Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. - 4. Juli 2018
Schutzimpfungen durch Betriebsärzte
München, 4. Juli 2018 - Die Erhöhung der Durchimpfungsquote in der Bevölkerung zu erreichen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Betriebsärzte impfen seit je her Beschäftigte in der Arbeitswelt im Auftrage der Arbeitgeber, wenn es darum geht, die Beschäftigten vor Infektionen durch ihre Tätigkeit zu schützen. Diese Impftätigkeit wollte man mit dem sog. Präventionsgesetz auf allgemeine Impfungen im Betrieb ausweiten. Diese neue Aufgabe im Betrieb ist zwar nun gesetzlich festgeschrieben, allerdings ohne Angaben, wie dies zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu regeln ist. Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) arbeitet zusammen mit der BARMER daher seit zwei Jahren an Umsetzungsmöglichkeiten dieses Gesetzesauftrages.
Seit 2015 gilt das sog. Präventionsgesetz. Dieses sieht unter anderem ausdrücklich vor, dass allgemeine Impfungen wie Impfungen gegen Masern, Röteln, Keuchhusten, auch von Betriebsärzten durchgeführt werden können - auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse. Dadurch soll die Impfquote in der Bevölkerung deutlich verbessert werden. Gerade die Arbeitswelt mit über 44 Millionen Beschäftigten könnte für Präventionsarbeit viel stärker genutzt werden, da in Betrieben auch Menschen erreicht werden, die sich sonst nicht impfen lassen. Die Umsetzung in der Praxis ist aber schwierig: Die Durchführung von allgemeinen Impfungen ist zwar jetzt als Aufgabe im Betrieb gesetzlich festgeschrieben, allerdings ohne Angaben, wie dies zwischen Betriebsärzten, Krankenkassen und Unternehmen geregelt werden soll.
Wichtig für Betriebe und Betriebsärzte wäre eine möglichst unbürokratische und günstige Lösung für ihre Abrechnung. Dabei darf es keine Ungleichbehandlung von Betriebsärzten und Vertragsärzten geben. Viele Krankenkassen gingen bislang davon aus, Betriebsärzte dürften keine zusätzliche Vergütung für Impfleistungen erhalten, da sie im Wege der vom Arbeitgeber zu bezahlenden Arbeitsschutzmaßnahmen bereits honoriert seien. Hier gilt es, zwischen Präventionsmaßnahmen im Arbeitsschutz sowie der betrieblichen Gesundheitsförderung nach dem Präventionsgesetz zu unterscheiden. Die meisten Impfungen gehören zur Primärprävention, deren Kosten die gesetzlichen Krankenkassen zu tragen haben. Daher sind diese Gesundheitsleistungen, wenn sie von Betriebsärzten erbracht werden, auch zusätzlich gesondert zu vergüten.
Schutzimpfungen gehören zwar zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen, können aber im Moment nur direkt mit diesen einzeln abgerechnet werden. Dies stellt für impfende Betriebsärzte ein gravierendes Problem dar: Direktabrechnungen mit jeder einzelnen der unterschiedlichen Krankenkasse sind im Alltag kaum wirtschaftlich machbar. Denn anders als niedergelassene Vertragsärzte, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen, verfügen Betriebsärzte derzeit noch nicht über effiziente Datenverarbeitungssysteme. Für eine effiziente Abrechnung wäre daher eine Servicedienststelle erforderlich, die die Abrechnung zwischen Betriebsarzt und Krankenkasse übernimmt. Dies ist aufgrund einer bestehenden Gesetzeslücke derzeit aber noch ausgeschlossen.
Trotz aller bestehenden Gesetzeslücken arbeiten DGAUM und BARMER seit zwei Jahren gemeinsam an einem Vertragswerk, das bundesweit Modellcharakter haben soll. Beim Bundesministerium für Gesundheit hat die DGAUM für die Umsetzung des Impfens im Betrieb nach dem Präventionsgesetzt eine entsprechende Gesetzesergänzung vorgeschlagen. Nur mit einem praktikablen Prozess wird das Ziel einer Verbesserung des Impfschutzes in der Bevölkerung erreich werden können. Daher sollte die betriebsärztliche Arbeit in Arbeitsschutz, betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention dringend mit funktionierenden Strukturen unterstützt werden.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag "Das
Präventionsgesetz gestalten: Schutzimpfungen durch Betriebsärzte" von
Prof. Dr. med. Dirk-Matthias Rose und Dr. Thomas Nesseler in der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und
Umweltmedizin" (ASU) unter
www.asu-arbeitsmedizin.com
Die DGAUM wurde 1962 gegründet und ist eine gemeinnützige,
wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft der Arbeitsmedizin und
der klinisch orientierten Umweltmedizin. Ihr gehören heute über 1000
Mitglieder an, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin und Umweltmedizin
arbeiten, vor allem Ärztinnen und Ärzte, aber auch Angehörige anderer
Berufsgruppen wie etwa Natur- und Sozialwissenschaftlerinnen und
-wissenschaftler. Die Mitglieder der Fachgesellschaft engagieren sich
nicht nur in Wissenschaft und Forschung, um so bereits bestehende
Konzepte für die Prävention, die Diagnostik und Therapie
kontinuierlich zu verbessern, sondern sie übernehmen die ärztliche und
medizinische Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an der
Schnittstelle von Individuum und Unternehmen. Darüber hinaus beraten
die Mitglieder der DGAUM alle Akteure, die ihren Beitrag zu der
medizinischen Versorgung leisten und auf Fachwissen aus der
betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention, der arbeits- und
umweltbezogenen Diagnostik und Therapie, der Beschäftigungsfähigkeit
fördernden Rehabilitation sowie aus dem versicherungsmedizinischen
Kontext angewiesen sind.
Weitere Informationen unter
www.dgaum.de
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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.
Pressemitteilung Nr. 20/2018 vom 4. Juli 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2018
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