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MELDUNG/768: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 11.08.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Chronische Lungenerkrankungen
      Charité untersucht Genesungsverlauf in innovativ klimatisierten Patientenzimmern
→  Hirnforschung - Reißverschluss für Gehirnsignale



Charité / Universitätsmedizin Berlin - 07.08.2014

Chronische Lungenerkrankungen besser behandeln

Charité untersucht Genesungsverlauf in innovativ klimatisierten Patientenzimmern

Als erste Klinik in Europa hat die Charité - Universitätsmedizin Berlin jetzt zwei Patientenzimmer mit einem innovativen Klimatisierungssystem in Betrieb genommen. In dem Modellprojekt der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie soll untersucht werden, wie sich der Heilungsverlauf von Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen durch eine konstant kühle Raumtemperatur verbessert.

An heißen Sommertagen leiden insbesondere Patienten mit Atemwegserkrankungen wie der chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit, der sogenannten COPD. Ungefähr acht Prozent der Deutschen sind von dieser Erkrankung betroffen, die Symptome wie Atemnot und Husten mit sich bringt. Temperaturen über 25 Grad Celsius können den Krankheitsverlauf weiter verschlechtern. Darüber hinaus bergen die erhöhten Feinstaubkonzentrationen und Ozonwerte in der Atemluft gesundheitliche Gefahren - vor allem für ältere Menschen. Auch Lungenpatienten, die besonders sensibel auf Hitze reagieren, sind von diesem sogenannten urbanen Hitzestress betroffen.

In der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie am Campus Charité Mitte sind jetzt zwei Patientenzimmer mit einer innovativen Klimatisierung ausgestattet worden. Dabei wird der Raum mittels eines flüssigkeitsführenden Kapillarsystems, das in den Wänden und der Decke eingebaut ist, geräuschlos gekühlt. So kann die Raumtemperatur auf konstanten 23 Grad Celsius gehalten werden - ohne kalte Zugluft, wie sie für herkömmliche Klimaanlagen typisch ist. "Ziel unseres Forschungsprojekts ist es zu untersuchen, ob diese neuartige, angenehmere Klimatisierung des Krankenzimmers die Genesung von Patienten mit Lungenerkrankungen wie der COPD positiv unterstützen kann", erklärt Prof. Dr. Christian Witt, Leiter des Arbeitsbereichs Pneumologische Onkologie der Charité. Die Ergebnisse der Studie könnten dazu beisteuern, das "Krankenzimmer der Zukunft" zu entwickeln: ein Klimatisierungszimmer, das auch bei Patienten mit anderen Krankheitsbildern zu einer schnelleren Heilung beitragen kann.

Die Umsetzung der vollklimatisierten Patientenzimmer ist Teil der Forschungsgruppe "Urban Climate and Heat Stress in Mid-latitude Cities in View of Climate Change", die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis 2015 gefördert wird. Der Charité-Lungenexperte Prof. Witt ist der einzige Mediziner in der interdisziplinären Gruppe von Forschern aus den Bereichen der Geografie, der Klimatologie und den Sozialwissenschaften.

Kontakt:
Prof. Dr. Christian Witt
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie
Leiter des Arbeitsbereichs Pneumologische Onkologie der Charité
Campus Charité Mitte
christian.witt[at]charite.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://pulmologie.charite.de/
Arbeitsbereich Pneumologische Onkologie

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution318

Quelle: Charité - Universitätsmedizin Berlin, Uwe Dolderer, 07.08.2014

Raute

Boehringer Ingelheim Stiftung - 07.08.2014

Reißverschluss für Gehirnsignale - 100.000 Euro Heinrich-Wieland-Preis für Reinhard Jahn

Mainz, 05.07.2014: Professor Reinhard Jahn erhält den internationalen Heinrich-Wieland-Preis 2014 für seine bahnbrechenden Arbeiten zu Membranfusion und Neurotransmitter-Ausschüttung - Prozesse, die u.a. ablaufen, wenn Körperzellen wachsen, Stoffe transportieren oder Signale senden. Mit dem 100.000-Euro-Preis ehrt die gemeinnützige Boehringer Ingelheim Stiftung die herausragenden Leistungen des Direktors am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Zum diesjährigen 50. Jubiläum des Preises veranstaltet die Stiftung am 21. Oktober 2014 in der Residenz München zusätzlich zur Preisverleihung ein hochkarätiges wissenschaftliches Symposium.

Rund 100 Milliarden Nervenzellen drängen sich im menschlichen Gehirn und tauschen ständig Signale miteinander aus. Zwischen den einzelnen Zellen klafft trotz ihrer hohen Dichte ein winziger Spalt, den jedes Signal in Form von sogenannten Neurotransmittern überwinden muss. Diese Botenstoffe warten in winzigen Vorratsbläschen der Nervenzelle, den synaptischen Vesikeln, auf ihren Einsatz. Um in den Spalt zu gelangen, müssen sie die Außenhülle der Zelle passieren, ohne diese zu durchbrechen, sonst könnte die Zelle absterben. Daher verschmelzen die Membranen, die Hüllen von Vesikel und Zelle nahtlos miteinander - sie fusionieren. Dieser Prozess der Membranfusion läuft nicht nur im Gehirn ab, sondern in allen Körperzellen, wenn sie wachsen, Materialien transportieren oder Hormone ausschütten.

