Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FACHMEDIZIN


RADIOLOGIE/292: Ultraschall statt Röntgen - Sonografie sollte häufiger Mittel der ersten Wahl sein (idw)


Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) - 30.08.2017

Ultraschall statt Röntgen - Sonografie sollte oft Mittel der ersten Wahl sein


Berlin - Rund 1,7 Röntgenanwendungen erhält jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr - damit belegt die Bundesrepublik europaweit einen der vorderen Plätze. Das ist nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) - aufgrund der gesundheitsschädlichen ionisierenden Strahlen - alarmierend. Die Experten empfehlen, Patienten möglichst mittels Ultraschall zu untersuchen. Die Sonografie biete häufig eine Alternative zum Röntgenbild - und sei strahlungsfrei. Gerade bei Baucherkrankungen, Knochenbrüchen und Rheuma seien Ultraschalluntersuchungen ebenbürtig - oder sogar überlegen.

"Bei der Ultraschalldiagnostik werden ausschließlich Schallwellen zur Erzeugung der Bilder verwendet, die - anders als ionisierende Strahlen - keine negativen Wirkungen auf menschliches Gewebe haben", sagt PD Dr. med. Wolfgang Hartung, Leiter des DEGUM-Arbeitskreises Bewegungsorgane. "Somit kann eine Ultraschalluntersuchung theoretisch beliebig oft durchgeführt werden, ohne den Patienten zu belasten." Aufgrund der starken gesundheitlichen Vorteile empfiehlt auch die Strahlenschutzkommission (SSK) Medizinern, immer sorgfältig zu prüfen, in welchen Fällen eine Ultraschalluntersuchung eine röntgen- oder nuklearmedizinische Untersuchung ersetzen kann.

Das geht mittlerweile häufig, denn die Ultraschalltechnik hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. "Es ist nicht mehr nur möglich verschiedenste Gewebetypen darzustellen, sondern auch die Durchblutung von Extremitäten und Organen zu quantifizieren", erläutert Hartung. "Somit kann der Ultraschall zum Beispiel im Bereich der Bauchorgane - sowohl bei akuten als auch bei chronischen Erkrankungen - eingesetzt werden." Als erste bildgebende Methode habe er gewissermaßen eine Steuerungsfunktion. Allerdings seien der Ultraschalluntersuchung auch physikalische Grenzen gesetzt, die sich von denen anderer bildgebender Verfahren grundlegend unterscheiden. "Luft ist ein natürlicher Feind der Ultraschalluntersuchung, da sie aufgrund ihrer Reflexionseigenschaften die Bildgebung erheblich stört", so der DEGUM-Experte.

Neben Baucherkrankungen können auch Knochenbrüche sehr gut mittels Sonografie erkannt werden. Häufig kommt hier jedoch noch die Röntgenstrahlung zum Einsatz. "Nahezu ein Drittel aller veranlassten Röntgenuntersuchungen betreffen das Skelett", so Hartung. "Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass bei bestimmten Knochenbrüchen die Ultraschalluntersuchung mindestens ebenbürtig - oder sogar überlegen ist." Der Rheumatologe sieht beispielsweise gute Möglichkeiten, den Einsatz von Röntgenstrahlen bei Kindern zu vermeiden. "In naher Zukunft werden Unterarm- und Oberarmbrüche bei Kindern überwiegend durch eine Ultraschalluntersuchung diagnostiziert", prognostiziert Hartung. Das sei besonders relevant, da der Organismus besonders im Wachstumsalter empfindlich für ionisierende Strahlen sei.

Auch in der Rheumatologie nimmt die Sonografie mittlerweile einen festen Stellenwert in der Frühdiagnostik ein. "Rheumatisch bedingte Defekte am Knochen können durch die Ultraschalluntersuchung im Schnitt sechs Monate früher erkannt werden als durch eine konventionelle Röntgenuntersuchung", sagt der Experte. Auch hier trägt der Ultraschall dazu bei, Röntgenuntersuchungen zwar nicht ganz zu ersetzten, aber die Anzahl der Untersuchungen doch deutlich zu reduzieren.

Nicht nur Ärzte sondern auch Patienten selbst können eigenverantwortlich dazu beitragen, die Anzahl unnötiger Röntgenaufnahmen zu verringern. "Bei jedem Arztbesuch sollten Patienten ihren Röntgenpass mitführen, damit jede neue Untersuchung eingetragen werden kann", rät Hartung. "Wichtige Voraufnahmen sollten ebenfalls mitgebracht werden, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden und eventuell einen Vergleich des aktuellen Befundes mit früheren zu ermöglichen." Zudem sollten Patienten bei ihrem Arzt nachfragen, ob die angedachten Untersuchungen tatsächlich sinnvoll sind. Darüber hinaus sollten sie sich die Notwendigkeit der angedachten Untersuchungen - und das damit verbundene Risiko - stets genau erläutern lassen.


Weitere Informationen:

https://www.bfs.de/DE/themen/ion/anwendung-medizin/diagnostik/roentgen/haeufigkeit-exposition.html
Strahlenschutzkommission, Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen, Empfehlungen der Strahlenschutzkommission 2. Auflage

Ackermann O, Hax PM, Lahner M, Eckert K. Indikationen zur sonographischen Frakturdiagnostik von Frakturen im Wachstumsalter. Trauma Berufskrankheit 2015; 17:115-121

Beltrame V, Stramare R, Rebellato N, Angelini F, Frigo AC, Rubaltelli L.
Sonographic evaluation of bone fractures: A reliable alternative in clinical practice? Clin Imaging 2012; 36:203

Hartung W, Schmidt WA, Sonographie in der Rheumatologie, Z Rheumatol 2013 · 72:119-128

Über die DEGUM:
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund 10.000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter:
www.degum.de

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/anwendung-medizin/diagnostik/roentgen/haeufigkeit-exposition.html
www.degum.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1290

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
Friederike Gehlenborg, 30.08.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang