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MELDUNG/062: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 18.02.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Das Immunsystem scharf stellen gegen Krebs und Infektionen
→  Wie das Immunsystem Krankheitserreger und sich selbst kontrolliert
→  Universität Bonn und Bayer Schering Pharma AG vereinbaren wissenschaftlichen Austausch

Raute

Wilhelm Sander-Stiftung - 17.02.2010

Das Immunsystem scharf stellen gegen Krebs und Infektionen

Die Knochenmarks- oder auch Blutstammzelltransplantation ist eine inzwischen häufig angewandte Therapieform bei bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems und ist für viele Patienten die letzte Chance auf Heilung ihrer Krebserkrankung.

Trotz vielfältiger Verbesserungen in den Behandlungsmodalitäten und einer Vielzahl neuer Medikamente, die insbesondere die Behandlung von Infektionen nach einer Stammzelltransplantation erleichtern, erleiden viele Patienten nach einer solchen Transplantation schwere Infektionskomplikationen oder auch einen Rückfall ihrer Grunderkrankung. Auf der ganzen Welt werden deswegen Möglichkeiten erforscht, um das Immunsystem des Knochenmarksspenders für den Kampf gegen Infektionen und die Krebserkrankung im Patienten fit zu machen. Erschwerend kommt hierbei hinzu, dass sowohl Krankheitserreger als auch Krebszellen ihrerseits Strategien entwickeln, um einer Abwehrreaktion des Immunsystems zu entkommen.

Für die Einleitung und die Aufrechterhaltung einer zielgerichteten Abwehrreaktion des Immunsystems ist das Zusammenspiel einer Vielzahl verschiedener Komponenten notwendig. Hierbei spielen nicht nur Immunzellen mit unterschiedlichen Funktionen eine Rolle, sondern auch als Zytokine bezeichnete Regulatormoleküle, die von den verschiedenen Typen von Immunzellen hergestellt werden können. Es sind erst diese Regulatormoleküle/Zytokine, die den unterschiedlichen Immunzellen das Signal zur Aktivierung geben und auf diese Weise das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten des Immunsystems orchestrieren. Die Wirkung einzelner solcher Zytokine und deren Zusammenspiel sind bisher nur unvollständig verstanden.

Im Rahmen des hier geförderten Forschungsprojektes soll die Wirkung einer bestimmten Gruppe von Zytokinen, den so genannten TNF-Liganden auf die Aktivierung und Funktion von T-Zellen, einem bei der Knochenmarkstransplantation besonders wichtigen Typ von Immunzellen, untersucht werden. Um die Wirkung einzelner dieser TNF-Liganden systematisch analysieren zu können, sollen künstliche Immunzellen mit einer definierten Menge der zu untersuchenden Moleküle bestückt werden. Die so hergestellten künstlichen Immunzellen werden dann dazu eingesetzt, in der Zellkultur T-Zellen zu aktivieren, daher eine Immunreaktion auszulösen. Auf die beschriebene Weise kann die Wirkung unterschiedlich bestückter künstlicher Immunzellen auf die Entstehung einer T-Zell-abhängigen Abwehrreaktion systematisch untersucht werden. Es ist auf diese Weise möglich, nicht nur die Wirkung einzelner Zytokine miteinander zu vergleichen sondern es wird auch ein Vergleich von unterschiedlichen Kombinationen dieser Regulatormoleküle/Zytokine in unterschiedlichen Konzentrationen möglich sein.

Ziel ist es mit Hilfe der künstlichen Immunzellen, das Zusammenspiel des Immunsystems im Patienten besser zu verstehen und wo nötig die Instrumente zu Verfügung zu haben, eine wünschenswerte Immunantwort auszulösen und aufrecht zu erhalten.

