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MELDUNG/217: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 19.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Erster Doktor der Pflegewissenschaft in Vallendar
→  Heilen Stammzellen die Querschnittlähmung?
→  Interdisziplinäre Fachtagung "Gesundheit: ein Erfolgsfaktor für Bildung" an der FH Jena
      - eine Retrospektive

Raute

Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar - 18.10.2010

Erster Doktor der Pflegewissenschaft in Vallendar

Markus Mai aus Trier entwickelt ein neues Verfahren zur Einschätzung des Sturzrisikos von Patienten im Krankenhaus und erhält Doktorwürde

Die Pflegewissenschaftliche Fakultät der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar (PTHV bei Koblenz) hat vier Jahre nach Aufnahme des Lehrbetriebs nun erstmals den Titel eines Doktors der Pflegewissenschaft (Dr. rer. cur.) vergeben. Im Rahmen des diesjährigen Fakultätsfestes wurde Markus Mai aus Trier für seine Dissertation zum "Sturzrisiko von Patienten im Krankenhaus" damit geehrt. Ferner wurden während des Festaktes acht Absolventen des Masterstudiums Pflegewissenschaft feierlich verabschiedet. Zugleich konnte Prof. Frank Weidner, Dekan der Fakultät, vor rund 140 Gästen aus Wissenschaft, Praxis, Kirche und Politik vier neue wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Fakultät begrüßen, die ab Januar 2011 ihre Forschungstätigkeit aufnehmen werden. Prof. Weidner begrüßte die Gäste des Festaktes mit dem eingängigen und zeitgemäßen Bild von Aussaat und Ernte. Er wies darauf hin, dass es bereits zehn Jahre her ist, dass mit den Planungen zum Promotionsprogramm in Vallendar begonnen wurde. "Wir wissen es vom Weine her, dass ein guter Jahrgang nicht selten viele Jahre braucht, um ein ganz besonderer zu werden!" so Weidner. Insgesamt studieren zurzeit 45 Doktoranden der Pflegewissenschaft in Vallendar, von denen weitere kurz vorm Abschluss ihrer Studien stehen. Dann skizzierte Weidner wesentliche Marksteine der Fakultätsentwicklung der vergangenen Monate. Er hob dabei das Engagement der Träger der Hochschule hervor, die vor einigen Monaten beschlossen hatten, die Fakultät um weitere Lehr- und Forschungsgebiete auszubauen.

Damit einher gehen wird auch ein erweitertes Studienangebot. In diesem Zusammenhang begrüßte Weidner auch die vier neuen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, die ab 2011 in der Fakultät mitarbeiten werden. Sie werden eingesetzt, um insbesondere die Forschungsprofile der bislang vorhandenen vier Lehrgebiete weiterzuentwickeln. Im Rahmen des ersten abgeschlossenen Promotionsverfahrens der Fakultät hat Dr. Markus Mai ein neues Erhebungsinstrument zur Einschätzung des Sturzrisikos von Patienten in Krankenhäusern entwickelt. Prof. Dr. Albert Brühl, Lehrstuhl Statistik und standardisierte Verfahren der Pflegeforschung der PTHV, wies in seiner Laudatio darauf hin, "dass jährlich in Deutschland bei Patienten während des Krankenhausaufenthaltes schätzungsweise 700.000 Stürze stattfinden." Die Sturzursachen sind dabei vielfältig und hängen sowohl mit den räumlichen Gegebenheiten in den Krankenhäusern als auch mit dem Gesundheitszustand und den Lebensgewohnheiten der Patienten zusammen. Etwa 30% der Stürze können folgenreich für die Patienten sein. Sie führen nicht selten zu einer deutlich höheren Verweildauer und höheren Kosten. "Durch ein gänzlich neues Verfahren, mithilfe von komplexen statistischen Methoden, ist es Markus Mai in hervorragender Weise gelungen, ein wiederum sehr einfach anwendbares Instrument zu entwickeln", so Brühl weiter. Dieses ermöglicht anhand weniger Faktoren eine eindeutige Zuordnung von Patienten zu einer von zwei Risikogruppen. Der Gruppe mit erhöhtem Risiko wird dann während des Krankenhausaufenthaltes besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung zuteil. Zugleich eignet sich dieses hier erstmals angewandte Verfahren auch zur Entwicklung von Einschätzungsinstrumenten weiterer Risiken, wie dem des Wundliegens von Patienten.

Des Weiteren erhielten während des Festaktes insgesamt acht erfolgreiche Absolventen des Masterstudiengangs Pflegewissenschaft ihre Urkunden aus den Händen der Fakultätsleitung. Sie hatten sich zuvor in drei Semestern intensiv mit pflegerischen Handlungsfeldern, Forschungsmethoden und theoretischen Grundlagen der Pflege auseinandergesetzt. Der Masterstudiengang bereitet auf forschende, entwickelnde und beratende Tätigkeiten in speziellen Handlungsfeldern der Pflege vor.



Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.pthv.de/pflegewissenschaft/


Die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
ist eine kirchlich und staatlich anerkannte Wissenschaftliche Hochschule (Universität) in freier Trägerschaft. Die Träger sind die Vinzenz Pallotti gGmbH Friedberg und die St. Elisabeth gGmbH Waldbreitbach. Rund 50 Professoren und Dozenten forschen und lehren an der PTHV und betreuen etwa 250 Studierende. Die Finanzierung wird durch die Träger, Förderer und Sponsoren sowie durch Studienbeiträge sichergestellt. Die Pflegewissenschaftliche Fakultät im Universitätsrang ist einzigartig im deutschsprachigen Raum.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1375

Quelle: Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar, Maria Peters, 18.10.2010

Raute

Universitätsklinikum Heidelberg - 18.10.2010

Heilen Stammzellen die Querschnittlähmung?

Neuer Forschungsschwerpunkt an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg / Fachsymposium zum Amtsantritt des neuen Ärztlichen Direktors Professor Norbert Weidner am 22. und 23. Oktober 2010

Wie kann man mit Hilfe von Stammzellen durchtrennte Nervenstränge wieder neu verknüpfen? Was braucht es, damit die Nervenzellen anschließend wieder funktionieren? Neue Therapieansätze bei Querschnittlähmung stehen seit 2010 im Fokus einer neuen Forschungsgruppe der Klinik für Paraplegiologie an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. Ins Leben gerufen wurde die Arbeitsgruppe "Experimentelle Neuroregeneration" von Professor Dr. Norbert Weidner, seit Dezember 2009 Ärztlicher Direktor der Klinik.

Zur feierlichen Amtseinführung von Professor Weidner findet am 22. und 23. Oktober ein Fachsymposium zu Neuroregeneration und Neurorehabilitation in der Orthopädischen Klinik Heidelberg statt: International führende Wissenschaftler stellen den aktuellen Stand der Forschung zu Verletzungen und Heilungsprozessen des zentralen Nervensystems sowie moderne Therapiekonzepte vor.

Regeneration zerstörter Nervenbahnen mit Stammzellen und Gentherapie

Werden bei einem Unfall oder durch seltene Entzündungen oder Tumoren das Rückenmark verletzt und dabei Nervenbahnen durchtrennt, können sie sich spontan nicht mehr erholen - Lähmungen der Arme und Beine sowie der Blase und des Darmes sind die Folge.

Wie unterbrochene Nervenbahnen dazu gebracht werden können, wieder zusammenzuwachsen und Signale vom und zum Gehirn weiterzuleiten, daran forscht Professor Norbert Weidner seit vielen Jahren. Dabei konzentriert er sich besonders darauf, Therapieansätze mit Stammzellen weiterzuentwickeln: Stammzellen aus Knochenmark oder Nervengewebe werden in das beschädigte Rückenmark transplantiert und regen die benachbarten Nervenzellen an, Zellfortsätze wie Fühler auszustrecken. "Das größere Problem ist es, die Zellen dazu zu bewegen, auch über längere Distanzen wieder an ihre ursprünglichen Kontaktstellen im Rückenmark anzuknüpfen", erklärt Professor Weidner.

