumpel von mir.

Die Hüllenmacher wurden beneidet, bekamen sie doch angeblich immer die neuesten Lizenzplatten und hatten noch dazu schöne Poster für die Zimmer ihres Nachwuchses.

Im nachhinein wird die Herstellung der "Taschen" gerne als Sorgenkind bezeichnet, da man im VEB Gotha-Druck bis zu einem halben Jahr benötigte - von der Überlegung, wie man an das eingetroffene Material herangehen wollte, bis zur Herstellung des Covers. Aufwendige Gestaltungen wie Klappcover, Einschiebungen oder besondere Farben waren kaum möglich. Musiker hatten nur geringe Mitspracherechte, selbst wenn das Cover einfallslos oder von minderer Qualität war. An seiner Herstellung waren etwa 20 Personen beteiligt, darunter Fotografen, Drucker und Retuschierer.

Zunächst entstanden Rasterfolien, die Textzeilen wurden stets extra aufgenommen, wobei es zu bedenken galt, daß dabei mit Spiegelschrift gearbeitet werden mußte. Die vom Fotografen gelieferten Negative wurden mit Pinseln und Schabern bearbeitet und an einem besonderen Tisch mit Blutlaugensalz und Natronlauge geätzt. Jede Farbe hatte ihre eigene Ätzung und wurde auf einer extra Folie gerastert. Der Produktionsprozeß ging von der Retusche über die Montage und die Druckplattenherstellung bis zum Probedruck. Jede Farbe mußte einzeln in die Druckmaschine, wobei der sie Bedienende das Gerät immer aufs neue zu säubern hatte, damit nicht Reste von Schwarz das Gelb verschmutzten. Oft kamen plötzliche Anforderungen dazwischen - so die Lieferung von Kalendern für einen Solidaritätsbasar oder Wahlplakate für die Nationale Front.

An Fotos für LPs von berühmten Interpreten mußten die Lithographen besonders lange schaben und ätzen, denn es sollten jegliche Falten aus den Gesichtern und von den Händen verschwinden. Dabei war es normal, daß es an bestimmten Werkzeugen für die Vollendung eines Covers gerade mangelte. Mit etwas vom Staat bewilligter Valuta - in der Regel handelte es sich um D-Mark - konnte dann der verantwortliche Meister das Fehlende besorgen: Schaber, Pinsel, Abdeckfarben, Tesa-Band oder auch Arkansas-Ölsteine.

Wer in der DDR keine Lizenzplatten ergattern konnte, also nicht über entsprechende Beziehungen verfügte, verbreitete das Gerücht, die Mitarbeiter vom Gotha-Druck besäßen selbst sämtliche LPs. Doch dem war nicht so, wie diese Aussage einer früheren Druckerei-Mitarbeiterin verdeutlicht: "Unsere Brigade bekam von jedem Album zehn Stück, doch wir waren zwanzig Leute. So wurde immer nach einer Strichliste vorgegangen. Gerne hätte ich ja für meinen Sohn Santana gehabt, bekam aber statt dessen Peter Alexander zugeteilt."

Recht einfallslos waren bisweilen Cover von Klassik-Platten aus dem Hause Eterna gestaltet, die allerdings stets mit wundervoller Musik "belegt" wurden. Das weiß man vor allem beim heutigen Label Edel, das die Hoheitsrechte über den gesamten Katalog besitzt und gerne unter der Bezeichnung "Berlin Classics" neues altes Zeug auf dem Markt bringt. Mal ist es sehr kostengünstig, dann wieder sehr teuer und als Serie getarnt. Nun macht Edel etwas ganz Verrücktes: Es bringt ausgesuchte Aufnahmen auf LP. Jede entspricht der seinerzeitigen Erstausgabe.

Weder die Plattentaschen noch die großformatigen Beilagen-Hefte, die Liebhaber der DDR-Klassik bestimmt bis heute ihr eigen nennen, sind verändert worden. Die im März erschienene Auflage - sie ist eine limitierte Luxus-Edition - wird entweder unverkauft im Wust vieler klassischer Neuerscheinungen untergehen oder von audiophilen Vinylfans mit zittrigen Händen an die Kasse getragen werden, was allen Beteiligten zu wünschen wäre. Auf fünf Aufnahmen, die schon damals die Musikwelt begeisterten und bis heute jedem Vergleich standhalten, hat man sich geeinigt. Da darf Richard Wagner nicht fehlen, der zu DDR-Zeiten häufig ausgespart wurde und nur relativ selten zur Aufführung gelangte. Doch der Leiter des Leipziger Rundfunk-Sinfonie-Orchesters Herbert Kegel setzte sich damals gegen alle Widerstände für diese Musik ein und schuf gemeinsam mit René Kollo, Peter Adam und den Thomanern eine bombastische Aufnahme, die bei mir auch heute noch eine Gänsehaut erzeugt. Daneben gibt es die Vierfach-LP "Matthäus-Passion" von Bach, mit der man wieder die Kantorenbrüder Rudolf und Erhard Mauersberger erleben kann, wie auch die Sangeskünstler Peter Schreier und Theo Adam, obendrein den Dresdner Kreuzchor und die Leipziger Thomaner. Beethoven ist durch die "Missa solemnis, op. 123", vertreten, die Kurt Masur mit namhaften Musikern überzeugend aufführt, wobei er das humanistische Ideal voll zur Geltung bringt. Er vermittelt Glaube und Aufklärung mit jedem Ton und präsentiert ein immer noch aufregendes, das Zuhören erzwingendes Musikstück. Ottmar Suitners Mozart-Interpretation der "Entführung aus dem Serail" ist legendär, da voller Dramatik. Die Inszenierung der Oper entstand in der Lukaskirche der Elbmetropole mit Hilfe der Staatskapelle und des Chors der Staatsoper Dresden.

Wer seine alte Sammlung durch diese hochwertigen Vinyls ersetzen möchte oder als Neuling zu Klassik-LPs greift, sollte sich Peter Schreiers Einspielung "Die schöne Müllerin" beim Hören bis zum Schluß aufheben, ist sie doch voller Schönheit und ein echter musikalischer Genuß. Man merkt, daß Franz Schuberts zunächst heiter und beschwingt klingenden Lieder wenig später in Abgründe führen und so die vermeintlich heile Welt ad absurdum führen. Klassik auf Schallplatte ist immer wieder ein phantastisches Hörerlebnis.

