Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 7/8, Juli/August 2023
KVSH: Kassen haben Luft für Honorarerhöhungen
von Dirk Schnack
HONORAR. Die KV hat genug von den Sparrunden der Krankenkassen. Eine kräftige Honorarerhöhung ist aus ihrer Sicht überfällig. Vom früheren Landesgesundheitsminister Dr. rer. pol. Heiner Garg erhalten sie Rückendeckung.
Eine Woche nach der KV-Abgeordnetenversammlung im Juni, in der
viel Frust über die aktuelle Situation der niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzte deutlich wurde, reagierte KV-Vize Dr. rer. nat. Ralph
Ennenbach per Pressemitteilung mit deutlichen Worten in Richtung
Krankenkassen. Die KV forderte in der Mitteilung eine deutliche
Anhebung des Orientierungspunktwertes, damit alle ärztlichen und
psychotherapeutischen Leistungen besser honoriert werden. Sonst, so
die KVSH, drohe der ambulanten Patientenversorgung eine schleichende
Aushöhlung.
Viele Ärzte und Psychotherapeuten können ihre Praxen nach Darstellung der KVSH unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr kostendeckend führen. Deshalb schließen Ältere ihre Praxen früher als geplant und Jüngere sind nicht mehr bereit, sich niederzulassen. Insbesondere auf dem Land erwartet die KV eine Verschärfung der angespannten Versorgungslage.
Verständnis für eine ablehnende Haltung der Krankenkassen hat die KV in dieser Situation nicht mehr. "Es muss Schluss sein mit den ritualisierten Nullrundenforderungen der Krankenkassen", sagte Ennenbach. Nach seiner Überzeugung ist das Geld bei den Krankenkassen nicht so knapp, wie diese es häufig darstellen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die in den vergangenen Jahren häufig nach oben korrigierten Zahlen des GKV-Schätzerkreises. Ennenbach sprach von "politisch instrumentalisierten Hiobsbotschaften", die sich im Nachhinein wiederholt als falsch herausgestellt hätten. Die finanziellen Rahmenbedingungen hätten aus Sicht Ennenbachs durchaus eine Stärkung der ambulanten Versorgung erlaubt.
Sollte für die ambulante Versorgung jetzt nicht ausreichend Geld zur Verfügung gestellt werden, sei zu überlegen, "wie das Leistungsangebot für die Versicherten dem finanziellen Rahmen angepasst und damit reduziert werden könne".
Konkret fordert die KV einen vollständigen Ausgleich der Inflation bei den Praxiskosten für 2024 und die Folgejahre. Die kalkulatorische Lohnkomponente für das Personal muss aus KV-Sicht deutlich erhöht werden. "Damit könnten gezielt Anreize gesetzt werden, um den ärztlichen Nachwuchs für die Niederlassung zu motivieren", sagte Ennenbach.
Verlässlicher wären jedoch mehrjährig nennenswerte Honoraranhebungen, ähnlich wie bei Tarifabschlüssen. Dies würde Kalkulationssicherheit und mehr Wettbewerbsfähigkeit bei der Personalgewinnung ermöglichen.
Als beste Lösung nannte Ennenbach die Abschaffung des Budgets für ärztliche und psychotherapeutische Leistungen.
Unterstützung erhielt die KVSH vom gesundheitspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. rer. pol. Heiner Garg. Der frühere Landesgesundheitsminister sagte: "Damit die Gesundheitsversorgung dauerhaft aufrechterhalten werden kann, unterstütze ich die Forderung, die Mehrbelastung der Kassenärzte aufgrund der Inflation vollständig auszugleichen und die kalkulatorische Lohnkomponente für das Personal deutlich zu erhöhen, voll und ganz."
"Beitragserhöhungen für die GKV-Versicherten müssen unbedingt begrenzt werden"
Dr. rer. pol. Heiner Garg
Er warnte allerdings davor, die damit entstehende Mehrbelastung vollständig den Krankenkassen aufzubürden - schloss diese aber auch nicht aus. "Beitragserhöhungen für die GKV-Versicherten müssen unbedingt begrenzt werden", so Garg. Es müssten strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung und zur Stabilisierung der GKV-Finanzen ergriffen werden. Hierzu zählte er u.a. auf:
• Die Aufhebung der Budgetierung in den gesundheitsversorgenden Fächern.
• Besteuerung von Arzneimitteln mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 %.
• Eine ausreichende Bemessung und jährliche Dynamisierung des Bundeszuschusses.
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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 7/8, Juli/August 2023
76. Jahrgang, Seite 18
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 8. August 2023
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