Kontakt:
Dr. Götz Ulrich Grigoleit
Medizinische Klinik und Poliklinik II
Josef-Schneider-Straße 2, 97080 Würzburg
E-Mail: grigoleit_@klinik.uni-wuerzburg.de

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 190.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 17.02.2010

Raute

Wilhelm Sander-Stiftung - 17.02.2010

Immunität und Toleranz
Wie das Immunsystem Krankheitserreger und sich selbst kontrolliert

Viele Zivilisationserkrankungen, z.B. Rheuma und Multiple Sklerose, sind Autoimmunerkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen eigene Körperzellen richtet und diese zerstört. Im gesunden Menschen werden solche Autoimmunkrankheiten weitgehend durch zentrale Selektions- und Toleranzmechanismen im Knochenmark und Thymus unterdrückt, bei denen die Lymphozyten "gecheckt" und dann stillgelegt oder abgetötet werden.

Trotzdem entweichen noch viele auto-reaktive Lymphozyten in den Körper, die Autoimmunerkrankungen hervorrufen können. Diese werden durch Anergie- oder Toleranz-Induktion, die eine Form der peripheren Toleranzmechanismen darstellt, entschärft. Dabei werden die Proliferation, die Synthese von Lymphokinen oder Antikörpern von Lymhozyten unterbunden. Mechanismen dafür sind z.B schwache Aktivierungssignale. Interessanterweise führt das zu einer "Unempfindlichkeit" der Lymphozyten gegenüber späterer Aktivierung durch Antigene. Demgegenüber führen zu starke Aktivierungssignale oft zum Tod der Lymphozyten durch Apoptose (den "programmierten" Zelltod). Ein weiterer Mechanismus der Toleranz-Induktion ist vor einigen Jahren mit der Entdeckung der regulatorischen T-Zellen (Treg-Zellen) beschrieben worden. Sie produzieren kaum Lymphokine, sondern können über direkte Kontakte die Aktivität von Lymphozyten dämpfen und dadurch Autoimmunerkrankungen unterdrücken.

Unsere Arbeitsgruppe in Würzburg interessiert seit Jahren, wie die Funktionsweise des Immunsystems durch Transkriptionsfaktoren reguliert wird. Das sind Kernproteine, die die Aktivität von Genen steuern. Dabei haben wir uns auf die sog. NFAT (für 'Nuclear Factor of Activated T Cell')-Faktoren konzentriert. Grund dafür war, dass diese Faktoren für das Immunsystem sehr wichtig sind: wird ihre Aktivität - z.B. durch Cyclosporin A - gehemmt, ist das Immunsystem lahm gelegt. Die Anwendung von Cyclosporin A war ein Durchbruch in der Transplantationsmedizin und rettete Tausenden von Patienten das Leben. Man kann somit sagen, dass die Hemmung der NFAT-Faktoren ihnen ein neues Leben schenkte!

Gemeinsam mit dem Labor von Prof. Edgar Schmitt am Institut für Immunologie der Universität Mainz konnten wir zeigen, dass die Faktoren NFATc2 und c3 maßgeblich an der Toleranzinduktion durch regulatorische T-Zellen beteiligt sind. Interessanterweise ist auch von einer anderen Arbeitsgruppe NFATc2 als ein Faktor beschrieben worden, der an der Anergie- und Toleranz-Induktion von T-Zellen beteiligt ist. Das ist jedoch nur eine Facette der Rolle von NFAT-Faktoren. Im Gegensatz zu NFATc2 wird die Synthese des Faktors NFATc1 nach Stimulierung der Lymphozyten enorm verstärkt. Dabei wird eine kürzere Form des NFATc1-Faktors, NFATc1/aA genannt, gebildet. Diese Induktion fehlt in Treg-Zellen, und sie wird durch diese in normalen T-Zellen unterdrückt. Gleichfalls wird NFATc1 in anergischen T-Zellen nicht induziert. Das heißt mit anderen Worten: ein NFAT-Faktor, NFATc2, ist an der Anergie-Induktion maßgeblich beteiligt, ein anderer, NFATc1, wird in anergen Zellen unterdrückt.