Thomas Behlert

*

Als Archie dem Inferno entrann

Am 13. Februar 1945 beobachtete Archie, der sich mit seiner Mutter außerhalb Dresdens befand, den infernoartigen Untergang der als Elbflorenz bezeichneten Stadt. Aus der Festung Breslau mit Ach und Krach entkommen, waren beide im Januar des letzten Kriegsjahres nach Dresden gelangt.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren die beiden prachtvollen Städte noch nahezu verschont geblieben, was in jener Zeit einem Wunder gleichkam. Viel später erwarb Archie bei einer Reise nach Polen den auch in deutscher Sprache vorliegenden Bildband Marzena Smolaks "Zerstörung einer Stadt - Breslau - 1945". Die Wahnsinnsschlacht um die Festung hatte schreckliche 80 Tage gedauert und war ein letzter Versuch der deutschen Faschisten gewesen, der Roten Armee den Weg in Richtung Berlin zu verlegen.

Im Mai 1945 sahen Berlin, Dresden und Breslau - das heutige Wroclaw - einander zum Verwechseln ähnlich: Häuserskelette, Trümmerwüsten, unvorstellbares Grauen, Hekatomben von Menschenopfern. Aus Breslau, wo Archie aufgewachsen war, sollen etwa 170.000 Zivilisten durch Belagerung sowie im Ergebnis der Zwangsevakuierung ums Leben gekommen sein.

Als der Junge und seine Mutter mit Zittern und Zagen in Dresden eintrafen, stand ihnen schon fast die nächste Katastrophe bevor. Der 11jährige Archie wurde schwerkrank, so daß beide die erstbeste Unterkunft ansteuern mußten. Dabei handelte es sich um das Hotel "Stadt Görlitz".

Es war wohl der 9. Februar, als ein Landser, mit dem sie an der Rezeption ins Gespräch gekommen waren, ihnen riet: "Haut ab, wenn ihr könnt. Auf Dresden kommt bestimmt noch was Furchtbares zu. Dann sitzt ihr wie die Maus in der Falle. Die Stadt ist voller Flüchtlinge, es gibt kein Vorwärts und kein Zurück. Seht zu, daß ihr schnellstens auf das flache Land kommt."

Am 11. Februar verstärkte sich die innere Unruhe der Mutter. Bis dahin hatte sie am Dresdner Hauptbahnhof als Rot-Kreuz-Schwester hart arbeiten müssen, um das Hotelzimmer bezahlen zu können. Doch nun legte sie ihre Schwesterntracht ab und nahm den halbwegs wieder genesenen Jungen bei der Hand. Mit selbstgenähten, lästig schweren Rucksäcken machten sich beide in Richtung Erzgebirge auf den Weg. Dieser Überlebenskampf war ein einziger Krampf. Die Züge hielten immer wieder an, mal mußten alle aussteigen, weil keine Kohle oder auch kein Gleis mehr da waren, dann wiederum sollten sie irgendwo auf einen anderen Zug warten oder einfach weiterlaufen.

Plötzlich aber sahen sie weit unten Dresden in einem gewaltigen Feuersturm versinken. Die Flammen schlugen bis zum Himmel. Einige Menschen fielen auf die Knie und weinten, andere standen wie versteinert, noch andere verfluchten den verdammten Krieg. Die Lokführer gaben Pfeifsignale, dunkle Wolken hingen drohend über der Erde. Es war wie die Apokalypse.

Archie wußte damals nicht, daß dort im Hagel der Phosphor- und Brandbomben ein zehnjähriges Mädchen mit seiner alten Stoffpuppe im Arm verzweifelt durch den Großen Garten und an der Elbe umherirrte, das einmal seine Kinder zur Welt bringen sollte.

Übrigens: Hätten Archie und seine Mutter das Hotel "Stadt Görlitz" nicht verlassen, wären sie dort mit dem Schrecken davongekommen, da es den Angriff fast unzerstört überstand.

Als er später durch die zerbombten Straßenzüge Dresdens hastete, wurde ihm eines klar: Alles andere ist besser als das, was er jetzt vor Augen hatte. Er war durch dieses Kriegserlebnis so traumatisiert, daß er jahrelang in keinem abgedunkelten Raum mehr schlafen konnte. Und seine Lebensgefährtin trug seit dieser Zeit eine Puppe mit sich herum, - die Dreck-Kundel - wie ihre aus Bayern stammende Stiefmutter sie nannte. Es war eine Art Talisman. Ihre Besitzerin war fest davon überzeugt, sie sei durch die Kundel in den Dresdner Bombennächten beschützt worden. Auch Archie gewöhnte sich an die "Dreck-Kundel". Für ihn ist sie eine Kassandra, auf die in einer Zeit neuer Kriege und Gewalttaten der Herrschenden leider nur wenige zu hören scheinen.

Manfred Hocke


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Dresdens Altstadt nach der Vernichtung
- Die genaue Zahl der Toten ist nie ermittelt worden.
- Auch der Zwinger blieb nicht verschont.

*

Leserbriefe an RotFuchs

Danke für den "RotFuchs"-Leitartikel zu den Befreiern in Ost und West! Mir fiel bei der Erwähnung der noblen Geste Marschall Shukows anläßlich der Überführung des Sarges von Gerhart Hauptmann das westliche Gegenstück dazu ein: Bei einer Verifizierung von Goethes Grabstätte in Weimar hat sich ein sehr hoher amerikanischer Offizier mit Hilfe seines Taschenmessers den Knochen des kleinen Fingers einer der beiden Hände des Dichters angeeignet - als "Souvenir".
Alle Belegstellen dazu sind inzwischen so gut wie unauffindbar, wen wundert's. Insofern kann ich mich nur auf mein Gedächtnis verlassen, demzufolge der Vorfall noch vor einigen Jahren nachlesbar war.

Wolf Gauer, S’o Paulo, Brasilien


Die Staatsanwaltschaft Dresden hat gegen den sächsischen Landtagsabgeordneten der Partei Die Linke Klaus Bartl im Zusammenhang mit dessen Teilnahme an der friedlichen Blockade des Naziaufmarsches am 19. Februar 2011 ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Er soll ausgerechnet vom neuen Operativen Abwehrzentrum (OAZ), das als Instrument zur "Bekämpfung des Rechtsextremismus" gedacht ist, als Beschuldigter vernommen werden.
Der von der GBM Chemnitz und unserer RF-Regionalgruppe Chemnitz-Zwickau-Plauen initiierte Protest gegen die Kriminalisierung von Klaus Bartl, der dem RF-Förderverein angehört, sollte ein bundesweites Echo finden. Es gilt, der zunehmenden Faschisierung in der BRD und dem dubiosen Treiben der sächsischen Strafverfolgungsbehörden, die Antifaschisten kriminalisieren, mit Nachdruck entgegenzutreten. Es entsteht der Verdacht, daß Klaus Bartl nicht zuletzt auch wegen seines konsequenten Vorgehens als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses "Kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen" - gemeint ist der "Sachsensumpf" - und stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses "Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen" getroffen werden soll.
Der attackierte Genosse ist unter der Adresse MdL Klaus Bartl, Bürgerbüro, Lohstraße 2, 09111 Chemnitz, postalisch zu erreichen.

