Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

FORSCHUNG/2067: Von der Charité ins All - Experiment ThermoLab auf der ISS gestartet (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - Donnerstag, 15. Oktober 2009

Von der Charité ins All: Experiment ThermoLab auf der ISS gestartet

Neuer Sensor erleichtert Messung der inneren Körpertemperatur


Am Donnerstag, 15. Oktober 2009, startet zeitgleich zum Beginn der 300-Jahr-Feierlichkeiten der Berliner Charité auf der Internationalen Raumstation ISS das Experiment ThermoLab. Mit ihm wollen Wissenschaftler der Universitätsklinik Veränderungen des Wärmehaushalts und des Kreislaufs beim Menschen in Schwerelosigkeit erforschen. Dabei kommt ein neuartiger Sensor zum Einsatz, der geimeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) von der Charité und den Draegerwerken Lübeck entwickelt wurde.

Wenn Astronauten in die Schwerelosigkeit eintreten, fließen Teile ihrer Körperflüssigkeiten, wie Blut und Lymphe, sehr schnell von der unteren in die obere Körperhälfte. Damit verknüpft sind auch Veränderungen im Wärmehaushalt. Um diese Veränderungen präzise zu erfassen und ihnen dann zu begegnen, ist die Messung der Körperkerntemperatur wichtig. Hierunter versteht man die Temperatur der lebenswichtigen inneren Organe. In Kliniken und Arztpraxen wurde sie bisher mittels einer Sonde im Körper gemessen. Dieses Verfahren kann jedoch bei Astronauten nicht angewendet werden.


Überwachung von Menschen in Extremsituationen

Beim Experiment ThermoLab verwenden die Wissenschaftler daher ein neues, nicht-invasives Messverfahren mit dem Doppelsensor. Er erfasst den Wärmefluss am Kopf und auf dem Brustbein. Die Wärmeflussmengen werden dann über spezielle mathematische Verfahren in Körperkerntemperaturen umgerechnet und sollen gemeinsam mit Herz-Kreislauf-Daten zur Beurteilung des Erschöpfungszustandes dienen.

Hierdurch können bei Menschen in besonderen Arbeitssituationen - beispielsweise Astronauten bei einem Außenbordeinsatz - Gefährdungen frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Auch auf der Erde soll das Verfahren, etwa bei Feuerwehreinsätzen, bei Operationen oder der Überwachung von Säuglingen im Brutkasten, verwendet werden.

Bereits im Februar 2009 wurde das Messgerät mit einem Progress-Versorgungsschiff zur Raumstation gebracht, um hier die längerfristigen Veränderungen der Körperkerntemperatur in Schwerelosigkeit zu erforschen. ThermoLab wird mit weiteren Experimenten der amerikanischen Weltraumbehörde NASA zur körperlichen Fitness kombiniert, um damit die Regulation des Herz-Kreislauf-Systems und des Wärmehaushalts genauer zu untersuchen. Die Versuchsreihe ist auf mehrere Jahre angelegt.


Erste Tests unter Schwerelosigkeit auf Parabelflügen

Entwickelt und getestet wurde der Sensor von einer Arbeitsgruppe um Prof. Gunga und Dr. Werner an der Charité Berlin in Kooperation mit den Draegerwerken Lübeck. Die Wissenschaftler haben das Verfahren bereits in den Jahren 2007 und 2008 in der kurzzeitigen Schwerelosigkeit von Parabelflügen auf seine Genauigkeit überprüft.

Die erhobenen Messwerte waren sehr präzise und stimmten mit den durch herkömmliche Verfahren erhaltenen Werten genau überein. Die DLR Raumfahrt-Agentur hat das Projekt mit Geldern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Die Kosten für Entwicklung und Bau des Sensors sowie die Vorbereitung für die Weltraumnutzung belaufen sich auf rund 400.000 Euro.

Mit dem Experiment ThermoLab soll die Reihe der erfolgreichen Weltraumexperimente der Charité weitergeführt werden, die von der ersten Spacelab-Mission 1983 über die deutschen Spacelab-Missionen D-1 und D-2, die deutsch-russischen MIR-Missionen in den Jahren 1992 und 1997 schließlich bis zur Internationalen Raumstation ISS reichen.

Die Forschungsarbeiten decken dabei ein weites Spektrum von der Molekularbiologie über die Forschung zu Muskel- und Knochenabbau und zum Gleichgewichtssystem bis hin zur ganzheitlichen Betrachtung des menschlichen Körpers ab.



Kontakt:
Diana Gonzalez
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrt-Agentur, Kommunikation
E-Mail: Diana.Gonzalez@dlr.de

Dr. Hans-Günter Ruyters
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrt-Agentur, Forschung unter Weltraumbedingungen
E-Mail: Guenter.Ruyters@dlr.de


Vollständiger Artikel mit Bildmaterial:
http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-5105/8598_read-20458/


*


Quelle:
Presse-Information vom 15. Oktober 2009
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Unternehmenskommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
http://www.dlr.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2009