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MELDUNG/266: Blutegel retten Finger von Lastwagenfahrer (Helios)


HELIOS Kliniken GmbH - 27. Dezember 2010

Blutegel retten Finger von Lastwagenfahrer


Blutegel können nach einer Operation bei der Behandlung wertvolle Helfer sein. Die kleinen Tiere haben Frank Borrack, Gerüstbauer und Lastwagenfahrer aus Neuss, geholfen, dass er nach einem dramatischen Unfall seinen Mittelfinger behalten konnte.


Erinnerungslücken haben manchmal Vorteile. Frank Borrack weiß zum Beispiel nicht, wie er am 12. Juli 2010 ins Krankenhaus gekommen ist. Auch der Unfall, der ihm fast mehrere Finger kostete, ist nur in unscharfen Bildern präsent. Ein Lastwagen war in Wuppertal zu dicht an sein Fahrzeug vorbeigefahren als Borrack die Tür schließen wollte und streifte die Hand des 45-Jährigen. "Mittel- und Ringfinger sowie der kleine Finger waren fast abgetrennt", sagt Dr. Walid Ashkar aus der Klinik für Plastische und Handchirurgie am HELIOS Klinikum Wuppertal. "Wir stellten außerdem starke Quetschungen und Trümmerfrakturen fest." In einer rund vierstündigen Operation replantierte ein auf Handchirurgie spezialisiertes Team die Finger.

Wenige Tage nach der Operation staute sich im Mittelfinger Blut. Dies ist nach einer Replantation von Gliedmaßen keine Seltenheit. Zwar wird die Blutversorgung mit Hilfe mikrochirurgischer Verfahren wieder hergestellt, dennoch bereitet der Abfluss des Blutes gelegentlich Schwierigkeiten. Die therapeutische Antwort war im Falle von Frank Borrack der Einsatz von Blutegeln: Mit ihrer Hilfe kann die venöse Stauung abgesaugt und das umliegende Gewebe gerettet werden.

"Blutegel sondern während des Saugvorgangs verschiedene Substanzen ab, die heilsam wirken", erklärt Krankenschwester Andrea Schröder, die mit den anderen im Pflegeteam den Einsatz der Blutegel steuerte. Ein Inhaltsstoff, den die Blutegel abgeben, sorgt beispielsweise dafür, dass sich das Blut verflüssigt. Laut Borrack ließ schon während der ersten Anwendung die Blaufärbung des Mittelfingers nach.

Pro Behandlung werden vier bis sechs Blutegel angesetzt. Dies erfordert eine gewisse Erfahrung, da Blutegel sehr sensibel sind und nur anbeißen, wenn die äußeren Umstände stimmen. So darf zum Beispiel die zu behandelnde Stelle nicht mit Alkohol gereinigt werden.

Bis zu einer Stunde brauchten die Egel bei Frank Borrack, um sich vollzusaugen. Danach ließen sie von selbst los - ein normales Verhalten der Tiere. Wie jedes medizinische Instrument dürfen auch Blutegel nur einmal verwendet werden und müssen nach ihrem Einsatz mit Alkohol getötet werden. Der Grund: Ein Blutegel verdaut das gesaugte Blut fünf bis achtzehn Monate lang, ist aber bereits nach zwei Monaten fähig, wieder zu saugen. Beim Einsatz eines Blutegels an mehreren Patienten wäre das Infektionsrisiko zu hoch.

Insgesamt fünf Tage lang dauerte die Blutegeltherapie bei Frank Borrack. Dass die Tiere bei ihm noch einmal zum Einsatz kommen, ist unwahrscheinlich. Als Frank Borrack knapp drei Wochen nach seinem Unfall die Klinik verließ, sind die operierten Finger alle gut durchblutet. Nachdem die Knochen geheilt sind, können die Ärzte das Metall entfernen, das sich zur Stabilisierung der Knochen in den Fingern befindet. Erst anschließend folgt die Rehabilitation - dank der Blutegel auch die des Mittelfingers.


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BLUTEGEL-INFO

Schon die Alten Ägypter nutzten den Blutegel für medizinische Zwecke. Im vergangenen Jahrhundert gerieten sie fast in Vergessenheit - auch weil sie aufgrund verschmutzter Gewässer selten geworden waren. Heute setzen immer mehr Mediziner auf die Blutegeltherapie. Medizinische Blutegel stammen mittlerweile aus speziellen Züchtungen, damit Verunreinigungen nahezu ausgeschlossen und die Infektionsgefahr gesenkt werden können

Nebenwirkungen

Die Behandlung mit Blutegeln gilt als weitgehend frei von Nebenwirkungen. Allergische Reaktionen treten äußerst selten auf. Vereinzelt kann es zu einer lokalen Wundinfektion kommen. Dieses Risiko lässt sich aber durch sachgerechte Anwendung fast vollständig vermeiden.

Einsatzgebiete
nach Gewebeverpflanzungen (im Falle einer Blutstauung)
nach Replantationen (bei Blutstauung)
Gefäßerkrankungen (z.B. Krampfadern)
Erkrankungen des Bewegungsapparates, (z.B. Arthrose)
Migräne (die Blutegel werden im Nacken, Hinterkopfbereich, an den Schläfen oder am Kreuzbein angesetzt)
Tinnitus (Blutegel werden hinter dem Ohr angesetzt)
nachoperative Therapie

Wirkung von Blutegeln

Während Blutegel saugen sondern sie verschiedene heilbringende Substanzen ab, die folgende Wirkungen entfalten können
- blutreinigend
- entgiftend
- thrombosehemmend/gerinnungshemmend
- durchblutungsfördernd
- schmerzstillend


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Quelle:
HELIOS Kliniken GmbH
Pressemitteilung vom 27.12.2010
Friedrichstr. 136, 10117 Berlin
Telefon: +49 30 521 321-0, Telefax: +49 30 521 321-199
Internet: www.helios-kliniken.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2011