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MELDUNG/840: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.05.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Digitalisierung in der Medizin:
      Portal zu Datenmodellen erhält eine halbe Million Euro Förderung
→  Eröffnung des neuen Centrums für Schlaganfall- und Demenzforschung
→  DFG bewilligt zwei neue Sonderforschungsbereiche an der Medizinischen Fakultät Heidelberg


Westfälische Wilhelms-Universität Münster - 21.05.2015

Digitalisierung in der Medizin: Portal zu Datenmodellen erhält eine halbe Million Euro Förderung

Wissenschaftler vom Institut für Medizinische Informatik der Universität Münster haben ein Onlineportal zu medizinischen Datenmodellen entwickelt. Für den Ausbau des Portals und die weitere Forschung bekommt das Team unter der Leitung von Prof. Martin Dugas mehr als eine halbe Million Euro Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Münster (mfm/mk) - In der modernen personalisierten Medizin gibt es über 13.000 Diagnosen - und jede davon muss für die ärztliche Behandlung präzise dokumentiert werden. Doch obwohl die dafür vorgesehenen Formulare - Datenmodelle genannt - in Praxen, Krankenhäusern und Laboren weltweit täglich zum Einsatz kommen, sind sie weder standardisiert noch für die Mediziner allgemein zugänglich. Das wollen Wissenschaftler vom Institut für Medizinische Informatik (IMI) der Universität Münster ändern und haben dafür ein Onlineportal zu medizinischen Datenmodellen (MDM) entwickelt. Für den Ausbau des Portals und die weitere Forschung bekommt das Team unter der Leitung von Prof. Martin Dugas mehr als eine halbe Million Euro Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft hat längst auch die Medizin erreicht: Nach jedem Patientengespräch werden vielfältige Daten - zum Beispiel Vorerkrankungen, Blutdruck oder Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchung - in Informationssysteme aufgenommen. Etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit wenden deutsche Ärzte durchschnittlich schon für die Arbeit am Computer auf - für den Patientenkontakt bleibt so immer weniger Zeit. "Das liegt auch an der riesigen Zahl von unterschiedlichen Datenmodellen", sagt Prof. Martin Dugas, Leiter des IMI und Initiator des Online-Portals. Dem wollen der Medizininformatiker und sein Team nun entgegenwirken und mit dem Portal eine Möglichkeit schaffen, Expertenwissen über Datenmodelle zu teilen. "Damit soll beispielsweise zugänglich und verständlich gemacht werden, wie ein Herzinfarkt an verschiedenen Orten und von verschiedenen Ärzten dokumentiert wird. Dies ist die Voraussetzung, dass man sich auf sinnvolle Datenstandards einigt", so Dugas.

Die münsterschen Wissenschaftler haben in den letzten zwei Jahren etwa 9.000 Datenmodelle mit über 300.000 verschiedenen Feldern gesammelt, womit ihr MDM-Portal bereits jetzt das größte seiner Art weltweit ist. Diese Zahl soll aber noch um etwa 20.000 Datenmodelle steigen, die mit speziellen Kodes ergänzt werden, damit sie computerbasiert ausgewertet und zum Beispiel deutsche und englische Formulare verglichen werden können. Für Forscher können die online verfügbaren Formulare dann als Vorlage für Studienbefragungen dienen und die Effizienz der Arbeit steigern. "Alle profitieren von besseren Datenmodellen: Ärzte verbringen weniger Zeit vor dem Computer, während Forscher klinische Daten besser auswerten können", erklärt Dugas. "Von diesen Vorteilen profitieren letztlich auch die Patienten." Die im MDM-Portal gespeicherten Formulare sind nicht ausgefüllt, die Patientendaten bleiben so selbstverständlich geschützt.

Für das ehrgeizige Ziel, Ärzten wieder mehr Zeit für die Behandlung ihrer Patienten zu geben und zugleich die medizinische Forschung zu unterstützen, kooperieren Dugas und sein Team mit der Universitäts- und Landesbibliothek Münster unter der Leitung von Dr. Beate Tröger. Das Projekt, zu dessen nächsten Schritten auch die Produktion eines YouTube-Tutorials als "Bedienungsanleitung" gehört, wird zudem ab Sommer 2015 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG gefördert. 550.000 Euro erhalten die Wissenschaftler für die nächsten beiden Jahre, um ihre "Wikipedia für medizinische Formulare", wie Dugas das Projekt beschreibt, auszubauen und langfristig zu etablieren. Unterstützt wird das Projekt auch von namhaften nationalen und internationalen Partnern wie dem European Leukemia Net, dem European Institute of Health Records, der Harvard Medical School, der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, dem Fachverband für Dokumentation und Informationsmanagement in der Medizin, der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. sowie dem Berufsverband medizinischer Informatiker. Mit Spannung erwarten die münsterschen Forscher nun den Start des Projekts, das, so Prof. Dugas, "in einigen Jahren die moderne Medizin verändern könnte."