Somit stellt sich die Frage, ob NFATc1 die Anergie von Lymphozyten "brechen" kann. Vieles spricht dafür! Vor allem neuere Daten unseres Labors, die durch die Untersuchung von B-Zellen aus sog. konditionellen NFATc1-ko-Mäusen erhalten wurden. Das sind Mäuse, in denen nur in B-Zellen das NFATc1-Gen ausgeschaltet wurde. Diese NFATc1-/- B-Zellen zeigen eine herabgesetzte Proliferation und gesteigerte Apoptose, und sie können T-Zellen anergisieren, d.h. ihre Proliferation hemmen und die Interleukin 2-Synthese der T-Zellen herabsetzen. Aus diesen und weiteren Befunden schließen wir, dass NFATc1 für die Immunabwehr außerordentlich wichtig ist. So könnte die Entwicklung von Medikamenten, die die Induktion von NFATc1/aA selektiv hemmen, einen gleichen Segen wie die Anwendung von Cyclosporin A darstellen. Solche Medikamente würden nicht - wie Cyclosporin A - das Immunsystem komplett lahm legen, sondern vor allem die Aktivität von auto-reaktiven Lymphozyten und damit die Entstehung von Autoimmunerkrankungen hemmen.

Kontakt:
Prof. Dr. Edgar Serfling
Abteilung für Molekulare Pathologie des Pathologischen Instituts
Universität Würzburg
E-Mail: serfling.e@mail.uni-wuerzburg.de

Die Wilhelm Sander-Stiftung förderte dieses Forschungsprojekt über vier Jahre mit über 450.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 17.02.2010

Raute

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 17.02.2010

Universität Bonn und Bayer Schering Pharma AG vereinbaren wissenschaftlichen Austausch

Die Universität Bonn hat eine Vereinbarung mit der Bayer Schering Pharma AG zum wissenschaftlichen Austausch getroffen. Das Unternehmen wird sich künftig an der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern in den Bereichen Pharmaforschung und Biomedizin beteiligen, etwa durch Praktikumsplätze, Nachwuchsförderpreise und Stipendien. Außerdem wurde ein regelmäßiger wissenschaftlicher Austausch zwischen der Universität und dem Unternehmen vereinbart.

Kooperationspartner auf Seiten der Universität Bonn sind das Pharma-Zentrum Bonn vertreten durch Professor Dr. Christa E. Müller und Professor Dr. Alexander Pfeifer und das LIMES-Institut (Life and Medical Sciences) vertreten durch Professor Dr. Michael Hoch. Die Studierenden des neuen Masterstudiengangs Arzneimittelforschung/Drug Research und des Exzellenzstudiengangs Molekulare Biomedizin profitieren unmittelbar von der nun getroffenen Vereinbarung.

Stipendien und Promotionspreise

Die Bayer Schering Pharma AG stellt den betreffenden Studierenden nämlich Praktikumsplätze an seinen Standorten Wuppertal und Berlin zur Verfügung. Darüber hinaus sponsert das Unternehmen die Vergabe von Förderpreisen für herausragende akademische Promotionen, die Studierende im Bereich Pharma-Forschung bzw. Biomedizin erstellt haben. Es hat sich zudem bereit erklärt, Stipendien an Studierende der Bonner International Graduate Schools (BIGS) Drug Sciences und LIMES zu vergeben.

Die Bonner Wissenschaftler und das Unternehmen haben außerdem verabredet, sich jährlich bei einem Symposium zum Wissenschaftsaustausch zwischen Pharmaindustrie und Universität zu treffen.

Diese Aktivitäten sollen den Grundstein legen für neue Kooperationsprojekte von Arbeitsgruppen der Universität Bonn und der Bayer Schering Pharma AG auf dem Gebiet der Arzneimittelforschung und -entwicklung und bedeuten den Ausbau der bereits bestehenden Partnerschaft.

"Die Bayer Schering Pharma AG ist in der Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln und Medizinprodukten international erfolgreich. Die Universität Bonn wiederum verfügt über eine exzellente Forschung und Lehre in den Bereichen Pharmakologie und Biomedizin", sagt Professor Dr. Christa E. Müller. "Die jetzt getroffene Vereinbarung gibt uns und dem Unternehmen die Chance, diese Stärken zum beiderseitigen Nutzen miteinander zu kombinieren."

Kontakt:
Prof. Dr. Christa E. Müller
Pharmazeutisches Institut der Universität Bonn
E-Mail: christa.mueller@uni-bonn.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution123

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Dr. Andreas Archut, 17.02.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2010