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MELDUNG/629: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 22.11.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Was die Haut zusammenhält.
      Forscher zeigen: Das Gen PATJ fördert die Stabilität von Epithelien.
→  Gemeinsam gegen gefährliche Krankheitserreger
      Die Universitäten in Marburg und Gießen erhalten einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB)



Universität Regensburg - 21.11.2012

Was die Haut zusammenhält.

Forscher zeigen: Das Gen PATJ fördert die Stabilität von Epithelien

Das Gen PATJ unterstützt die Stabilität der Zell-Zell-Kontakte von Epithelzellen. Es fördert auf diese Weise die Integrität von Epithelien; also des Gewebes, dass die inneren und äußeren Oberflächen des Körpers bekleidet. Das haben Wissenschaftler der Universität Regensburg nachgewiesen. Die Untersuchungen des Forscherteams um Prof. Dr. Michael Krahn vom Institut für Anatomie (Molekulare und Zelluläre Anatomie) sind vor Kurzem in der renommierten Fachzeitschrift "Journal of Cell Biology" erschienen (DOI: 10.1083/jcb.201206064).

Alle äußeren und inneren Körperoberflächen (u.a. die Haut oder die Darmschleimhaut) sind von Epithelzellen bedeckt. Diese Zellen liegen dicht beieinander und weisen somit eine ganze Reihe von Zell-Zell-Kontakten auf. Ein weiteres Merkmal von Epithelzellen ist ihre strukturelle Ausrichtung oder Polarität: Sie besitzen eine apikale Seite, die dem Äußeren (etwa der Hautoberfläche) zugewandt ist, sowie eine basale Seite, die mit dem darunter liegenden Gewebe verbunden ist. Diese Zellpolarität ist eine essentielle Voraussetzung für die Funktionalität von Epithelien, so dass beispielsweise Nährstoffe aus dem Darminneren apikal aufgenommen werden oder - basal - Botenstoffe in Richtung Blutgefäße abgegeben werden können.

Verschiedene Gene regulieren die Polarität von Epithelzellen. Forscher der Universität Regensburg haben jetzt die Bedeutung des Gens PATJ (Pals1-Associated Tight-Junction Protein) näher untersucht. Bei diesem Gen - das sich in vielen Lebewesen vom Wurm über die Taufliege bis hin zum Menschen findet - handelt es sich um ein sogenanntes Adaptorprotein, das an andere Proteine bindet und so deren Funktion beeinflusst. Bislang war man davon ausgegangen, dass PATJ eine wichtige Rolle bei der Zellpolarität von Epithelzellen spielt. Für die Erforschung der Funktion von PATJ haben die Regensburger Wissenschaftler einen mutanten Fliegenstamm gezüchtet, bei dem dieses Gen gezielt deaktiviert wurde.

Die Untersuchungen ergaben, dass PATJ zwar für die Ausrichtung der apikal-basalen Zellpolarität entbehrlich ist. Dennoch erwiesen sich die mutanten Fliegen als nicht lebensfähig: Sie starben am Ende ihrer Entwicklungsphase. Krahn und sein Team konnten hier zeigen, dass PATJ die Stabilität der Zell-Zell-Kontakte von Epithelzellen sichert, indem es die Aktivierung des Motorproteins Myosin II unterstützt, das wiederum zusammen mit dem Strukturprotein Aktin die Zellform festigt. Ist somit PATJ in einem Organismus inaktiviert, kann die apikal-basale Zellpolarität anfänglich noch beibehalten werden. Bei größeren Veränderungen der Epithelien - beispielsweise bei der Metamorphose der Larve zur erwachsenen Fliege - kommt es dann aber zu gravierenden Störungen durch eine herabgesetzte Aktivierung des Motorproteins Myosin II.

Die Regensburger Forscher wollen nun herausfinden, ob sich die von ihnen entdeckten Mechanismen auch in Säugetieren wiederfinden. Zu diesem Zweck entwickeln Krahn und sein Team ein spezielles Mausmodell. Sie erhoffen sich so wichtige Erkenntnisse darüber, wie die Zellpolarität in Epithelzellen von Säugetieren reguliert wird und welche Rolle diese Prozesse bei der Entwicklung und Funktion der verschiedenen Organe spielen.

Der Original-Artikel unter:
jcb.rupress.org/cgi/content/abstract/jcb.201206064

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image188043
Immunfluoreszentes Bild einer intakten Epithelzelle im Querschnitt (apikal ist oben, basal unten): Proteine wurden mit speziell leuchtenden Antikörpern markiert und dadurch sichtbar gemacht. Der Kern ist hellblau markiert, in grün ist das PATJ-Protein angefärbt und in rot das Motorprotein Myosin II, das im Bereich der apikalen Zell-Zellkontakte mit PATJ überlappt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution87

Quelle: Universität Regensburg, Alexander Schlaak, 21.11.2012

Raute

Philipps-Universität Marburg - 21.11.2012

Gemeinsam gegen gefährliche Krankheitserreger

Die Universitäten in Marburg und Gießen erhalten einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB), der dem Thema der so genannten RNA-Viren gewidmet ist; hierzu zählen beispielsweise das Influenza-A- oder das SARS-Virus. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Errichtung des SFB mit voraussichtlich gut acht Millionen Euro für zunächst vier Jahre.