Redaktion:

Dr. Thomas Bauer
Medizinische Fakultät
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Referent für Forschung und Lehre
thbauer@uni-muenster.de

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://medical-data-models.org/ MDM-Portal

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution72

Quelle: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Dr. Christina Heimken, 21.05.2015

Raute

Klinikum der Universität München - 21.05.2015

Eröffnung des neuen Centrums für Schlaganfall- und Demenzforschung

Gemeinsam gegen Alzheimer, Parkinson und Schlaganfall: Das neue Centrum für Schlaganfall- und Demenzforschung in München bietet ausgezeichnete Strukturen für innovative Forschung und Therapieentwicklung.

Das in München neu eröffnete Centrum für Schlaganfall- und Demenzforschung (CSD) ist ein beispielhaftes Modell für die Zusammenarbeit unterschiedlicher Forschungsorganisationen, mit dem Ziel, Ursachen und Risikofaktoren von neurodegenerativen und zerebrovaskulären Erkrankungen besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Organisatorisch teilen sich das für 57,5 Millionen Euro vom Freistaat Bayern errichtete Gebäude das Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der Universität München und das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie der Lehrstuhl für Stoffwechselbiochemie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Forschern der LMU, der Technischen Universität München (TUM) und der Helmholtz-Gemeinschaft bieten sich nun auf dem Life-Science-Campus Großhadern/Martinsried beste Voraussetzungen, in München ein international anerkanntes Zentrum zur Erforschung und Behandlung von Erkrankungen wie Schlaganfall, Morbus Alzheimer und Parkinson zu schaffen.

Gerade weil die demographische Entwicklung bereits seit einiger Zeit darauf hinweist, dass die Patientenzahlen deutlich zunehmen werden - laut Hochrechnungen sind 1,5 Millionen Schlaganfälle in Europa im Jahr 2025 zu erwarten und weltweit rund 80 Millionen Demenzkranke in 2050 - ist es wichtig, Kompetenz-Zentren zu etablieren, die sich mit diesen Krankheitsbildern und deren Ausprägungen beschäftigen. Neben den Geldern des Freistaats Bayern für den Bau des CSD trug auch die private Initiative des polnischen Geschäftsmannes und Philanthropen Zygmunt Solorz-Zak dazu bei, das neue Forschungszentrum zu gründen. Gefördert werden die Institutionen übergreifenden Arbeitsgruppen zudem durch die Struktur der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, zu denen das DZNE gehört. Am CSD arbeiten die 'besten Köpfe' in Forschung und Klinik unter einem Dach zusammen.

Forschung verbessert die Patientenversorgung

Für Patienten wurde im CSD eine Ambulanz mit Tagesklinik eingerichtet. Dort ist neben einer umfassenden Diagnostik und Medizinischen Versorgung durch Ärzte und andere Spezialisten auch ein direkter Austausch mit klinischen Forschern möglich. Vielversprechende Behandlungskonzepte können Betroffenen im Rahmen klinischer Studien frühzeitig zugänglich gemacht werden. Zugleich findet eine interdisziplinäre Versorgung auf Grundlage neuester Therapien statt. Neben der Vorsorge bietet die Ambulanz auch eine Nachsorge und langfristige medizinische Betreuung an. Ziel ist dabei neben der konsequenten Umsetzung etablierter Therapien der Gewinn von Erkenntnissen über die Wirksamkeit von neuen Behandlungsmaßnahmen. Mit eingebunden werden dabei stets die in der Regelversorgung tätigen niedergelassenen Ärzte.

