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MELDUNG/633: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 29.11.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Uni Ulm - Zwei Millionen für die AIDS-Forschung
→  Neue Rolle für Gallensäure in der Krebsabwehr?
→  350.000 Euro für Krankenhausmanagement in Afrika



Universität Ulm - 28.11.2012

ERC-Grant für Prof. Frank Kirchhoff - Zwei Millionen für die AIDS-Forschung

Großer Erfolg für den Ulmer AIDS-Forscher Professor Frank Kirchhoff: Der Europäische Forschungsrat (European Research Council/ERC) hat dem Direktor des Instituts für Molekulare Virologie der Universität Ulm einen sogenannten ERC Advanced Grant bewilligt. Das Institut erhält damit im Rahmen des Forschungsprogramms EU-Fördermittel in Höhe von rund zwei Millionen Euro für fünf Jahre. "Vorgesehen ist in diesem Zusammenhang die Einstellung von drei Nachwuchswissenschaftlern und zwei technischen Assistenten", freut sich der Wissenschaftler.

Die Zielsetzungen des Projekts sind Kirchhoff zufolge klar definiert: "Vereinfacht ausgedrückt wollen wir erforschen, wie das HI-Virus das menschliche Immunsystem umgeht und wie man Letzteres stärken kann", sagt der Virologe. "Diese Erkenntnisse sollen dann dazu genutzt werden, die natürlichen Abwehrprozesse so zu stärken, dass daraus therapeutische oder präventive Ansätze entwickelt werden können". Einige Bestandteile des Immunsystems sind gegen viele Viren aktiv und es ist für die Erreger sehr schwierig, Resistenzen zu entwickeln. Das Eiweiß Tetherin etwa hemmt nicht nur die Freisetzung von HIV, sondern auch andere Viren wie zum Beispiel Herpes oder Ebola. "Die Entwicklung der antiretroviralen Therapie war der wichtigste Fortschritt der AIDS-Forschung. Allerdings können sich HI-Viren so verändern, dass diese Medikamente keine Wirkung mehr zeigen", erklärt Professor Kirchhoff und betont: "Somit lohnt es sich, auch die natürlichen antiviralen Faktoren unseres Immunsystems näher zu erforschen."

Hinweise erhofft sich der Forscher auch von den HI-Viren selbst. Diese wurden mindestens vier Mal unabhängig voneinander von Schimpansen oder Gorillas auf den Menschen übertragen. Verantwortlich für die AIDS-Pandemie ist jedoch nur die Übertragung mit Gruppe M Viren, mit inzwischen rund 60 Millionen Betroffenen. Die übrigen drei Gruppen (O, P und N) sind sehr selten und hauptsächlich auf Westafrika beschränkt. Eine zentrale Frage für seine Forschergruppe ist somit: "Was können HIV-1 Stämme der Gruppe M, was andere nicht können?"

"Die unterschiedliche Ausbreitung könnte aus der unterschiedlichen Anpassung an den menschlichen Wirt resultieren", vermutet der Ulmer Wissenschaftler und stützt sich dabei auf Erkenntnisse seiner eigenen Forschungsgruppe. Ausschließlich Gruppe M Viren haben demnach die Fähigkeit entwickelt, effektiv Tetherin auszuschalten und können sich so vermutlich schneller ausbreiten. "Wenn wir wissen, was es diesen Viren ermöglicht, sich effektiv im Menschen auszubreiten, können wir vielleicht auch herausfinden, wie sich die Ausbreitung eindämmen lässt", hofft der Ulmer Forscher.

"Dass Menschen ganz spezifische Faktoren zur Verteidigung gegen Viren entwickelt haben", so Frank Kirchhoff, sei zwar seit Kurzem bekannt. "Man weiß jedoch noch nicht, wie viele dieser antiviralen Faktoren es gibt und wie sie spezifisch verstärkt werden können." Dies gelte es nun herauszufinden. Dabei soll unter anderem untersucht werden, welche körpereigenen Verbindungen die antiviralen Mechanismen induzieren und dadurch eine HIV-Infektion verhindern können. Wertvolle Unterstützung erwarten die Wissenschaftler hier vom neuen Kompetenzzentrum "Ulm Peptide Pharmaceuticals" (U-PEP), das vor Kurzem seine Arbeit aufgenommen hat.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Frank Kirchhoff
Email: frank.kirchhoff@uni-ulm.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution22

Quelle: Universität Ulm, Willi Baur, 28.11.2012

Raute

Eberhard Karls Universität Tübingen - 28.11.2012

Neue Rolle für Gallensäure in der Krebsabwehr?

