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NACHSORGE/091: Ärztliche Begleitung von Herzsportgruppen (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 5, Mai 2023

Herzsport ermöglicht Perspektivwechsel

von Dirk Schnack


HERZSPORT. Die ärztliche Begleitung von Herzsportgruppen ist ein interessanter Perspektivwechsel: Patienten sind in einer anderen Umgebung und empfänglich für ärztlichen Rat über Ernährung und Bewegung. Das Problem: Es herrscht auch hier Ärztemangel.


Montags nach Feierabend in der Klinik: Arzt Felix Klingenbeck zieht es in die Sporthalle der Thomas-Mann-Schule in Lübeck. Sein Ziel ist ein Angebot der Lübecker Turnerschaft, das jede Woche von 18 bis 20 Uhr stattfindet. Klingenbeck erscheint nicht als Sportler, sondern als Arzt - er begleitet die Herzsportgruppe. Der Arzt in Weiterbildung, angehender Internist, ist einer von rund 150 Ärztinnen und Ärzten im Land, die solche Gruppen regelmäßig begleiten.

"Was darf ich mir noch an Bewegung zumuten?", "Welche Medikamente sind die richtigen für mich?", "Ist mein Blutdruck noch im normalen Bereich?" Solche und ähnliche Fragen, die zuvor schon in Klinik und Praxis besprochen wurden, werden bei dieser Gelegenheit auch an ihn noch einmal herangetragen. "Das zeigt, dass viele Patienten in den ersten Gesprächen noch zu aufgeregt waren oder sich viele Fragen erst im Nachhinein ergeben. Es ist in Ordnung, wenn die Teilnehmenden solche Fragen in diesem Rahmen noch einmal stellen", sagt Klingenbeck. Er klärt auf, spricht mit den Patienten über Ernährung und Bewegung und ist für mögliche Notfälle gewappnet: Telefon, Notfallkoffer und mobiler Defi gehören zur Standardausrüstung bei den Trainings der Herzsportgruppen.

Davon gibt es seit der Pandemie deutlich weniger. Finn Schwarzlow, Lehrwart der Landesarbeitsgemeinschaft Herz und Kreislauf in Schleswig-Holstein und selbst Übungsleiter, nennt die Zahl von aktuell 157 Gruppen im Land, in denen 2.343 Menschen Herzsport betreiben. Vor der Pandemie waren es rund 200 Gruppen mit 3.200 Teilnehmenden.

Schwarzlow wirbt deshalb sowohl für mehr Ärztinnen und Ärzte, die begleiten, als auch für die verstärkte Verordnung von Rehasport durch Muster 56. "Die Verordnung ist wichtig, damit die Kostenträger die Kursgebühren tragen", sagt Schwarzlow. Für Klingenbeck ist die Begleitung ein interessanter Perspektivwechsel zu seiner Arbeit in einer Klinik. Er lernt Patienten in anderer Umgebung als in der Klinik kennen und kann sie in einem anderen Stadium ihrer Erkrankung begleiten. "Ich sehe diese Arbeit auch als wichtigen und sinnvollen Part der Patientenversorgung", sagt Klingenbeck. Er hat Spaß an der Begleitung und nimmt sie als gut für das ärztliche Renommee wahr. Er selbst ist vor der Pandemie von einem Kollegen angesprochen worden, hat sich den Herzsport "aus Neugierde" angesehen und ist dabeigeblieben.

Für die ärztliche Begleitung ist eine ständige Anwesenheit möglich, aber nicht vorgeschrieben. Es reicht eine Bereitschaft mit der Vorgabe, innerhalb von acht Minuten vor Ort zu sein. Dies kann auch durch eine Rettungskraft erfolgen. Bei der Bereitschaftslösung ist zu beachten, dass die begleitenden Ärzte alle sechs Wochen zu einer Übungseinheit der Herzsportgruppe erscheinen.

Wer aber kommt überhaupt für die ärztliche Begleitung in Frage? Dies regelt die "BAR-Rahmenvereinbarung Rehasport und Funktionstraining". Danach dürfen folgende Fachärzte Herzgruppen betreuen:

  1. Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie, Allgemeinmedizin, - Facharzt/Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin,
  2. Facharzt/Fachärztin auf einem anderen Gebiet mit Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin,
  3. Arzt/Ärztin ohne Fachgebietsbezeichnung mit Erfahrung im Rehabilitationssport oder Sport mit Herzpatienten.

Wer sich angesprochen fühlt, ist bei der LAG willkommen - Schwarzlow freut sich über Kontaktaufnahme. Weitere Informationen bietet die Website (www.herzintakt.net).

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 5, Mai 2023
76. Jahrgang, Seite 26
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-0, Fax: 04551/803-101
E-Mail: info@aeksh.de
Internet: www.aeksh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 26. Mai 2023

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