Münchner Unikliniken wichtige Partner im Forschungsverbund

Sowohl für die Grundlagenforscher wie auch für die Kliniker ist die unmittelbare Nähe und Zusammenarbeit zwischen CSD und dem Klinikum der Universität München (LMU) sowie dem Klinikum rechts der Isar (TUM) ein enormer Vorteil. So können etwa Grundlagenforscher die am Campus Großhadern angesiedelte Expertise der Nuklearmediziner und der Radiopharmakologen nutzen, um bei der Erforschung von Abläufen im Gehirn von Mäusen mittels moderner Bildgebungsverfahren neurodegenerative Veränderungen zu beobachten und neue Therapieansätze zu testen. Dabei werden spezifische radioaktive Marker verwendet, die an Zellstrukturen im Gehirn andocken und im Positronen-Emissions-Tomographen (PET) sichtbar gemacht werden können. Ein weiteres, konkretes Beispiel für die gelungene Zusammenarbeit zwischen Forschern und Klinikern zeigt sich in der DIAN-Studie (Dominantly Inherited Alzheimer Network). Dabei handelt es sich um ein internationales, in den USA gegründetes Netzwerk, um die genetisch bedingten Formen der Alzheimer-Erkrankung besser zu erforschen. Der deutsche Beitrag wird vom DZNE getragen, die Neurologische Klinik am Campus Großhadern und die Nuklearmedizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar sind dabei klinische Partner. Die vererbte, aber seltene Form der Alzheimer-Demenz (rund 1% aller Alzheimerfälle) ist eine relativ gut verstandene Variante mit einer bekannten genetischen Kausalität. Sie eignet sich daher als Modell für die viel häufigere sporadische Alzheimer-Erkrankung.

Alzheimer-Therapieforschung im Aufwind

Die seit über 20 Jahren intensivierte Alzheimer-Forschung steht vor einem möglicherweise entscheidenden Meilenstein. "Erst vor wenigen Wochen wurden bei einem internationalen Kongress erste Ergebnisse einer Impfstudie vorgestellt, bei der Antikörper die giftigen Eiweißablagerungen, die β-Amyloid-Plaques, im Gehirn binden und dafür sorgen, dass sie keinen Schaden mehr anrichten", sagt Prof. Christian Haass, Standort-Sprecher des DZNE und Inhaber des LMU-Lehrstuhls für Stoffwechselbiochemie in München. Getestet wurde der Wirkstoff an 200 Patienten. Das Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung: Die Gedächtnisleistung, einer der Parameter für eine erfolgreiche Behandlung, konnte über einen Zeitraum von einem Jahr stabilisiert werden. Das schädliche Eiweiß zerstörte demnach keine weiteren Nervenzellen im Gehirn. Dieser Antikörper muss nun aber in weiteren klinischen Studien getestet werden. Parallel dazu gibt es erfolgversprechende Ansätze, Wirkstoffe gegen Enzyme zu entwickeln, die für die Produktion der giftigen Eiweiße mitverantwortlich sind. "Vermutlich", so Prof. Martin Dichgans, Direktor des ISD, "wird es am sinnvollsten sein, Kombinationstherapien mit sich ergänzenden Ansatzpunkten zu entwickeln."

Darüber hinaus gilt es weiterhin, die Gefäß-Prävention zu stärken und die Frühdiagnostik zu verbessern.

Parkinson-Ursachenforschung

Auch die Erforschung der Parkinson-Syndrome, der zweitgrößten Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen, profitiert stark von der engen Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern. Die Parkinson-Syndrome führen zu einer fortschreitenden Einschränkung der Bewegungsfähigkeit bis hin zur Pflegebedürftigkeit. Am DZNE werden wichtige Beiträge zur Parkinson-Ursachenforschung erbracht. Das Zusammenwirken von Risikofaktoren in den Genen und in der Umwelt sowie die Eiweißstoffe, die solche Interaktionen vermitteln, stehen im Zentrum des Interesses. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Zellbiologie und Ultrastruktur von degenerierenden Nervenzellen, da anscheinend bei der Parkinson-Erkrankung die Schädigung der energiebildenden Organellen der Nervenzellen eine zentrale Rolle spielt. Auf der Basis dieser Erkenntnisse stellen die Wissenschaftler neue Zellkulturmodelle der Erkrankungen her. Damit entwickeln sie neue Therapieansätze, deren Nutzen dann bei Patienten erprobt werden kann. Ein erfolgreiches Beispiel ist eine klinische Studie, um das Fortschreiten des Parkinson Syndroms zu verlangsamen: Wissenschaftler am DZNE führen in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TUM und dem LMU-Klinikum Großhadern eine deutschlandweite Studie durch, mit dem Ziel, den Krankheitsverlauf zu bremsen. Gerade die enge Integration mit den klinischen Versorgungseinheiten erlaubt eine rasche und effiziente Umsetzung der grundlagenorientierten Forschung in die Praxis.