Einen Durchbruch auf diesem Gebiet schaffte Professor Dr. Armin Blesch, der seit 1. Juli 2010 das Wissenschaftlerteam um Professor Weidner als Leiter der neuen Sektion "Neuroregeneration" in der Klinik für Paraplegiologie verstärkt. Professor Blesch forschte die letzten 15 Jahre an der University of California in San Diego, USA. Er kombinierte im Tierversuch die Stammzelltherapie mit einer sogenannten Gentherapie: Dabei werden Abschnitte der Erbinformation (DNA) mit dem Bauplan für ein bestimmtes Eiweiß in die Nervenzellen eingeschleust. Bilden die Zellen dieses Protein, wirkt das wie ein Lockstoff auf andere Nervenzellen: Sie nehmen mit ihren Zellfortsätzen Kontakt zu den behandelten Zellen in ihrem ursprünglichen Zielgebiet auf, die Verbindung ist wieder hergestellt. Die Studie wurde im September 2009 in der Fachzeitschrift "Nature Neuroscience" veröffentlicht.

Neue Therapieansätze kombiniert mit moderner Neurorehabilitation

Der erste Schritt zu einer neuen Therapie ist gemacht, bis zur klinischen Umsetzung ist es allerdings noch ein weiter Weg. "Ganz wesentlich für die Effektivität eines Stammzell-basierten Therapieansatzes wird die Kombination mit modernen neurorehabilitativen Konzepten sein", so Professor Weidner. Gemeint sind sogenannte technische Assistenzsysteme in Form von robotischen Gehrtrainingsmaschinen, mit denen nicht vollständig Gelähmte bereits heute ein intensives Gehtraining absolvieren können. Nur so können neu geknüpfte Nervenverbindung auch "freigeschaltet" werden. "Am Heidelberger Universitätsklinikum bietet die enge Zusammenarbeit mit dem bereits etablierten Bereich Experimentelle Neurorehabilitation unter der Leitung von Dr. Rüdiger Rupp deutschlandweit einzigartige Voraussetzungen, um ein tragfähiges, regenerationsförderndes Therapiekonzept zu entwickeln", so Professor Weidner. Weitere Themen des Symposiums sind u.a. aktuelle Entwicklungen von technischen Neuroschnittstellen, zu denen Neuroprothesen zur Wiederherstellung von gelähmten Funktionen und Brain-Computer Interfaces zur Gedankensteuerung zählen, aber auch Perspektiven in der Behandlung von Parkinson. Die Veranstaltung findet am 22. und 23. Oktober 2010 in der "Alten Kapelle" der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg, Schlierbacher Landstraße 200 a, 69118 Heidelberg statt. Die Vortragssprache ist englisch.

Weitere Informationen
über die Klinik für Paraplegiologie:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Klinik-fuer-Paraplegiologie.115090.0.html?&L=de

Programm unter:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Aktuelles.115093.0.html?&L=de

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Norbert Weidner
Ärztlicher Direktor der Klinik für Paraplegiologie
Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg
E-Mail: Norbert.Weidner@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg
ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.600 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 18.10.2010

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Fachhochschule Jena - 18.10.2010

Interdisziplinäre Fachtagung "Gesundheit - ein Erfolgsfaktor für Bildung" an der FH Jena

Eine Retrospektive

Von Michaela Friedrich


(18. Oktober 2010) Zum zweiten Mal in Thüringen fand am 7. Oktober die Interdisziplinäre Fachtagung an der Fachhochschule Jena statt. Der Studiengang Augenoptik/Optometrie hatte in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzkreis Gesundheit der FH Jena Interessierte eingeladen, die sich mit Kindern, Bildung und Gesundheit beschäftigen. Der Teilnehmerkreis setzte sich aus Pädagogen, Erziehern, Therapeuten und Studierenden der Augenoptik/Optometrie sowie Kollegen und Mitarbeitern der FH Jena zusammen.

Das interdisziplinäre Vortragsprogramm von renommierten Referenten sowie ein attraktives und praxisnahes Workshopprogramm weckten großes Interesse unter den Teilnehmern. Außerdem wurde die Tagung für einen regen Erfahrungsaustausch genutzt. Das Konferenzzentrum der FH Jena füllte sich an diesem Tag mit vielen Menschen, denen besonders an Bildung und Gesundheit liegt. In erster Linie war die Tagung für Lehrer ausgerichtet, aber auch Erzieher, Pädagogen und Therapeuten fanden sich ein. Die Eröffnung der Tagung erfolgte durch die Rektorin der Fachhochschule Jena, Prof. Dr. Gabriele Beibst, die als erstes das Grußwort des Thüringischen Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herrn Christoff Matschie, vortrug. Dieser unterstützt den "ganzheitlichen Ansatz der Gesundheitsförderung" an Thüringer Schulen. Demzufolge kann "richtiges" Lernen nur in der Zusammenarbeit entstehen. Der Minister umschrieb dies wunderbar mit dem Zitat: "Für die Erziehung eines Kindes braucht man ein ganzes Dorf."

