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MELDUNG/464: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 24.11.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  DFG fördert neues Zentrum zur Erforschung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
→  Schutz vor Darmerkrankungen
      Forscherteam isoliert Nahrungsmoleküle, die das Immunsystem stärken


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Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 23.11.2011

DFG fördert neues Zentrum zur Erforschung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen

Als chronisch entzündliche Darmerkrankungen bezeichnet man in Schüben verlaufende Entzündungen der Darmschleimhaut wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Derzeit sind mehr als 300.000 Bundesbürger von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen betroffen. "Die Patienten leiden unter heftigen Durchfällen, Krämpfen und Bauchschmerzen", erläutert Prof. Dr. Markus Neurath. Der Direktor der Medizinischen Klinik 1 ist zugleich Sprecher der neuen Initiative. Zu den zerstörerischen Entzündungsprozessen im Darm kommen häufig Folgeerkrankungen wie Entzündungen der Haut. Darüber hinaus haben Patienten mit Colitis ulcerosa ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Bisher stehen für die Behandlung dieser Darmerkrankungen nur unspezifische Immunsuppressiva zur Verfügung. "Doch diese Medikamente unterdrücken das gesamte Immunsystem und erhöhen damit die Anfälligkeit der Patienten für Infektionen. Außerdem haben sie zum Teil beträchtliche Nebenwirkungen", so Neurath weiter.

Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben zu der Erkenntnis geführt, dass neben Umwelteinflüssen und genetischen Faktoren eine fehlgesteuerte Aktivierung des intestinalen Immunsystems für die Krankheitsentstehung ursächlich ist. "Trotz dieser Erfolge sind die pathophysiologischen Prozesse, die den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zugrunde liegen, noch weitgehend unklar", sagt Becker. Das Verständnis dieser immunologischen Prozesse ist für die Entwicklung zukünftiger Therapeutika von ganz entscheidender Bedeutung.

Da die untersuchten Mechanismen auch bei anderen Krankheiten eine Rolle spielen, bei denen es zu einer Überaktivierung des Immunsystems kommt, arbeiten in der neuen klinischen Forschergruppe Naturwissenschaftler und Mediziner aus den verschiedensten Bereichen des Klinikums eng zusammen. "In sieben Teilprojekten aus der Medizinischen Klinik 1, der Hautklinik, der Chirurgie und der experimentellen Medizin, suchen wir gemeinsam nach neuen Wegen zur Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Im Mittelpunkt steht dabei die aktive und zielgerichtete Beeinflussung des Immunsystems", so die Forscher.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Christoph Becker
Leiter der Forschergruppe
christoph.becker@uk-erlangen.de

Prof. Dr. Markus F. Neurath
Sprecher der Forschergruppe
markus.neurath@uk-erlangen.de

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
fördert die Einrichtung des Forschungsverbundes CEDER "Molekulare Pathogenese und optimierte Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen" am Universitätsklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. In den kommenden drei Jahren werden dafür mehr als 2 Millionen Euro an Forschungsgeldern bereitgestellt, mit denen am Uni-Klinikum u.a. 15 neue Arbeitsplätze für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für Technische Angestellte geschaffen werden.
Klinische Forschergruppe CEDER:
"Molekulare Pathogenese und optimierte Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen"
www.medizin1.uk-erlangen.de/e110677/index_ger.html
Leiter des Forschungsverbundes ist Prof. Dr. Christoph Becker, Professor für Molekulare Gastroenterologie, an der Medizinischen Klinik 1. Der Forscher befasst sich seit vielen Jahren mit den molekularen und zellulären Zusammenhängen bei der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.

Ziel des Erlanger Forschungsverbundes
ist es, optimierte Therapien zu entwickeln, die krankmachende Zellprozesse gezielt unterbinden, die Immunabwehr der Patienten gegenüber Bakterien und Viren jedoch erhalten "Wenn wir besser verstehen, wie die Krankheit entsteht, und welche molekularen Vorgänge dabei eine Rolle spielen, können wir sehr viel präziser mit Medikamenten eingreifen", erläutert Forschungsgruppenleiter Christoph Becker. Für die Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bedeutet dies im besten Falle nicht nur eine Linderung der Symptome, sondern womöglich eine größere Chance auf Heilung.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution18

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Pascale Anja Dannenberg, 23.11.2011


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Universitätsklinikum Freiburg - 23.11.2011

Schutz vor Darmerkrankungen

Freiburger Forscherteam isoliert Nahrungsmoleküle, die das Immunsystem stärken

Eine Gruppe von Nahrungsmolekülen, die so genannten Glukosinolate, spielt eine wichtige Rolle bei der Funktion und Erhaltung von Immunzellen des Darmes. Das konnte das Team um Prof. Dr. Andreas Diefenbach und Elina Kiss, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH) des Universitätsklinikums Freiburg, im Versuch nachweisen. Die Glukosinolate sind in hohen Konzentrationen in Kreuzblütengewächsen wie Brokkoli oder Rosenkohl enthalten.

Das Forscherteam fütterte Mäuse mit einer synthetischen Kost, die keine Pflanzenbestandteile und damit auch keine Glukosinolate enthielt. Das schwächte die Immunabwehr im Darm der Tiere. Gaben die Wissenschaftler ein Glukosinolat zum Futter dazu, stärkte das die Abwehrfunktion wieder.

Die gesammelten Daten der Wissenschaftler zeigen zum ersten Mal einen definierten molekularen Pfad, über den Nahrungsbestandteile bestimmter Gemüsesorten das Immunsystem des Darms verstärken könnten. Obwohl Studien für den Menschen noch nicht vorliegen, ist es wahrscheinlich, dass ähnliche Mechanismen wie bei den Mäusen wirksam sind. Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen gemüse- und obstarmer Ernährung und einem gesteigerten Erkrankungsrisiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen gezeigt.

"Es ist jetzt vorstellbar, dass solche Pflanzenbestandteile oder verwandte Moleküle in der Zukunft zur Prävention oder Therapie von Darminfektionen und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden könnten", sagt Prof. Diefenbach.

Neben Brokkoli und Rosenkohl zählen auch Weißkohl, Rotkohl,
Blumenkohl, und Kohlrabi zu den Kreuzblütengewächsen.

Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Diefenbach
Stellvertretender Leiter
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH)
E-Mail: andreas.diefenbach@uniklinik-freiburg.de

Der Bericht über die Forschungsarbeit ist zu lesen in:
Kiss, E.A., C. Vonarbourg, S. Kopfmann, E. Hobeika, D. Finke, C. Esser, and A. Diefenbach. 2011.
Natural aryl hydrocarbon receptor ligands control organogenesis of intestinal lymphoid follicles.
Science, published online 27 October 2011
(DOI:10.1126/science.1214914).

Link:
http://www.sciencemag.org/content/early/2011/10/26/science.1214914

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1401

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg, Heidrun Wulf-Frick, 23.11.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2011