Schwerpunkte der Arbeit des DZNE am Standort München unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Haass:

  • Alzheimer Erkrankung (AD) mit einem speziellen Fokus auf der regulierten Intramembranproteolyse (RIP)
  • Parkinson Erkrankung (PD)
  • Frontotemporale Degeneration (FTD)
  • Amyotrophe Laterale Sclerose (ALS)

Schwerpunkte der Arbeit des ISD unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Dichgans

  • Schlaganfall und Demenz
  • Tagklinik für Demenz- und Schlaganfall-Patienten
  • Mechanismen von Gefäßerkrankungen und Demenz
  • Differenzierte Diagnostik und multidisziplinäre Betreuung der Patienten
  • Klinische Studien

* Ansprechpartner

Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Haass
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) e.V. München &
Biomedizinisches Centrum (BMC), Stoffwechselbiochemie,
Ludwig-Maximilians-Universität München
Feodor-Lynen Straße 17, 81377 München, Germany
E-Mail: christian.haass@mail03.med.uni-muenchen.de
Internet: http://www.biochemie.abi.med.uni-muenchen.de/index.html

Prof. Dr. med. Martin Dichgans
Direktor Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD)
Klinikum der Universität München
Feodor-Lynen Straße 17, 81377 München, Germany
E-Mail: martin.dichgans@med.uni-muenchen.de
Internet: www.isd.klinikum.uni-muenchen.de

Ansprechpartner für die TUM-Beteiligung am DZNE:
Prof. Dr. med. Thomas Misgeld
E-Mail: thomas.misgeld@lrz.tum.de

* Weitere Informationen und Bilderdownload:
http://www.klinikum.uni-muenchen.de/de/aktuelle_startseite/aktuelles/20150521_eroeffnung_csd/index.html

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment44201
Stimmen zur Eröffnung des Centrums für Schlaganfall- und Demenzforschung in München

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution550

Quelle: Klinikum der Universität München, Philipp Kressirer, 21.05.2015

Raute

Universitätsklinikum Heidelberg - 22.05.2015

DFG bewilligt zwei neue Sonderforschungsbereiche an der Medizinischen Fakultät Heidelberg

Chronische Schmerzen: Wie verändern sich Zellen und Nervenbahnen, wenn Schmerzen lange andauern? / Immunsystem: Welche Rolle spielen Immunzellen der Haut bei der Abwehr von Krankheitserregern? / Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert mit insgesamt rund 24 Millionen Euro

Rückenwind für die Forschung an der Medizinischen Fakultät Heidelberg: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert zwei neue Sonderforschungsbereiche (SFB) mit insgesamt 23,9 Millionen Euro für zunächst vier Jahre. "Diese Entscheidung bestätigt die großartige Arbeit unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und stärkt Heidelberg als Standort für zukunftsweisende medizinische Forschung", sagt Professor Dr. Wolfgang Herzog, Dekan der Medizinischen Fakultät. "Wir gratulieren allen Beteiligten sehr herzlich!" An der Medizinischen Fakultät sind insgesamt neun SFBs und SFB-Transregios angesiedelt, die Heidelberger Wissenschaftler sind an weiteren sechs SFBs beteiligt.

Der SFB 1158 "Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz: Struktur-Funktions-Merkmale neuraler Bahnen und deren Reorganisation" untersucht, wie aus akuten Schmerzen chronische werden und wie sich dieser Übergang verhindern oder umkehren lässt. Sprecherin des mit 12,1 Millionen Euro geförderten SFBs ist Professor Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Medizinischen Fakultät Heidelberg.

Im SFB-Transregio 156 "Die Haut als Koordinator lokaler und systemischer Immunantworten" erforschen die Wissenschaftler in einem überregionalen Forschungsverbund die Rolle der Haut bei der Abwehr von Krankheitserregern. Sprecher ist Professor Dr. Alexander Enk, Geschäftsführender Direktor der Universitäts-Hautklinik Heidelberg. Projektpartner im mit 11,8 Millionen Euro geförderten SFB-Transregio sind die Universitäten Tübingen und Mainz sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Die Basis für eine gezielte Therapie: Chronische Schmerzen besser verstehen