Wissenschaftler der Universität Tübingen und des MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge/UK entdecken neuen Zusammenhang zwischen der Gallensäure LCA und der Auslösung des programmierten Zelltodes.

Gallensäuren besitzen verschiedenste Funktionen im menschlichen Körper. Hauptsächlich verbessern sie die Verdauung von Nahrungsfetten, indem sie deren Aufnahme erleichtern. Primäre Gallensäuren werden vom Körper selbst erzeugt, wohingegen sekundäre Gallensäuren, wie die Lithocholsäure (LCA), von Bakterien im Verdauungstrakt aus entsprechenden Vorstufen gebildet werden.

Wissenschaftler am Pharmazeutischen Institut der Universität Tübingen haben nun in enger Zusammenarbeit mit dem MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge gezeigt, dass Lithocholsäure Apoptose, eine Form des programmierten Zelltods, auslösen kann. Dies geschieht durch Bindung und Blockierung von MDM4 und MDM2. Diese beiden Proteine sind Schlüsselfaktoren für die negative Regulation des Transkriptionsfaktors p53 und begrenzen dessen Wirkung. In seiner Funktion als Tumorsuppressor bestimmt p53 entscheidend die zelluläre Antwort auf DNA-Schäden und Zellstress und wirkt damit der Krebsentstehung entgegen. Dr. Simon Vogel, Matthias Bauer und Prof. Frank Böckler von der Universität Tübingen haben in Zusammenarbeit mit Dr. Rainer Wilcken, Dr. Andreas Jörger und Prof. Sir Alan Fersht aus Cambridge einen neuen molekularen Zusammenhang zwischen LCA und einer möglichen Krebspräventation identifiziert.

Die Ergebnisse, beginnend bei der computergestützten Chemischen Biologie, über die Biophysikalische Evaluierung bis hin zur zellulären Charakterisierung wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences U. S. A. publiziert.

Bei einer hohen Anzahl von Krebsarten ist die Funktion des Tumorsuppressors p53 durch erhöhte Aktivität von MDM2 und/oder MDM4 beeinträchtigt. LCA könnte dieser stark eingeschränkten Funktion von p53 entgegenwirken. LCA bindet mit ähnlicher Stärke an MDM4, wie es auch seine beiden schon bekannten Zielproteine bindet. Bisher war man davon ausgegangen, dass LCA vor allem über den Farnesoid-X Rezeptor und den Vitamin-D Rezeptor in der Zelle wirkt. Um über diese beiden nukleären Rezeptoren Einfluss auf die Zelle nehmen zu können, muss LCA in den Zellkern gelangen - eine Voraussetzung, die ebenfalls bei der Blockade der Wechselwirkung zwischen MDM2/4 und p53 gilt.

Mit der neuen Entdeckung werden spannende Fragen bezüglich der Wichtigkeit dieses Zusammenhangs im gesunden Menschen und besonders auch in Krebspatienten aufgeworfen. Da die Konzentration der Gallensäure LCA von der mit der Nahrung aufgenommenen Cholesterolmenge und der Zusammensetzung und Menge der Darmbakterien abhängt, ist davon auszugehen, dass die LCA Level sich in verschiedenen Patienten substantiell unterscheiden. Die zu erwartenden Effekte könnten zusätzlich auch vom Gewebetyp abhängig sein.