Wolfgang Herrmann, Chemnitz


Meine Mutter Selma Wulf arbeitete ab 1928 als Hebamme in der Gemeinde St. Egidien. 1934 war sie sehr betroffen, weil ihr bei einer Entbindung die Wöchnerin gestorben war. In ihrer jahrzehntelangen Praxis gab es nur einen einzigen Fall dieser Art.
Bei der Geburt rief sie aus Sorge um die junge Frau den beliebten Arzt Dr. Serelman aus der Nachbargemeinde Niederlungwitz zu Hilfe, der sofort kam. Da er die gleiche Blutgruppe wie die Patientin hatte, nahm er unverzüglich eine Transfusion vor. Trotz aller Bemühungen verstarb die Frau. Dr. Serelman aber wurde wegen Rassenschande - er war Jude - in das KZ Sachsenburg verschleppt. Später gelangte er über die CSR nach Wien und arbeitete dort als Arzt. Im Spanienkrieg 1936-1939 war er Kämpfer, Sanitäter und Arzt bei den Internationalen Brigaden.
Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutschen Faschisten schloß er sich der Résistance an, wurde 1944 gefangengenommen und sofort erschossen.
Der in Jena wirkende Forscher Konstantin Seifert besuchte im Herbst 2012 sein Grab in Frankreich und brachte dort einen größeren Stein aus dem Lungwitzbach mit einer Widmung ein.
Erst vor einigen Tagen erfuhren wir aus einer Archivquelle, daß Dr. Serelman nach dem Machtantritt der Faschisten Sekretär der KPD im Unterbezirk Chemnitz gewesen ist.

Manfred Wulf, Glauchau


Die vom RF gewählte Dachzeile ("Wie Eberhard Herr den Herren die Suppe versalzen half") zu meiner jetzt abgeschlossenen Artikelserie über Vippachedelhausen fand ich recht zutreffend. Doch die Situation hat sich leider verändert. Nun haben die Herren mir die Suppe versalzen, weil sie das Ding wieder herumdrehen konnten. Die von mir erlebte, mitgestaltete und beschriebene Situation besteht nicht mehr so.
Ob ich mal nach Vippach fahre und recherchiere, wie es heute dort aussieht, um anschließend etwas für den "RotFuchs" zu schreiben?
Eins steht ja fest: Aufgelöst haben sie die Genossenschaft nicht, sondern den Betrieb in die bürgerliche Rechtsform überführt. Mehr weiß ich im Moment auch nicht.

Eberhard Herr, Herzberg (Elster)


Der Vietnam-Reisebericht Hartmut Königs hat uns sehr berührt, waren wir doch im Februar ebenfalls in dem Land am Mekong. Er bewegte uns wegen gleicher Eindrücke, ähnlicher Erlebnisse und persönlicher Beziehungen zu Vietnam.
Als Flugzeugführer war ich am Transport vietnamesischer Vertragsarbeiter in die DDR beteiligt, während ihnen meine Frau als Lehrerin Deutschunterricht erteilte.
Vietnam hat sich seit meinem letzten Flug sehr verändert. Vieles erschien mir unverständlich. Westliche Handelsketten, überall Reklame für deren Produkte und Nobelshops wie hierzulande. Ein Reiseführer warb um Verständnis: Vietnams Wirtschaft habe nach dem langen Krieg am Boden gelegen. Die Bomben der USA hätten die gesamte Infrastruktur zerstört - Straßen, Brücken, Betriebe, Krankenhäuser und Schulen. Von den RGW-Staaten sei Vietnam beim Wiederaufbau nach dem Maß des ihnen Möglichen unterstützt worden - bis 1990. Dann sei leider Schluß gewesen. Deshalb habe sich das Land ausländischen Investitionen öffnen müssen, da der Wiederaufbau mit eigenen Kräften nicht zu bewältigen gewesen sei.
Trotz widersprüchlicher Eindrücke kehrten wir aus Vietnam mit der Gewißheit zurück, daß sein Volk die Zukunft schon meistern wird. Natürlich haben wir auch die Ernst-Thälmann-Schule in Ho-Chi-Minh-Stadt entdeckt.

Udo Heinzel, Berlin


Nachdem der März-RF einige meiner Gedanken zu den drei monotheistischen Religionen - Christentum, Islam und Judaismus - veröffentlicht hatte, reduzierte Peter Franz meine Argumente auf die Formel "Verstand contra Gefühl" und betonte, daß der Mensch nicht nur von der Vernunft, sondern auch von seinen Gefühlen geleitet werde. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, obwohl ein beträchtlicher Unterschied zwischen den ev.-lutherischen und katholischen Glaubensbekenntnissen einerseits und dem Pietismus von Peter Franz besteht. Was haben die christlichen Dogmen mit dem Gefühl "beseelter" Menschen zu tun? Genauso handeln auch die beiden anderen monotheistischen Religionen Islam und Judaismus.
Meine Erfahrungen wurden von einer ev.-lutherischen Mutter und einem russisch-orthodoxen Vater geprägt. In unserer Familie herrschte Eintracht: Es gab zwei Weihnachten im Abstand von 13 Tagen, erst Mutters, dann Vaters. Als ich fünfeinhalb war, fragte ich: "Wann wurde denn Christus geboren, zu Muttis oder zu Vatis Weihnachten?" Die Erklärung, es handele sich um zwei verschiedene Kalender, den Julianischen und den Gregorianischen, befriedigte mich nicht wirklich. Zweifel waren gesät.
Bis heute muten mich die Prozessionen, die Gipsstatuen, die golddurchwirkten Roben der Priesterschaft wie Überbleibsel von Wudu-Religionen der Vergangenheit an.

Dr. Vera Butler, Melbourne


Die sachliche Feststellung von Peter Franz, daß die heiligen Schriften der drei monotheistischen Religionen keine Quellen wissenschaftlicher Erkenntnis sind, sondern von den Gläubigen Unterwerfung und gedankenloses Nachbeten von Psalmen und Suren verlangen, begrüße ich sehr. Diese Offenheit habe ich noch bei keinem Theologen erlebt, mit dem ich mich über Grundlagen religiösen Glaubens unterhielt.
Peter Franz wendet sich gegen die staatliche Alimentierung der Kirchen in diesem Land. Ihr muß endlich durch Gesetzeswerke entgegengewirkt werden. Derzeit ist die Lage allerdings so: 442 Millionen Euro zahlt der Staat für Gehälter von Bischöfen und der gehobenen Geistlichkeit, 23,6 Millionen Euro ließ er sich 2010 die Militärseelsorge beider großer Kirchen kosten. ... Bis zu 100 % des Aufwands für kirchliche Kindertagesstätten trägt in der BRD der Staat. Jährlich erhalten die beiden großen Kirchen mindestens 20 Milliarden Euro an Staatszuschüssen - wofür?

