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RECHT/535: Haftung des Frauenarztes bei verspäteter Diagnose von Brustkrebs? (DAV)


Medizinrechtsanwälte im Deutschen Anwaltverein (DAV) - Berlin, 5. Dezember 2013

Ressort: Medizinrecht / Urteile / Gesundheit

Haftung des Frauenarztes bei verspäteter Diagnose von Brustkrebs?



Hamm/Berlin (DAV). Ergibt eine Vorsorgeuntersuchung nur einen unauffälligen Tast- und Sonografiebefund, muss der Frauenarzt keine weiteren Untersuchungen veranlassen. Wird ein Jahr später Brustkrebs diagnostiziert, haftet er dann nicht. Auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. September 2013 (AZ: 25 U 88/12) macht die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam.

Die Patientin befand sich seit 2006 in der Krebsvorsorgebehandlung bei einem Frauenarzt. Bei zwei Untersuchungsterminen im Jahre 2007 - bei einem dieser Termine führte der Arzt auf Wunsch der Patientin auch eine Sonografie durch - stellte er keine Auffälligkeiten fest. Bei einem Folgetermin im Frühjahr 2008 wies die Patientin ihn auf eine tastbare auffällige Brustverhärtung hin, deren weitere Untersuchung zur Diagnose eines größeren Karzinoms mit Lymphknotenmetastasen führte. Das Karzinom und die Metastasen mussten operativ entfernt werden, wobei die Frau eine Brust verlor. Sie musste sich einer vorbereitenden Chemotherapie und postoperativen Bestrahlungen unterziehen.

Die Frau verlangte Schadensersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro, rund 25.000 Euro Haushaltsführungsschaden sowie eine monatliche Rente von etwa 1.000 Euro. Sie begründete ihre Klage damit, dass der Arzt vor dem Hintergrund ihrer familiären Vorbelastung ihre Brustkrebserkrankung zu spät erkannt habe. Die Beweglichkeit ihres rechten Arms sei infolge der Krebserkrankung so stark eingeschränkt, dass sie ihren erlernten Beruf als Friseurin nicht mehr ausüben könne.

Die Frau verlor in zwei Instanzen. Das Gericht konnte keine fehlerhafte Behandlung erkennen. Eine fehlerhafte Beurteilung der bei den Untersuchungen aus dem Jahre 2007 erhobenen Befunde sei nicht nachweisbar. Aus dem im März 2008 erhobenen Tastbefund sei nicht zu schließen, dass ein tastbarer Tumor bereits bei der letzten Untersuchung im Jahre 2007 vorhanden gewesen sein müsse. Man könne dem Gynäkologen auch nicht vorwerfen, dass er im Jahre 2007 keine weiteren Befunde erhoben, insbesondere der Patientin nicht zu einer Mammografie geraten habe. Auch unter Berücksichtigung ihrer familiären und persönlichen Vorbelastungen sei sie keine Risikopatientin gewesen. Auch sei nicht festzustellen, dass der Arzt die Sonografie im Jahre 2007 fehlerhaft durchgeführt habe.

Unabhängig von der Frage einer fehlerhaften Behandlung sei auch nicht bewiesen, dass der Krankheitsverlauf der Patientin weniger gravierend verlaufen wäre, wenn eine Brustkrebserkrankung bereits im Jahre 2007 diagnostiziert worden wäre.

Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung MedR Nr. 21/13 vom 5. Dezember 2013
Medizinrechtsanwälte im Deutschen Anwaltverein
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2013