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MELDUNG/001: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 13.11.09 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Gezielt gegen fehlerhafte Plasmazellen
→  Versorgungsmodell (Joint CareR) verbessert Versorgung
      bei arthrosebedingtem hüft- und knie-endoprothetischem Eingriff
→  Virtuelle Reise durch den menschlichen Körper

Raute

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 12.11.2009

Gezielt gegen fehlerhafte Plasmazellen

Autoimmunerkrankungen ist nur schwer oder mit besonders aggressiven Medikamenten zu begegnen, weshalb neue therapeutische und experimentelle Ansätze sehr gefragt sind. Dr. Kirsten Neubert, Biologin am Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin der Universität Erlangen-Nürnberg, ist es gelungen, Möglichkeiten der Behandlung des Systemischen Lupus Erythematodes aufzuzeigen, die weniger Nebenwirkungen als bisher übliche Verfahren erwarten lassen. Für ihre Forschungen wurde Dr. Neubert mit dem renommierten "Hans-Hensch-Preis" ausgezeichnet.

Gewürdigt wurden die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit, darunter insbesondere Arbeiten, die 2008 in den US-amerikanischen Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlicht wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie verleiht den mit 1.500 Euro dotierten Preis jährlich an einen Nachwuchsforscher oder eine Nachwuchsforscherin.

Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) ist eine schwere Autoimmunerkrankung, die meistens junge Frauen betrifft. Plasmazellen, eine Unterart der weißen Blutzellen, produzieren normalerweise Antikörper gegen von außen eindringende Erreger. Durch Fehlsteuerungen können jedoch Autoantikörper hergestellt werden, die körpereigenes Gewebe zerstören. Beim SLE sind besonders die Haut, die Gelenke, die Gefäße, das Nervensystem und die Nieren betroffen. Im letzteren Fall kann es zu lebensbedrohlichen Nierenentzündungen bis hin zum Nierenversagen kommen.

Innerhalb der Zelle werden defekte, überzählige oder unerwünschte Zelleiweiße hauptsächlich in den Proteasomen abgebaut. Proteasominhibitoren hemmen diesen Prozess. Für den Proteasom-Inhibitor Bortezomib, der bereits erfolgreich gegen bösartiges Wachstum von Plasmazellen eingesetzt wird, konnte Dr. Neubert sowohl präventive als auch therapeutische Effekte auf die Lupuserkrankung zweier Mäusearten nachweisen. Die Zahl der Autoantikörper verringerte sich stark, die Proteinkonzentration im Urin nahm drastisch ab, und die Lebenserwartung war - ohne ersichtliche Nebenwirkungen - deutlich verlängert. Dies liegt darin begründet, dass Bortezomib die ansonsten weitestgehend therapieresistenten langlebigen Plasmazellen nahezu vollständig eliminiert. Außerdem reagieren Plasmazellen, wie Dr. Neubert zeigte, aufgrund ihrer stark erhöhten Antikörperproduktion sensitiver auf den Wirkstoff als andere Zellen des Immunsystems. Dieses Ergebnis liefert ein wichtiges Argument für die klinische Anwendung von Bortezomib. Bisherige Behandlungsformen sind relativ ungezielt und deshalb mit starken Nebenwirkungen verbunden. Wird dagegen vorwiegend die Plasmazellpopulation zerstört, könnten weniger belastende Begleiterscheinungen auftreten.

Ihre Doktorarbeit hat Dr. Neubert in der Forschergruppe von PD Dr. Reinhard Voll (Medizinische Klinik III des Universitätsklinikums Erlangen, Direktor Prof. Dr. Georg Schett) angefertigt, die vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) unterstützt wird. Seit August 2008 befasst sie sich als Postdoktorandin im Labor für Biologie Dendritischer Zellen am Nikolaus-Fiebiger-Zentrum (Prof. Dr. Diana Dudziak, Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe, Dermatologische Klinik des Universitätsklinikums Erlangen, Direktor Prof. Dr. Gerold Schuler) mit der Entwicklung therapeutischer Antikörper. Sie hat bereits zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten, unter anderem 2008 den Publikationspreis des IZKF-Erlangen und den Avrion-Mitchinson-Preis für Rheumaforschung des Deutsche Rheumaforschungszentrums.

Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 27.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel "familiengerechte Hochschule".

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution18

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sandra Kurze, 12.11.2009

Raute

Hochschule Bremen - 12.11.2009

Integriertes Versorgungsmodell (Joint CareR) verbessert Versorgung bei arthrosebedingtem hüft- und knie-endoprothetischem Eingriff

Ergebnisse einer Kosteneffektivitätsanalyse

Erstmals wurde in Deutschland die Qualität eines integrierten Versorgungsmodells in der Orthopädie im Vergleich mit herkömmlicher Versorgung klinisch und ökonomisch evaluiert. Die Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus Stenum, der Hochschule Bremen, der DAK, der Barmer Ersatzkasse und dem BKK Landesverband Niedersachsen. Dabei wurden Patienten, die an dem "Joint Care" betitelten Programm teilgenommen haben, mit einer Kontrollgruppe verglichen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen spürbare Vorteile für alle beteiligten Seiten.

Im Rahmen der vom Institut für Gesundheits- und Pflegeökonomie (IGP) durchgeführten Untersuchung wurde eine Qualitätsbeurteilung der medizinischen Versorgung bei orthopädischer Hüft- oder Kniegelenksoperation im kontrollierten Vergleich (Joint CareR vs. Standardversorgung) vorgenommen, indem alle für die Hüft- bzw. Knieendoprothetik relevanten medizinischen und sozioökonomischen Parameter ausgewertet wurden. Die Patienten aus der Joint CareR-Gruppe zeigten insbesondere im direkten postoperativen Verlauf bessere Ergebnisse hinsichtlich aller untersuchten Scores. Die stationäre Verweildauer konnte nahezu halbiert, die Rehabilitationsdauer im Vergleich zu nationalen Durchschnittswerten deutlich reduziert werden. Darüber hinaus erwies sich die Rehospitalisierungsrate für die Patienten aus der Standardgruppe als höher, so dass keine in Verbindung mit der Einführung und Umsetzung des Joint CareR-Verfahrens stehende Einschränkung der Patientensicherheit und kein erhöhtes Komplikationsrisiko anzunehmen ist. Des Weiteren erwies sich die Joint CareR-Intervention insgesamt gegenüber dem Standardverfahren hinsichtlich aller Parameter, die im Rahmen einer Kosten-Nutzwertanalyse untersucht wurden, als überlegen. "Bei den Gonarthrose-Patienten (Gonarthrose: vorzeitiger Verschleiß der knorpeligen Gelenkflächen des Kniegelenkes) erreicht der messbare Nutzen innerhalb der ersten 20 Tage sogar den fünffachen Wert. Das heißt, die Lebensqualität dieser Patienten verbessert sich erheblich", wie Professor Dr. Heinz Janßen, Leiter des Instituts für Gesundheits- und Pflegeökonomie an der Hochschule Bremen, erläutert. Im Hinblick auf den Verbrauch indikationsbezogener Schmerz-, Heil- und Hilfsmittel konnten keine wesentlichen Kostenverlagerungen festgestellt werden. Alles in allem hat die Umsetzung des Joint CareR Programms für beide im Rahmen der vorliegenden Studie betrachteten Patientenpopulationen zu Verbesserungen sowohl aus medizinischer, als auch aus ökonomischer Perspektive geführt, so dass die Umsetzung des Programms - auf Basis der vom Institut ausgewerteten Patientendaten - gerechtfertigt erscheint.

