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RECHT/521: Kasse muss auch außergewöhnliche Medikamente zahlen (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 28. Mai 2013

Ressort: Medizinrecht / Urteile / Gesundheit

Kasse muss auch außergewöhnliche Medikamente zahlen



München/Berlin (DAV). Gesetzliche Krankenkassen müssen unter bestimmten Umständen auch die Kosten für Medikamente zahlen, die für die konkrete Therapie nicht zugelassen sind. Dies ist dann der Fall, wenn herkömmliche Maßnahmen keine Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung bieten und die Therapie mit diesem Medikament als erfolgreich einzuschätzen ist. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. April 2013 (AZ: L 5 KR 102/13 B ER).

Ein 46-jähriger Patient war an einem bösartigen Hirntumor erkrankt. Operative, radiologische und chemotherapeutische Maßnahmen konnten den Krebs nicht stoppen. Das Leben des Patienten war akut bedroht. Die behandelnden Ärzte der Universitätsklinik sahen nur noch die Chance, mittels des Medikaments Avastin den tödlichen Verlauf zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen. Das Mittel ist aber für diese Krebsbehandlung nicht zugelassen. Deshalb lehnte die Kasse es ab, die Therapie zu übernehmen. Sie stützte sich dabei auf die Einschätzung des Medizinischen Dienstes.

Das Gericht hat die Kasse im Eilverfahren zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Nach Auffassung der Richter verbiete es die besondere Dringlichkeit, den Patienten auf ein langwieriges Verfahren mit Beweiserhebung und Sachverständigengutachten zu verweisen. Vielmehr seien die Rechte des Patienten und der Krankenkasse gegeneinander abzuwägen. Dabei seien der im Grundgesetz verankerte Schutz von Leben und Gesundheit mit den Interessen aller Beitragszahler abzuwägen, keine Kosten für aussichtslose Behandlungen zu tragen. Im Fall des Patienten seien die zugelassenen Methoden der medizinischen Wissenschaft als erfolglos ausgeschöpft anzusehen. Und nach ärztlicher Einschätzung sei die Avastin-Therapie auf Grund gesicherter Daten als erfolgreich einzuschätzen. Unter diesen Voraussetzungen überwiege das Rechtsgut des Patienten auf Leben. Das mehr oder weniger rein finanzielle Risiko einer nicht vollständig sicheren Therapie habe dahinter zurückzutreten.

Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung MedR Nr. 09/13 vom 28. Mai 2013
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2013