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Nachricht vom 10. Oktober 2019
Bündnis 90/Die Grünen erwägen, die Homöopathie abzuschaffen
Es ist ein Skandal sondergleichen. Obwohl die Wirkung der Homöopathie in der Praxis bereits längst erwiesen [1] ist, hat nun der Grüne Jugend Bundesverband einen Antrag eingereicht, beim kommenden Parteitag am 15. November 2019 in Bielefeld darüber abzustimmen, ob sich die Partei gegen Homöopathie positionieren will.
Der Antrag enthält folgende Kernforderungen:
Sollte der Antrag angenommen werden und sollten die Grünen/Bündnis 90 nach der nächsten Bundestagswahl Koalitionsmitglied werden, könnte dies der Sargnagel für die Homöopathie in Deutschland sein.
Jeder von uns hat schon einmal homöopathische Mittel genommen. Dass sie nicht schädlich sind, kann jeder bezeugen, und zur medizinischen Wirksamkeit braucht nicht mehr gesagt zu werden, als das was Hippokrates bereits 460 v. Chr. wusste: "Wer heilt, hat Recht".
In einer Zeit, in der sich immer mehr herauskristallisiert, dass unser Gesundheitssystem laufend zu einer Profitmaschine für die Pharmaindustrie umgebaut wird, in der viel zu viele Antibiotika verschrieben werden, bis hin zu der aktuellen Situation, in der es Antibiotika-resistente Keime gibt, die sogar tödliche Folgen haben können, ist es einfach unverantwortlich, solch einen Antrag überhaupt zu erwägen.
Die WHO warnte [2] bereits 2014 vor einem post-antibiotischen Zeitalter. Was das in der Praxis bedeuten würde, ist leicht zu verstehen: Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, kann man in Zukunft auch an einer einfachen Entzündung sterben.
Zuerst homöopathische Mittel zu verschreiben, um nicht gleich mit "Kanonen auf Spatzen zu schießen" ist daher nicht nur vernünftig, sondern dringlich geboten. Selbst in der Veterinärmedizin werden Homöopathika immer mehr erfolgreich angewendet. Dies ist auch aus einem finanziellen Standpunkt heraus empfehlenswert, da sie meistens erheblich günstiger sind als chemische Arzneimittel, die zudem oft schwere Nebenwirkungen mit sich bringen.
Was haben sich die Grünen dabei gedacht? Es kann eigentlich nur einen Grund dafür geben und der besteht in der Bedienung der Interessen der ohnehin schon übermächtigen Pharmaindustrie. Die Arzneimittelskandale der letzten Jahrzehnte haben klar gemacht, dass diese Industrie nicht für den Menschen arbeitet, sondern für ihren eigenen Profit.
Wenn nun eine Partei, die behauptet "grün", also für Umwelt und Mensch zu sein, einen solchen Antrag erwägt, dann bleibt nur die Vermutung übrig, dass sie den Lockmitteln der Pharmaindustrie in Form von saftigen Parteispenden erlegen sind.
Die Hahnemann-Gesellschaft, deren Name auf den Erfinder der Homöopathie, Samuel Hahnemann zurückgeht, hat als Reaktion auf den Antrag eine Petition [3] gestartet. Dort sind auch die Gründe aufgelistet, warum eine Herausnahme homöopathischer Mittel aus dem Katalog der erstattbaren Medikamente und die Aberkennung ihres Status als Arzneimittel schwere Folgen für unser Gesundheitssystem haben könnte:
• Therapiefreiheit wird eingeschränkt
Aktuelle Umfragen zeigen: 30 Millionen Menschen nutzen Homöopathie in
Deutschland oder nutzten sie bereits, drei von vier Menschen
befürworten ein Miteinander von konventioneller Medizin und
Homöopathie (Umfrage Kantar TNS, 2018, Altersgruppe 16 bis 64 Jahre).
Gleichzeitig betragen die Ausgaben der Krankenkassen für Homöopathie
nur 0,05 % aller Arzneimittelausgaben, wie das Gesundheitsministerium
kürzlich bekannt gab. Homöopathie ist das am häufigsten gewählte
komplementär-medizinische Verfahren in Deutschland. Die Bevölkerung
wählt Homöopathie, weil sie ihr hilft! Dies ist ein klarer Auftrag an
die Politik!
• Chronisch Erkrankten wird eine wirksame Therapiemöglichkeit
entzogen
Bereits 2005 konnte gezeigt werden, dass chronisch Erkrankte zu über
70% von der Homöopathie profitieren indem fast 30% geheilt und der
Rest über 50% gebessert wurden [4]. Diese Ergebnisse bestätigten sich
auch nach 8 Jahren noch [5]. Das bedeutet praktisch, dass bei jedem
chronisch Erkrankten Homöopathie versucht werden sollte. Das
Einsparpotential an Medikamenten durch diese Effekte ist enorm.
• Patientensicherheit wird gefährdet
Gefahr droht besonders, wenn die Homöopathika aus den Apotheken
verschwinden würden. Die Apothekenpflicht ist eine wichtige Grundlage
des Patientenschutzes! Hier kann einer unreflektierten Eigenbehandlung
von PatientInnen durch Beratung entgegengewirkt werden.
Arzneimittelstatus für Homöopathika bedeutet zudem, dass sie den
strengen Vorgaben des Arzneimittelgesetzes gemäß ihrer
Unbedenklichkeit und ihrer Qualität entsprechen müssen [6] [7].
• Finanziell Schwächere werden benachteiligt
Finanziell Schwächeren wird die Möglichkeit einer homöopathischen
Behandlung ganz verbaut, wenn die Homöopathie aus der Erstattung der
Gesetzlichen Krankenkassen herausfällt. Wo bleibt hier die von den
Grünen regelhaft geforderte Chancengleichheit auch im
Gesundheitssystem?
Die Auswirkungen wären also nicht nur für unsere Gesundheit brisant, sondern auch für die soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft, die ohnehin durch eine neoliberale, menschenfeindliche Politik seit Jahren unter Beschuss steht. Zudem ist zu befürchten, dass dadurch Tür und Tor zur Diskriminierung auch anderer alternativer Heilmethoden wie zum Beispiel der Akkupunktur geöffnet werden.
Seit vielen Jahrhunderten gilt Hippokrates Grundsatz "Wer heilt, hat Recht". Wenn es nach dem Antrag der Grünen Jugend [8] geht, dann hat in Zukunft nur noch Recht, wer dafür bezahlen kann.
Anmerkungen:
[1] http://www.hahnemann-gesellschaft.de/forschung-2/
[2] https://www.nature.com/news/who-warns-against-post-antibiotic-era-1.15135
[3] https://www.change.org/p/b%C3%BCndnis-90-die-gr%C3%BCnen-rettedeinehom%C3%B6opathie-petition-an-b%C3%BCndnis-90-die-gr%C3%BCnen
[4] https://bit.ly/2nCOX5n
[5] https://bit.ly/2ou5I3b
[6] Zulassung: https://bit.ly/2KEMena
[7] Registrierung: https://bit.ly/2xKXBRa
[8] https://gruene-jugend.de/gesundheit-statt-globuli/
Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Reto Thumiger
E-Mail: redaktion.berlin@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de
veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2019
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