Für Rückfragen:
Prof. Dr. Heinz Janßen
Leiter des Instituts für Gesundheits- und Pflegeökonomie an der Hochschule Bremen
Neustadtswall 30, 28199 Bremen
heinz.janssen@hs-bremen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution148

Quelle: Hochschule Bremen, Ulrich Berlin, 12.11.2009

Raute

Universität des Saarlandes - 12.11.2009

Virtuelle Reise durch den menschlichen Körper

Ist der Schatten auf der Computertomographie wirklich ein Tumor? Wenn Ärzte bei schwierigen Fragen ihre Kollegen um Rat fragen, können sie das jetzt vom heimischen Computer aus tun. Medizinische Untersuchungsbilder mit riesigen Datensätzen lassen sich dort mit dem Programm ImageVis3D darstellen, das von dem Saarbrücker Informatiker Jens Krüger im Team an der Universität von Utah entwickelt wurde. Mit ihren besonderen Funktionen ist die Software bisher weltweit einzigartig. Auch an kleineren Rechnern lassen sich damit blitzschnell umfangreiche 3-D-Daten darstellen und verändern. Seit kurzem ist dies sogar mit Hilfe einer kostenlosen Anwendung auf dem iPhone möglich.

Das Programm ImageVis3D wird bisher vor allem in der Medizin eingesetzt, um wissenschaftliche 3-D-Bilder zum Beispiel aus der 0Computer- oder Magnetresonanztomographie aufzurufen und zu verändern. An jedem gewöhnlichen Computer können damit Wissenschaftler und Ärzte den menschlichen Körper genauer studieren und medizinische Probleme bewerten. Aber auch hochauflösende geografische Bilder, wie die Satellitenbilder von Google Earth, können damit verändert werden. Bisher war die Bearbeitung solcher riesigen Datenmengen nur an leistungsstarken Computern möglich.

Seit kurzem kann sogar der vergleichsweise kleine Rechner eines iPhones dafür eingesetzt werden, um Bilder des menschlichen Körpers zu visualisieren. ImageVis3D Mobile heißt die Anwendung, die im App Store der Firma Apple kostenfrei heruntergeladen werden kann. In den ersten Tagen machten davon schon mehrere tausend Nutzer Gebrauch. Das Programm ImagelVis3D lässt sich auch in andere Softwareumgebungen leicht integrieren und ist durch seinen modularen Aufbau flexibel einsetzbar. Es basiert auf einer Software, die am Institut Science Computing and Imaging (SCI) der Universität von Utah entwickelt wurde.

Etwa ein Jahr lang hat Jens Krüger in Salt Lake City an dem Programm gearbeitet, unterstützt von dem Software-Entwickler Tom Fogal, der an der Universität von Utah forscht. Als Teil eines biomedizinischen Projekts wurde ImageVis3D vom amerikanischen Gesundheits- und Energieministerium finanziert. Seit kurzem leitet Jens Krüger eine Forschergruppe im Exzellenzcluster "Multimodal Computing and Interaction" (MMCI) der Universität des Saarlandes. Die Forschergruppe ist am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken angesiedelt. Dort wird Jens Krüger sich noch intensiver damit beschäftigen, wie man ganze 3-D-Welten auf kleine Rechner bringen kann.

Hintergrund:

Der Exzellenzcluster "Multimodal Computing and Interaction" der Universität des Saarlandes wird im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern gefördert. Es wurde vor zwei Jahren gegründet und vereint die Informatikforschung an der Universität des Saarlandes, dem Max-Planck-Institut für Informatik, dem Max-Planck-Institut für Softwaresysteme sowie dem Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Das Exzellenzcluster hat sich zum Ziel gesetzt, multimodale Informationen wie Texte, Audios, Videos und Bilder effizient zu organisieren, zu verstehen und zu durchsuchen.

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.mmci.uni-saarland.de/index.php?id=139&L=1
- http://ivda.cs.uni-saarland.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution8

Quelle: Universität des Saarlandes, Friederike Meyer zu Tittingdorf, 12.11.2009

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2009