Dass Schmerzen z.B. bei Verletzungen auftreten, ist zunächst etwas Normales und dient der Schonung und Ausheilung. Doch was passiert, wenn diese Schmerzen bleiben, während die Verletzung längst verheilt ist? Dieser Frage geht der neue SFB 1158 an der Medizinischen Fakultät Heidelberg nach. Im Fokus steht, wie sich Nervenzellen und -bahnen verändern, wenn Schmerzen chronisch werden. "Während es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Erforschung der molekularen Mechanismen bei der Schmerzchronifizierung gab, ist unser Wissen um die Veränderungen der neuralen Netzwerke noch sehr lückenhaft", erklärt Kuner. Ein umfassendes Verständnis aller Aspekte der Chronifizierung - molekulare Mechanismen, neuralen Netzwerke und subjektive Wahrnehmung - sei jedoch die Voraussetzung für die gezielte Entwicklung neuer Therapien.

Die Wissenschaftler verfolgen im SFB drei Schwerpunkte: Sie untersuchen Struktur und Funktion der Nervenbahnen, die schmerzhaft Reize von schmerzlosen Reizen unterscheiden, mit bildgebenden, elektrophysiologischen und verhaltensbasierten Verfahren. Außerdem gehen sie der Hypothese nach, dass chronische Schmerzen mehr sind als anhaltende akute Schmerzen. "Emotionen und kognitive Prozesse, die auch bei Angststörungen oder Depressionen eine wichtige Rolle spielen, könnten die chronischen Schmerzen beeinflussen", so Kuner. Im dritten Schwerpunkt wollen die Forscher herausfinden, ob die Veränderungen an Nervenzellen und -bahnen, die auftreten, wenn Schmerzen lange Zeit anhalten, Ursache oder Folge der chronischen Schmerzen sind. Projektpartner in diesem SFB sind das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI), das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und das Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg beteiligt.

Die Haut als erste Abwehr gegen Krankheitserreger

Die Haut ist das größte menschliche Organ und bildet zusammen mit Lunge und Darm den Schutzschild des Körpers gegen Krankheitserreger. Bekannt ist, dass Immunzellen in der Haut nicht nur eine lokale Reaktion auf bestimmte Reize auslösen, sondern auch eine Antwort des gesamten Immunsystems veranlassen können. Die molekularen Details sind jedoch noch weitgehend unerforscht und stehen im Fokus des neuen überregionalen Sonderforschungsbereichs.

"Einzelne Forschungsprojekte konzentrieren sich bislang meist nur auf einen bestimmten Zelltyp innerhalb dieses komplexen Systems, der größere physiologische Kontext fehlt dann", erklärt Professor Dr. Alexander Enk. Im Rahmen des SFB untersuchen die Forscher, wie Abwehrzellen der Haut sowohl miteinander als auch mit anderen Zelltypen der Haut interagieren. Außerdem wollen die Forscher neue Einsichten gewinnen, wie die verschiedenen Zelltypen der Haut weitere Immunzellen und damit die vielschichtige Krankheitsabwehr des Körpers beeinflussen. "Die Zusammenarbeit von Dermatologen und Grundlagenforschern verschiedener Fachrichtungen wie Immunologie und Mikrobiologie bietet optimale Voraussetzungen, um die komplexen Zusammenhänge der Immunantwort zu begreifen."

Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Ziel von Sonderforschungsbereichen ist es, innovative, aufwendige und langfristig konzipierte Forschungsvorhaben über die Grenzen von Fachdisziplinen und Institutionen hinaus zu fördern. Neben wissenschaftlichen Aspekten tragen auch Nachwuchsförderung und die Gleichstellung von Forscherinnen und Forschern zum erfolgreichen Abschneiden im anspruchsvollen Auswahlverfahren der DFG bei.

* Kontakt:

Prof. Dr. Rohini Kuner
Geschäftsführende Direktorin Pharmakologisches Institut
Medizinische Fakultät Heidelberg
E-Mail: rohini.kuner@pharma.uni-heidelberg.de

Professor Dr. Alexander Enk
Geschäftsführender Direktor Universitäts-Hautklinik Heidelberg
E-Mail: alexander.enk@med.uni-heidelberg.de

* Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Willkommen.955.0.html
Universitäts-Hautklinik Heidelberg

http://www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de/Pharmakologisches-Institut.102627.0.html
Pharmakologisches Institut der Medizinischen Fakultät Heidelberg

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Julia Bird, 22.05.2015

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2015

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