Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

MELDUNG/527: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 30.03.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Augen-Experte der UMM unterstützt Massen-Screening zur Augengesundheit in China
→  Von 'Papierkram' entlastet - TMF unterstützt medizinische Forscher



Universitätsmedizin Mannheim - 28.03.2012

Augen-Experte der UMM unterstützt Massen-Screening zur Augengesundheit in China

Direktor der Universitäts-Augenklinik an Telemedizin-Projekt mit mehr als 560.000 Menschen beteiligt / Vermeidbare Erblindung verhindern

Mit einer enorm hohen Beteiligung von über 80 Prozent ist die Zielgruppe eines Massen-Screenings zur Augengesundheit in China dem Aufruf des dortigen öffentlichen Gesundheitswesens gefolgt. Mehr als 560.000 Bewohner der ländlichen Region um Peking (Greater Beijing) im Alter von 55 bis 85 Jahren haben dabei ihren Augenstatus erfassen lassen. Das Projekt ist eingebettet in das Programm "Vision 2020" der Weltgesundheitsorganisation WHO, das zum Ziel hat, weltweit bis 2020 möglichst jede einzelne vermeidbare Erblindung zu verhindern.

Die umfangreiche Studie wurde vom Beijing Institute of Ophthalmology (BIO) durchgeführt, dem WHO Zentrum für Ophthalmologie (Augenheilkunde) in China. Professor Dr. Jost Jonas, Direktor der Augenklinik der Universitätsmedizin Mannheim, ist seit 2006 Ehrendirektor ("Honorary Director") dieses Institutes. Der Mannheimer Augenspezialist pflegt dort eine sehr fruchtbare wissenschaftliche Zusammenarbeit, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass das BIO zusammen mit dem ihm angegliederten Tongren Hospital zu den drei wissenschaftlich führenden ophthalmologischen Institutionen im Land zählt.

Infolge dieses Engagements ist Professor Jost einer der Autoren einer Fachveröffentlichung, die das "Beijing Eye Public Health Care Project" beschreibt. Im Tongren Hospital Beijing werden jedes Jahr mehr als 750.000 ophthalmologische Patienten behandelt. Dies entspricht in etwa der Summe aller in ophthalmologischen Unikliniken behandelten Patienten in Deutschland.

China ist mit fast 1,34 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde und der von der Fläche her größte Staat Ostasiens. Für eine flächendeckende Erfassung und Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Augenheilkunde fehlt es bislang an der nötigen Infrastruktur, als auch an Kenntnissen über die Verbreitung von Sehschwäche und die ihr zugrunde liegenden Erkrankungen. Mit dem "Beijing Eye Public Health Care Project" ist auf Basis der Telemedizin eine Infrastruktur für das Massen-Screening von älteren Menschen entwickelt und deren Effizienz gemessen worden. Das regionale Projekt, das quasi als Probelauf für ein flächendeckendes Public Health Care System zur Augengesundheit in China dient, hat den Nutzen und die Durchführbarkeit eines so groß angelegten Untersuchungsprogramms bewiesen.

Um den Augenstatus der mehr als eine halbe Million Menschen zu erfassen, wurden 2.500 Hochschulabsolventen in der Augentechnik geschult. Probanden mit einer Sehschärfe geringer als 0,3 wurden an regionale Gesundheitszentren überwiesen, in denen die erkrankten Augen fotografiert wurden. Via Telemedizin wurden die Aufnahmen an ein Zentrum transferiert, in dem der Grund der Sehschwäche zentral diagnostiziert wurde.

Das öffentliche Gesundheitswesen in China verfügt nun aufgrund dieses Projektes über hervorragende Daten zur Verbreitung von Sehschwäche sowie den zugrunde liegenden Erkrankungen in der untersuchten Population. Zur Statistik: Bei knapp zehn Prozent der untersuchten Menschen wurde auf mindestens einem Auge eine Sehschwäche diagnostiziert. Der Augenhintergrund von mehr als 34.000 Menschen wurde gespiegelt. Neben dem Katarakt (grauer Star), einer Trübung der Augenlinse, waren Erkrankungen der Retina (Netzhaut), inklusive der diabetischen Retinopathie, und das Glaukom die häufigsten Gründe für eine Sehschwäche.

Der graue Star ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung und der chirurgische Eingriff die alleinige Möglichkeit, diese Erkrankung zu behandeln. Bei knapp 6.000 der untersuchten Personen wurden eine Vorstufe oder ein reifer Katarakt diagnostiziert, die eine Operation notwendig machten. Von den rund 1.600 Personen, deren Status nach der Operation erfasst wurde, hatten rund 92 Prozent danach eine Sehfähigkeit von mindestens 0,3 wiedererlangt. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg, vermeidbare Erblindung zu verhindern.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0161642011011420
(Publikation)
http://www.vision2020.org/
(VISION 2020)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment15928
Pressemitteilung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution400

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 28.03.2012

*

Gemeinsame Pressemitteilung vom 29.03.2012
Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF)
UKSH

Von 'Papierkram' entlastet / TMF unterstützt medizinische Forscher

160‍ ‍Forscher aus ganz Deutschland bildeten sich beim 4. TMF-Jahreskongress beim UKSH in Kiel fort

Dank des technologischen Fortschritts kann die medizinische Forschung zunehmend auf Daten aus dem Versorgungskontext der Patienten zurückgreifen. Dies erlaubt eine schnellere und effizientere Durchführung der Forschungsprojekte und ermöglicht verlässlichere Ergebnisse. Allerdings sind auf dem Weg dahin unter anderem noch zahlreiche rechtliche und ethische Fragen zu klären. Gerade die datenschutzrechtlichen Probleme seien jedoch mit einem guten Probanden- und Einwilligungs-Management lösbar, erklärte Thilo Weichert, der Landesbeauftragte für Datenschutz in Schleswig-Holstein, im Rahmen des 4. TMF-Jahreskongresses, der heute in Kiel zu Ende ging. Er betonte auch die gute und konstruktive Zusammenarbeit der TMF mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.