In ihrer Rede stellte die Rektorin die Arbeit der Hochschule auf den Gebieten Bildung und Gesundheit in den verschiedenen Fachbereichen vor. Die Tagung wurde deshalb von der FH Jena ausgerichtet, weil in den verschiedenen Fachbereichen Spezialisten auf ihren Gebieten arbeiten und forschen sowie interdisziplinär zusammen arbeiten. Die Rektorin forderte daher auf, gemeinsam etwas zu tun um gemeinsam etwas zu bewirken.

Prof. Dr. Martin Schröck, als Vertreter des Fachbereichs SciTec, stellte anhand seines eigenen Erlebnisses dar, welche Einschränkung eine nicht korrigierte Fehlsichtigkeit auf das Lernen in der Schule haben kann. Diesem Thema ist u.a. auch ein Schwerpunkt der Arbeit des Studienganges Augenoptik/Optometrie, im Speziellen der Zusammenhang von visuellen Defiziten und Lese-Rechtschreib-Problemen. Lese-Recht-Schreibprobleme wie auch andere Entwicklungsdefizite können im Zusammenhang mit Sehproblemen, wie z.B. verschwommenes oder angestrengtes Sehen, auftreten. Bleiben die Defizite unerkannt, können Leistungseinschränkungen in der Schule die Folge sein.

Das Vortragsprogramm der Tagung bot ein breites Spektrum und behandelte verschiedene Themen zu den Schwerpunkten: "Sehen - Hören - Wahrnehmen: Defizite erkennen, Handicaps vermeiden!". Als erstes referierte Prof. Dr. Stephan Degle (FH Jena) zum Thema "Wie viel Gesundheit brauchen wir? - Gesundheit im Spiegel der Zeit". Er begann mit der Einführung, dass das Gesundheitsinteresse mit zunehmendem Alter steigt. In einer Zeitreise erläuterte er verschiedene Auffassungen von der Gesundheit - von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit. In der heutigen Zeit ist jeder selbst verantwortlich für sich und seine Gesundheit etwas zu tun. Dieser Gedanke verbirgt sich hinter dem Begriff "Selfness", wodurch körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden erreicht werden soll.

Den Themenvortrag "Bildung und Gesundheit - zwei Erfolgsfaktoren" hielt die Sprecherin des neu gegründeten Kompetenzkreises Gesundheit der FH Jena, Prof. Dr. Heike Kraußlach. Sie stellte heraus, dass ein Zusammenhang zwischen der sozialen und gesundheitlichen Lage besteht und zeigte anhand von Forschungsergebnissen (v.a. von Mielck), dass wesentliche Erkrankungen bei Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau und Berufsstatus häufiger auftreten. Demzufolge führt soziale Ungleichheit zu gesundheitlicher Ungleichheit. An den Beispielen des Betrieblichen Gesundheitsmanagement und der Personalentwicklung zeigte Prof. Kraußlach dann verschiedene Lösungsmöglichkeiten auf, die insbesondere für Unternehmen geeignet sind. Prof. Dr. Eckhard Hoffmann (Hochschule Aalen) präsentierte im Anschluss Ergebnisse von Screening zum Sehen, Hören und Gleichgewicht bei über 8000 Schulkindern. Er machte deutlich, dass die größten Defizite im Bereich des Gleichgewichts zu finden sind. Außerdem konnte er aufzeigen: je schlechter das Gleichgewicht ist, umso schlechter sind auch die schulischen Leistungen der Kinder.

