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KRIEGSMEDIZIN/020: Die Zahl traumatisierter Soldaten wird vermutlich deutlich steigen (IPPNW)


IPPNW-Presseinfo - Mittwoch, 11. Februar 2009
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.

Krieg macht krank

IPPNW befürchtet, dass die Zahl traumatisierter Soldaten deutlich steigen wird


Berlin, 11. Februar 2009 - Die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) begrüßen den Antrag der Regierungsfraktionen zur Unterstützung traumatisierter Bundeswehrsoldaten, der morgen im Bundestag verabschiedet werden soll. Die beste Prävention psychischer Folgeschäden von Kriegseinsätzen aber ist ein bald möglicher Rückzug aller Truppen, ein Friedensplan für Afghanistan und eine Unterstützung für den Wiederaufbau des Landes unter Einbeziehung der regionalen Stämme.

Aufgrund der verschärften Sicherheitslage in Afghanistan wird die Zahl der Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bei Soldaten weiter steigen, befürchtet die IPPNW. "Krieg macht krank, nicht nur die beteiligten Soldaten, sondern auch die Bevölkerung. Er verändert die Gesellschaft daheim. Gesellschaftliche Ressourcen oder Reichtümer werden in einem wachsenden Ausmaß der Fähigkeit zur Kriegsführung anheim gestellt", so die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. "Wir setzen Menschen unmenschlichen Situationen aus, in denen sie im Extremfall selbst unmenschlich werden und medikalisieren anschließend das Problem".

Die IPPNW appelliert an die Bundesregierung, einen Strategiewechsel ihrer Afghanistanpolitik einzuleiten. Deutschland müsse gemeinsam mit europäischen Regierungen, islamischen und blockfreien Ländern, Gespräche für einen neuen Friedensprozess vorantreiben. Beteiligt werden sollten die unterschiedlichen Gruppierungen der afghanischen Opposition einschließlich der Taliban und die afghanische Regierung. Realistisch seien heutzutage die Kräfte, die eingestehen, dass die militärische Aufstandsbekämpfung der NATO gescheitert ist. Der Friedensprozess brauche daher einen konkreten militärischen Abzugsplan aller Truppen.

Die IPPNW fordert die Bundesregierung zudem auf, den Beitrag zur zivilen Hilfe deutlich aufzustocken. Diese Mittel sollen für Entwicklungsprojekte in Afghanistan zur Verfügung gestellt werden, die von Orten und Regionen des Landes gemeinsam für wichtig und nützlich gehalten werden und die Lebensbedingungen der Menschen vornehmlich auf dem Lande verbessern. Eine zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC) lehnen wir ab, denn sie dient der jeweiligen militärischen Operation und hat mit humanitärem Aufbau oder Entwicklungshilfe nicht das Geringste zu tun.

Ein IPPNW-Hintergrundpapier von Dr. Angelika Claußen über posttraumatische Belastungsstörungen bei Soldaten finden Sie unter:
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Der_Krieg_kehrt_heim.pdf


Über die IPPNW: Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - vom 11.02.2009
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel. 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2009