Wolfgang Schröder, Schöneiche


Diese Zeilen schreibe ich am 8. Mai. Morgen wird in Rußland und ganz Europa der Tag der Beendigung des verheerenden Zweiten Weltkrieges als Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus begangen. Man gedenkt dabei der Millionen und aber Millionen, die in diesem von Nazideutschland entfesselten Gemetzel ihr Leben lassen mußten.
Anders das BRD-Fernsehen. Es erinnerte an den morgigen Himmelfahrtstag, der als Feiertag begangen wird, ohne auch nur mit einer Silbe auf den 8. oder 9. Mai 1945 einzugehen.

Gerda Huberty, Neundorf


Während der Leitartikel im Mai-RF dem Tag der Befreiung gewidmet war, gedachte die Berliner Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf des "Endes des Zweiten Weltkrieges" am 8. Mai 1945 durch eine Kranzniederlegung auf dem Parkfriedhof Marzahn. Vom sowjetischen Ehrenmal war keine Rede.
Natürlich sind solche "Lösungen" nicht auf dem Mist dieser BVV gewachsen, sondern entsprechen den politisch-ideologischen Vorgaben der im Bundesmaßstab und in Berlin regierenden bürgerlichen Koalition.

Helmut Müller, Berlin


Im RF 184 wurde ich durch den Leserbrief Wilfried Steinfaths auf Karl Eduard von Schnitzler aufmerksam. Ich kannte ihn nur aus den Schlagzeilen der Medien in den 90er Jahren. Nun beschrieb Steinfath den Kommentator ganz anders, als mein Bild von Herrn Schnitzler bisher gewesen war. Der Hinweis auf das Streitgespräch bei TV Berlin veranlaßte mich dazu, mir die Sendung auf Youtube anzusehen. Ich war schockiert, mit welchem Haß fast aller Teilnehmer einschließlich des Moderators sich Herr Schnitzler auseinandersetzen mußte.

Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern)


Im Zusammenhang mit der monatelangen Verteufelungskampagne der Medien des Kapitals gegen die KDVR möchte ich einige Fragen stellen, deren redliche Beantwortung Licht in bestimmte Zusammenhänge bringen und zur Ermittlung der an einer Zuspitzung der Lage tatsächlich Schuldigen beitragen könnte. 1. Wie viele Kriege hat die KDVR seit dem Abschluß des Waffenstillstands im Juli 1953 geführt? 2. In welchen Ländern unterhält die KDVR Militärstützpunkte? 3. Hat die KDVR in Kanada oder Mexiko Truppenkontingente zur Bedrohung der USA stationiert? Führt sie dort Manöver durch?
Ich gehöre nicht zu den Befürwortern des Personenkults und lehne eine bellizistische Sprache grundsätzlich ab. Doch man sollte bei der Wahrheit bleiben: Weltgendarm ist nicht das kleine Nordkorea, sondern die imperialistische Hauptmacht in Nordamerika - "Ami go home!"

Horst Jäkel, Potsdam


Älteren "RotFuchs"-Lesern dürfte der Fall Burianek bekannt sein. Dieser hatte im Auftrag der antikommunistischen Terrororganisation KgU Anfang der 50er Jahre mit einer von ihm geleiteten Gruppe strafbare Handlungen begangen und weitere Gewaltakte wie die Sprengung zweier Eisenbahnbrücken in Berlin-Spindlersfeld und bei Erkner vorbereitet. 1952 wurde er vom Obersten Gericht der DDR zum Tode verurteilt und danach hingerichtet. Durch Beschluß des Landgerichts Berlin wurde Burianek 2005 rehabilitiert. Diesen Vorgang nahm Wolfgang Schmidt zum Anlaß, die Haltung der BRD in bezug auf den Terrorismus in Frage zu stellen. Auf einer Website kritisierte er den Widerspruch zwischen der Rehabilitierung eines Terroristen und dem Anspruch an die Terrorbekämpfung. Zwei Instanzen der Berliner Justiz haben ihn daraufhin wegen "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" zu Geldstrafen verurteilt. Derzeit läuft noch ein Revisionsverfahren beim Berliner Kammergericht. Die Auseinandersetzung mit der widersprüchlichen Haltung der BRD in dieser Frage entspricht der vom Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit und ist nicht strafbar. Unsere Solidarität gehört Wolfgang Schmidt.

Dieter Stiebert, GRH-Geschäftsführer, Berlin


Sympathisanten und Freunde fertigten bis in das Jahr 2005 zurückreichende Foto-, Ton- und Videoaufnahmen vom Treiben der "Referenten" des Dr. Knabe in der "Gedenkstätte" Berlin-Hohenschönhausen. Aus diesem Material wurden Videos hergestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Im Oktober 2012 wurde auf Youtube der Kanal "AktenFaktenArgumente" eröffnet. Wer sich die Videos ansehen möchte, findet sie unter http://www.youtube.com/user/AktenFaktenArgumente.

Herbert Kierstein, Bestensee


"Unser" im Umgang mit Drohnen erfahrener Kriegsminister stellt sich vor die Kameras und trägt Trauer über den Tod eines Soldaten aus der sonst anderen den Tod bringenden Eliteeinheit KSK zur Schau. Wer aber schickt denn diese Männer in mörderische Kriegseinsätze? Macht das etwa Lieschen Müller? Oder sind sie auf eigene Faust nach Afghanistan gegangen?
Und auch das sei hinterfragt: Wieviel Sicherheit haben diese "Sicherheitskräfte" in all den Jahren eigentlich dem afghanischen Volk gebracht? Haben Sie dort etwa Sympathiewerbung für die Deutschen betrieben?

Marianne Wuschko, Hoyerswerda


Das Drohnenprojekt "Euro Hawk" ist kläglich gescheitert. Eine halbe Milliarde Euro wurde in den Sand gesetzt. Dabei war Herrn de Maizière doch seit über zwei Jahren bekannt, daß es für dieses Kriegsgerät in Europa keine Zulassung geben werde. Außer der Konsequenz seines Rücktritts sollte die Veruntreuung von 500 Millionen Euro an Staats- und Steuergeldern strafrechtlich verfolgt werden.