Nach der Mittagspause stellte Prof. Dr. Guntinas-Lichius (Universitätsklinikum Jena) die Bedeutung des Hörens anhand der peripheren und zentralen Hörverarbeitung des Menschen vor. Aufgrund aktueller Forschungen kann davon ausgegangen werden, dass die Reizverarbeitung bei Hörschädigungen anders abläuft als bei normal Hörenden. Zudem wirken sich auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen nicht nur auf das Hören aus, sondern auch auf das Sehen. Umso mehr ist es wichtig, Hörstörungen frühzeitig aufzudecken. Eine gezielte Maßnahme stellt hier das Neugeborenen-Hörscreening dar, welches jetzt im Rahmen der U-Untersuchungen nach der Geburt durchgeführt wird.

Um das Thema "Hören" ging es auch im Vortrag von Prof. Dr. Bruno Spessert (FH Jena). Er zeigte anhand von Küchengeräten auf, mit welcher Lärmbelastung wir täglich umgehen. Sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich gibt es jedoch eine Menge Möglichkeiten, den Lärm zu reduzieren. Hier gibt es verschiedene Varianten zur Geräuschoptimierung, -reduktion und -schutz, wobei die praktische Umsetzung oft wegen Kosteneinsparung nicht stattfindet.

Im Anschluss weckte Prof. Dr. Ulrich Smolenski (Universitätsklinikum Jena) großes Interesse, mehr Bewegung in den Alltag zu bringen. In seinem Vortrag zeigte er die Aufgabe der Wirbelsäule in der Balance zwischen Stabilität und Motilität. Sie dient aufgrund ihrer Anatomie zum einen der Stabilisierung, zum anderen aber der aktiven Bewegung, was im Wesentlichen durch die umgebende Muskulatur erreicht wird. Demzufolge müssen die Rückenmuskeln entsprechend eingesetzt werden, was sich jedoch in er sich immer weniger bewegenden Gesellschaft als sehr schwierig gestaltet.

Im letzten Vortrag zeigte Hartwig Gauder (Universitätsklinikum Jena) anhand von praktischen Übungen auf, welche Möglichkeiten es gibt, auch mit kleinen Übungen mehr Bewegung und Entspannung in den Alltag einzubringen. Dabei ließ er das Publikum aufstehen und einige kurze Übungen mitmachen. In seinem Vortrag stellte der Goldmedaillengewinner im Gehen von 1980 seine eigene Lebensgeschichte mit deren Höhen und Tiefen vor und motivierte so sehr authentisch für eine gesunde Lebensführung.

Vertiefen und praktisch anwenden konnten die Teilnehmer ihr neues Wissen in den Workshopsessions am Vor- und Nachmittag. Insgesamt wurden neun Workshops angeboten, in denen vor allem die Praxisrelevanz der Themen stand. Im Workshop 1 stellte Meike Scherbaum unter dem Titel "Bildung kommt ins Gleichgewicht" - Ein Gleichgewichtsprogramm für den täglichen Unterricht vor. Viel Bewegung konnten die Teilnehmer im Workshop 2 selbst erfahren. Zum Thema "Beweg dich, Schule! - Bewegung im täglichen Unterricht der Klassen 1 bis 4" stellte Barbara Boedicker Übungen vor, wie der alltägliche Schulunterricht mit Bewegung angereichert werden kann. Den Umgang mit Situationen, in denen Erste Hilfe in der Schule benötigt wird, stellte Detlef Taugnitz vom Deutschen Roten Kreuz Jena in seinem Workshop an praktischen Beispielen vor. Ingo Kleinke von der Unfallkasse Thüringen zeigte in seinem Workshop "Lärmkoffer und Lärmampel - nützliche Helfer in der Praxis" wie relevant das Hören in der Schule ist und welchen Belastungen unser Hörsystem im täglichen Schulalltag ausgesetzt ist.

