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VORWÄRTS/1414: Barbarei und Schönfärberei


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 31/32 vom 4. Oktober 2018

Barbarei und Schönfärberei

von Damian Bugmann


Realitätsfremde, menschenfeindliche Idealbilder von Arbeiten, Wohnen, gesellschaftlicher Organisation werden trotz Schmerzen und Entbehrungen aufrecht erhalten. Bewusstheit über die Notwendigkeit der Abschaffung von Kapitalismus und Liberalismus ist verpönt und mariginalisiert.


In den Sechzigern und Siebzigern gab es hoffnungsvolle, schwierige und lächerlich gemachte Versuche, mehr Kollektivität und Solidarität zu leben, die Bedürfnisse der Menschen anstatt die Bedürfnisse der Unternehmer-Königinnen in den Mittelpunkt zu stellen. Gleichzeitig trieben liberale IdeologInnen und UnternehmerInnen die Umgestaltung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft voran, die zum Ziel hatte, die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der Arbeitenden stetig zu steigern und ihnen die soziale Absicherung zugunsten stetig steigender Profite zu entziehen. Der Antikommunismus boomte weiter und war mehr und mehr in den Menschen verinnerlicht. Sehr viel Zeit, Geld, Innovation und Energie wurde von bürgerlichen PolitikerInnen, UnternehmerInnen und Werbebüros darauf verwendet, den UntertanInnen Sozialismus, also kollektive Besitzverhältnisse, gleiche Rechte und partizipative Demokratie auszutreiben und ein idealisiertes Bild des Kapitalismus einzutreiben. Nach dem Beseitigen des staatlichen Sozialismus in Osteuropa liessen die KapitalistInnen die Maske fallen und gebärden sich seither immer ausbeuterischer und barbarischer.


Ignoranz und Sklaverei

Heute prägen Individualismus, Egoismus, Vereinzelung, Opportunismus, Hedonismus, Fatalismus, Feudalismus und Schönfärberei die kapitalistischen Gesellschaften. In Bezug auf die Gestaltung und Anpassung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisation herrscht Trägheit, Verdrängung, Arroganz, Ignoranz und Barbarei. Die Probleme sind zwar weitgehend bekannt, Ablenkungen, Konsum und Scheinlösungen sind im Trend. Die Abschaffung des lebensfeindlichen politisch-wirtschaftlich-sozialen Systems ist ein grosses Tabu, wer nur schon davon spricht, löst Panik aus und wird in die diktatorische Ecke gedrängt.


Ausbeuten und ausbooten

Sozialversicherungen wurden geschaffen, um die fortschreitende Auflösung der alten sozialen Absicherungen zu kompensieren, jetzt werden sie zugunsten von privaten Profiten abgeschafft. Ein steigender Anteil der Bevölkerung wird mit den Problemen Existenzsicherung, Krankheit, Alter, schwierige Beziehungen und Scheidung allein gelassen und gleichzeitig von den regierenden Unternehmen ausgebeutet oder ausgebootet. Die vereinzelten Nachkommen und EhepartnerInnen werden mit der Pflege von kranken Familienmitgliedern im Stich gelassen und sind überfordert, da sie von ArbeitgeberInnen oder Sozialinstitutionen klein gemacht, klein gehalten und bis zu Erschöpfung, Burnout, Unfall und Krankheit mit Doping und Illusionen auf Trab gehalten werden.

Dank des kommerziellen Arbeits- und Gesundheitssystems erleben immer mehr Menschen Stress, Kontrolle, Entfremdung und finanzielle Ausbeutung. Erleben Missbrauch und Missachtung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit durch Überforderung und Entmündigung, durch medizinische Unterversorgung für profitable Sparmassnahmen oder medizinische Überversorgung für profitable medizinische Experimente.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 31/32 - 74. Jahrgang - 4. Oktober 2018, S. 10
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
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Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2018

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