Raimon Brete, Chemnitz


Hier in Bremen wird nach wie vor die Propagandasprache der Faschisten benutzt, sei es "NS" oder "Nationalsozialismus", während man den Begriff Faschismus tunlichst vermeidet. Dr. Detlef Garbe, der heutige Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, erklärte zu meinem Erstaunen, der Begriff Faschismus verharmlose die "nationalsozialistische Gewaltherrschaft" in Deutschland, da sie so mit den Regimes in Italien, Spanien oder Portugal gleichgestellt werde.
Das Gegenteil trifft zu: "Nationalsozialismus" ist ein Schonbegriff, dessen sich verdienstvolle antifaschistische Widerstandskämpfer niemals bedient haben. "Ossietzky"-Herausgeber Eckart Spoo bezeichnete Sprachfragen als Machtfragen, Kurt Tucholsky mahnte an, man müsse die Sprache richtig benutzen.
Ein großes Dankeschön allen Beteiligten dafür, daß der "RotFuchs" die Sprache der Entrechteten, Entwürdigten, Gedemütigten, aber auch der marxistisch-leninistischen Wissenschaft benutzt!

Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen-Nord


Als langjähriger "RotFuchs"-Leser möchte ich mich zu dem Münchener Prozeß gegen wenige Leute aus einer der vielen faschistischen Gruppierungen in der BRD äußern.
Zu den der NSU-Terrorzelle in Rechnung gestellten ausländerfeindlichen Gewalttaten zählt auch der Mord, der sich im Februar 2004 in einem Rostocker Döner-Imbiß ereignete. Dort wurde ein junger Mann ohne scheinbar erkennbares Motiv auf seiner Arbeitsstelle durch mehrere Schüsse getötet. Die Untersuchungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft führten nicht zur Aufklärung und wurden im September 2011 eingestellt.
Am 10. Mai 2013 griff der Neubrandenburger "Nordkurier" den Fall erneut auf. Sein Bericht enthält aufschlußreiche Informationen: Das Rostocker Mordopfer - der 26jährige Mehmet Turgut - stammte aus dem Osten der Türkei, war vermutlich Kurde und hielt er sich seit Mitte der 90er Jahre illegal in der BRD auf. Er hatte Verbindungen zur Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Da diese aber hierzulande als kriminelle Vereinigung gilt, muß die erwähnte Einstellung der Nachforschungen zwangsläufig die Frage aufwerfen, ob denn überhaupt ernsthaft ermittelt wurde oder ob im Fallt Turgut vielleicht gar nichts ermittelt werden sollte.

Dieter Junghans, Neubrandenburg


Es ist nicht zu fassen: 51 mordbeteiligte Aufseher im faschistischen Vernichtungslager Auschwitz, die bisher völlig ungeschoren in der BRD gelebt haben, sollen am Ende ihrer Tage auf einmal vor Gericht gestellt werden. Sie sind heute durchschnittlich um die 90 Jahre alt. Sollten sie verurteilt werden, bekämen sie lebenslänglich, was in diesem Falle eine Farce ist. Sie haben ihr Leben gelebt, das ihnen in der BRD mit einer guten Rente versüßt wurde. So etwas nennt man hierzulande "Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit". Dieser gespenstische Vorgang vollzieht sich vor dem Hintergrund permanenter Beschirmung neofaschistischer Umzüge durch die Polizei der BRD.

Werner Juhlemann, Geithain


Alle kennen wir die politische Orientierung der "Bild"-Zeitung unter Kai Diekmann. Auch dessen "Rest"-Familie verhält sich alles andere als vornehm. In unserer Region wütet seine Schwester Simone, die mit dem Münchener Rechtsanwalt Marco Tucci verheiratet ist, als "Medien"-Madonna. Die Erbin und Verlegerin der "Passauer Neuen Presse" ist im Umgang mit den Redakteuren und dem übrigen Personal dieser "Heimat-Zeitung" alles andere als fein: "Ihr Spiel mit der Macht ist grausam. Zurück bleiben verängstigte, gedemütigte und demotivierte Mitarbeiter", entnahmen wir der Zeitung "Bürgerblick". "Die Verlegerfamilien Tapfinger/Diekmann waren über Jahrzehnte publizistische Alleinherrscher einer ganzen Region: Zeitungen, Radio, TV, Online, Wochenblätter, kaum ein Bereich, auf den die Familie keinen Zugriff hatte." Und eine Verlagsbeschreibung im Internet klingt wie eine heimliche Drohung: "Wußten Sie, daß Sie über 1000 km von Altöttingen bis nach Danzig fahren können, ohne das Verbreitungsgebiet der Verlagsgruppe zu verlassen?" warf man sich in die Brust.
Daran, daß meine Frau und ich als "politisch inkorrekte Risikobürger" betrachtet und mit Morddrohungen konfrontiert wurden, haben wir uns ebenso gewöhnt wie an die Tatsache, daß uns der Bezug des RF bereits den Besuch eines "unbekannten Herrn" einbrachte.

Konrad Harth, Passau


Wir möchten uns auf diesem Wege für die vielen Bücher und Zeitungen bedanken, die wir auf unsere im RF veröffentlichte Bitte hin erhalten haben. Insgesamt sind 678 Bücher und 1500 Zeitungen bei uns eingetroffen, so daß wir eine beachtliche Bücherei im Stuttgarter linken Zentrum "Lilo Herrmann" aufbauen konnten. Dubletten haben wir an SDAJ-Genossen in Tübingen und Pforzheim weitergegeben. Im Zusammenhang mit den Bücherspenden entstanden viele Kontakte auch zu älteren Genossen, die sich um den künftigen Verbleib ihrer Bücher Sorgen machen. Wir stehen auch mit Persönlichkeiten der kommunistischen Bewegung in Verbindung. So durfte ich Herbert Mies in Mannheim besuchen.

Markus Zieger, Waldenbuch


Dem Leserbrief von Dr. Wolfgang Künzel, Bad Blankenburg, im Mai-RF stimme ich in vollem Umfang zu. Daß ein Blutvergießen bei dem "gewaltfreien Machtwechsel" ausblieb, ist allerdings nicht nur einem Glücksumstand zu verdanken. Die Tatsache, daß in dieser angespannten Situation kein Schuß fiel und kein Tropfen Blut floß, ist doch wohl in erster Linie auf das klassenbewußte und besonnene Verhalten der Grenzsoldaten, der anderen bewaffneten Organe der DDR und ihrer Vorgesetzten zurückzuführen. Das sollten wir niemals vergessen.