"Die Entscheidung der DFG belegt, dass die mittelhessischen Universitäten dank ihrer vorausschauenden Planung wettbewerbsfähige Bedingungen für die Lebenswissenschaften bieten", erklärt anlässlich der Bewilligung Professorin Dr. Katharina Krause, die Präsidentin der Philipps-Universität Marburg. "Mit dem Marburger BSL4-Labor, einem der modernsten virologischen Einrichtungen weltweit, steht an der Philipps-Universität eine Forschungsinfrastruktur zur Verfügung, die eine wissenschaftliche Untersuchung höchst gefährlicher Krankheitserreger möglich macht", führt Krause aus. "Der gemeinsame SFB ist ein weiteres Beispiel für die hervorragend funktionierende Partnerschaft zwischen den Universitäten Gießen und Marburg, die wir soeben durch unsere Forschungsallianz bekräftigt und gestärkt haben", sagt Professor Dr. Joybrato Mukherjee von der Justus-Liebig-Universität Gießen.

"Die überwiegende Mehrheit derjenigen Viren, die sich neu ausbreiten, hat ein Genom auf RNA-Basis", erläutert Professor Dr. Stephan Becker, Direktor des Instituts für Virologie der Philipps-Universität und Koordinator des neuen SFB 1021. "Die besonderen biologischen Eigenschaften dieser RNA-Viren begünstigen ihre Ausbreitung über Artengrenzen hinweg von einem Wirt zu einem anderen, insbesondere auch vom Tier zum Menschen", ergänzt Beckers Stellvertreter, der Gießener Virologe Professor Dr. John Ziebuhr.

RNA-Viren können sich besonders gut an neue Bedingungen anpassen, weil sie eine ungewöhnlich große genetische Variabilität aufweisen. Der Grund: Das Enzym Polymerase, mit dem das Erbgut dieser Viren vervielfältigt wird, unterscheidet sich in einem entscheidenden Punkt von den Polymerasen anderer Viren - es nimmt keine Korrektur von Fehlern vor, die bei der Replikation immer wieder vorkommen. Auf diese Weise entstehen in kurzer Zeit zahlreiche neue Virusvarianten, die in vielen Fällen auch neue Eigenschaften besitzen. Die Unzuverlässigkeit der viralen RNA-Polymerase beim Kopieren des viralen Genoms ist also die Ursache dafür, dass sich RNA-Viren besonders schnell an neue Wirte anpassen oder auch neue krankmachende Eigenschaften entwickeln können.

Die Initiatoren des neuen Verbunds planen, RNA-Viren auf mehreren Ebenen zu erforschen. Dazu gehört das Schicksal der viralen RNA in der infizierten Zelle, insbesondere ihre Synthese und ihre vielfältigen biologischen Aufgaben. Weitere Schwerpunkte bilden virale Faktoren, die die Schwere des Krankheitsbildes bestimmen, sowie zelluläre Abwehrmechanismen gegen Virusinfektionen und virale Faktoren, die diesen Mechanismen entgegenwirken. Hierfür untersuchen die beteiligten Wissenschaftler vor allem solche Viren, die genetisch nah verwandt sind, sich jedoch in ihrem Infektionsverhalten und ihren krankmachenden Eigenschaften unterscheiden. "Wir erwarten, dass sich daraus neue Eingriffsmöglichkeiten gegen Virusinfektionen ergeben", erklärt Becker. Als zentrales Vorhaben sollen auf lange Sicht neue Modelle entwickelt werden, mit denen sich hochpathogene Erreger besser als bisher erforschen lassen, wie etwa das Marburg-, Ebola- oder Lassa-Virus.

Der neue Verbund umfasst 15 wissenschaftliche Arbeitsgruppen aus Marburg und Gießen. "Unser SFB kann sich dabei auf seit langem bestehende intensive Kooperationen stützen und setzt die erfolgreiche Forschungstradition auf dem Gebiet der Virologie an beiden Universitäten fort", hebt Ziebuhr hervor.

Weitere Informationen:

Professor Dr. Stephan Becker
Institut für Virologie
Philipps-Universität Marburg
E-Mail: becker@staff.uni-marburg.de

Professor Dr. John Ziebuhr
Institut für Medizinische Virologie
Justus-Liebig-Universität Gießen
E-Mail: john.ziebuhr@viro.med.uni-giessen.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image188063
Das Hochsicherheitslabor der Philips-Universität beherbergt künftig einen neuen virologischen Sonderforschungsbereich.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution376

Quelle: Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 21.11.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2012