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INTERNATIONAL/149: Italien - Die "Unita" vor dem Aus? (Gerhard Feldbauer)


Die "Unita" vor dem Aus?

Die vor 90 Jahren von Antonio Gramsci gegründete IKP-Zeitung kämpft um ihr Überleben

von Gerhard Feldbauer, 1. August 2014



Die italienische links orientierte Tageszeitung "Unita" steht vor dem "aus". Unter der Schlagzeile "sie haben die Unita getötet", teilte das Blatt am Mittwoch mit, dass es ab 1. August sein Erscheinen einstellen müsse. Die Schlagzeile soll wohl daran erinnern, dass dem Blatt unter der letzten rechtsextremen Regierung Berlusconi (2008-2011) die staatlichen Zuschüsse bzw. Vergünstigungen gestrichen wurden. Obwohl die "Unita" der seit 2012 die Regierung anführenden Demokratischen Partei (PD) nahesteht, hat sich daran nichts geändert.


Einst Millionen Leser

Die "Unita" entstand am 12. Februar 1924 unter Leitung von Antonio Gramsci, der 1921 zu den Mitbegründern der IKP gehörte, als Tageszeitung und Zentralorgan der Partei. Ab 1926 wie alle Oppositionsparteien und ihre Medien verboten, erschien sie als einzige antifaschistische Zeitung ohne Unterbrechung illegal weiter und leistete einen herausragenden Beitrag im Kampf der IKP als führender Kraft der antifaschistischen Bewegung. Nach dem Sieg über den Faschismus wurde die "Unita" Sprachrohr einer Massenpartei, deren Mitgliederzahl von 1,7 auf 2,5 Millionen in den 1970er Jahren anwuchs. Entsprechend stiegen ihre Leserzahlen, darunter viele Nichtkommunisten. Mit der Liquidierung der IKP 1991 durch die Revisionisten hörte auch die "Unita" als kommunistische Zeitung auf zu bestehen.

Im Juni 2000 musste das nunmehr sozialdemokratische Blatt der Linkspartei schon einmal Konkurs anmelden. Damals ging sie in Privatbesitz über. Die Herausgeber sind nun, wie verlautet, nicht länger bereit, das eingefahrene Minus von 18 bis 20 Millionen Euro Schulden zu tragen. Die Gesamtauflage betrug zuletzt noch rund 21.000 Exemplare. Regierungschef Matteo Renzi, der gleichzeitig Sekretär der PD ist, sagte der Chefredaktion Hilfe zu. Über die Formen wurde nichts bekannt. Über ein für Donnerstag mit der Chefredaktion angekündigtes Treffen wurde bisher nichts bekannt. Eine Abstimmungsniederlage im Senat über sein Reformpaket dürfte dem Regierungschef wohl keine Zeit gelassen haben. Solidarisch erklärte sich die Einheitsgewerkschaft der Journalisten Federazione Nazionale Stampa Italiana (FNSI).


Mitarbeiter wollen online-Ausgabe sichern

Am Freitag erschien eine online-Ausgabe unter der Überschrift "Die Unita lebt". Sie berichtete von zahlreichen Leserzuschriften, die fordern, die "Unita" zu erhalten. Mit diesem Rückhalt wollen die 80 Mitarbeiter um den Erhalt ihrer Zeitung und damit um ihre Arbeitsplätze kämpfen. Sie werben um Abos, und wollen die Zeitung zunächst als online-Ausgabe fortsetzen.

Mit der "Unita" würde die weitere Druckausgabe einer links orientierten Tageszeitung verschwinden. Im Januar 2012 musste bereits die "Liberazione", die Zeitung der Rifondazione Comunista (PRC) ihre Druckversion einstellen und im März dieses Jahres auch das Onlineportal weitgehend abschalten. Ums Überleben kämpft auch die linke Tageszeitung "Manifesto".

PD-Chef Renzi, so Meinungen der Kommunisten von "Contrepiano", kann eigentlich kaum Interesse haben, die Existenz der "Unita" zu sichern, denn sie ist ein Konkurrenzblatt zum eigentlichen Sprachrohr der PD, der liberalen "Repubblica", an die die "Unita" viele ihrer Leser verloren hat. Außerdem ist die "Unita" Renzi wegen ihrer, wenn auch sehr Verhalten, geäußerten Kritik an seinem "Verschrotten" aller Überreste aus IKP-Zeiten und selbst sozialdemokratischer Traditionen mehr als unsympathisch.

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Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2014