Insbesondere bei der grenzüberschreitenden Nutzung von Patientendaten für die klinische Forschung ist der rechtliche Rahmen derzeit auch deshalb noch unklar, weil die gesetzlichen Bestimmungen und die gelebte Rechtspraxis zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten stark voneinander abweichen. "In einem von der EU geförderten Projekt analysieren und vergleichen wir deshalb die aktuelle Rechtssituation in den verschiedenen Mitgliedsstaaten", berichtete Roland Krause (TMF).

Deutschland kann Erfahrungen und Lösungen in Europa einbringen

Wesentliches Diskussionsthema ist in diesem Zusammenhang auch der aktuell kursierende Entwurf einer EU-Datenschutzverordnung. "In Deutschland haben wir bereits viel Erfahrung und gute Lösungen für den Umgang mit hohen Datenschutzanforderungen in einem föderalen System", betonte Prof. Dr. Klaus Pommerening, Universität Mainz. Die TMF wird auch in diesen politischen Prozess eine abgestimmte Einschätzung der medizinischen Forscher einbringen, wie sie es 2011 beispielsweise auch im Zusammenhang mit den Diskussionen um ein Biobanken-Gesetz in Deutschland mit Erfolg praktiziert hat.

Bereits 2003 hatte die Arbeitsgruppe Datenschutz der TMF generische Konzepte für den Datenschutz in medizinischen Forschungsnetzen vorgelegt und diese mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder abgestimmt. Im Rahmen des Kongresses stellte Prof. Pommerening, langjähriger Sprecher der Arbeitsgruppe Datenschutz, die aktualisierten Datenschutzkonzepte der TMF vor. "Die Konzepte sind nun modular und skalierbar aufgebaut und damit leichter für verschiedene Typen von medizinischen Forschungsprojekten adaptierbar," so Pommerening.

Ausdruck einer grundlegenden Veränderung der Wissenschaftskultur

Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) war Gastgeber des diesjährigen TMF-Jahreskongresses, an dem rund 160 Forscher und Wissenschaftsmanager aus ganz Deutschland teilnahmen. Die TMF sei Ausdruck einer grundlegenden Veränderung der Wissenschaftskultur und adressiere viele wichtige Themen, so die Einschätzung von Dr. Cordelia Andreßen, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein, in ihrem Grußwort.

Forscher des UKSH stellten ihre Arbeit im Bereich molekulare Medizin vor, der in Schleswig-Holstein durch den Excellenzcluster "Entzündung an Grenzflächen" prominent besetzt ist. Auch sie profitieren von den Arbeiten der TMF: "Als einzelner Forscher würde ich es kaum schaffen können, alle regulatorischen Vorgaben durchzuarbeiten, die für unsere Projekte relevant sind. Die TMF leistet deshalb extrem wertvolle Arbeit, indem sie solche Aufgaben für alle übernimmt und die Ergebnisse bereitstellt", so Professor Dr. Philip Rosenstiel, Institut für klinische Molekularbiologie der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Etwas salopper brachte es Professor Dr. Jochen Hampe von der Klinik für Innere Medizin I des UKSH auf den Punkt: "Die TMF entlastet mich von 'Papierkram', so dass ich mich besser meinen zentralen Aufgaben - vor allem meinen Patienten - widmen kann."

Ein Programm von Forschern für Forscher

Der diesjährige Jahreskongress der TMF unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Krawczak, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik und Statistik am UKSH Kiel und Vorstandsvorsitzender der TMF, stellte verschiedene für die medizinische Verbundforschung zentrale Themen, Entwicklungen und Lösungen in den Mittelpunkt. Das Programm war - getreu dem Motto der TMF "von Forschern, für Forscher" - aus den fachlichen Arbeitsgruppen der TMF heraus gestaltet worden. Gestandene Wissenschaftler und Nachwuchsforscher - aus manchen Standorten in ganzen Gruppen angemeldet - nutzten die beiden Tage als konzentrierte Fortbildung und lobten den informativen Querschnitt durch viele relevante Themen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.tmf-ev.de
(Website der TMF)
http://www.uk-sh.de
(Website des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution806

Hintergrundinfo TMF:

Die TMF ist die Dachorganisation für die medizinische Verbundforschung in Deutschland. Sie ist die Plattform für den interdisziplinären Austausch und die projekt- wie standortübergreifende Zusammenarbeit, um gemeinsam die organisatorischen, rechtlich-ethischen und technologischen Probleme der modernen medizinischen Forschung zu identifizieren und zu lösen. Die TMF stellt die Lösungen frei und öffentlich zur Verfügung.

Quelle: TMF - Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF), Antje Schütt, 29.03.2012

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2012