Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1614: Zwangssterilisierungen in Peru vor der Menschenrechtskommission (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 42 vom 22. Oktober 2010
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

"Dein Mann will das!"
Zwangssterilisierungen in Peru vor der Menschenrechtskommission

Von Günter Pohl


Ein ungeheuerlicher Vorgang beschäftigt die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH), nachdem er in Peru zu den Akten gelegt worden ist: die Zwangssterilisierungen in den neunziger Jahren unter der Regentschaft von Präsident Alberto Fujimori.

Stellvertretend für mehr als zweihunderttausend Peruanerinnen wurden von der Organisation "Studie zur Verteidigung und für die Rechte der Frau" im Juni zwei Fälle exemplarisch der CIDH vorgelegt, die jetzt der Klage gegen den peruanischen Staat nachgehen muss. Zwischen 1996 und 2000 sind 215 227 Sterilisierungen bei Frauen und etwa 16 000 Sterilisierungen bei Männern vorgenommen worden, wie eine Erhebung aus dem Jahr 2002 ergab. Die beiden Fälle betreffen Mamérita Mestanza, die im Juli 1997 nach einer Sterilisationsoperation in Piura starb, nachdem sie von Ärzten dazu gedrängt worden war, und eine Quechua-Indianerin, die sich einem Eingriff entziehen wollte, nachdem sie zusehen musste, wie eine andere Patientin dabei fast verblutet war. Danach wurde sie gewaltsam in einen Operationssaal gebracht, um dann die Operation vorzunehmen.

Die Sterilisierungen wurden im Rahmen des "Nationalen Programms der reproduktiven Gesundheit und Familienplanung" der damaligen Regierung unter Fujimori (1990-2000) durchgeführt, der derzeit wegen Anstiftung zur Ermordung von Regimegegnern im Gefängnis ist. Zumeist wurden Frauen aus ländlichen Gegenden, in der Mehrheit Indigene, davon "überzeugt" sich in das Familienplanungsprogramm zu fügen. Von 2.074 Frauen, gegen deren ausdrücklichen Willen solcherart Eingriffe vorgenommen wurden, starben zwanzig; aber auch einige Männer wurden unter Vortäuschung anderer Operationen heimlich zeugungsunfähig gemacht. Die überwiegende "Freiwilligkeit" geschah oft so: "Ich wurde zur Operation überredet, indem man mir ansonsten die Geburtsurkunde meiner sechsjährigen Tochter vorenthalten würde. Die Krankenschwester behauptete, mein Mann hätte sein Einverständnis gegeben, was sich als eine Lüge herausstellte", sagte Vicentina Usca, eine damals nicht einmal 30-jährige Bäuerin aus San Martín.

Im Jahr 2002 erkannte der Staat zwar seine Verantwortung an und sicherte Reparationszahlungen und entsprechende Verfahren zu, aber im Dezember 2009 hieß es dann vom Ministerium für Öffentliche Angelegenheiten, dass - nach acht Jahren Untersuchungen - nun die Verjährung eingetreten sei. Die Anwältin Diana Portal sagte, dass man die CIDH anrufen musste, weil vor nationalen Instanzen die Möglichkeiten ausgeschöpft seien.


*


Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 42. Jahrgang, Nr. 42,
22. Oktober 2010, Seite 10
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
Telefon 0201 / 22 54 47
E-Mail: redaktion@unsere-zeit.de
Internet: www.unsere-zeit.de

Die UZ erscheint wöchentlich.
Einzelausgabe: 2,80 Euro
Jahresbezugspreise:
Inland: 126,- Euro
Ausland: 130,- Euro
Ermäßigtes Abo: 72,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2010