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AUSLAND/1899: Brustkrebs-Screening für Palästinenserinnen - Ambulante Klinik für die Dörfer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2012

Nahost: Brustkrebs-Screening für Palästinenserinnen - Ambulante Klinik für die Dörfer

Von Jillian Kestler-D'Amours



Dura, Westjordanland, 12. November (IPS) - Die 51-jährige Palästinenserin Fatmeh Abu Hrar Tabeel hat kürzlich eine Mammografie machen lassen. "Es ist schon ein gutes Gefühl zu wissen, dass alles in Ordnung ist", sagt die siebenfache Mutter. "Nun werde ich mich monatlich selbst untersuchen, so wie ich es von der Ärztin gelernt habe."

Abu Hrar Tabeel stammt aus Sura, einer kleinen Ortschaft im Bezirk Hebron, einem der konservativsten Winkel des Westjordanlands. Hier hat die mobile Mammografie-Station des Augusta-Victoria-Krankenhauses in Ostjerusalem Halt gemacht, um Dorfbewohnerinnen zu screenen. In dem von Israel besetzten Gebiet macht Brustkrebs 22 Prozent aller Krebsarten bei Frauen aus.

An Bord der ambulanten Klinik, einem Lieferwagen, befinden sich ausschließlich Frauen: eine Ärztin, eine Krankenschwester und eine Expertin, die die Mammografie-Ergebnisse auswerten kann. Pro Tag werden etwa 35 Frauen im Innern des Wagens untersucht.

Geworben wird für den Früherkennungscheck auf Informationsveranstaltungen. Dort erhalten interessierte Frauen zudem die Gelegenheit, über Anomalitäten im Brustbereich oder andere gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten zu berichten und sich abtasten zu lassen. Danach kann ein Untersuchungstermin vereinbart werden.

"Am Anfang haben die Frauen Angst, doch die legt sich schnell wieder. Am Ende sind sie überzeugt und versprechen, wiederzukommen", berichtet die Expertin Ahlam Issa aus dem Inneren des Vans. "Hier in Palästina brauchen wir eine hochwertige Krankenversorgung. Und wir müssen die Menschen für den Sinn der Früherkennung sensibilisieren. Und genau das ist es, was das Programm tun kann: es sensibilisiert."

2010 hatte eine Gruppe Wissenschaftler der Haifa-Universität fast 400 Palästinenserinnen im Alter von 30 bis 65 Jahren im Westjordanland befragt, wie häufig sie sich einer Mammografie, einer klinischen Brust- oder Selbstuntersuchung unterziehen. Mehr Als 70 Prozent gaben an, noch nie eine Mammographie oder eine klinische Brustkrebsuntersuchung in Anspruch genommen zu haben. Faktoren wie Religion, Erziehung, Einkommensunterschiede und Wohnort (Stadt oder Land) spielten dabei eine entscheidende Rolle. "Mit Bildungsprogrammen sollte der Wert vermittelt werden, der der Früherkennung von Krankheiten zukommt", heißt es in dem Bericht.

Der Studie zufolge gibt es im Westjordanland vier feste Mammografie- Einrichtungen. Für Frauen, die gesundheitsversichert sind, ist die Untersuchung kostenlos, für die anderen, die ein Fünftel der Bevölkerung des Westjordanlands ausmachen, fallen zwischen fünf bis 30 Dollar an.

"Wir unternehmen gemeinsame Anstrengungen - etwa mit dem UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNWRA), um den Frauen ein solches Screening zu ermöglichen", meint Hani Abdeen, der Gesundheitsminister der Palästinenserbehörde. "Wir können ihnen ebenfalls eine Ultraschalluntersuchung anbieten, sollten nach der Mammografie weitere Untersuchungen erforderlich werden."

Abdeen erklärte gegenüber IPS, dass kulturelle Überlegungen einschließlich der Tatsache, dass Palästinenserinnen sich am liebsten von einem weiblichen Gesundheitspersonal untersuchen lassen - das Ministerium dazu gezwungen haben, das Brustkrebs-Screening-Programm ausschließlich von Frauen durchführen zu lassen. "Wir sollten Krankenschwestern fortbilden, damit sie die Screenings durchführen können", meint er.

Nach Ansicht von Khadijeh Jarrar, Leiterin des Frauengesundheitsprogramms der Palästinensischen medizinischen Hilfsgesellschaft (PMRS), ist psychologische Hilfe für Brustkrebspatientinnen, vor allem für diejenigen in den entlegenen Regionen, von großer Bedeutung.

"Wenn Menschen ihren Lebensmut verlieren, dann interessiert sie auch keine Behandlung mehr", erläutert sie gegenüber IPS. Die gesamte palästinensische Gesellschaft müsse Frauen ermutigen, zur Krebsvorsorge zu gehen, damit gegebenenfalls die Krankheit rechtzeitig behandelt und Leben gerettet werden kann. "Brustkrebs ist ein öffentliches Gesundheitsproblem, und die ganze Gemeinschaft sollte Frauen ermutigen, sich zu den Voruntersuchungen einzufinden." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.unrwa.org/
http://www.pmrs.ps/
http://www.ipsnews.net/2012/11/breast-cancer-screening-comes-to-palestinians/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2012