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ONKOLOGIE/1009: Mastdarmkrebs schon vor der Operation bestrahlen (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Medizin - Kommunikation, 04.06.2009

DEGRO: Mastdarmkrebs schon vor der Operation bestrahlen


Berlin - Werden Patienten mit fortgeschrittenem Mastdarmkrebs vor der Operation bestrahlt, so verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor nach einigen Jahren zurückkehrt. Dies gilt auch - und sogar in besonderem Maße - bei einer optimalen Operation. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) anlässlich einer kürzlich in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichten Studie hin. Nach Ansicht der Fachgesellschaft sollte die Strahlentherapie deshalb ein fester Bestandteil der Behandlung aller Betroffenen sein.

Bei Mastdarmkrebs ist die Operation das wichtigste Therapieverfahren. Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien erhalten heutzutage eine präoperative Strahlentherapie oder eine Strahlenchemotherapie. Der chirurgische Eingriff wurde in den letzten Jahren wesentlich verbessert. Heute gilt die "totale mesorektale Exzision" (TME) als optimale Operationsmethode. Das Verfahren verringert nicht nur die Rückfallrate erheblich, sondern schont auch die Nerven, die für Blasen- und Sexualfunktion verantwortlich sind. Bislang war unklar, ob optimal operierte Patienten generell eine Strahlentherapie erhalten sollen, sich bei einer TME ganz darauf verzichten lässt oder ob sie nur zur Anwendung kommen sollte, wenn sich noch Tumorzellen im Randbereich des entfernten Darmabschnitts finden.

Anlässlich einer aktuellen Studie sprechen sich Radioonkologen jedoch dafür aus, alle Patienten mit fortgeschrittenem Mastdarmkrebs zu bestrahlen - und zwar am besten bereits vor der Operation. Dies gilt auch dann, wenn eine optimale Operation in Form einer TME durchgeführt wird. Das internationale Forscherteam bezog 1350 Patienten an 80 Zentren - überwiegend in Großbritannien und Kanada - in die Vergleichsstudie ein. Die Hälfte der Patienten erhielt eine konventionelle Behandlung. Das heißt, sie wurden operiert und danach nur dann bestrahlt, wenn das Operationsergebnis nicht zufriedenstellend war. In der anderen Gruppe erhielten alle Patienten bereits vor der Operation eine Strahlentherapie. "Diese präoperative Radiotherapie hat die Zahl der Tumorrückfälle im Darm in den ersten drei Jahren deutlich gesenkt - von 10,6 Prozent auf 4,4 Prozent", erklärt Professor Dr. med. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. "Dieser positive Effekt wurde auch bei jenen Patienten beobachtet, bei denen die Chirurgen ein optimales Ergebnis erzielten", so Dunst weiter. Zu den besten Therapieergebnissen führte die Kombination von Bestrahlung und optimaler Operation.

"Die präoperative Radiotherapie ist unserer Meinung nach genauso wichtig wie eine optimale Operation", sagt auch DEGRO-Präsident Professor Dr. med. Volker Budach, Chefarzt an der Klinik für Radioonkologie an der Berliner Charité. Bei einigen Patienten könnte als dritte Komponente eine Chemotherapie die Ergebnisse noch weiter verbessern. Die Fachgesellschaft spricht sich deshalb für eine enge Zusammenarbeit von Experten aus Chirurgie, Onkologie und Strahlentherapie aus.

Für die Strahlentherapie spricht auch, dass mittlerweile gut verträgliche und schonende Verfahren zur Verfügung stehen. "Mit modernen Bestrahlungsgeräten können wir heutzutage die Strahlen punktgenau auf den Tumor richten", so Budach. Schäden an der Blase und Potenzstörungen könnten dadurch weitgehend vermieden werden.


Quellen:

Quirke P et al.:
Effect of the plane of surgery achieved on local recurrence in patients with operable rectal cancer: a prospective study using data from the MRC CR07 and NCIC-CTG CO16 randomised clinical trial.
Lancet 2009; 373: 821-828.

Sebag-Montefiore D et al.:
Preoperative radiotherapy versus selective postoperative chemoradiotherapy in patients with rectal cancer (MRC CR07 and NCIC-CTG C016): a multicentre, randomised trial.
Lancet 2009; 373: 811-820

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften, Medizin - Kommunikation, 04.06.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2009