Oberst a. D. Hans Linke, Suhl


Der 1989/90 in der DDR erfolgte rückwärtsgewandte politische Systemwechsel war ohne Wenn und Aber eine Konterrevolution! Kriterium dafür ist nicht die Frage, ob das Geschehen blutig oder unblutig verläuft, sondern ob eine bereits überwundene Gesellschaftsordnung wiederhergestellt wird. Mit der Einverleibung der DDR in die BRD und der Restaurierung kapitalistischer Verhältnisse auf ihrem einstigen Territorium ist dieser Sachverhalt eindeutig gegeben. Das ist meine Meinung zum Leserbrief von Dr. Künzel.
Die Ursachen für den konterrevolutionären Umbruch bedürfen indes einer umfassenderen Analyse als des bloßen Hinweises auf Fehlleistungen der Partei- und Staatsführung sowie die berechtigte Unzufriedenheit und Enttäuschung zahlreicher DDR-Bürger.
Gravierender waren in den Kalten Krieg eingebettete Faktoren. Seit 1946 wurden seitens der Westmächte und dann vor allem auch der BRD sämtliche Register gezogen, um die Entwicklung in SBZ und DDR zu sabotieren. Dazu gehörte ein ganzer Komplex politischer, ökonomischer, ideologischer, militärischer, polizeilicher und geheimdienstlicher Aktivitäten, die alle Bereiche erfaßten. Zu all dem kamen am Ende das Versagen und der Verrat der letzten sowjetischen Führung.

Oberstleutnant a. D. Roland Potstawa, Königs Wusterhausen


Nach meiner festen Überzeugung waren die Ereignisse im Herbst 1989 eine Konterrevolution ohne Wenn und Aber. Natürlich waren die Demonstranten nicht samt und sonders konterrevolutionär. Sie haben sich aber für konterrevolutionäre Ziele einspannen lassen. Und zwar unabhängig davon, wie sie sich subjektiv gefühlt oder verstanden haben. Es sollte auch nicht vergessen werden, daß es in Revolutionen wie Konterrevolutionen immer um gegensätzliche Klasseninteressen in einer zugespitzten Situation geht. Die Besonderheit der Herbstereignisse 1989 bestand darin, daß jene Kräfte, welche in der DDR die Macht besaßen, die sozialistischen Errungenschaften zu verteidigen, das nicht getan haben. Ich schließe mich dabei als seinerzeitiger 1. Sekretär einer SED-Kreisleitung mit ein. Die Motive dafür dürften vielfältiger Natur gewesen sein. Der sich abzeichnende Wegfall der Führungs- und Schutzmacht UdSSR hat sicher eine gewichtige Rolle gespielt.

Helmut Timm, Groß Nemerow


Klaus Steinigers Beitrag zu Hans Heinz Holz im Mai-RF erinnert mich an ein Gespräch, das ich vor langer Zeit mit diesem marxistischen Philosophen/Ästhetiker und Politiker führen konnte.
Bei einer Veranstaltung in Berlin fragte ich ihn, wie es gekommen sei, daß er als Kommunist im niederländischen Groningen Philosophieprofessor zu werden vermocht habe. HHH antwortete sinngemäß: Man habe ihn ausdrücklich berufen, um ein Gegengewicht zu den sonst ausnahmslos bürgerlichen Professoren zu schaffen. An BRD-Universitäten dürfte man eine so tolerante Haltung - heute mehr denn je - vergeblich suchen.

Dr. Wolfgang Schmitt, Berlin


Die "Sondervorlesung" bei Otto Prokop hat mich sehr gefreut und Erinnerungen in mir geweckt, die zu den schönsten meines Jura-Studiums zählen. An einem Herbsttag des Jahres 1956 warteten wir auf den Dozenten für fakultativ angebotene Gerichtsmedizin. Da fuhr plötzlich ein Pkw mit Bonner Kennzeichen vor. Ihm entstieg ein älterer Herr mit Fliege zum korrekten Anzug. Unkonventionell stellte er sich als "Prokop" vor. Im Gespräch ließ er uns nie spüren, daß er bereits damals ein berühmter Wissenschaftler war, wir aber nur Studenten des 1. Semesters.
Der Dialog wurde dann im Hörsaal als hochinteressante und amüsante Vorlesung fortgesetzt. Da wir es bedauerten, daß sie so kurz ausgefallen sei, lud uns Prof. Prokop auch noch zu einer Exkursion nach Berlin ein. So erlebten wir einen "normalen Arbeitstag" in seinem Institut mit fundierten Erläuterungen des Direktors, die er uns in unverwechselbarem Wiener Dialekt vortrug.

Werner Jahr, Potsdam


Mit besonderer Freude habe ich den Beitrag über die "Sondervorlesung" bei Otto Prokop aufgenommen. Ich kannte ihn seit Beginn der 80er Jahre und korrespondierte mit ihm bis zu seinem Tode. Wir begegneten einander auch bei einem Prozeß vor dem Berliner Landgericht Mitte der 90er Jahre. Er trat dort als Sachverständiger auf, und ich mußte ihn vor der recht sonderbaren Behandlung durch die Westberliner Justiz in Schutz nehmen. Danach berichtete er mir, auch er gehöre zu den von einer Strafrente Betroffenen. Später zählte Otto Prokop zu jenen, welche beim Bundesverfassungsgericht gegen diese Diskriminierung Klage erhoben.

Rechtsanwalt Ralph Dobrawa, Gotha


Der Leitartikel von Klaus Steiniger im RF 184 hat mir sehr gut gefallen. In einem Punkt irrt der Autor aber leider: In der DDR war der 8. Mai zwar zunächst staatlicher Feiertag, wurde dann aber mit Einführung der Fünf-Tage-Arbeitswoche wie einige kirchliche Feiertage abgeschafft. Das war sicher keine sehr glückliche Entscheidung. Wie ich von Sowjetbürgern erfuhr, kam sie bei ihnen nicht gut an. Am 30. Jahrestag des Sieges über den Faschismus, dem 9. Mai 1975, gab es dann allerdings noch einmal einen Feiertag.

Dr. Kurt Laser, Berlin


Gedopt wurde schon 500 Jahre v. u. Z. bei den alten Griechen im Hain von Olympia. Möglicherweise spekulieren manche Leute auf die Vergeßlichkeit der Zeitungsleser. Im "Spiegel" 12/94 kann man nachlesen: "Anabolika-Mißbrauch war keinesfalls nur ein Sündenfall des Ostens." Er könnte auch über Lance Armstrong oder die amerikanischen Leichtathleten, die den Ruf des fairen Sports weltweit diskreditierten, vieles erfahren. Wenn angesichts fehlender strafrechtlicher Instrumentarien gegen frühere DDR-Trainer mit der Dopingkeule ausgeholt und dabei an die Moral appelliert wird, sollte man die entlarvenden Vorgänge um den Schwabenpfeil Baumann nicht unterschlagen.
Peinlich müßte den "Aufdeckern" auch der Fall "Krabbe & Co." sein. Wer während eines laufenden Verfahrens einfach das Antiasthma-Medikament Clenbuterol zum Dopingmittel erklärt, um Neubrandenburger Sportler verurteilen zu können, gibt sich der Lächerlichkeit preis, zumal Skilangläufer und Radrennfahrer beim "Anstrengungsasthma" noch heute ähnliche Unterstützungsmittel einnehmen.
Das "Urdoping Geld" (Heinz-Florian Oertel) läßt alle Skrupel vergessen. In einem Land, in dem Künstler Kokain, Studenten und Gymnasiasten Aufputschmittel und Angestellte Antiangstmittel brauchen, um im Konkurrenzkampf zu bestehen, kann man einen "sauberen" Sport getrost vergessen. Eine von Radio Hessen initiierte Umfrage ergab, daß über 50 % der Angesprochenen erklärten, bei dem "Spektakel Sport" sei es ihnen völlig egal, auf welche Weise die Leistungen zustande kämen.

