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RECHT/520: Fettabsaugung im Krankenhaus auf Kosten der Krankenkasse (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 8. Mai 2013

Ressort: Medizinrecht / Urteile / Gesundheit

Fettabsaugung im Krankenhaus auf Kosten der Krankenkasse



Darmstadt/Berlin (DAV). Ist eine Fettabsaugung medizinisch notwendig, muss die Krankenkasse sie bezahlen. Sie kann sich dann nicht darauf berufen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine stationäre Fettabsaugung (Liposuktion) in seinen Richtlinien nicht empfiehlt. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins informiert über eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2013 (AZ: L 1 KR 391/12).

Eine 29-jährige Frau leidet an Armen, Beinen und Gesäß an einer schmerzhaften Fettgewebsvermehrung, einem sogenannten Lipödem. Sie beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Fettabsaugung. Die Krankenkasse verwies darauf, dass die konservativen Therapiemöglichkeiten wie etwa Gewichtsreduktion und Lymphdrainagen noch nicht ausgeschöpft seien. Die Frau war hingegen der Ansicht, dass die bei ihr vorliegende Form eines Lipödems II. Grades nicht durch Gewichtsreduktion verringert werden könne. Ferner würden Lymphdrainage wie auch Kompressionsstrümpfe lediglich eine vorübergehende Linderung bewirken. Das Sozialgericht hatte die Klage abgewiesen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion nicht empfohlen hat. Eine stationäre Behandlung sei nicht erforderlich.

Die Krankenkasse muss die Kosten der stationären Liposuktion tragen, entschied das Landessozialgericht. Die Patientin habe eine deutlich bauchige Oberarmsilhouette sowie einen Oberschenkelumfang von 80 Zentimetern. Bei der erheblichen Fettmenge sei eine stationäre Behandlung notwendig. Dies ergebe sich aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie zur Liposuktion, die für die Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Behandlungsbedürftigkeit heranzuziehen seien. Danach könnten im ambulanten Bereich maximal zwei Liter reines Fettgewebe abgesaugt werden. Bei der Frau seien hingegen drei bis vier Liter Fettmasse pro Behandlung zu entfernen.

Es sei unerheblich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion nicht positiv bewertet habe. Eine positive Bewertung sei jedoch nur für ambulante Behandlungen erforderlich. Für den stationären Bereich seien solche Behandlungsmethoden auf Kosten der Krankenkassen hingegen nur dann ausgeschlossen, wenn eine negative Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliege. Dies sei nicht der Fall. Auch habe die Frau die konservativen Behandlungsmethoden ausgeschöpft. Dass eine Gewichtsreduktion die lipödem-typischen Fettansammlungen beeinflussen könne, sei wissenschaftlich nicht gesichert.

Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung MedR Nr. 07/13 vom 8. Mai 2013
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2013