"Es ist zu früh, um die Auswirkungen dieser neuen Verknüpfung von LCA und Apoptose für die Behandlung von Patienten oder das Essverhalten von gesunden Personen vollständig verstehen zu können", sagt Frank Böckler, "aber es ist eine spannende Aufgabe, dies genauer zu untersuchen." Dabei könnte es um Fragen gehen wie: Wie beeinflusst die Ernährung (Cholesterin-Level) die Entstehung von Darmkrebs? Gibt es evolutionäre Gründe für die Aktivierung eines Tumorsuppressors durch die Gallensäure LCA? Welche Bedeutung hat diese Aktivierung unter physiologischen Bedingungen für die Alterung und Abschaltung von Darmzellen, welche Bedeutung kommt ihr bei der Krebsentstehung zu?

Publication:
Simon M. Vogel, Matthias R. Bauer, Andreas C. Joerger, Rainer Wilcken, Tobias Brandt, Dmitry B. Veprintsev, Trevor J. Rutherford, Alan R. Fersht & Frank M. Boeckler:
"Lithocholic acid is an endogenous inhibitor of MDM4 and MDM2".
Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A., 2012, 109 (42), pp 16906-16910
(DOI: 10.1073/pnas.1215060109)

Kontakt:
Prof. Dr. Frank M. Boeckler
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Pharmazeutisches Institut
frank.boeckler[at]uni-tuebingen.de

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Durch die Verdrängung einer spezifischen Peptidsequenz des Tumorsuppressors p53 aus seiner Bindungstasche in MDM2 und MDM4, kann Lithocholsäure (LCA) p53 aktivieren und dadurch den Zelltod in Krebszellen auslösen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution81

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen, Michael Seifert, 28.11.2012

Raute

Hochschule Neu-Ulm - 28.11.2012

350.000 Euro für Krankenhausmanagement in Afrika

In einem bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) überzeugte die Hochschule Neu-Ulm (HNU). Bis Ende 2013 wird die HNU Weiterbildungsangebote für Fach- und Führungskräften im afrikanischen Gesundheitssektor entwickeln und durchführen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stellt der HNU dafür 350.000 Euro zur Verfügung.

"Seit gut zehn Jahren gehört Gesundheitsmanagement zu unseren Kernkompetenzen. Ich freue mich, dass wir mit unserem Weiterbildungskonzept überzeugen", so HNU-Präsidentin Prof. Dr. Uta M. Feser. Mit der Maßnahme "Krankenhausmanagement Afrika" stärkt die HNU gemeinsam mit der GIZ die Managementkompetenzen von Fach- und Führungskräften in afrikanischen Krankenhäusern und erhöht damit die Leistungsfähigkeit ihrer Einrichtungen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die HNU auf drei verschiedene Weiterbildungsformen: Unter Leitung des HNU-Professors Dr. Rainer Burk werden bis Ende 2013 ein Fachkurs, ein Online-Seminar-Angebot mit Audio- und Video-Bestandteilen und ein Alumni-Programm entwickelt und durchgeführt. Damit werden Krankenhausleiter und -verwalter aus Kamerun, Kenia, Malawi, Ruanda und Tansania auf effektive, effiziente und bedarfsorientierte Führung von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen vorbereitet. Die Weiterbildungsmaßnahmen beinhalten unter anderem die Bereiche Finanz- und Personalmanagement, Gesundheitsökonomie, Klinikhygiene sowie Material- und Medikamentenmanagement. Hintergrund für die Entwicklung ist der hohe Bedarf an qualifiziertem Managementpersonal für die Krankenhäuser in Afrika.

Seit 2005 ist die HNU erfolgreich in der Weiterbildung afrikanischer Ärzte und Mitarbeiter in afrikanischen Gesundheitseinrichtungen. Die HNU entwickelt ihre Weiterbildungsformate ständig weiter. Darüber hinaus bietet die HNU in Kooperation mit afrikanischen Universitäten ab August 2013 den berufsbegleitenden MBA-Studiengang "Management in Healthcare" für Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeiter im Gesundheitswesen in Afrika an.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Rainer Burk
rainer.burk@hs-neu-ulm.de

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HNU erfolgreich im Krankenhausmanagement in Afrika

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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Quelle: Hochschule Neu-Ulm, Theresa Osterholzer, 28.11.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012