Dr. med. Gerd Machalett, Siedenbollentin


Am 25. April beschloß der Bundestag die endgültige Aufteilung des DDR-Vermögens. Es geht dabei um Milliarden, die Bund und ostdeutsche Länder zu je 50 % erhalten. Eine groteske Situation, sprach man doch immer nur von mehr als 260 Milliarden DM Schulden. Frau Breuels Treuhand-Vorgänger Rohwedder hatte demgegenüber das DDR-Vermögen schon damals auf rund 400 Milliarden geschätzt.
In der DDR wurde auch noch 1989 wertmäßig das produziert, was ihre Bürger verbrauchten. Das schafften die ostdeutschen Länder der BRD bis heute nicht. Sie hängen noch immer am Tropf. Dafür haben ihre neuen Herrscher aus dem Westen den Ostdeutschen statt einer 1990 auf jeden DDR-Bürger entfallenen Schuldensumme von 1187,50 Dollar inzwischen mehr als das 20fache aufgebürdet.

Manfred Kleinpeter, Berlin


Jeder weiß und spürt es. Die in Millionen Jahren von der Sonne gespeicherten fossilen Brennstoffe gehen langsam zu Ende. Doch der Bedarf an ihnen steigt über das Maß der noch vorhandenen Ressourcen hinaus. Alternative Energie-Investitionen aber fließen nur dorthin, wo sie den meisten Gewinn bringen.
Das ist derzeit die Solarenergie. Hier wird der Bau von in Privathand befindlichen Photovoltaik-Anlagen forciert. Das Geschäft ist im Vergleich zum Sparzins derart lukrativ und krisensicher, daß solare Megawatt-Anlagen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und nun eine jahrelange Förderung beanspruchen, die selbst die Möglichkeiten des Bundeshaushalts übersteigt. Aber nicht die Photovoltaik-Anlagen an sich oder deren Größe sind das Problem, sondern der Abtransport, die zeitgerechte Verbrauchsanforderung und die Speicherung der so erzeugten Energie. Wenn es um Transport und Speicherung geht, ist die Energiedichte der springende Punkt, da Energie bekanntlich nicht immer und überall in gleicher Menge benötigt wird. Elektrischer Strom ist zwar enorm energiedicht, aber nicht wirklich ökonomisch sinnvoll speicherbar. Das gilt nur für gasförmige oder verflüssigte Brennmaterialien. Beispielsweise sind allein die Rohrnetze der Gasversorgung ein gigantischer Speicherort, den man benutzen könnte, wären nicht auch sie in Privathand.
Man müßte nur zeitlich und lokal überschüssige Elektroenergie, etwa auch aus Windkraftanlagen, in Brenngase umwandeln, statt sie ungenutzt zu lassen.

Jochen Singer, Leipzig


Der "RotFuchs" ist eine sehr interessante Zeitschrift. Die Mai-Ausgabe hat mich wieder von der ersten bis zur letzten Seite in ihren Bann gezogen. Dennoch bleiben Fragen offen. Warum wird beispielsweise in Klaus Steinigers Extra-Beitrag über Pressefreiheit in der DDR nicht auch an solche positiven Beispiele wie die in einer Riesenauflage als Zeitung der FDJ erscheinende "Junge Welt" oder an DT 64 - den ersten deutschen Jugendsender - erinnert? Diese besonders bei jungen Leuten sehr beliebten Medien haben doch einen Beitrag zur Pressefreiheit in der DDR geleistet. Erwähnenswert erscheinen mir hier auch Publikationen wie "horizont" und "Wochenpost".
Begrüßenswerte Entwicklungen in der DKP sollten die Redaktion nicht dazu veranlassen, ihre Kontakte zu Genossen der Partei Die Linke und anderen Kräften des linken Spektrums zurückzuschrauben. Ich bin für eine enge Zusammenarbeit des RF mit der DKP, der Kommunistischen Plattform, dem Marxistischen Forum, der Antikapitalistischen Linken, um nur einige zu nennen.
Die Linkspartei muß wieder in den Bundestag einziehen, da sie dort nicht ersetzbar ist.

Gerd Schulz, Waldau


Nach meiner Kenntnis konnten nur DDR-Bürger in der UdSSR studieren, die einen entsprechenden politischen Leumund besaßen.
Wie hat sich das bei Frau Merkel verhalten? Belügt sie jetzt auch die Wessis? Wer täuscht hier wen?

Siegfried Möpert, Blankenfelde


Die erfolgversprechende Voraussetzung, um Bundeskanzlerin zu werden, ist anwendungsbereites Wissen und Können als FDJ-Funktionärin für Agitation und Propaganda.
Freundschaft, Jugendfreundin Angela! Bist Du etwa ein verkappter "RotFuchs"? Bei uns an der Pleiße gibt es Leute, die das vermuten.

Günther Röska, Leipzig


Nach 1989/90 wurde sehr vieles, was irgendwie an die DDR erinnerte, plattgemacht. Berlin liefert hier ein besonders trauriges Beispiel. Bereits 1992 wurde die Werner-Seelenbinder-Halle abgerissen. 1993 folgte das Hotel "Lindenkorso". Die architektonisch besonders gelungene Großgaststätte "Ahornblatt", wurde 2000 "zurückgebaut". Das "Palasthotel" mußte 2002 dem Abrißbagger weichen. Der erst 1976 eingeweihte Palast der Republik fiel zwischen 2006 und 2008 einem Vernichtungsbeschluß des Bundestages zum Opfer. Auch Lenins Denkmal verschonten die Bilderstürmer nicht. Es wurde abgerissen, die Skulptur irgendwo vergraben. Vorerst letztes Objekt der Zerstörung war 2011 das Haus des DDR-Bauministeriums. Nun soll auch das "Haus des Reisens", einst Sitz des Reisebüros der DDR und der Interflug, dasselbe Schicksal erfahren.

