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MELDUNG/1061: Leichenschau - Tod auf Rezept genügt nicht (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 9, September 2023

Tod auf Rezept genügt nicht

von PM/RED



LEICHENSCHAU. Eine einwandfreie Todesbescheinigung ist für die reibungslose Organisation einer Bestattung unerlässlich. Ärztekammer und Bestatterinnung Schleswig-Holstein arbeiten gemeinsam daran, die Zusammenarbeit zwischen beiden Berufsgruppen zu verbessern.


Wenn eine Familie im Trauerfall das Bestattungshaus informiert, ist eine der ersten Fragen des Bestatters, ob der Tod bereits ärztlich festgestellt und die Todesbescheinigung vor Ort gelassen wurde. Denn ohne einwandfreie Todesbescheinigung darf nicht überführt werden. "Es kommt immer wieder vor, dass Bestatter zu einem Sterbefall gerufen werden und die Ärztin bzw. der Arzt hat keinen Totenschein dagelassen", berichtet Sven Schröder, Obermeister der Bestatterinnung Schleswig-Holstein.

Die Todesbescheinigung, die die Ergebnisse der Leichenschau beinhaltet, liefert dem Bestattungshaus aber unerlässliche Informationen. "Wenn kein Totenschein vorliegt, wissen wir weder, ob eine Infektionsgefahr von der verstorbenen Person ausgeht, noch ob es sich um einen natürlichen Tod handelt", berichtet Schröder. Damit spricht er einen von mehreren Schnittpunkten in der Arbeit von Ärzten und Bestattern an.

Ärztekammer und Bestatterinnung Schleswig-Holstein stehen im regelmäßigen Austausch zur Frage, wie sich das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen beiden Berufsgruppen optimieren lassen. Um Ansätze für eine Verbesserung zu kennen, hatte die Innung ihre Mitglieder zu dieser Zusammenarbeit befragt. Das Ergebnis zeigte zwar eine insgesamt schon gute Zusammenarbeit, aber auch Schwachstellen: Insbesondere fehlerhaft ausgefüllte Todesbescheinigungen führen regelmäßig zu einem vermeidbaren Aufwand und zur Störung der Organisation der Bestattung. Häufigste Fehler sind fehlende oder falsche Angaben zum Sterbezeitpunkt bzw. -zeitraum sowie zur Infektionsgefahr.

"Ich habe großes Verständnis dafür, dass das einwandfreie Ausfüllen der Todesbescheinigung nicht immer leicht zu bewerkstelligen ist", sagt Schröder hierzu. Teilweise fehlten den Ärzten Hintergrundinformationen über Krankheitsverläufe, den Todeszeitpunkt oder wann eine Person mit Sicherheit noch gelebt hat. Teilweise findet die Leichenschau nachts und im Beisein tief betroffener Angehöriger statt. In diesen Fällen sei es hilfreich, wenn wenigstens der nicht vertrauliche Teil der Todesbescheinigung ausgefüllt bei der verstorbenen Person bleibt: Aus ihr sind Todesart und Infektionsrisiko ersichtlich. Der vertrauliche Teil mit seinen Durchschriften kann nach passender Recherche ausgefüllt und dem Bestattungshaus bzw. den Bestattungspflichtigen nachgereicht werden.

Wichtig ist: Eine Todesfeststellung auf einem Rezept- oder Notizblock genügt nicht. "In der Praxis empfehlen wir unseren Mitgliedern in solchen Fällen, zuerst den Arzt zu kontaktieren, damit die gültige Todesbescheinigung ausgefüllt wird. Falls das nicht zum Ziel führt, sollte aufgrund der nicht einwandfrei attestierten Todesart die Kriminalpolizei hinzugezogen werden, um nach deren Weisung zu handeln. Für alle Beteiligten ist es jedoch besser, wenn die Todesbescheinigung unmittelbar ausgefüllt und bei der verstorbenen Person gelassen wird", so Schröder.

Erfahrene Ärzte wissen noch, dass es früher üblich war, dass Bestatter den Totenschein am nächsten Tag in der Praxis abholten. Solch ein Vorgehen, gibt Schröder zu bedenken, sei heute nicht mehr zu verantworten: Bestattungsunternehmen riskieren durch Überführungen ohne erforderliche Dokumente ihre Zertifizierung. Hinzu kommt, dass kein Bestattungshaus das Risiko übernehmen kann, aus Unkenntnis möglicherweise das Opfer einer Straftat von einem Tatort zu entfernen - nur weil die Todesbescheinigung nicht vorliegt und die Todesart dadurch nicht attestiert ist.

Weitere ausgewählte Ergebnisse der Befragung zeigen, dass es auch zu weiteren Details Verbesserungspotenzial gibt und die anschließende Fehlerbehebung nicht immer ohne Probleme abläuft. Nachstehend die aggregierten Bewertungen der befragten Bestatter zu konkreten Einzelfragen auf einer Skala von eins (sehr selten) bis zehn (sehr häufig):

• Wie häufig sind Daten zur verstorbenen Person fehlerhaft: 4,63

• Wie häufig sind Daten zum Sterbezeitpunkt bzw. -zeitraum fehlerhaft: 5,6

• Wie häufig sind Daten zum Sterbeort fehlerhaft: 3,03

• Wie häufig sind Daten zur Todesart fehlerhaft: 3,0

• Wie häufig sind Daten zur Infektionsgefahr fehlerhaft: 5,17

• Wie gut funktioniert die Fehlerbehebung mit den Praxen: 5,47

• Wie häufig sind Rechnungen für Todesbescheinigungen fälschlicherweise direkt auf das Bestattungsunternehmen ausgestellt: 5,23

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 9, September 2023
76. Jahrgang, Seite 8-9
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-0, Fax: 04551/803-101
E-Mail: info@aeksh.de
Internet: www.aeksh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 6. Oktober 2023

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