"Gesundheitsinformationen im Internet: Suchen, Finden und Bewerten!" konnten mit Dr. Sylvia Sänger praktisch ausprobiert werden. Die Wichtigkeit der Sprache stellten Antje Salzmann und Sigrid Tränker in ihrem Workshop zum Thema "Sprache in Bewegung bringen - die Sprachentwicklung unter Berücksichtigung der motorischen Entwicklung" dar. In welchem Zusammenhang Wahrnehmungs- und Bewegungsauffälligkeiten mit Sprachentwicklungsverzögerungen in Verbindung stehen, konnten die Teilnehmer aus der Praxisarbeit der Therapeutinen erfahren. Die Sprachentwicklung ist letztlich das Endprodukt einer harmonischen Bewegungs- und Wahrnehmungsreifung. Michaela Friedrich bot die Möglichkeit selbst zu erfahren, was schlechtes Sehen im Schulunterricht bedeutet und wie man Abhilfe mit einfachen Mitteln schaffen kann. Die Dozentin des Studiengangs Augenoptik/Optometrie brachte den Teilnehmern außerdem wesentliche Aspekte des Sehens näher und stellte Defizite des Sehens sowie deren Auswirkungen auf den Schulalltag vor. Die Bachelorstudentin Marion Fassnacht wies auf die Bedeutung des guten Sehens im Schulsport hin und stellte hier adäquate Korrektionsmöglichkeiten mit Sportbrillen und Kontaktlinsen im Schulsport vor. Im Workshop von Dörte Fehling durften die Teilnehmer selbst Pilates-Übungen zur Anspannung und Entspannung der Muskulatur ausprobieren. Diese Übungen tragen wesentlich zur Kräftigung der Tiefen-Muskulatur bei und sorgen bei regelmäßiger Duchführung auch für eine gute Haltung und damit für eine gute Ausstrahlung. Sportlich ging es auch im Workshop "Mental Walking" von Hartwig Gauder zu. Nach seinem Vortrag im Anzug wechselte er zu Sportsachen und Laufschuhen und leitete seine Teilnehmer zur richtigen Gehweise an.

Die Pausen zwischen den Vorträgen und Workshops nutzten die Teilnehmer vor allem zu einem regen Austausch. Wie auch im letzten Jahr war der Hauptgedanke der diesjährigen Fachtagung, das Wissen und die Erfahrung verschiedener Berufsgruppen, die sich mit Bildung und Gesundheit beschäftigen, zu bündeln. Die Kompetenzen der unterschiedlichen Fachrichtungen sollen dazu beitragen, Defiziten im Sehen, Hören und Gleichgewicht präventiv zu begegnen, sie zu erkennen und interdisziplinär zu betrachten sowie gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

Die Interdisziplinäre Fachtagung an der FH Jena mit dem Schwerpunkt "Bildung - ein Erfolgsfaktor für Bildung" wird sich hoffentlich fest in Thüringen etablieren. Als kleine, aber feine Veranstaltung präsentierte sie in diesem Jahr fachliche und aktuelle interdisziplinäre Themen rund um Bildung und Gesundheit. Damit ist diese Tagung ein fachlicher Vorreiter und unterstützt aktiv die aktuellen Entwicklungen, in Thüringen mehr für die Gesundheit und Vorsorge bei Kindern zu tun. Hauptaspekt der Interdisziplinären Fachtagung ist es, Menschen verschiedener Berufsgruppen zusammen zu führen und mit dem Erfolgsfaktor "Gesundheit" optimales Lernen und Leisten für Lehrende und Lernende zu ermöglichen. Mit der Tagung konnte ein wichtiger Baustein für neue Kooperationen und interdisziplinäre Zusammenarbeit in Thüringen gelegt werden. Der Zuspruch bestärkt den Studiengang Augenoptik/Optometrie gemeinsam mit dem Kompetenzkreis Gesundheit darin, an diesem Projekt weiterzuarbeiten. Des Weiteren haben sich die Fachvertreter des Kompetenzkreises das Ziel gesetzt, durch interdisziplinäre Konzepte die Qualität der Lehre zu verbessern und durch neue Lehrangebote den Anforderungen der Leistungsanbieter auf dem Gebiet der Gesundheit zu entsprechen. Die Tagung konnte nur durch großes Engagement der Mitarbeiter und der Studierenden des Studienganges Augenoptik/Optometrie realisiert und durchgeführt werden. Zum Erfolg der Tagung trugen vor allem viele fleißige studentische Helfer aus dem Bachelorstudiengang bei, die einen reibungsfreien Ablauf der Tagung ermöglichten.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.fh-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Degle
Stephan.degle@fh-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution339

Quelle: Fachhochschule Jena, Sigrid Neef, 18.10.2010

Raute

Quelle:
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2010