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AUSLAND/2015: Bulgarien - Erschreckende Lebensbedingungen für syrische Flüchtlinge (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 21. November 2013

Bulgarien: Erschreckende Lebensbedingungen für syrische Flüchtlinge

Ärzte ohne Grenzen startet Hilfsprogramm in bulgarischen Aufnahmezentren



Brüssel/Berlin, 21. November 2013. Teams der medizinischen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen haben in der bulgarischen Hauptstadt Sofia sowie in der Stadt Charmanli in der südlichen Region Chaskowo erschreckend schlechte Lebensbedingungen in den Aufnahmezentren für Flüchtlinge festgestellt. Zugleich wurden katastrophale Mängel bei der medizinischen Versorgung für diese Menschen entdeckt. Als Sofortmaßnahme hat Ärzte ohne Grenzen medizinische Hilfe sowie die Verteilung von Hilfsgütern in drei Aufnahmezentren in Sofia und im Südosten des Landes gestartet. Die Organisation appelliert an die bulgarischen und europäischen Behörden, die Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden rasch und konkret zu verbessern.

Gemäß europäischen Standards ist Bulgarien, wie jedes andere EU-Land, dazu verpflichtet, Asylsuchenden den Zugang zu medizinischer Versorgung und psychologischer Unterstützung zu gewährleisten. Bestimmten Personengruppen, etwa Betroffenen von Gewalt oder sexueller Übergriffe sowie Personen mit Behinderungen, muss auch spezialisierte Hilfe ermöglicht werden. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Bulgarien haben jedoch festgestellt, dass den Flüchtlingen der grundlegende Zugang zu medizinischer Hilfe derzeit nicht gewährleistet wird.

Seit Januar sind mehr als 10.000 Migranten in Bulgarien angekommen, größtenteils aus Syrien. Die Familien, die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen sind, sind bei ihrer Ankunft meist sehr erschöpft, weil sie einen Weg finden mussten, den Grenzkontrollen entlang der türkisch-bulgarischen Grenze auszuweichen. "Es ist für die Flüchtlinge fast unmöglich geworden, Europa zu erreichen. Das gilt auch für Syrer, die vor dem Horror des Krieges fliehen", sagt Ioanna Kotsioni, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Bulgarien. "In Griechenland, und bald auch in Bulgarien, werden jetzt Mauern gebaut, und das zwingt die verzweifelten Menschen dazu, immer gefährlichere Routen zu wählen."

Die Aufnahmezentren kommen mit der Anzahl der Neuankömmlinge nicht zurecht. Daher sind viele Menschen gezwungen, nach ihrer Ankunft in Bulgarien in unbeheizten Zelten im Freien zu übernachten. Der bevorstehende Winter wird ihre Lage weiter verschlechtern. Andere leben in Schulen in unbenutzten Klassenzimmern, in denen sie mit vielen anderen auf engstem Raum leben müssen. "Die bulgarischen Behörden haben zwar einzelne Maßnahmen getroffen, doch die Aufnahmebedingungen bleiben inakzeptabel", berichtet Kotsioni. "Die Menschen leben in überfüllten Zentren, mancherorts gibt es nur eine Toilette für fünfzig Personen. Noch besorgniserregender ist aber die Tatsache, dass manche Familien nicht genügend zu essen bekommen." Einige der Betroffenen leiden an chronischen Erkrankungen und sind deshalb auf regelmäßige medizinische Kontrollen angewiesen. Für traumatisierte Kriegsflüchtlinge wird das psychologische Leiden durch die schlechten Aufnahmebedingungen weiter verschlimmert.

Als Reaktion auf die mangelnde Versorgung hat Ärzte ohne Grenzen nun medizinische Aktivitäten in zwei Aufnahmezentren in Sofia aufgenommen, in Harmanli wird gerade ein Gesundheitsposten eingerichtet. Die Teams bieten den Menschen kostenlose medizinische Grundversorgung sowie psychologische Hilfe an. In den kommenden Tagen wird Ärzte ohne Grenzen auch die Lieferung von Hilfsgütern wie Decken, Kleidung und Hygiene-Utensilien starten.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2013