Seit den frühen 1980er Jahren hat Reinhard Jahn unser Verständnis dieser grundlegenden Prozesse beständig erweitert. Er gehört zu den Ersten, die nachgewiesen haben, dass sogenannte SNARE-Proteine, die auf den Membranen sitzen, entscheidend sind, um ein Signal von Nervenzelle zu Nervenzelle zu übertragen. Er fand heraus, wie die Gifte von Tetanus- und Botulinus-Bakterien ihre tödliche Wirkung entfalten: Sie zerschneiden die SNARE-Proteine, verhindern damit die Fusion zwischen Vesikel und Zellmembran und unterbrechen so die Signalübertragung. Aufbauend auf diesen Ergebnissen hat Reinhard Jahn ein bis heute gültiges Modell der Fusion zwischen Vesikeln und Zellmembran entworfen: Die SNARE-Proteine der beiden Membranen verhaken sich ineinander. Ähnlich wie ein Reißverschluss ziehen sie dann die beiden Membranen so nahe zusammen, dass diese schließlich verschmelzen. Neben den SNARE-Proteinen hat Reinhard Jahn zahlreiche weitere Proteine entdeckt und charakterisiert, die für die Membranfusion nötig sind. Zusätzlich hat er als Erster den Aufbau synaptischer Vesikel beschrieben, indem er ihre Bausteine analysiert hat.

"Reinhard Jahn hat das Feld der Membranfusion und Neurotransmitter-Ausschüttung ganz entscheidend geprägt und vorangebracht. Seine herausragenden Entdeckungen haben die Lehrbücher verändert", sagt Professor Wolfgang Baumeister, Vorsitzender des Auswahlgremiums für den Heinrich-Wieland-Preis und Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. Die Bedeutung der Forschung von Reinhard Jahn unterstreicht auch der letztjährige Nobelpreisträger Professor Thomas Südhof in seinem Nominierungsschreiben: "Jahns Beiträge zu unserem Feld waren fundamental und monumental. Ich kann mir keinen passenderen Kandidaten vorstellen für diesen renommierten Preis".

Jubiläumssymposium 50 Jahre Heinrich-Wieland-Preis

Zum 50. Jubiläum des internationalen Heinrich-Wieland-Preis hat die Boehringer Ingelheim Stiftung das Preisgeld dauerhaft auf 100.000 Euro erhöht. Außerdem veranstaltet sie vor der festlichen Preisverleihung am 21. Oktober 2014 in der Münchener Residenz ein international besetztes wissenschaftliches Symposium, u.a. mit Reinhard Jahn und weiteren Trägern des Heinrich-Wieland-Preises wie dem Nobelpreisträger James Rothman. Nachwuchswissenschaftler können sich für Posterpräsentationen, Reisestipendien und einen informellen Austausch mit Sprechern und Preisträgern bewerben.

Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.heinrich-wieland-preis.de
Webseite des Heinrich Wieland Preises mit Registrierungsportal

http://www.boehringer-ingelheim-stiftung.de
Webseite der Boehringer Ingelheim Stiftung

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/de/image242332
Prof. Dr. Reinhard Jahn, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen erhält den mit 100.000 Euro dotierten Heinrich-Wieland-Preis der Boehringer Ingelheim Stiftung

http://idw-online.de/de/image242333
Modell eines aufgeschnittenen synaptischen Vesikels mit verschieden eingefärbten Proteinen außen auf der Vesikelmembran. Im Inneren rot gefärbt kleine Neurotransmitter-Moleküle.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment37466
Plakat zum 50. Jubiläums-Symposium Heinrich Wieland Preis

Professor Dr. Reinhard Jahn
Reinhard Jahn studierte Biologie und Chemie in Göttingen. Anschließend forschte er vier Jahre an der Universität Yale und der Rockefeller Universität in den USA. Im Jahr 1986 wechselte er als Junior-Gruppenleiter an das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in Martinsried. Es folgte die Berufung als Professor an die Yale School of Medicine, USA, sowie an das Howard Hughes Medical Institute. Seine jetzige Position als Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen hat er seit 1997 inne. Er wurde unter anderem ausgezeichnet mit dem wichtigsten deutschen Wissenschaftspreis, dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis (2000), dem Ernst Jung-Preis für Medizin (2006) und dem Wissenschaftspreis des Landes Niedersachsen (2010). Außerdem setzt er sich für bessere Bedingungen für Doktoranden ein und fungiert als Mentor für junge Wissenschaftlerinnen.

Heinrich-Wieland-Preis
Der internationale Heinrich-Wieland-Preis honoriert mit 100.000 Euro herausragende Forschung zu biologisch aktiven Molekülen und Systemen sowie deren klinischer Bedeutung in der Chemie, Biochemie und Physiologie. Der Preis ist nach dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Heinrich Otto Wieland (1877-1957) benannt. Seit 1964 wird der Preisträger jährlich von einem wissenschaftlichen Kuratorium ausgewählt; seit 2011 dotiert die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) die Auszeichnung. Zu den Preisträgern gehören u.a. die späteren Nobelpreisträger Michael Brown, Joseph Goldstein, Bengt Samuelsson sowie James Rothman. Die BIS ist eine eigenständige und gemeinnützige Stiftung zur Förderung der medizinischen, biologischen, chemischen und pharmazeutischen Wissenschaft:
www.boehringer-ingelheim-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1815

Quelle: Boehringer Ingelheim Stiftung, Kirsten Achenbach, 07.08.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2014