Wilfried Steinfath, Berlin


Der Redaktion und allen Mitstreitern des RF möchte ich meine Hochachtung für die unermüdliche Arbeit und die mitreißende Schrift zum Ausdruck bringen. Eingedenk der Rahmenbedingungen ist das rundum eine Meisterleistung!

Thomas Kuhlbrodt, Zeitz-Zangenberg


Der Beitrag "Eine Ostmark war 34 Westmark wert" im April-RF erinnerte mich an ein Erlebnis. 1972 fand in Polen eine Tagung zum Stand der Dampfturbinen-Entwicklung statt. Teilnehmer waren Vertreter führender Hochschulen und Betriebe aus sozialistischen Ländern, der Schweiz, England und der BRD. Beim zwanglosen Abendgespräch konnte ich am Internationalen Tisch die Rolle des Dolmetschers übernehmen. Für mich interessierte sich besonders mein Nachbar, der aus dem Forschungsbereich der Firma Siemens kam und erstmals hinter dem "Eisernen Vorhang" Kontakt mit dortigen Spezialisten hatte. Er war sehr gebildet, fachlich versiert, überdies ein Herr "von", jedoch ohne jede Ahnung von den Leistungen seiner östlichen Fachkollegen. Bald kam er vorsichtig auf politische Themen zu sprechen, bei denen seine Unkenntnis nicht geringer war. "Dürfen Sie sich denn ein Auto kaufen?" fragte er mich. "Aber Ihr Geld ist doch nichts wert!"
"Nach den Vorträgen und Gesprächen der vergangenen Tage können wir uns in dieser Runde wohl alle den gleichen Intelligenzquotienten bestätigen?", fragte ich nun. "Natürlich", erwiderte er. "Ebenfalls dürfte sich gezeigt haben, daß alle etwa die gleichen materiellen und personellen Mittel an ihren Wirkungsstätten zur Verfügung haben." "Offensichtlich!" "Sehen Sie", fuhr ich fort, "und für ein und dieselbe Sache ist Ihr Gehalt viermal höher als meines! Ein gleichwertiges Produkt, egal ob materiell oder geistig, ist also in DM viermal höher zu bezahlen als in Mark der DDR. Demnach hat die D-Mark also nur ein Viertel des Wertes unserer Mark. Anders ausgedrückt: Eine Mark Ost entspricht vier Mark West."
Der Internationale Tisch amüsierte sich köstlich über diese Schlagfertigkeit.

Dr.-Ing. Klaus Neumann, Berlin

*

RF-Bezugsbedingungen

Kurze Nachricht per Telefon oder E-Mail oder Briefpost an den Vertriebsleiter Armin Neumann genügt.

Er ist folgendermaßen erreichbar.
Tel.: 030/654 56 34
E-Mail: arminneumann@ewt-net.de
Adresse: Salvador-Allende-Straße 35, 12559 Berlin

Der RotFuchs wird ausschließlich aus Spenden und nach eigenem Ermessen jedes einzelnen finanziert.
Einen festen Preis gibt es nicht. Die Zeitschrift kommt jeweils am letzten Werktag eines Monats zum Versand.


IMPRESSUM

Der im Februar 1998 gegründete "RotFuchs" ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift.

HERAUSGEBER: "RotFuchs"-Förderverein e. V.

CHEFREDAKTEUR: Dr. Klaus Steiniger, (V.i.S.d.P.)
Rheinsteinstraße 10, 10318 Berlin,
Telefon 030/561 34 04
E-Mail: rotfuchskessel@t-online.de
(Redaktionsadresse)

SEKRÄTERIN: Karin Großmann

LAYOUT: Rüdiger Metzler

HERSTELLUNG: Druckerei Bunter Hund

INTERNET: www.rotfuchs.net

INTERNET-PRÄSENTATION DES ROTFUCHS
UND AKUSTISCHE AUSGABE (für Sehbehinderte):
Sylvia Feldbinder

Redaktionsschluß für die übernächste Ausgabe ist der 20. eines Monats.

AUTORENKREIS:
Dr. Matin Baraki
Thomas Behlert
Rolf Berthold
Konstantin Brandt
Dr. Vera Butler (Melbourne)
Wolfgang Clausner
Prof. Dr. Götz Dieckmann
Dr. Rudolf Dix
Ralph Dobrawa
Dieter Fechner
Bernd Fischer
Peter Franz
Günter Freyer
Prof. Dr. Georg Grasnick
Ulrich Guhl
Bernd Gutte
Dr. Ernst Heinz
Helmuth Hellge
Dr. Dieter Hillebrenner
Manfred Hocke
Erik Höhne
Rico Jalowietzki
Rudi Kurz
Wolfgang Mäder
Bruno Mahlow
Dr. Bernhard Majorow
Prof. Dr. Herbert Meißner
Wolfgang Metzger
Jobst-Heinrich Müller
Horst Neumann
Cornelia Noack
Erhard Richter
Prof. Dr. Horst Schneider
Prof. Dr. Rolf Sieber
Joachim Spitzner
Dr.-Ing. Peter Tichauer
Marianne Walz
Prof. Dr. Zbigniew Wiktor (Wroclaw)
Edda Winkel

KÜNSTLERISCHE MITARBEIT:
Dieter Eckhardt, Heinz Herresbach,
Klaus Parche, Heinrich Ruynat,
Renatus Schulz, Gertrud Zucker

VERSAND UND VERTRIEB:
Karin Dockhorn
Postfach 02 12 19, 10123 Berlin
Telefon 030/241 26 73
WDockhorn@t-online.de
oder Sonja Brendel, Tel. 030/512 93 18
Heiner Brendel, Gerald Umlauf, Hans Ludwig,
Peter Barth u.v.a.m.

FINANZEN: Jürgen Thiele, Wartenberger Str. 44
13053 Berlin, Tel.: 030/981 56 74

UNSER KONTO:
"RotFuchs"-Förderverein, Konto-Nr.: 2 143 031 400
Berliner Sparkasse, BLZ: 100 500 00
Für Einzahler im Ausland:
IBAN: DE 27 1005 0000 0220 1607 59
BIC: BELADEBEXXX

Die Mitarbeit weiterer Autoren ist erwünscht. Die in namentlich gezeichneten Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen müssen nicht immer mit denen der Redaktion übereinstimmen.

*

Quelle:
RotFuchs Nr. 186, 16. Jahrgang, Juli 2013
Redaktion: Rheinsteinstraße 10, 10318 Berlin
Telefon: 030/561 34 04, Fax: 030/56 49 39 65
E-Mail: rotfuchskessel@t-online.de
Internet: www.rotfuchs.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2013