Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1620: Uganda - Prostituierte in der Stigmatisierungsfalle, kein Zugang zu Aidsmedikamenten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Dezember 2010

Uganda: Prostituierte in der Stigmatisierungsfalle - Kein Zugang zu Aidsmedikamenten

Von Evelyn Matsamura Kiapi


Kampala, 8. Dezember (IPS) - Ugandas Prostituierte zählen zu den Aids-Hauptrisikogruppen. Dennoch können sie ihr Recht auf Gesundheit nicht wahrnehmen. Sie beklagen, dass sie aus HIV-Präventionsprogrammen ausgeschlossen sind und im Fall einer Ansteckung nur unter größten Schwierigkeiten Zugang zu den lebensverlängernden antiretroviralen Medikamenten erhalten.

Maclean Kamya - Bild: © Evelyn Kiapi/IPS

Maclean Kamya
Bild: © Evelyn Kiapi/IPS

"Das Problem besteht weniger darin, dass die Antiretroviralen (ARVs) nicht vorhanden sind, sondern dass wir Sexarbeiterinnen stigmatisiert werden", kritisiert die Betroffene und Menschenrechtsaktivistin Maclean Kamya in der Hauptstadt Kampala.

Wenn sich HIV-positive Frauen in den staatlichen Gesundheitszentren einfinden und um Aufnahme in ein Therapieprogramm bitten, werden sie häufig abgewiesen. "Man teilt uns mit, dass wir 'nur' Prostituierte sind, an die man die ARVs nicht verschwenden will", berichtet Kamya. "Das ist diskriminierend."

Wie aus einem letzten Bericht des UN-Aidsprogramms (UNAIDS) hervorgeht, entfielen 2009 zehn Prozent aller HIV-Neuinfektionen auf die Sexarbeiter des ostafrikanischen Landes. Insgesamt sind 1,2 Millionen der mehr als 26 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung HIV-positiv. Doch anstatt Prostitution als Realität zu akzeptieren, wird sie strafrechtlich verfolgt. Aktivisten zufolge ist es vor allem die Stigmatisierung der Betroffenen, die dazu führt, dass ihnen der Zugang zur medizinischen Aids-Behandlung und -versorgung verweigert wird.


Verstoß gegen etliche Grundrechte

Für Ugandas Sexarbeiter geht es nicht nur um den Zugang zu antiretroviralen Aids-Medikamenten, sondern auch um das Recht auf Versammlungsfreiheit, Meinungsaustausch und Informationen, die ihnen helfen, sich vor Gewaltattacken, Menschenrechtsverletzungen und HIV/Aids zu schützen.

Erst kürzlich hatte die Regierung eine Regionalkonferenz verhindert, die die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Rechte von Sexarbeitern thematisieren sollte. Die Veranstaltung der panafrikanistischen Frauenrechtsgruppe 'Akina Mama wa Afrika' (AMWA) sollte in einem Hotel in Kampala stattfinden, musste dann nach einer Intervention des ugandischen Ministers für Ethik und Integrität, James Nsaba Buturo, abgesagt werden.

Später erläuterte Buturo gegenüber IPS, dass es auf ugandischen Boden keinen "Prostituierten-Workshop" geben werde, und berief sich das Strafrecht und die Verassung des Landes von 1995. "Wir nehmen die Position eines Landes ein, das auf Gesetze zurückgreifen kann", sagte er. Dass die Prostituierten trotz ihrer Illegalität ihre Anerkennung einzufordern versuchten, "ist wirklich kriminell."


Meinungsaustausch verboten

Kamya zufolge hat Buturo das Anliegen der Konferenz missverstanden. So sollte es auf dem Treffen vor allem um Fragen der reproduktiven Gesundheit, des Selbstbewusstseins, um Führungsqualitäten und unternehmerische Fähigkeiten gehen. "Wir wollten doch bloß die Themen zur Sprache bringen, die uns angehen, und hatten gehofft, dass die Regierung uns unterstützen würde", sagte die Aktivistin. "Doch damit lagen wir offenbar falsch."

Auch die AMWA-Exekutivdirektorin Solome Kimbugwe wirft der Regierung in Kampala vor, mit ihrer Intervention gegen die Rechte von Frauen verstoßen zu haben. Auf der Konferenz hätte es vor allem um die Gesundheit von Frauen und HIV/Aids gehen sollen, betonte sie.

UNAIDS-Landeskoordinator Musa Bungudu zeigte sich ebenfalls besorgt. "Gegen das Recht eines Einzelnen auf Informationen, die medizinische Behandlung und andere Leistungen sollte nicht verstoßen werden", sagte er. "Was immer die Regierung auch vor hat, sollte dies in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht erfolgen", sagte er mit Blick auf Anti-Aids-Gesetze, die vor allem auf die Diskriminierung der Hauptrisikogruppen abzielen. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://www.akinamamawaafrika.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53763


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. Dezember 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2010